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Teilzeitbeschäftigung: Änderung der bei Unzumutbarkeit

Bundesverwaltungsgericht

Az.: BVerwG 2 C 20.07

Urteil vom 16.10.2008 (wie Urteil vom heutigen Tage – BVerwG 2 C 15.07 -)

Vorinstanzen:

I. VG Gelsenkirchen, Az.: VG 1 K 5127/02, Entscheidung vom 26.01.2005

II. OVG Münster, Az.: OVG 6 A 929/05, Entscheidung vom 22.02.2007


Leitsatz:

Ein nach dem Blockmodell teilzeitbeschäftigter nordrhein-westfälischer Beamter kann regelmäßig die Änderung des Umfangs der gewährten Teilzeit verlangen, wenn sie ihm im bisherigen Umfang nicht mehr zugemutet werden kann und dienstliche Belange nicht entgegenstehen.
Die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung kann unzumutbar sein, wenn der Beamte langfristig erkrankt ist und damit das bereits durch eine Besoldungskürzung vorfinanzierte Freistellungsjahr in wesentlichem Umfang entwertet wird.


In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2008 für Recht erkannt:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Teilzeitbeschäftigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts neu zu bescheiden hat.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist Oberstudienrätin im Dienst des beklagten Landes mit der Lehrbefähigung für die Fächer Sport und Erziehungswissenschaften. An ihrer Schule war sie ausschließlich als Sportlehrerin eingesetzt.

1997 beantragte sie eine Ermäßigung ihrer Arbeitszeit auf ¾ im sog. Sabbatjahrmodell ab 1. August 1998 für die Dauer von vier Jahren. Das Freistellungsjahr sollte am 1. August 2001 beginnen und am 31. Juli 2002 enden. Danach wollte die Klägerin zur Vollzeitbeschäftigung zurückkehren. Dem Antrag wurde entsprochen.

Am 11. April 2001 – also noch während der Arbeitsphase – erlitt die Klägerin bei einem Verkehrsunfall einen Trümmer- und Spiralbruch des rechten Schienbeins und war bis April 2002 arbeitsunfähig. Ihren Antrag, den Beginn des Sabbatjahres um ein Jahr zu verschieben, lehnte der Beklagte ab, weil die Klägerin generell dienstfähig sei und lediglich befristet keinen Sportunterricht erteilen könne.

Nachdem die Klägerin am 1. August 2002 ihren Dienst wieder aufgenommen hatte, beantragte sie, acht Monate des Sabbatjahres nachzuholen. Sie sei erst ab dem 1. April 2002 wieder dienstfähig gewesen und habe deshalb nur diesen Teil des Sabbatjahres wie vorgesehen nutzen können; während der vorangegangenen acht Monate des Sabbatjahres sei sie dienstunfähig gewesen. Sie habe deshalb die durch die vorangegangene Vollzeitbeschäftigung erdiente Freistellungsphase nicht in Anspruch nehmen können. Ihr Antrag und ihr Widerspruch blieben erfolglos: Eine Verschiebung der Freistellungsphase sei nicht möglich. Das Risiko der Erkrankung falle während der Arbeitsphase dem Dienst¬herrn, während der Freistellungsphase dem Beamten zur Last.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin beantragt, die gewährte Teilzeitbewilligung teilweise aufzuheben, hilfsweise, ihr zukünftig eine Freistellung für die Dauer von acht Monaten zu bewilligen, hilfsweise, ihr einen finanziellen Ausgleich zu gewähren.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Aufhebung des Teilzeitbewilligungsbescheides neu zu bescheiden, und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die einschlägige Bestimmung des Landesbeamtengesetzes (§ 78b) befasse sich lediglich mit dem Fall der nachträglichen Änderung einer gleichmäßig verteilten Teilzeitbeschäftigung. Die Klägerin habe demgegenüber das Blockmodell gewählt. Gleichwohl ändere das beklagte Land in ständiger Praxis auch in solchen Fällen die Teilzeitbeschäftigung; seine für Lehrer geltende Praxis habe es in einem Runderlass des Kultusministeriums festgelegt. Danach sei die vorzeitige Änderung des Umfangs der Teilzeitbeschäftigung in Form des Sabbatjahres oder die Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung mit Zustimmung des Dienstvorgesetzten zulässig, wenn dienstliche Gründe nicht entgegenstünden. In diesem Falle würden die angesparten Bezüge nachgezahlt, wenn das Freistellungsjahr aus einem nicht von der Lehrkraft zu vertretenden Grund nicht oder nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen werde (z. B. wegen vorzeitiger Pensionierung, Wechsel des Dienstherrn, Entlassung, Tod). Diese Praxis könne sich auf eine entsprechende Anwendung der für die Teilzeitbeschäftigung außerhalb des Blockmodells geltenden Vorschrift stützen, die eine Anpassung der Teilzeitbewilligung an die neue Situation nahe lege oder gebiete.

Daher sei die Weigerung des beklagten Landes, die Teilzeitbewilligung zu ändern, ermessensfehlerhaft. Die Beschränkung des Widerrufs auf die im Erlass genannten Beispielsfälle stehe im Widerspruch zum Gleichheitssatz und lasse außer Betracht, dass auch der Fall dauerhafter Erkrankung die erstrebten Vorteile der Freistellungsphase zunichte mache. Bei der Bewertung von Erkrankungen sei zwar im Ausgangspunkt zutreffend, dass vorübergehende Erkrankungen eine nachträgliche Änderung der Teilzeitbewilligung nicht rechtfertigen könnten. Langwierige Erkrankungen, die den Beamten ganz oder erheblich an der Inanspruchnahme der Freistellungsphase hinderten, dürften aber nicht unberücksichtigt bleiben. Die Klägerin sei vom Beginn der Freistellungsphase an für die Dauer von acht Monaten außerstande gewesen, die Vorteile des Sabbatjahres für sich in Anspruch zu nehmen. Ihre geleistete Vorarbeit in Form voller Arbeitsleistung bei reduzierter Besoldung während der Arbeitsphase sei dadurch in einem wesentlichen Umfang, nämlich zu zwei Dritteln, entwertet worden. Ab welcher zeitlichen Grenze dem Beamten ein Festhalten an der einmal bewilligten Teilzeit nicht mehr zugemutet werden könne, bedürfe hier keiner Entscheidung; diese Grenze sei hier jedenfalls eindeutig überschritten. Der Klägerin könne auch nicht entgegengehalten werden, sie sei während der acht Monate nur eingeschränkt dienstunfähig gewesen. Vielmehr sei die Klägerin während der gesamten Zeit krankgeschrieben gewesen. Deshalb müsse der Beklagte sein Ermessen erneut ausüben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Er beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2007 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 26. Januar 2005 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass der Beklagte erneut über ihren Antrag entscheidet, die gewährte Teilzeitbeschäftigung zu ändern.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 78b Abs. 3 Satz 2 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen LBG in der Fassung des Gesetzes vom 10. Februar 1998 (GV.NRW S. 134). Danach soll die zuständige Dienstbehörde eine Änderung des Umfangs der Teilzeitbeschäftigung oder den Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zulassen, wenn dem Beamten die Teilzeitbeschäftigung im bisherigen Umfang nicht mehr zugemutet werden kann und dienstliche Belange nicht entgegenstehen.

1.

Diese Vorschrift ist unmittelbar anwendbar. Sie regelt die Fälle sogenannter Leistungsstörungen, die während der Dauer des voraussetzungslos gewährten befristeten Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses auftreten können. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um die in § 78b Abs. 1 LBG geregelte Teilzeitbeschäftigung handelt, bei der die regelmäßige Arbeitszeit täglich oder wöchentlich um einen bestimmten Bruchteil ermäßigt wird, oder um eine Teilzeitbeschäftigung im sogenannten Blockmodell, bei der die ermäßigte Arbeitszeit und die Freistellungszeit jeweils in einem Block zusammengefasst sind, und zwar entweder im Laufe der Dienstzeit („Sabbatjahr„-Modell nach § 78b Abs. 4 LBG) oder an deren Ende (Altersteilzeit nach § 78d LBG). Die in § 78b Abs. 4 LBG geregelte Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell des „Sabbatjahres“ ist ebenfalls eine „Teilzeitbeschäftigung nach Absatz 1″, woran bereits der Wortlaut des Gesetzes keinen Zweifel lässt.

Für die Annahme des Berufungsgerichts, § 78b Abs. 3 Satz 2 LBG sei auf Teilzeitbeschäftigungen im Blockmodell nicht oder allenfalls analog oder kraft Anordnung im Erlasswege anzuwenden, findet sich im Gesetz keine Stütze. Die Anwendbarkeit des § 78b Abs. 3 Satz 2 LBG auf Teilzeitbeschäftigungen im Blockmodell folgt aus der Systematik der Vorschrift und ihrer Entstehungsgeschichte. Der Verweis des Absatzes 4 auf Absatz 1 zeigt, dass es sich bei der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell um einen Unterfall der Teilzeitbeschäftigung handelt, für den die allgemeinen Regelungen gelten.

Dies wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. Die Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell ist erst durch das Gesetz vom 10. Februar 1998 (GV.NRW S. 134) eingeführt worden; dabei wurde die entsprechende Regelung als Absatz 4 an das Ende der Vorschrift gestellt. Gleichzeitig stellte der Gesetzgeber mit dem Zusatz, es handele sich hierbei um eine „Teilzeitbeschäftigung nach Absatz 1″, klar, dass die „Störfallregelungen“ des Absatzes 3 auch für diese Art der Teilzeit gelten sollten. Zu Absatz 3 heißt es in der amtlichen Begründung (LTDrucks 12/2124 S. 44), die zuständige Dienstbehörde könne auch nachträglich aus zwingenden dienstlichen Gründen die Dauer der Teilzeitbeschäftigung beschränken oder den Umfang der zu leistenden Arbeitszeit erhöhen. Sie solle eine Änderung des Umfangs der Teilzeitbeschäftigung oder eine Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung ermöglichen, wenn dem Beamten die Teilzeitbeschäftigung nicht mehr zuzumuten und soweit dies mit den dienstlichen Belangen vereinbar sei. Zu Absatz 4 heißt es, mit der Neuregelung werde das selbst finanzierte Sabbatjahr eingeführt, ein Teilzeitmodell, das dem Beamten auf Antrag gestatte, auf die Dauer von drei bis sieben Jahren die Arbeitszeit bis auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit zu ermäßigen. Bei „Störfällen“, d.h. wenn der Beamte gehindert sei, die Zeit der vollen Freistellung vom Dienst (Freizeitphase) anzutreten oder zu Ende zu führen (z.B. bei Tod, vorzeitiger Zurruhesetzung, Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, Verlust der Beamtenrechte, Dienstherrnwechsel), bestehe ein Anspruch auf Nachzahlung der Besoldung im Umfang der nicht durch Freistellung ausgeglichenen (d.h. ohne die Regelung zum Sabbatjahr zu erbringenden) Arbeitsleistung; die Zeit der Arbeitsleistung (Arbeitsphase) werde in diesen Fällen im Umfang der nicht ermäßigten Arbeitszeit als ruhegehaltfähig anerkannt.

Der in der Gesetzesbegründung ohne Weiteres vorausgesetzte Anspruch auf Nachzahlung der Besoldung und Anerkennung der Ruhegehaltfähigkeit besteht nur dann, wenn zuvor der Umfang der Teilzeitbeschäftigung gemäß § 78b Absatz 3 Satz 2 LBG geändert worden ist. Andernfalls verstießen die Nachzahlung und die Anerkennung als ruhegehaltfähig gegen § 6 Abs. 1 BBesG und das in § 2 BBesG und in § 3 BeamtVG aufgestellte strikte Verbot, Besoldung und Versorgung ohne gesetzliche Rechtsgrundlage zu gewähren.

Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber angenommen hat, Zeiten, in denen der Beamte dienstunfähig erkrankt, gingen während der Arbeitsphase zu Lasten des Dienstherrn, während der Freizeitphase hingegen zu Lasten des Beamten. Diese der Gesetzesbegründung zu entnehmende Auffassung hat im Gesetz aber keinen Niederschlag gefunden. Sie ist auch aus rechtssystematischen Gründen abzulehnen.

Erkrankt ein Beamter während des Dienstes mit der Folge der Dienstunfähigkeit, so ist er von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit, verliert jedoch nicht seinen Anspruch auf Besoldung (§ 9 Satz 1 BBesG, vgl. Beschluss vom 20. Juni 2000 BVerwG 1 DB 5.00 Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 17 S. 24). Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt auch dann, wenn die Arbeitszeit ermäßigt ist. Ist die Arbeitszeit wie bei einer Teilzeitregelung nach § 78b Abs. 1 oder 4 LBG für einen bestimmten Zeitraum ermäßigt, so gilt er für den gesamten Zeitraum; dieser Zeitraum lässt sich insoweit nicht in unterschiedliche Abschnitte unterteilen, sondern unterliegt einem einheitlichen Regime, gleichgültig, ob die Arbeitszeit wöchentlich oder blockweise ermäßigt ist. Der Beamte hat während des gesamten Zeitraums Anspruch auf Besoldung, Schutz und Fürsorge, insbesondere auf Beihilfe. Deshalb darf eine Erkrankung im Grundsatz nicht unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, in welcher Phase innerhalb des Zeitraums der Arbeitszeitermäßigung sie auftritt. Treten innerhalb dieses Zeitraums Störungen auf, so ist nach § 78b Abs. 3 LBG zu verfahren.

§ 78b Abs. 3 LBG regelt in Satz 1 den Fall, dass der Dienstherr selbst ein Interesse an einer nachträglichen Änderung der Teilzeitregelung hat. Er darf die Teilzeitbeschäftigung beschränken oder den Umfang der zu leistenden Arbeitszeit erhöhen, soweit zwingende dienstliche Belange dies erfordern. Es spricht nichts für die Annahme, dass das Gesetz ihm diese Möglichkeit nur bei täglicher oder wöchentlicher Arbeitszeitermäßigung eröffnen, bei Teilzeitgewährung im Blockmodell jedoch versagen will.

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Auch § 78d LBG lässt erkennen, dass die „Störfallregelung“ des § 78b Abs. 3 LBG für alle Modelle der voraussetzungslosen Teilzeitbeschäftigung gilt. § 78d LBG, der einen speziellen Unterfall des Blockmodells, nämlich die Altersteilzeit beschreibt, enthält keinerlei Regelungen für Störfälle, obwohl dem Gesetzgeber klar war, dass regelungsbedürftige Störfälle auch hier auftreten können.

2.

§ 78b Abs. 3 Satz 2 LBG eröffnet der zuständigen Dienstbehörde Ermessen, auf Antrag des Beamten die Dauer der Teilzeitbeschäftigung auch nachträglich zu ändern oder den Umfang der zu leistenden Arbeitszeit zu erhöhen. Dieses Ermessen ist stark eingeschränkt, wenn dem Beamten die Teilzeitbeschäftigung im bisherigen Umfang nicht mehr zugemutet werden kann; in einem solchen Fall „soll“ sie eine Änderung des Umfangs der Teilzeitbeschäftigung oder den Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zulassen. Einen entsprechend begründeten Antrag des Beamten kann sie nur ablehnen, wenn dienstliche Belange entgegenstehen. Ist dies nicht der Fall, muss sie dem Antrag regelmäßig entsprechen.

a) Der Begriff der Unzumutbarkeit bezieht die private Sphäre des Beamten mit ein, lässt zugleich aber erkennen, dass nur schwerwiegende Gründe erfasst werden, bei deren Vorliegen dem Beamten ein Festhalten an der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell billigerweise nicht mehr angesonnen werden kann. Welche Gründe dem Beamten die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung unzumutbar machen können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Behörde ist hierbei nicht auf die in der Gesetzesbegründung genannten Beispielsfälle (vorzeitige Zurruhesetzung, Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, Verlust der Beamtenrechte, Dienstherrnwechsel) beschränkt. Insbesondere eine längerfristige, mit vorübergehender Dienstunfähigkeit verbundene Erkrankung kann die Unzumutbarkeit der Fortsetzung begründen. Daraus folgt zugleich, dass nicht jede Erkrankung, nicht jedes unerwartete Ereignis die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung unzumutbar macht; bloße enttäuschte Erwartungen in Bezug auf die Lebensführung während des Sabbatjahres genügen nicht. Entscheidender Gesichtspunkt ist, dass die mit der Wahl der Teilzeitbeschäftigung verbundenen Vorteile, die der Beamte durch den Verzicht auf die volle Besoldung erkaufen will oder wie hier bereits erkauft hat, durch die Erkrankung ganz oder nahezu vollständig entwertet worden sind. Hält die Erkrankung, wie hier, deutlich länger als die Hälfte des Freistellungsjahres an, wird ein Fall der Unzumutbarkeit in aller Regel gegeben sein.

b) Dienstliche Belange, die dem Antrag des Beamten entgegengehalten werden können, sind alle organisatorischen und personalwirtschaftlichen Belange, die das dienstliche Interesse an der sachgemäßen und reibungslosen Erfüllung der der Verwaltung übertragenen Aufgaben betreffen (vgl. Urteile vom 13. August 2008 BVerwG 2 C 41.07 juris Rn. 10 und vom 30. März 2006 BVerwG 2 C 23.05 Buchholz 236.2 § 76c DRiG Nr. 1 m.w.N.). Der Bedeutungsgehalt dieser Interessen erschließt sich aus der Zweck¬bestimmung und dem Ziel der jeweiligen gesetzlichen Regelung sowie aus dem systematischen Zusammenhang, in den der Begriff hineingestellt ist. Auch wenn in § 78b Abs. 3 Satz 2 LBG die dienstlichen Belange nicht durch Zusätze wie „erheblich“, „dringend“ oder „zwingend“ näher gekennzeichnet und abgestuft sind, ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift, dass es nur Belange von einigem Gewicht sein können, die die zuständige Dienstbehörde dem Antrag des Beamten entgegensetzen kann. Müssen die Interessen des Beamten, die die Bestimmung schützen soll, so gewichtig sein, dass dem Beamten die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung unzumutbar ist, so kann nicht jeder dienstliche Belang ungeachtet seines Gewichts den Anspruch des Beamten auf Änderung zu Fall bringen. Vielmehr stehen nur solche dienstlichen Belange dem Antrag des Beamten entgegen, deren Gewicht demjenigen der Gründe des Beamten zumindest gleichwertig ist. Ob dies der Fall ist, hat die zuständige Dienstbehörde zu prüfen, indem sie die in den Blick zu nehmenden Interessen gewichtet und gegeneinander abwägt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der beantragten Umwandlung der Teilzeit- in eine Vollzeitbeschäftigung wegen einer krankheitsbedingten Entwertung des – vorfinanzierten Sabbatjahres in der Regel keine Belange entgegengesetzt werden können, die sich aus dem üblichen Dienstbetrieb ergeben, falls der Beamte wegen seiner Erkrankung von der Dienstleistungspflicht befreit ist.

Der bloße Umstand, dass mit der Änderung des Umfangs der Teilzeitbeschäftigung auch fiskalische Interessen berührt sind, weil die Besoldung sich gemäß § 6 Abs. 1 BBesG nach dem Umfang der Teilzeitbeschäftigung richtet, ist kein solcher Belang, weil er mit der Änderung des Umfangs immer und automatisch verbunden ist. Wäre dieser Belang ohne Rücksicht auf den Einzelfall als entgegenstehend anzuerkennen, liefe die Vorschrift leer. Allenfalls im Einzelfall kann sich aus konkreten haushaltsrechtlichen Problemen des Dienstherrn ein zu berücksichtigender dienstlicher Belang ergeben.

Der Beklagte hat bisher nicht geprüft, ob die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung für die Klägerin unzumutbar war. Der Ausgangs- und der Widerspruchsbescheid lassen erkennen, dass der Beklagte ein Widerrufsermessen nur dann für eröffnet gehalten hat, wenn der Beamte die Freistellungsphase dauerhaft nicht oder nicht in vollem Umfang in Anspruch nehmen kann, weil er aus dem Dienst ausscheidet. Mit den von der Klägerin geltend gemachten persönlichen Umständen, die nicht in diesen als abschließend aufgefassten Katalog fallen, setzen sich die Bescheide nicht auseinander. Die vom Beklagten ins Feld geführten dienstlichen Belange sind allgemeiner Natur und können eine Antragsablehnung nicht rechtfertigen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

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