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Sportwettenlokal – Nutzungsuntersagung

VERWALTUNGSGERICHT KOBLENZ

Az.: 1 K 22/08.KO

Urteil vom 03.06.2008


In dem Verwaltungsrechtsstreit wegen Nutzungsuntersagung hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2008 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine Nutzungsuntersagung mit Zwangsgeldandrohung und Kostenfestsetzung.

Die Klägerin vermittelt im Erdgeschoss eines Wohn- und Geschäftshauses in B., L.-Straße 11 und 13 (Flur 17, Flurstücke 575/1, 572/2, 585/1 und 978/575) Sportwetten. Inmitten ihres Ladenlokals stehen Tische mit Stühlen. Die gewerbliche Anmeldung des Betriebes erfolgte am 10. August 2007 bei der Stadt B.

Das Haus „L.-Straße 11 und 13″ befindet sich im Sanierungsgebiet der Stadt B. und liegt innerhalb des am 17. Dezember 1993 ausgefertigten und am 28. Dezember 1993 öffentlich bekannt gemachten Bebauungsplanes „Innenstadtbereich zwischen L.-Straße/E.-Straße/R.-Straße/Untere V.-Straße“ in einem Bereich, der als Kerngebiet ausgewiesen ist. Ausweislich Buchstabe A. Ziffer 1. Abs. 1 der textlichen Festsetzungen sind die nach § 7 Abs. 2 Ziffer 2 BauNVO allgemein zulässigen Vergnügungsstätten nicht zulässig.

1982 erteilte der Beklagte einem Dritten die Baugenehmigung zur Einrichtung eines Drogeriemarktes im Erdgeschoss für das Gebäude L.-Straße 11 und 13. Nach Aufgabe des Marktes wurden für die in der Folgezeit aufgenommenen Nutzungen in diesem Gebäude keine Baugenehmigungen mehr erteilt.

Mit bauaufsichtlicher Verfügung vom 29. August 2007 untersagte der Beklagte der Klägerin die Nutzung der Räumlichkeiten auf dem Grundstück „L.-Straße 13″ als Wettbüro (Vermittlung von Sportwetten) ab dem 7. September 2007 und ordnete die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung an. Außerdem drohte er ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 € an, falls die Klägerin der Anordnung nicht fristgerecht nachkomme und setzte Kosten in Höhe von 97,00 € fest.

Unter dem gleichen Datum erließ der Beklagte eine mittlerweile bestandskräftige Duldungsverfügung gegenüber dem Eigentümer des Hauses „L.-Straße 11 – 13″.

Die Klägerin legte gegen die an sie gerichtete Verfügung Widerspruch ein, den der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2007 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückwies: Die Nutzung des Ladenlokals in der L.-Straße 11 – 13 erfolge formell illegal. Ob die Nutzung des Grundstücks materiell genehmigungsfähig sei, spiele grundsätzlich keine Rolle, es sei denn, die Genehmigungsfähigkeit sei offensichtlich gegeben oder die Nutzung genieße offensichtlich Bestandsschutz. Ein solcher Fall sei nicht gegeben. Mit Blick auf Buchstabe A. Ziffer 1. Abs. 1 der planungsrechtlichen textlichen Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplanes sei eine Genehmigungsfähigkeit der vorgenommenen Nutzungsänderung derzeit nicht absehbar.

Von daher komme der Kreisrechtsausschuss nach Abwägung aller Gesichtspunkte zu dem Ergebnis, dass die angefochtene bauaufsichtliche Nutzungsuntersagungsanordnung auch unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit das einzige geeignete Mittel sei, um wieder baurechtmäßige Zustände herzustellen. Ferner sei die Zwangsmittelandrohung rechtmäßig. Ein Ermessensfehler sei hinsichtlich der Bestimmung der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Kostenfestsetzung sei ebenfalls nicht zu beanstanden.

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 6. Dezember 2007 hat die Klägerin am Montag, dem 7. Januar 2008, Klage erhoben. Sie trägt vor, die Nutzung des Ladenlokals als Vermittlungsstelle für Sportwetten führe nicht dazu, dass es sich hierbei um eine Vergnügungsstätte handele. Die angebotenen Wetten seien Sportwetten zu festen Gewinnquoten, wie sie nicht nur private Anbieter, sondern insbesondere auch der staatliche Sportwettenanbieter ODDSET anbiete. Auch der Umstand, dass sich Tische und einige Stühle in den Räumlichkeiten des Betriebes befänden, mache den Betrieb nicht zu einer Vergnügungsstätte.

Eine andere baurechtliche Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem derzeit herrschenden Streit um die Zulässigkeit der Vermittlung von Sportwetten aus verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Sicht. Mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Sportwettenproblematik sei noch in diesem Jahr oder Anfang nächsten Jahres zu rechnen. Wie die entsprechenden Verfahren ausgingen, sei derzeit offen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 29. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er weist darauf hin, dass nach den mittlerweile eingereichten Bauunterlagen in dem Ladenlokal sieben Tische mit jeweils vier Stühlen aufgestellt seien. Der Betrieb sei nicht mit einer Lotto- oder Totoannahmestelle zu vergleichen, sondern das Vermittlungsbüro werde eher wie eine Vergnügungsstätte betrieben, die anderen bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorschriften als die bauaufsichtlich genehmigte Nutzung des früheren Ladenlokals unterliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungs- und Widerspruchsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid vom 29. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht Bezug auf die Ausführungen im o.g. Widerspruchsbescheid, denen es folgt, und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 117 Abs. 5 VwGO ab.

Mit dem Widerspruchsbescheid ist davon auszugehen, dass die Untersagung der Nutzung des Ladenlokals in der L.-Straße 11 – 13 in B. als Wettbüro ihre Rechtsgrundlage in § 81 Satz 1 Landesbauordnung – LBauO – findet. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Benutzung von baulichen Anlagen untersagen, die gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Errichtung, die Änderung, die Instandhaltung oder die Nutzungsänderung verstoßen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Dabei sind die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagungsverfügung regelmäßig bereits dann erfüllt, wenn die entsprechende Nutzung der baulichen Anlage nicht genehmigt ist. Darüber hinaus ist nicht erforderlich, dass die ungenehmigte Nutzung auch gegen materiell-rechtliche Vorschriften verstößt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, AS Bd. 25, 313; Beschluss vom 1. Juli 1997 – 1 B 10622/97.OVG –).

Bei der Einrichtung eines Wettbüros im Gebäude „L.-Straße 11 – 13″ handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinne von § 61 LBauO. Die für dieses Gebäude zuletzt erteilte Baugenehmigung vom 23. Juni 1982 hatte den Umbau eines Gebäudes zu einem Drogeriemarkt zum Gegenstand.

Von daher ist die Nutzung des Erdgeschosses des Gebäudes als Wettbüro ohne vorherige Einholung einer Baugenehmigung formell illegal (vgl. hierzu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 1. Februar 2007, 8 S 2606/06, zitiert nach juris; VG Minden, Beschluss vom 10. Februar 2006, 1 L 69/06, zitiert nach juris).

Ferner ist nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin die Genehmigung für die Nutzung des Ladenlokals als Wettbüro offensichtlich erteilt werden müsste (vgl. hierzu OVG Rheinland-Pfalz a.a.O., 313 [314]). Die Genehmigungsfähigkeit hängt vielmehr von der im Baugenehmigungsverfahren sorgfältig zu prüfenden Frage ab, ob das Wettbüro der Klägerin als eine nach Buchstabe A. Ziffer 1. Abs. 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes „Innenstadtbereich zwischen L.-Straße/E.-Straße/R.-Straße/Untere V.-Straße“ im festgesetzten Kerngebiet unzulässige Vergnügungsstätte im Sinne des § 7 Abs. 2 Ziffer 2 BauNVO einzustufen ist. Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (a.a.O.) sind Wettbüros dann Vergnügungsstätten, wenn sie nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen, sondern zu einem wesentlichen Teil auch zur Unterhaltung und zum Spiel in der Zeit bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses aktueller Wetten bieten.

Die Einwendung der Klägerin, ihr Wettbüro habe nicht einen solchen Charakter, auch wenn in den Räumen Tische und Stühle stünden, rechtfertigt keine andere Bewertung. Vielmehr ist es gerade Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde, im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens auch die Zulässigkeit der Nutzungsart zu prüfen und gerade bei schwierigen Abgrenzungsfragen ggf. durch geeignete Nebenbestimmungen sicherzustellen, dass keine unzulässige Nutzung verwirklicht wird.

Es liegt auch keine atypische Fallkonstellation vor, welche der Beklagte bei seiner Entscheidung hätte berücksichtigen müssen. Weil das Wettbüro ohne vorherige Genehmigung betrieben wird, durfte der Beklagte die Nutzungsuntersagung schon allein deswegen erlassen, um zu verhindern, dass sich die Klägerin keine Nutzungsvorteile gegenüber demjenigen, der sich rechtstreu verhält, verschafft.

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Mithin ist die ergangene Ermessensentscheidung des Beklagten rechtmäßig.

Die Zwangsgeldandrohung in Höhe von 2.000,00 € ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 66 Abs. 1 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG – i.V.m. §§ 61 Abs. 1, 62 Abs. 1 Nr. 2, 64 LVwVG.

Die Klägerin hat keine Gründe genannt, die für die Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung ins Feld geführt werden könnten. Solche Gründe sind auch nicht von Amts wegen ersichtlich.

Da auch die Kostenfestsetzung aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen rechtsfehlerfrei ergangen ist, war die Klage gemäß § 154 Abs. 1 VwGO kostenpflichtig abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.000,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden.

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