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Spielhalle: Versagung der Genehmigung wg. kriminalitätsgeneigtem Umfeld

BVerwG

Az.: 6 B 70.02

Beschluss vom 07.01.2003

Vorinstanzen:

I. VG München vom 05.02.2002 – Az.: VG M 16 K 00.3327

II. VGH München vom 31.07.2002 – Az.: VGH 22 B 02.965


Leitsatz:

Der Versagungsgrund des § 33 i Abs. 2 Nr. 2 GewO ist nicht allein deswegen gegeben, weil die Spielhalle in einem kriminalitätsgeneigten Umfeld betrieben werden soll; er setzt in einem solchen Fall voraus, dass wegen des polizeiwidrigen Zustands des Umfeldes auch die Betriebsräume selbst nicht den polizeilichen Anforderungen entsprechen.


In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 7. Januar 2003 beschlossen:

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Juli 2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 75 000 € festgesetzt,

Gründe:

Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.

Die Beschwerde wird allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. l VwGO gestützt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage verleiht der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer befristeten Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Spielhalle soll in Hauptbahnhofnähe Münchens im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der ein Kerngebiet mit ausnahmsweiser Zulässigkeit von Vergnügungsstätten festsetzt, betrieben werden. Die Beklagte erteilte dem Kläger 1999 die baurechtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung der betreffenden Räume von einer Diskothek in eine Spielhalle, versagte jedoch die Spielhallenerlaubnis mit der Begründung, ihrer Erteilung stehe § 33 i Abs. 2 Nr. 2 GewO entgegen. Der Betrieb solle in einem Bereich geführt werden, der ein Brennpunkt der Betäubungskriminalität sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Auffassung vertreten, die Versagung der Spielhallenerlaubnis aufgrund eines derartigen Gefahrenzustandes sei nur gerechtfertigt, wenn Auflagen nach § 33 i Abs. l Satz 2 GewO zu dessen Abwehr nicht ausreichten. Die vorliegenden Auskünfte des Polizeipräsidiums ließen die Feststellung nicht zu, dass die Lage der zum Betrieb bestimmten Räume trotz möglicher Auflagen den polizeilichen Anforderungen nicht genüge. Es handele sich bei dem Umfeld zwar um ein kriminalstatistisch auffälliges Gebiet, nämlich um einen Schwerpunkt der „Rauschgiftszene“, insbesondere der „Heroinszene“, in dem vorwiegend Anbahnungsgespräche zwischen Kleinhändlern und ihren Abnehmern stattfänden. Es gebe aber keinen Grund zu der Annahme, dass dieser Befund gerade durch den Betrieb von Spielhallen hervorgerufen oder verschärft worden sei. Weiter heißt es in dem Urteil: „Aus den amtlichen Auskünften der zuständigen Polizeidienststellen ergibt sich nicht, dass der Betrieb von Spielhallen im Münchner Hauptbahnhofsbereich generell geeignet ist, die Begehung von Heroindelikten zu fördern. Tatsachen, die eine solche Annahme stützen, sind nicht ersichtlich.“

Die Beklagte wirft die Frage auf, „ob ein Versagungsgrund für die Erteilung einer Genehmigung gemäß § 33 i Abs. 2 Nr. 2 GewO generell anzunehmen ist, wenn nach den Auskünften der Polizei eine Spielhalle in einem kriminalitätsgeneigten Milieu insbesondere in einem Gebiet, in dem Rauschgifthandel betrieben wird, liegt, die Gewerberäume somit schon aus diesem Grund der Lage nach nicht den polizeilichen Anforderungen entsprechen“. Die Beklagte führt aus, einer Klärung bedürfe, ob es überhaupt entscheidend auf die Möglichkeit der Auflagenerteilung ankomme, da eine Spielhalle, die in einem solchen Gebiet gelegen sei, grundsätzlich nicht den polizeilichen Anforderungen genügen könne.

Diese Frage ist, soweit sie sich nach den mit der Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts stellen kann, auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zu beantworten, ohne dass dazu ein Revisionsverfahren durchgeführt werden müsste. Auf die Erteilung einer Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle besteht ein Rechtsanspruch, wenn keiner der Versagungsgründe des § 33 i Abs. 2 GewO vorliegt (Urteil vom 27. April 1993 – BVerwG l C 9.92 -Buchholz 451.20 § 33 i GewO Nr. 15 = GewArch 1993, 374). In seinem Urteil vom 9. Oktober 1984 – BVerwG l C 11.83 – (Buchholz 451.20 § 33 i GewO Nr. 4 = GewArch 1985, 64) hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass bei der Prüfung der Versagungsgründe des § 33 i Abs. 2 GewO von der einzelnen Betriebsstätte auszugehen ist. Vom Regelungsgehalt der einzelnen Versagungsgründe des § 33 i Abs. 2 GewO hängt es danach ab, inwieweit Anforderungen genügt werden müssen, die inhaltlich durch die Beziehung zwischen der Betriebsstätte und der Umgebung bestimmt werden.

Nach § 33 i Abs. 2 Nr. 2 GewO ist die Spielhallenerlaubnis zu versagen, wenn die zum Betrieb bestimmten Räume wegen ihrer Beschaffenheit oder Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügen. Aus dem Wortlaut des § 33 i Abs. 2 Nr. 2 GewO und den genannten Entscheidungen folgt, dass geprüft werden muss, ob die für die Spielhalle vorgesehenen Räume ihrerseits den polizeilichen Anforderungen (vgl. dazu Urteil vom 27. April 1993 a.a.O.) entsprechen. Auch den zur vergleichbaren Regelung des § 4 Abs. l Nr. 3 GastG ergangenen Entscheidungen (Urteile vom 26. Februar 1974 – BVerwG l C 27.72 – Buchholz 451.41 § 4 GastG 1970 Nr. 4 = GewArch 1974, 201 und vom 16. September 1975 – BVerwG l C 27.74 – BVerwGE 49, 154 = Buchholz 451.41 § 4 GastG Nr. 7 = GewArch 1975, 388) lässt sich entnehmen, dass nicht die Umgebung, sondern der Betrieb und die dafür vorgesehenen Räume Gegenstand der Prüfung des betreffenden Erlaubnisversagungsgrundes sind. Ein polizeiwidriger Zustand der Umgebung kann daher nur dann von Bedeutung sein, wenn seinetwegen auch die Räume selbst, in denen die Spielhalle betrieben werden soll, nicht den polizeilichen Anforderungen entsprechen. Unter welchen Umständen diese Voraussetzung erfüllt ist, etwa wenn die Spielhalle in enger räumlicher Verbindung mit einem seinerseits polizeiwidrigen Betrieb geführt wird, ist eine Frage des Einzelfalles, der der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung verleiht. Die Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben nicht, dass das „kriminalitätsgeneigte Milieu“ in einer die Genehmigung ausschließenden Weise auf die Räume durchschlägt, die für die Spielhalle des Klägers vorgesehen sind. Im Gegenteil stellt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass der Betrieb von Spielhallen im Bahnhofsbereich nicht generell geeignet ist, die Begehung von Heroindelikten zu fördern. Ebenso wenig gibt es Feststellungen darüber, dass die Räume des Klägers insoweit Bedenken unterliegen, die nicht durch Auflagen hinsichtlich der Gestaltung der Spielhalle ausgeräumt werden können.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. l Satz l GKG.

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