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Verhaltensbedingte Kündigung eines alkoholkranken Berufskraftfahrers


Arbeitsgericht Berlin

Az: 24 Ca 8017/13

Urteil vom 03.04.2014


Tenor

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 27.05.2013 nicht beendet worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 32.336,14 € festgesetzt.


Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung sowie über die Zahlung von Nachtzuschlägen.

Der Kläger ist bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, seit 29.1.1991 als Kraftfahrer bei einem Bruttostundenlohn von zuletzt 15,63 € beschäftigt. Im Zeitraum vom 1.1.12013 bis 29.5.2013 erhielt er von der Beklagten ein Arbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 17.828,98 € brutto.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der U…-Gruppe, die mit der Zustellung von Paketen befasst ist. Aufgabe der Beklagten ist es, Paketsendungen, die von Mitarbeitern eines anderen Unternehmens der U…-Gruppe beim Kunden abgeholt und täglich jeweils bis 20:00 Uhr in die Niederlassung vor Ort gebracht werden, von dort in Containern zur entsprechenden Hauptumschlagsbasis und von dort zur Zielniederlassung zu transportieren. Die Zustellung der Pakete von den Zielniederlassungen aus zum Empfänger erfolgt wiederum durch Mitarbeiter eines anderen Unternehmens der U…-Gruppe.

Die Beklagte zahlte dem Kläger in der Vergangenheit für Arbeitsleistungen in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr Nachtzuschläge wie folgt:

-in der Zeit vom 1.10.2010 bis 30.9.2011: 11,4% des Grundlohns von 15,30 € brutto (1,75 €)

-in der Zeit vom 1.10.2011 bis 30.9.2012: 12,16 % des Grundlohns von 15,63 € brutto (1,90 €)

-in der Zeit vom 1.10.2012 bis 30.9.2013: 18,69 % des Grundlohns von 15,63 € brutto (2,92 €)

In der Nacht von Montag, 1.5.2013 auf Dienstag, 2.5.2013 verursachte der Kläger mit dem Firmen-Lkw N… mit Anhänger (40-Tonner) auf der Autobahn A 2 einen Auffahrunfall auf einen aufgrund eines Staus stehenden Lastzug. Der Fahrer des stehenden Lastzugs wurde verletzt. Ausweislich des gegen den Kläger wegen fahrlässiger Körperverletzung ergangenen Strafbefehls vom 18.7.2013 (Bl. 59 d. A.) erlitt der geschädigte Fahrer Prellungen in Brustbereich und Nacken sowie ein Schleudertrauma. An beiden Fahrzeugen entstand ein Sachschaden; am Firmen-Lkw ein wirtschaftlicher Totalschaden. Der den Unfall aufnehmende Polizeibeamte stellte beim Kläger Alkoholgeruch in der Atemluft fest. Die Überprüfung am Unfallort ergab einen Alkoholkonzentrationswert von 0,64 Promille beim Kläger.

§ 8 Ziff. 9 lit. a.) der Arbeitsordnung der Beklagten lautet wie folgt:

„Es ist untersagt, angetrunken zur Arbeit zu erscheinen, alkoholische Getränke in den Betrieb mitzubringen oder im Betrieb zu verzehren.

Es ist ferner verboten, im Betrieb Rauschmittel zu besitzen, weiterzugeben oder zu verzehren.“

Die Arbeitsordnung ist dem Kläger bekannt. Unter dem 1.11.1995, 22.7.2002 und 29.4.2011 hat er jeweils den Erhalt der aktualisierten Arbeitsordnung bestätigt (Bl. 87 – 89 d. A.)

Über den Unfall gab die Autobahnpolizei am 2.5.2013 eine Pressemitteilung heraus (Bl. 83 d. A.). Am selben Tag telefonierte der zuständige Feeder Manager der Beklagten, Herr R… K…-B… mit dem Kläger und erkundigte sich bei ihm nach seinem Gesundheitszustand, dem Unfallhergang und der polizeilichen Unfallbericht.

Mit Schreiben vom 17.5.2013 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers an. Wegen der Einzelheiten wird auf das in Ablichtung zu den Akten gereichte Anhörungsschreiben nebst Anlage (Bl. 71 bis 75 d. A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 24.5.2013 widersprach der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung. Wegen der Einzelheiten wird auf das in Ablichtung zu den Akten gereichte Schreiben des Betriebsrats vom 24.5.2013 (Bl. 79 d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 27.5.2013 (Bl. 12 d. A.), das dem Kläger am 29.5.2013 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos, vorsorglich ordentlich zum 31.12.2013.

In der Zeit vom 29.5.2013 bis 17.6.2013 befand sich der Kläger aufgrund einer Alkoholproblematik in stationärer Behandlung. Auf den Inhalt der in Ablichtung zu den Akten gereichten vorläufigen Epikrise der I… Klink R…, Abteilung für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik vom 17.6.2013 (Bl. 53 bis 55 d. A.) wird Bezug genommen.

Von einer Alkoholerkrankung des Klägers hatte die Beklagte zur Zeit des Ausspruchs der Kündigung keine Kenntnis.

Der Kläger wendet sich mit der der Beklagten am 18.6.2013 zugestellten Klage gegen die Kündigung vom 27.5.2013 Darüber hinaus verlangt er Weiterbeschäftigung, und zwar sowohl auf der Grundlage des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs als auch gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG.

Schließlich begehrt der Kläger für den Zeitraum von Januar 2011 bis April 2013 jeweils für die Zeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr Zahlung restlicher Nachtzuschläge auf der Grundlage eines Nachtzuschlages von 30% des jeweiligen Bruttostundenlohnes sowie die Feststellung, dass ihm die Beklagte auch künftig Nachtzuschläge in dieser Höhe zu gewähren hat. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Zahlungsforderung wird auf Seite 2 des Schriftsatzes des Klägers vom 28.3.2014 Bezug genommen.

Der Kläger ist der Ansicht, die fristlose Kündigung sei bereits deswegen unwirksam, weil die Beklagte die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten habe. Die Beklagte müsse sich die Kenntnis ihres Feeder Manager, Herrn K…-B… zurechnen lassen, da dieser Vorgesetzter des Klägers sei und sämtliche Personalverfügungen gegenüber dem Kläger umgesetzt habe. Der Kläger behauptet, auch der Personalleiter Herr G… Sch… sei noch am 2.5.2013 vollständig über das Geschehen informiert worden. Herr Sch… habe am 2.5.2013 gegen Mittag den Betriebsratsvorsitzenden Herrn E… angerufen und diesen dazu befragt, ob er Kenntnis von dem Unfall habe. Am selben Tag habe er – der Kläger – ebenfalls mit dem Betriebsratsvorsitzenden Herrn E… telefoniert und ihm den Sachverhalt geschildert. Herr E… habe daraufhin eine E-Mail an Herrn Sch… geschrieben, auf welche dieser auch geantwortet habe. Auf den im Kammertermin am 3.4.2014 überreichten E-Mailausdruck vom 2.5.2013 und vom 3.5.2013 wird Bezug genommen.

Der Kläger meint, die vorsorgliche ordentliche Kündigung sei – insbesondere mangels Verschuldens – sozial ungerechtfertigt.

Hierzu behauptet der Kläger, er sei zur Zeit des Ausspruchs der Kündigung alkoholkrank gewesen. Dies ergebe sich bereits aus dem Schreiben der I… Klinik vom 17.6.2013 (Bl. 53 ff. d. A.). Er habe als Spiegeltrinker nicht während der Arbeitszeit getrunken, sondern noch eine Restalkoholisierung vom Tage aufgewiesen.

Überdies seien sowohl die fristlose wie auch die ordentliche Kündigung aufgrund seiner langen Betriebszugehörigkeit unverhältnismäßig.

Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß zur Kündigung angehört wurde.

Der Kläger meint, die von der Beklagten gezahlten Nachtzuschläge seien nicht angemessen. Die Beklagte habe ihm Nachtzuschläge in Höhe von 30 % der Bruttostundenvergütung zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung vom 27.5.2013 nicht beendet worden ist.

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 27.5.2013 nicht zum 31.12.2013 oder zu einem anderen Termin beendet worden ist,

3. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 22.1.1991 in seiner Gestalt vom 16.10.1995 als Kraftfahrer zu beschäftigen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.906,92 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 01.05.2013 einen Nachtschichtzuschlag in Höhe von 30 % auf den Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtstunden von 2 Arbeitstagen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Sie behauptet, der kündigungsberechtigte Personalleiter habe von dem kündigungsrelevanten Sachverhalt erst am 16.5.2013 Kenntnis erhalten.

Sie ist der Ansicht, die Kündigung sei wegen des Fahrens unter Alkoholeinfluss gerechtfertigt. Einer vorherigen Abmahnung habe es nicht bedurft.

Auf eine Alkoholerkrankung könne sich der Kläger bereits deswegen nicht berufen, weil er ihr hiervon weder vor noch alsbald nach der Kündigung hiervon Mitteilung gemacht habe.

Die Beklagte behauptet, der durch den vom Kläger verursachten Unfall entstandene Schaden am Firmen-Lkw betrage nach den Angaben der Abteilung Automotive über 30.000,00 €.

Sie meint, die von ihr gezahlten Nachtzuschläge seien angemessen. Dies folge daraus, dass die Nachtarbeit bei ihr üblich sei, sie bereits in der Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr freiwillig Nachtzuschläge leiste und dem Kläger einen Grundlohn zahle, der deutlich über dem vergleichbaren Tariflohn liege.

Die Beklagte behauptet, ca. 90 % der bei beschäftigten ca. 500 Kraftfahrer würden auf sogenannten Nachttouren eingesetzt und nur 10 % auf Tagtouren

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Vorbringen der Parteien in der mündlichen Verhandlung sowie auf die eingereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Der Klageantrag zu 1) ist begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Die fristlose Kündigung vom 27.5.2013 ist unwirksam.

Für den nach §§ 256 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG, 4, 7, 13 KSchG zulässigen Klageantrag zu 1) hat der Kläger die Klageerhebungsfrist gemäß § 4 KSchG gewahrt.

Es kann dahin stehen, ob die dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen als wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB anzusehen ist.

Denn die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten vom 27.5.2013 ist nicht innerhalb der 14-tägigen Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 S. 1 BGB ausgesprochen worden und daher rechtsunwirksam.

Die Beklagte hatte bereits weit vor dem 13.5.2013 Kenntnis von dem der Kündigung zugrunde liegenden Sachverhalt.

Gemäß § 626 Abs. 2 S. 2 BGB beginnt die Ausschlussfrist mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts reicht jedoch ausnahmsweise für den Fristbeginn die Kenntnis eines Dritten aus, der keine Kündigungsbefugnis hat, wenn dessen Stellung im Betrieb nach den Umständen des Einzelfalles erwarten lässt, er werde den Kündigungsberechtigten von dem Kündigungssachverhalt unterrichten. Der Kündigungsberechtigte muss sich die Kenntnis des Dritten nach Treu und Glauben zurechnen lassen. Er darf sich dann nicht auf seine erst später erlangte Kenntnis berufen, wenn dies darauf beruht, dass die Organisation des Betriebes zu einer Verzögerung des Fristbeginns führt, obwohl eine andere Organisation sachgemäß und zumutbar wäre (so BAG vom. 05.05.1997 – 2 AZR 297/96, BAGE 29, 158 ff.; vom 26.11.1987 – 2 AZR 312/87, juris).

Die für die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat keine hinreichenden tatsächlichen Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass der Personalleiter Herr Sch… – wie sie behauptet – erst am 16.5.2013 vom Kündigungssachverhalt Kenntnis erlangt hat. Nicht nur die Pressemitteilung vom 2.5.2013, sondern insbesondere der E-Mail-Verkehr zwischen Herrn Sch… und dem Betriebsratsvorsitzenden Herrn R… E… vom 2./3.5.2013 sowie das Telefonat zwischen den beiden am 2.5.2013 sprechen dafür, dass Herr Sch… von den Geschehnissen am 2.5.2013 bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt Kenntnis hatte, als es die Beklagte behauptet. Angesichts dieser Sachlage war die Beklagte gehalten, näher zu erläutern, aufgrund welcher konkreten Tatumstände sie dennoch von einer Kenntniserlangung durch Herrn Sch… erst am 16.5.2013 ausgehen darf. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Auch hat sie nicht dazu Stellung genommen, weshalb die Kenntnis des Vorgesetzten des Klägers, Herrn K…-B… der bereits am 2.5.2013 Kenntnis von den Geschehnissen erlangt hatte, im Rahmen des § 626 Abs. 2 BGB irrelevant sein soll. Da es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass Herr K… B… sämtliche Personalverfügungen gegenüber dem Kläger umgesetzt hat, liegt ein Sachverhalt vor. aufgrund dessen der Kläger erwarten durfte, dass Herr K…-B… Herrn Sch… von dem Kündigungssachverhalt unterrichtet. Soweit die Beklagte dies anders sehen möchte, hätte sie substantiiert zu ihrer diesbezüglichen betrieblichen Organisation vortragen müssen.

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Der Klageantrag zu 2) war abzuweisen.

Die ordentliche Kündigung vom 27.5.2013 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 BGB zum 31.12.2013 beendet.

Für den nach §§ 256 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG, 4, 7 KSchG zulässigen Klageantrag zu 1) hat der Kläger die Klageerhebungsfrist gemäß § 4 KSchG gewahrt.

Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 1 KSchG. Denn es liegen verhaltensbedingte Gründe für eine Kündigung des Klägers gemäß § 1 Abs. 2 KSchG vor.

Das Verhalten des Klägers am 2.5.2013, nämlich das alkoholisierte Führen des Firmen-Lkw und der unter Alkoholeinfluss durch den Kläger verursachte Auffahrunfall stellen nach Auffassung der Kammer schwerwiegende Pflichtverletzungen dar, die die Beklagte zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung berechtigten. Ob der Kläger zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung alkoholerkrankt war ist hierbei ohne Belang.

Der Arbeitgeber darf bei einem Berufskraftfahrer, ohne dass dies in regelmäßigen Abständen wiederholt wird, erwarten, dass dieser nüchtern zum Fahrtantritt erscheint und auch während der Fahrt keine alkoholischen Getränke zu sich nimmt (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.1.2007 – 6 Sa 731/06). Hier kommt noch hinzu, dass bei der Beklagten gemäß § 8 Ziff. 9 der Arbeitsordnung, die dem Kläger ausweislich der Empfangsbestätigungen (Bl. 87 ff. d. A.) bekannt war, ein ausdrückliches Alkoholverbot besteht. Gerade der Umstand, dass der Kläger Berufskraftfahrer ist und arbeitsvertraglich Fahrten mit einem 40-Tonnen-Lkw unternimmt, muss zwingend dazu führen, dass er sich des Alkoholgenusses enthält.

Bereits bei einem Grad von 0,3 Promille tritt eine leichte Verminderung der Sehleistung ein, Aufmerksamkeit, Konzentration, Kritik- und Urteilsfähigkeit sowie Reaktionsvermögen lassen nach. Die Risikobereitschaft steigt an. Beim Kläger wurden zur Tatzeit sogar 0,64 Promille festgestellt.

Das Maß der konkreten arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung ist erheblich. Dies beruht darauf, dass nicht nur eine Gefährdung für anvertraute Vermögenswerte des Arbeitgebers bestand und ein erheblicher Schaden am Lkw der Beklagten auch tatsächlich eingetreten ist, sondern dass der Kläger durch die Alkoholfahrt auch Leben und Gesundheit von möglicherweise mehren bis mehreren hundert Personen gefährdet hat. Darüber hinaus sind durch den Unfall auch ein Vermögensschaden Dritter, nämlich an dem anderen Lkw, sowie eine Körperverletzung eingetreten Der Fahrer des Lkw, auf den der Kläger aufgefahren ist, erlitt Prellungen in Brustbereich und Nacken sowie ein Schleudertrauma.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Pflichtverletzung, nämlich die Trunkenheitsfahrt, dem Kläger auch vorwerfbar.

Hierbei kann es dahin stehen, ob der Kläger zur Zeit des kündigungsrelevanten Ereignisses tatsächlich alkoholkrank war und dies durch die vorläufige Epikrise der I… Klinik R… vom 17.6.2013 (Bl. 53 ff. d. A.) hinreichend substantiiert belegt ist.

Allerdings konnte der Kläger – entgegen der Ansicht der Beklagten – im Kündigungsschutzprozess Alkoholabhängigkeit einwenden, obwohl er die Beklagte weder vor noch alsbald nach der Kündigung hierüber informiert hatte. Denn die Sozialwidrigkeit einer Kündigung beurteilt sich nach der objektiven Sachlage bei Kündigungszugang. Der Einwand fehlenden Verschuldens ist nicht daran gebunden, dass sich der Arbeitnehmer alsbald nach Zugang der verhaltensbedingten Kündigung auf Alkoholabhängigkeit beruft (LAG Thüringen, Urteil vom 17.8.2010 – 7 Sa 417/09 – LAGE § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 107).

Allerdings erweist sich der Pflichtenverstoß des Klägers auch bei einer unterstellten Alkoholerkrankung als vorwerfbar.

Bei arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers infolge Alkoholabhängigkeit kann nicht automatisch von einem fehlenden Verschulden ausgegangen werden (vgl. BAG, Urteil vom 30.09.1993 – 2 AZR 188/93 – EzA § 626 BGB n. F. Nr. 152; LAG Berlin, Urteil vom 31.10.1997 – 6 Sa 74/97).

Ob der an Alkoholismus leidende Arbeitnehmer aufgrund dieser Erkrankung in konkreten Lebenssituationen nicht in der Lage gewesen ist, sein Verhalten im Sinne einer Vorwerfbarkeit oder eines Verschuldens zu steuern, muss der Beurteilung im konkreten Einzelfall überlassen bleiben (LAG Düsseldorf, Urteil vom 15.12.1997 – 18 Sa 1390/97, auch BAG, Urteil vom 30.09.1993 a.a.O.).

Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt vorliegend darin, dass der Kläger die Fahrt beziehungsweise seine Arbeit trotz Alkoholisierung überhaupt angetreten und hiermit andere gefährdet hat (vgl. auch LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.2.2001 – 5 Sa 640/00).

Es kann nicht angenommen werden, dass sich der Kläger hinsichtlich der Entscheidung über diesen Fahrtantritt in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand befunden hat.

Wenn der Kläger noch zu keinem Zeitpunkt im Betrieb der Beklagten mit Alkoholproblemen auffällig geworden ist und als sogenannter „Spiegeltrinker“ keinen Alkohol während der Arbeit zu sich genommen hat, so zeigt dies zunächst, dass er nicht völlig außer Stande war, seinen Alkoholkonsum zu steuern. Auch befand er sich nicht stets in einem derart alkoholisierten Zustand, dass grundsätzlich von einer Schuldunfähigkeit auszugehen ist. Darüber hinaus ist der vorläufigen Epikrise vom 17.6.2013 zu entnehmen, dass der Kläger seinen Alkoholkonsum seit ca. drei Jahren als „problematisch“ empfindet, was zeigt, dass ihm sein Alkoholverhalten durchaus bewusst war. All dies spricht dafür, dass der Kläger noch in freier Willensbestimmung darüber zu entscheiden in der Lage war, ob er trotz Alkoholgenusses die Fahrt antritt oder nicht.

Einen Beurteilungsspielraum gab es hierbei für den Kläger nicht. Soweit er im Kammertermin erklärt hat, er habe sich bei Fahrtantritt trotz des Alkoholkonsums fit gefühlt, spielt dies angesichts des absoluten Alkoholverbots keine Rolle.

Die Gefahr arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Fall, dass er die Fahrt nicht antritt beziehungsweise der Beklagten seine Alkoholabhängigkeit offenbart, mögen den Kläger in eine Zwangslage gebracht haben. Ein Ausschluss der freien Willensbestimmung ist hierdurch jedoch nicht eingetreten.

Auch unter Berücksichtigung des Alters und vor allem der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers sowie der in der Vergangenheit abgeleisteten Arbeit, bei der der Kläger jedenfalls nicht wegen Alkoholkonsums aufgefallen war, ergibt sich, dass die Vertragsverletzung so schwerwiegend ist, dass das Interesse der Beklagten an einer Vertragsbeendigung vorrangig ist vor dem Bestandsinteresse des Klägers im Hinblick auf sein Arbeitsverhältnis. Auch eine vorherige einschlägige Abmahnung des Klägers war entbehrlich.

Hierbei waren nach Auffassung der Kammer die Interessen der Allgemeinheit, Risiken im Zusammenhang mit dem Fahren eines 40-Tonnen-Lkw möglichst zu minimieren, zu berücksichtigen. Denn diese Interessen darf der Arbeitgeber, der Mitarbeiter mit derart gefährlichen Arbeiten beschäftigt, nicht außer Acht lassen. Ihm obliegt bei der Führung und Organisation seines Unternehmens auch eine Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit. Diese Verantwortung führt dazu, dass die Allgemeininteressen im Rahmen der Arbeitgeberinteressen bei der Interessenabwägung Berücksichtigung zu finden haben (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.07.2003 – 2 Sa 175/03).

Darüber hinaus muss einem Berufskraftfahrer bewusst sein, dass ein Alkoholvergehen im Straßenverkehr seinen Arbeitsplatz gefährdet (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.1.2007 – 6 Sa 731/06). Vorliegend bestand im Betrieb der Beklagten zudem noch ein ausdrückliches Alkoholverbot gemäß § 8 Ziff. 9 lit. a. der Arbeitsordnung.

Auch ist zu bedenken, dass bei einer Alkoholfahrt, die nur zu einer Abmahnung führt, die Auswirkung auf die Gruppe der anderen Fahrer erheblich sein kann. Ergäbe sich bei dem Kläger, dass dessen Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden müsste, so könnte die Beklagte im Betrieb zumindest bei langjährig beschäftigen Fahrern die 0,0 Promillegrenze nicht durchhalten. Jeder der anderen Fahrer könnte damit kalkulieren, dass zunächst eine geringe Alkoholmenge, solange nichts passiert, wenigstens einmal toleriert werden muss. Das Interesse der Beklagten, eine solche Vorstellung bei den anderen Fahrern nicht entstehen zu lassen, ist nach Ansicht der Kammer durchaus erwägenswert und zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses des Klägers würde einen gruppendynamischen Effekt haben, der dem Ziel der Beklagten, Alkoholfahrten auszuschließen, entgegenwirkt (vgl. LAG Köln, Urteil vom 8.11.2010 – 2 Sa 612/10 – AuA 2011, 304).

Weiterhin war bei der Gewichtung des Kündigungsgrundes zu berücksichtigen, dass gerade die vorliegende Vertragspflichtverletzung, nämlich mit Blutalkohol eine Transportfahrt durchgeführt zu haben, regelmäßig nur schwer feststellbar ist. Vertragspflichten, die nach ihrer Art durch den Arbeitgeber nur schlecht zu kontrollieren sind, setzen deshalb zunächst einen erheblichen Vertrauensvorschuss durch den Arbeitgeber voraus. Dieses Vertrauen ist durch die durchgeführte Alkoholfahrt erheblich entwertet worden. Denn dem Arbeitgeber ist es letztlich nicht möglich, für jede Stunde oder Sekunde, die der Kläger in Zukunft einen Gefahrguttransporter führen würde, sicher zu sagen, dass der Kläger alkoholfrei fährt, dass also die Vertragspflicht tatsächlich eingehalten wird. Je schwieriger der Vertragsverstoß in der Zukunft zu kontrollieren ist und je heimlicher der Verstoß vorgenommen wird, desto eher kann gesagt werden, dass ein objektiver vernünftiger und sozial agierender Arbeitgeber kein Vertrauen mehr in den Arbeitnehmer haben muss. Vorliegend müsste die Beklagte den Kläger mindestens zwei- bis dreimal am Tag einer Atemalkoholkontrolle unterziehen, um sicherzugehen, dass der Kläger nicht alkoholisiert fährt. Das Interesse der Beklagten an der größtmöglichen Sicherheit, keinen Fahrer mit Blutalkoholgehalt auf einem LKW sitzen zu haben, ist deshalb nach Ansicht der Kammer ein erhebliches berechtigtes Interesse, welches der Kläger verletzt hat (vgl. LAG Köln, Urteil vom 8.11.2010 – 2 Sa 612/10 – AuA 2011, 304).

Schließlich ließen nach Auffassung der Kammer auch die Äußerungen des Klägers im Kammertermin, wonach man ohnehin nicht erkennen könne, ob ein Lkw- oder Busfahrer alkoholisiert und es deswegen unerheblich sei, ob man von einem alkoholisierten oder nicht alkoholisierten Fahrzeugführer überfahren werde auch nicht auf eine wirkliche Einsicht des Klägers in die Erforderlichkeit der Beachtung des Alkoholverbots schließen.

Die Kündigung ist auch nicht wegen mangelnder Betriebsratsanhörung unwirksam gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG.

Mit dem Schreiben vom 17.5.2013 (Bl. 71 f. d. A.) hat die Beklagte den Betriebsrat ordnungsgemäß über die Sozialdaten des Klägers, die beabsichtigte Kündigungsart und den der Kündigung zugrunde liegenden Sachverhalt informiert. Da die Betriebsratsanhörung subjektiv determiniert ist, war es unschädlich, dass die Beklagte dem Betriebsrat keine Mitteilung über die – ihr zur Zeit des Kündigungsausspruchs unbekannte – vom Kläger behauptete Alkoholerkrankung gemacht hat.

Der Kläger hat keinen Weiterbeschäftigungsanspruch gegen die Beklagte.

Zunächst folgt ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers nicht aus §§ 611, 242 BGB unter Berücksichtigung der Art. 1, 2 GG.

Der Arbeitnehmer hat einen allgemeinen Beschäftigungsanspruch gegen den Arbeitgeber. Dieser ergibt sich aus einer aus Treu und Glauben abzuleitenden Pflicht des Arbeitgebers. Unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen der Art. 1 und 2 GG über den Persönlichkeitsschutz ergibt sich für den Arbeitgeber eine arbeitsvertragliche Förderungspflicht der Beschäftigungsinteressen des Arbeitnehmers. Dies gilt grundsätzlich auch für die Dauer eines Kündigungsschutzprozesses, wenn die umstrittene Kündigung des Arbeitgebers unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis deshalb auch während des Kündigungsschutzprozesses fortbesteht. Maßgebend ist hierbei eine Abwägung des Beschäftigungsinteresses des Arbeitnehmers und des Interesses des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung. Die während der Dauer eines Rechtsstreits bestehende Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses begründet dann kein überwiegendes schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung, wenn im Kündigungsschutzprozess ein die Instanz abschließendes Urteil ergeht, das die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt.

Hieran fehlt es jedoch vorliegend.

Zwar war die Kündigung der Beklagten vom 27.5.2013 als fristlose unwirksam (s.o. I.), als fristgemäße hat sie jedoch Bestand (s.o. II.). Da die Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist, besteht kein überwiegendes Beschäftigungsinteresse des Klägers.

Ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 102 Abs. 5 BetrVG.

Denn es liegt kein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats gegen die Kündigung des Klägers gemäß § 102 Abs. 3 BetrVG vor.

Der Betriebsrat hat in seiner Stellungnahme vom 24.5.2013 (Bl. 79 d. A.) auf keinen der Widerspruchsgründe Bezug genommen. Auch der Begründung ist nicht zu entnehmen, welchen Widerspruchsgrund der Betriebsrat für gegeben hält.

Mit den Anträgen zu 5) und 6) war die Klage ebenfalls abzuweisen.

Es kann dahin stehen, ob für den Klageantrag zu 6) das gemäß §§ 256 Abs. 1 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Denn hierbei handelt es sich nicht um eine echte Prozessvoraussetzung, deren Vorliegen für die Sachprüfung schlechthin unabdingbar wäre. Es muss vielmehr lediglich bei der begründeten Klage gegeben sein. Steht – wie hier – fest, dass die Klage unbegründet ist, wird sie durch Sachurteil abgewiesen, ohne dass es auf das Vorliegen eines Feststellungsinteresses ankäme (vgl. BGH, Urteil vom 10.7.1987 – V ZR 285/85, NJW 1987, 2808 m.w.N.).

Der Kläger hatte keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Nachtzuschlägen in Höhe von 30 %. Die von der Beklagten in der Vergangenheit gezahlten Nachtzuschläge waren angemessen gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG, ein Nachzahlungsanspruch des Klägers besteht insoweit nicht.

Allerdings wären etwaige Ansprüche des Klägers – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht gemäß § 7 Ziff. 4 der arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfrist verfallen.

Die Vereinbarung dieser Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag der Parteien vom 22.1.1991 ist unwirksam gemäß § 305 c) Abs. 1 BGB, weil sie eine überraschende Klausel darstellt.

Denn die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist ist von der Beklagten nicht besonders kenntlich gemacht worden ist, sondern befindet sich als ein Passus eingebettet unter der Überschrift „§ 7“. Sie ist daher unter einer nichtssagenden Überschrift versteckt (vgl. BAG, Urteil vom 31.08.2005 – 5 AZR 545/04 – NZA 2006, 324). In dem detaillierten Arbeitsvertrag der Parteien muss ein verständiger Arbeitnehmer unter der Überschrift „§ 7“ nicht mit einer Klausel rechnen, durch die der Verfall von Ansprüchen bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung herbeigeführt werden soll (vgl. BAG, Urteil vom 31.08.2005 – 5 AZR 545/04 – a. a. O.).

Wegen der zwischenzeitlich erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses (s.o.) konnte die vom Kläger geleistete Nachtarbeit nunmehr ausschließlich durch Zahlung eines Zuschlags ausgeglichen werden (vgl. BAG 24. Februar 1999 – 4 AZR 62/98 – BAGE 91, 63, 71).

Die Beklagte hat für die vom Kläger ab Januar 2011 bis April 2013 geleistete Nachtarbeit einen angemessenen Ausgleich gezahlt. Sie war auch in der Zeit danach nicht verpflichtet, dem Kläger über den Grundlohn hinaus einen Nachtzuschlag in Höhe von 30 % seines Bruttostundenlohns zu zahlen.

Gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

Die Höhe des angemessenen Nachtzuschlags richtet sich nach der Gegenleistung, für die sie bestimmt ist. (BAG 24. Februar 1999 – 4 AZR 62/98 – BAGE 91, 63). Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem Lohnzuschlag verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Arbeit zu verteuern, zum Tragen kommt (BAG, Urteil vom 11.2.2009 – 5 AZR 148/08 – AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG). Sofern regelmäßig und notwendigerweise Nachtarbeit geleistet werden muss, ist die Erschwerung in aller Regel größtenteils schon mit dem Lohn abgegolten, der wegen der Nachtarbeit höher angesetzt ist (LAG Köln, Urteil vom 16.1.2004 – 12 Sa 1055/03).

Unter Beachtung dieser Grundsätze zahlte die Beklagte dem Kläger in der Vergangenheit einen angemessenen Ausgleich für die Nachtarbeit. Sie ist nicht verpflichtet, Nachtzuschläge in Höhe von 30 % des Bruttostundenlohns an den Kläger zu zahlen.

Hierbei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Zweck, die Nachtarbeit zu verteuern, um sie möglichst zu vermeiden, vorliegend keine Rolle spielt. Der Transport der Pakete in Containern von den Niederlassungen vor Ort zur entsprechenden Hauptumschlagsbasis und von dort zur Zielniederlassung hat nachts zu erfolgen. Es handelt sich nicht, wie z.B. bei einer zusätzlichen Produktion, um Arbeiten, die grundsätzlich auch tagsüber erfolgen könnten. Denn sowohl die Abholung der Pakete beim Kunden als auch deren Zustellung, die von einem anderen Unternehmen der U… Gruppe durchgeführt werden, werden tagsüber bis 20:00 Uhr vorgenommen. Folglich können die der Beklagten obliegenden Transportaufgaben nur im Anschluss an die Abholung der Pakete beim Kunden und damit nachts erfolgen.

Die Erschwerungen der Nacharbeit wurden von der Beklagten bereits bei der Bemessung der Grundvergütung mit berücksichtigt. Die Beklagte zahlt ihren Mitarbeitern einen Stundenlohn, der die in der Branche üblichen Sätze erheblich übersteigt. Nach den Erkenntnissen der Kammer werden Kraftfahrer in Berlin mit einem Bruttomonatsentgelt von 1.200,00 € bis maximal 1.800,00 € bei 40 bis 48 Wochenstunden vergütet, wobei der überwiegende Teil der Kraftfahrer einen Betrag von etwa 1.300,00 € brutto monatlich bei ca. 40 Wochenstunden erhält.

Dies bedeutet einen Stundenlohn von – im besten Fall – maximal 10,38 € brutto, während die Beklagte Stundenlöhne von über 15,00 € brutto zahlt und auch in der Vergangenheit im streitgegenständlichen Zeitraum bereits gezahlt hat. Nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 26.3.2014 war Anlass für die Zahlung derart hoher Grundlöhne der Ausgleich für die von ihren Kraftfahrern überwiegend zu leistende Nachtarbeit.

Über diesen hohen Grundlohn hinaus zahlte die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum noch gesonderte Nachtzuschläge von 11,4,% (2010) bis 18,69 % (2013). Hier kommt hinzu, dass die Beklagte diese Nachzuschläge nicht – wie es §§ 6 Abs. 5, 2 Abs. 3 ArbZG vorsehen – erst ab 23:00 Uhr, sondern bereits ab 21:00 Uhr zahlte. Dies führt faktisch dazu, dass die anlässlich von Nachtarbeit im streitgegenständlichen Zeitraum gesondert gezahlten Zuschläge – umgerechnet auf die gesetzliche Nachtzeit gemäß § 2 Abs. 3 ArbZG – sogar bei 15% bis 25 % des Bruttostundenlohns lagen.

Grundlohn und gezahlte Zuschläge zusammen betrachtet erhalten die nachts tätigen Kraftfahrer der Beklagten nach Auffassung der Kammer einen angemessenen Ausgleich für die von ihnen geleistete Nachtarbeit.

Der Klageantrag zu 2) wurde gemäß § 42 Abs. 2 GKG mit drei Bruttomonatseinkommen des Klägers bewertet, der Klageantrag zu 1) hat demgegenüber keinen eigenständigen Wert. Der Wert des Klageantrags zu 3) beträgt ein Bruttomonatseinkommen. Der Wert des Antrags zu 4) entspricht dem bezifferten Betrag. Der Antrag zu 5) wurde gemäß § 42 Abs. 1 GKG mit dem ungefähren dreijährigen Unterschiedsbetrag bewertet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG. Da der Klageantrag zu 1), mit dem der Kläger allein obsiegt hat, den Streitwert des Kündigungsschutzverfahrens nicht erhöht, waren dem ansonsten unterlegenen Kläger die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.


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