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Räum- und Streupflicht des Trägers der Straßenbaulast

Es gilt folgender Leitsatz des BGHs:

Grundsätzlich muß sich nämlich jeder Verkehrsteilnehmer zu den entsprechenden Jahreszeiten auf winterliche Straßenverhältnisse einstellen und sein Fahrverhalten hieran ausrichten. Demgemäß besteht außerhalb geschlossener Ortschaften eine Streupflicht nur an den Stellen, an denen aufgrund spezieller Umstände eine Glättebildung besonders begünstigt wird und diese Glättebildung von einem Kraftfahrer trotz der von ihm aufgrund der allgemeinen Witterungslage zu (Ordernden erhöhten Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkannt werden kann (BGH, VersR 79, 1055, m.w.N.).


OLG Nürnberg

Az.: 4 U 2421/00

Verkündet am 22. November 2000

Vorinstanz: LG Nürnberg-Fürth – Az.: 4 O 9423/99


E N D U R T E I L

Der 4 Zivilsenat des OLG Nürnberg hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2000 für Recht erkannt:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Entscheidung beschwert den Kläger mit 35.329,37 DM.

B e s c h l u ß

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 35.329,37 DM.

Von der Darstellung Ces Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht schon die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen bezieht sich der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.

Die Berufungsbegründung des Klägers veranlaßt lediglich folgende zusätzliche Ausführungen:

1. Nach ständiger Rechtsprechung besteht für den jeweiligen Träger der Straßenbaulast außerhalb geschlossener Ortschaften nur an für den Kfz-Verkehr besonders gefährlichen Stellen eine Räum- und Streupflicht (BGHZ, 31, 73, 75; BGH, VersR 95, 721 m.w.N.). Grundsätzlich muß sich nämlich jeder Verkehrsteilnehmer zu den entsprechenden Jahreszeiten auf winterliche Straßenverhältnisse einstellen und sein Fahrverhalten hieran ausrichten. Demgemäß besteht außerhalb geschlossener Ortschaften eine Streupflicht nur an den Stellen, an denen aufgrund spezieller Umstände eine Glättebildung besonders begünstigt wird und diese Glättebildung von einem Kraftfahrer trotz der von ihm aufgrund der allgemeinen Witterungslage zu (Ordernden erhöhten Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkannt werden kann (BGH, VersR 79, 1055, m.w.N.).

Diese Rechtslage verkennt auch der Kläger nicht. Der Kläger ist aber der Ansicht, bei der Unfallstelle habe es sich um eine solche besonders gefährliche Stelle gehandelt. Diese Meinung ist schon deshalb unzutreffend, weil sie die konkreten damaligen Witterungsverhältnisse außer Acht läßt.

Der Kläger trägt hierzu selbst vor, am Unfalltag habe gegen 16.00 Uhr starker Eisregen eingesetzt, wobei sich der Unfall gegen 17.30 Uhr ereignet habe. Der Boden sei anhaltend gefroren gewesen und der Regen habe den Boden deshalb mit einer Glätteschicht überzogen. Es habe auch im Rundfunk entsprechende Vorhersagen und Glatteiswarnungen gegeben.

Damit war auch dem Kläger, wie er selbst nicht in Abrede stellt, klar, daß eine geradezu extreme Witterungssituation herrschte. Der Kläger konnte und mußte deshalb sein Fahrverhalten auf diese Situation einstellen und jederzeit auch mit spiegelglatter Fahrbahn rechnen. Dies gilt umso mehr, als es für den Kläger offenkundig war, daß der Beklagte von A nach H noch nicht gestreut hatte. Von daher kann im konkreten Fall nicht davon die Rede sein, daß die vom Kläger behauptete Glätte im Kurvenbereich der Unfallstelle unvorhersehbar gewesen wäre, auch wenn, wie der Kläger in der Berufungsinstanz erstmalig behauptet, an anderen Stellen der Straße von ihm vorgenommene Bremsversuche keine besondere Glättebildung ergeben hätten.

Soweit der Kläger zum Beweis der besonderen Gefährlichkeit der Unfallstelle die Einnahme eines Augenscheins bzw. die Erholung eines Sachverständigengutachtens anbietet, ist eine entsprechende Beweisaufnahme nicht durchzuführen. Denn unabhängig von dem laut Kläger „dichten Waldbewuchs“ links und rechts der Unfallstelle und der vom nahen See angeblich aufsteigenden und sich auf der Straße dann wieder

niederschlagenden Feuchtigkeit war eine Glättebildung an der Unfallstelle – wie dargelegt – allein aufgrund der

damaligen Witterungsverhältnisse und völlig unabhängig von sonstigen geographischen Gegebenheiten eindeutig vorhersehbar. In diesem Zusammenhang hat der Kläger sogar selbst vorgetragen, daß sich in Kurven bevorzugt Glatteis bildet.

Darüber hinaus muß ein umsichtiger Kraftfahrer bei der Einfahrt in ein Waldgebiet sogar dann mit Glatteis rechnen, wenn die Straße im übrigen trocken ist (OLG Düsseldorf, NVWZ-RR 93, 174), was im vorliegenden Rechtsstreit – „starker Eisregen“ – aber gar nicht der Fall war.

2. Selbst wenn man beim Beklagten eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch verspätete Streuung einer verkehrswichtigen und besonders gefährlichen Stelle unterstellt, träfe den Kläger an dem Unfall ein so gravierendes Mitverschulden, daß dahinter die – unterstellte – Pflichtverletzung des Beklagten zurückträte.

Der ortskundige Kläger ist angesichts der Witterungsverhältnisse wohl zu schnell in die Kurve gefahren. Unabhängig davon, daß der Kläger ursprünglich vorgetragen hat, unter Beachtung der „zulässigen Höchstgeschwindigkeit“ – also 100 km/h – die Straße befahren zu haben, sind auch die im Nachhinein behaupteten „höchstens 50 km/h“ im Kurvenbereich bei Glatteisbildung bzw. offensichtlicher Glatteisgefahr

deutlich zu hoch, und zwar auch dann, wenn man – wie der Kläger – einen Porsche 911 mit bekanntermaßen hoher Sicherheitstechnik fährt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO , die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gemäß § 546 Abs. 2 ZPO war der Wert der Beschwer festzusetzen.

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