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Arbeitslose dürfen über das Wochenende verreisen – Kein Verlust des Arbeitslosengeldes

 

BUNDESSOZIALGERICHT

Az: B 11 AL 71 /00 R

Urteil vom 03.05.2001


Der 11. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 3. Mai 2001 für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab 16. Januar 1999.

Die Klägerin war von Juni 1977 bis Juli 1996 als Verkäuferin beschäftigt. Sie arbeitete zuletzt 19 Stunden wöchentlich. Seit August 1996 bezog sie Alg (Bescheid vom 2. August 1996).

Am Freitag, dem 15. Januar 1999, kurz nach 16.00 Uhr erhielten die Klägerin und ihr Ehemann Kenntnis von der Teilnahmemöglichkeit an einer bis zum 17. Januar 1999 (Sonntag) angesetzten Skiausfahrt in die Schweiz. Diese traten sie noch am Freitag gegen 17.00 Uhr an. Am 16. Januar 1999 erlitt die Klägerin einen Unfall, der eine stationäre Behandlung im Kantons- und Regionalspital Chur vom 16. bis 23. Januar 1999 und eine weiterhin andauernde Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte.

Die Beklagte hob die Bewilligung von Alg gestützt auf § 48 Abs 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) iVm § 330 Abs 3 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) ab 15. Januar 1999 mit der Begründung auf, die Klägerin sei ortsabwesend und damit nicht mehr verfügbar gewesen, da sie die vorherige Zustimmung des Arbeitsamtes nicht eingeholt habe. Die Klägerin habe ihre Ortsabwesenheit entgegen der Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung und entgegen den Hinweisen im Merkblatt erst am 18. Januar 1999 (Montag) mitgeteilt (Bescheid vom 26. Januar 1999; Widerspruchsbescheid vom 12. April 1999). Während des Klageverfahrens bewilligte die Beklagte Alg für den 15. Januar 1999 (Bescheid vom 7. Juni 1999).

Das Sozialgericht hat die angefochtenen Bescheide für die Zeit ab 16. Januar 1999 aufgehoben (Urteil vom 9. Dezember 1999). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Klägerin Alg über den 15. Januar 1999 hinaus bis 27. Februar 1999 zu gewähren ist (Urteil vom 26. Juli 2000). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Durch die Ortsabwesenheit der Klägerin ab 16. Januar 1999 sei eine wesentliche Änderung in den der Alg-Bewilligung zugrundeliegenden Verhältnissen nicht eingetreten. Insbesondere sei die Verfügbarkeit der Klägerin nicht entfallen. Im Gegensatz zum bisherigen Recht müsse der Arbeitnehmer nach § 1 Abs 1 Satz 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit (BA) zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können (EAO) nicht mehr während der üblichen Zeit

des Eingangs der Briefpost für das Arbeitsamt erreichbar sein. Es werde lediglich die Forderung erhoben, daß der Arbeitslose an jedem Werktag in seiner Wohnung vom Arbeitsamt durch Briefpost erreichbar sein müsse. Es sei jetzt zulässig, daß sich der Arbeitslose tagsüber weitgehend außerhalb seiner Wohnung aufhalte, wenn er nur irgendwann während des Tages in seine Wohnung zurückkehre und die Mitteilungen des Arbeitsamtes zur Kenntnis nehmen könne und dadurch in die Lage versetzt werde, das Arbeitsamt am nächsten Tag sofort aufzusuchen bzw sofort mit einem möglichen Arbeitgeber in Verbindung zu treten. Zwar wäre die Klägerin nach ihren Planungen erst nach der für Sonntag in Aussicht genommenen Rückkunft in der Lage gewesen, am Samstag eingegangene Briefpost des Arbeitsamtes zu berücksichtigen. Dies sei jedoch unschädlich, Denn das Arbeitsamt könne sonntags nicht aufgesucht werden; es sei auch nahezu ausgeschlossen, daß Bedarf bestehe, mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme an einem Sonntag in Verbindung zu treten bzw eine vorgeschlagene Arbeit oder eine berufliche Eingliederungsmaßnahme anzutreten. Ob für bestimmte Berufsgruppen ein Bedarf für Vorstellungsgespräche auch an Sonntagen bestehe, könne hier offenbleiben, denn jedenfalls gehöre die Klägerin einer solchen Berufsgruppe nicht an. Es müsse daher genügen, daß der Arbeitslose auf ggf an Samstagen eingehende Briefpost unter normalen Umständen am Montagmorgen reagieren könne. Weitere Voraussetzung sei allerdings, daß wegen der Unvorhersehbarkeit der Ortsabwesenheit keine Möglichkeit mehr bestehe, die vorherige Zustimmung des Arbeitsamtes einzuholen und nicht bereits vorher Vorschläge des Arbeitsamtes eingegangen seien, die es erforderlich machten, daß der Arbeitslose noch am Samstag hierauf reagiere. Beide Voraussetzungen seien erfüllt. Die unfallbedingte Erkrankung der Klägerin führe erst nach Auslaufen der Leistungsfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit nach § 126 SGB III zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 119 SGB III. Das LSG habe zutreffend ausgeführt, daß es zulässig sei, wenn sich Arbeitslose tagsüber weitgehend außerhalb ihrer Wohnung aufhielten, soweit sie irgendwann während des Tages in die Wohnung zurückkehrten, um Mitteilungen des Arbeitsamtes zur Kenntnis zu nehmen und in die Lage versetzt zu werden, auf Eingliederungsmaßnahmen unverzüglich zu reagieren. Die weitergehende Auffassung des LSG gehe jedoch im Hinblick auf § 1 Abs 1 Satz 2 EAO fehl. Diese Vorschrift bestimme, daß jeder Arbeitslose an allen Werktagen – also auch an Samstagen – mit Briefpost erreichbar sein müsse; um von dieser Kenntnis nehmen zu können. Auch wenn man von diesem Grundsatz absehe und auf die individuellen Gegebenheiten abstelle, so gehöre die Klägerin einer Berufsgruppe an, in der sogar der Sonntag durchaus ein Arbeitstag sein könne, der Samstag auf jeden Fall ein normaler Arbeitstag sei- und auch kurzfristige Vorstellungstermine und sonstige Kontaktaufnahmen an einem solchen Tag nicht unüblich seien.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Juli 2000 sowie das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 9. Dezember 1999 aufzuheben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, der Klägerin Arbeitslosengeld über den 15. Januar 1999 bis 27. Februar 1999 zu gewähren, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, die Vorinstanzen hätten die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

II

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Die Entscheidung des LSG beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung.

Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Aufhebung soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung erfolgen, soweit ua der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Abs 1 Satz 2 Nr 2). Insoweit ist nach § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III auch bei sogenannten „atypischen Fällen“ keine Ermessensausübung geboten.

Eine wesentliche Änderung gegenüber den Verhältnissen bei Erlaß des Bescheides über die Bewilligung von Alg ist entgegen der Auffassung der Beklagten durch die Ortsabwesenheit der Klägerin ab dem 15. Januar 1999 17.00 Uhr nicht eingetreten. Wesentlich ist eine Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X nur dann, wenn sie für die Anspruchsvoraussetzungen der bewilligten Leistung rechtserheblich ist (BSGE 85, 92, 95 = SozR 3-1300 § 48 Nr 68 mwN).

Der Anspruch auf Alg setzt nach § 117 Abs 1 Nr 1 SGB III (idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl I 594) voraus, daß der Arbeitnehmer arbeitslos ist. Arbeitslos ist nach § 118 Abs 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit, Nr 1) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht‘ (Beschäftigungssuche, Nr 2). Zur Beschäftigungssuche gehört die Verfügbarkeit (§ 119 Abs 1 Nr 2 SGB III), die gegeben ist, wenn der Arbeitslose arbeitsfähig und seine Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist (§ 119 Abs 2 SGB III). Nach § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III ist arbeitsfähig ein Arbeitsloser, der ua Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann. Diese Regelung tritt an die Stelle des bisherigen § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Abweichend von dem dieser Vorschrift zu entnehmenden Erfordernis, daß der Arbeitslose das Arbeitsamt täglich erreichen kann und für dieses erreichbar ist, soll es unter der Geltung des § 119 Abs 3 Nr 3 AFG darauf ankommen, „daß der Arbeitslose sowohl in zeitlicher Hinsicht, als auch in bezug auf seinen Aufenthalt jederzeit in der Lage ist, einen potentiellen neuen Arbeitgeber aufzusuchen, einen Vorstellungs- oder Beratungstermin wahrzunehmen, an einer Maßnahme zur Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen oder einem sonstigen Vorschlag des Arbeitsamtes Folge zu leisten“ (BT-Drucks 13/4941 S 176).

Nähere Bestimmungen zu den Erfordernissen des § 119 Abs 3 Nr 3 SGB III hat die BA aufgrund der Ermächtigung in § 152 Nr 2 SGB III in der EAO vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685) getroffen. Die EAO ist am 1. Januar 1998 in Kraft getreten und hat die zuvor geltende Anordnung über den Aufenthalt von Arbeitslosen während des Leistungsbezugs (AufenthaltsAn0 in der zuletzt geltenden Fassung vom 24. März 1993, ANBA 1993, 769) abgelöst.

Wann der Arbeitslose Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, ergibt sich aus § 1 Abs 1 EAO. Nach Satz 1 dieser Vorschrift muß der Arbeitslose in der Lage sein, bestimmte im einzelnen aufgeführte Mitwirkungshandlungen unverzüglich vorzunehmen. Hierzu gehört, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen (§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EAO). Zur Konkretisierung dieser Voraussetzung bestimmt § 1 Abs 1 Satz 2 EAO, der Arbeitslose habe „deshalb sicherzustellen, daß das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen“ könne.

Bereits ein Vergleich des Wortlauts des § 1 Abs 1 EAO mit der bisher in § 1 AufenthaltsAnO getroffenen Regelung ergibt, daß der Anordnungsgeber die Anforderungen an den Aufenthalt des Arbeitslosen verändern wollte. Nach § 1 Satz 1 AufenthaltsAnO mußte das Arbeitsamt „den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift erreichen können“. Aus der Regelung hatte das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung gefolgert, daß für den Arbeitslosen eine „Residenzpflicht“ in der Weise bestand, daß er unter der im Leistungsantrag angegebenen Wohnanschrift täglich zumindest während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost auch tatsächlich in der Wohnung angetroffen werden konnte (BSGE 66, 103 = SozR 4100 § 103 Nr 47; Urteil vom 29. April 1992 – 7 RAr 4/91 – = DBIR Nr 3928a zu § 48 SGB X; Urteil vom 24. April 1997 – 11 RAr 89/96 – = DBIR Nr 4460a zu § 48 SGB X; SozR 3-4100 § 103 Nr 22). Allerdings waren in letzter Zeit Zweifel daran geäußert worden, ob an dem Merkmal der Erreichbarkeit des Arbeitslosen „während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost“ angesichts der vielerorts unregelmäßigen Postzustellung uneingeschränkt festzuhalten sei (BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 16).

Die Anforderungen der Neuregelungen an die Erreichbarkeit des Arbeitslosen sind abweichend von dem bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Recht jedenfalls erfüllt, wenn der Arbeitslose sich einmal werktäglich in seiner Wohnung aufhält, um die Briefpost in Empfang und zur Kenntnis zu nehmen (Wissing in: Wissing/Eicher, SGB III, § 119 Rz 124, Stand November 1998; Steinmeyer in: Gagel, SGB III; § 119 Rz 147, Stand Juli 1999; Brand in: Niesel, SGB III, § 119 Rz 40). Hiervon geht auch die Beklagte zutreffend aus. Eine Vorgabe für den Zeitpunkt des Aufenthalts des Arbeitslosen in seiner Wohnung besteht nur noch insofern, als er nach dem Eingang der Briefpost liegen muß. Im übrigen kann sich der Arbeitslose außerhalb seiner Wohnung aufhalten. Die Klägerin hat die Anforderungen an ihre Verfügbarkeit trotz ihrer Abwesenheit ab Freitag, den 15. Januar 1999, 17.00 Uhr nicht verletzt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die Regelung in § 1 Satz 2 EAO, wonach sich der Arbeitslose zumindest einmal täglich in seiner Wohnung aufhalten muß, von Sinn und Zweck der Ermächtigung gedeckt ist (ablehnend Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB III, § 119 Rz 136, Stand XI/99; Winkler info also 1998, 9, 12).

Allerdings konnte die Klägerin die am Samstag eingehende Briefpost nicht mehr an diesem Tage persönlich zur Kenntnis nehmen. Sie genügte gleichwohl den Erfordernissen einer zeit- und ortsnahen Vermittelbarkeit. Denn der Senat folgt dem LSG in seiner Auffassung, der Arbeitslose entspreche den insoweit bestehenden Anforderungen, wenn er die an einem Samstag eingehende Briefpost am folgenden Sonntag zur Kenntnis nehmen kann (so auch Steinmeyer in: Gagel, SGB III, § 119 Rz 156). Dies folgt aus dem Zweck der Regelungen über den Aufenthalt des Arbeitslosen, der darin liegt, den Arbeitslosen anzuhalten, von der an einem Werktag eingehenden Briefpost noch an demselben Tag persönlich Kenntnis zu nehmen, um am nachfolgenden Tag die in § 1 Satz 1 Nrn 2 bis 4 EAO genannten Handlungen vornehmen zu können.

Die entfernte Möglichkeit, daß der Arbeitslose bestimmten Eingliederungsvorschlägen möglicherweise auch an Sonntagen nachkommen müssen, rechtfertigt es nicht, sie regelmäßig dazu zu veranlassen, an jedem Samstag nach dem Eingang der Briefpost in die Wohnung zurückzukehren. Ein derartiges Verständnis der Aufenthaltsbestimmung verstieße gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Obermaßverbotes, die sich als übergreifende Leitregeln allen staatlichen Handels aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 Grundgesetz) ableiten und Verfassungsrang haben (BVerfGE 43, 101, 106; 76, 1, 51; 90, 145, 173; vgl auch BSG.SozR 3-4100 § 103 Nr 16 mwN). Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, daß das Erfordernis, das Arbeitsamt nach § 1 Abs 1 Nr 2 EAO aufzusuchen, an einem Sonntag wegen der fehlenden Dienstbereitschaft des Arbeitsamtes entfällt. Auch der Kontaktaufnahme zu Trägern einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme oder die Aufnahme einer solchen Maßnahme kommt an Sonntagen keine praktische Relevanz zu.

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Zwar mag es in bestimmten Ausnahmefällen den Vermittlungserfordernissen entsprechen, daß der Arbeitslose auch an einem Sonntag mit einem möglichen Arbeitgeber in Verbindung tritt und mit diesem bei Bedarf persönlich zusammentrifft (§ 1 Satz 1 Nr 3 EAO) oder eine vorgeschlagene Arbeit annimmt (§ 1 Satz 1 Nr 4 EAO). Diese Möglichkeit wird durch § 1 Satz. 2 EAO nicht ausgeschlossen, weil die-Regelung lediglich die postalische Erreichbarkeit betrifft und diese auf Werktage beschränkt. Ein Eingliederungsvorschlag des Arbeitsamtes, dem die Klägerin am Samstag oder Sonntag nachzukommen hatte, lag der Klägerin am Freitag nicht vor. Die Zahl der denkbaren Fälle von Vermittlungshandlungen an einem Sonntag rechtfertigt es nicht, deshalb alle Arbeitslose für verpflichtet zu halten, etwaige Briefpost des Arbeitsamtes noch am Samstag zur Kenntnis zu nehmen.

Der Einwand der Beklagten, die Klägerin gehöre einer Berufsgruppe (Verkaufspersonal) an, bei der kurzfristige Vorstellungstermine und sonstige Kontaktaufnahmen an Samstagen nicht unüblich seien, greift nicht durch. Sie übersieht nämlich, daß – wie bereits dargelegt wurde – der Arbeitslose durch § 1 Abs 1 Satz 2 EAO nur dazu angehalten wird, irgendwann während des Werktages in die Wohnung zurückkehren, um Mitteilungen des Arbeitsamtes zur Kenntnis zu nehmen. Damit stellt der Anordnungsgeber in Rechnung, daß der Arbeitslose erst am nachfolgenden Werktag auf die Mitteilung des Arbeitsamtes reagiert. Folglich reicht eine Kenntnisnahme im Laufe des Sonntags aus, um Vorschlägen des Arbeitsamtes am Montag nachzukommen.

Da die Klägerin nach den Feststellungen des LSG bis zum nachfolgenden Sonntag in ihre Wohnung zurückkehren wollte, ist durch ihre Ortsabwesenheit zunächst keine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 SGB X eingetreten. Die Klägerin war folglich nicht gehalten, für ihren Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs die Zustimmung des Arbeitsamtes nach § 3 EAO einzuholen. Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner Vertiefung, in welcher Weise die BA, träfe ihre Rechtsauffassung zu, sicherzustellen hätte, daß eine Zustimmung nach § 3 EAO auch außerhalb ihrer Dienstzeiten erteilt werden kann.

Andere für den Anspruch auf Alg rechtserhebliche Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse sind nach den Feststellungen des LSG nicht eingetreten. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die nach § 48 Abs 1 SGB X zur Aufhebung der Leistungsbewilligung berechtigt, ist nicht dadurch herbeigeführt worden, daß die Beklagte die Klägerin infolge des Krankenhausaufenthalts auch am Montag, den 18. Januar 1999 und in der Folgezeit nicht persönlich unter der angegebenen Wohnanschrift durch Briefpost erreichen konnte. Da zu diesem Zeitpunkt das Alg nach § 126 SGB III fortzuzahlen war, verliert die Klägerin den Anspruch für die Dauer von bis zu sechs Wochen nicht, auch wenn sie in dieser Zeit nicht arbeitsfähig (§ 119 Abs 3 SGB III) war. Eine für die Leistungsbewilligung erhebliche Änderung trat, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, erst mit Ablauf des Fortzahlungszeitraums nach § 126 SGB III ein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

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