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Vollkaskoversicherung – Leistungspflicht auch bei falscher Unfallschilderung?

OLG Karlsruhe

Az: 12 U 292/05

Urteil vom 16.03.2006

Vorinstanz: Landgericht Mannheim – Az.: 8 O 128/05


In dem Rechtsstreit wegen Versicherungsleistungen hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2006 für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 22. November 2005 – 8 O 128/05 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.532,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2005 zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e :

I.

Der Kläger macht Ansprüche aus einer Kfz-Kaskoversicherung geltend.

Der Kläger war Eigentümer des Pkw Mercedes E 200 CDI, Baujahr 2000, amtliches Kennzeichen …, das bei der Beklagten versichert war und im Laufe des Rechtsstreits an einen Dritten veräußert wurde. Der Kläger behauptet, dass er mit diesem Fahrzeug am 07.11.2004 auf der Kreisstraße … in Höhe des Stationskilometers …. einen Unfall verursacht habe. Beim Durchfahren einer lang gezogenen Linkskurve sei er aus B kommend in Fahrtrichtung Hi ins Schleudern gekommen. Er sei auf die linke Fahrbahnseite geraten und an der linken Leitplanke seitlich entlang geschrammt; anschließend habe er sein Fahrzeug wieder auf die rechte Fahrbahn lenken können, wo er jedoch gleichfalls an die Leitplanke geraten sei und diese mit der gesamten Fahrzeuglänge gestreift habe. Der Kläger meint, etwa 60 km/h bis 70 km/h, vielleicht auch etwas schneller, gefahren zu sein und vermutet, dass diese Geschwindigkeit überhöht und unfallursächlich gewesen sei.

Die Reparaturkosten für den durch die Streifvorgänge beschädigten Pkw werden in einem Gutachten des Ingenieurbüros R vom 15.11.2004 auf 8.532,91 € (ohne MwSt.) veranschlagt und sind nach Auffassung des Klägers von der beklagten Versicherung zu ersetzen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage auf Zahlung von 8.532,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2005 abgewiesen.

Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass ein Versicherungsfall eingetreten sei. Der Sachverständige habe dargelegt, dass der von dem Kläger geschilderte Unfallhergang mit den an dem Fahrzeug gesicherten Schäden nicht in Einklang zu bringen sei. Die gleichmäßige Intensität der Schleifspuren an der linken Fahrzeugseite sei mit dem behaupteten Schleudervorgang, d.h. mit einem instabilen, durch den Kläger nicht beherrschbaren Fahrzustand, unvereinbar. Bei einem Schleudervorgang hätte das Fahrzeug nämlich in einem mehr oder minder spitzen Winkel auf die Leitplanke auftreffen müssen; gleichmäßige Streifspuren über die gesamte Fahrzeugseite hinweg hätten dabei nicht entstehen können. Soweit der Kläger überhöhte Geschwindigkeit als Unfallursache angebe, sei dies bei 60 km/h bis 70 km/h angesichts der lang gezogenen Linkskurve und der hochwertigen Fahrsicherheitsausstattung des Pkw nicht nachvollziehbar; ein durch die Fahrgeschwindigkeit ausgelöster Schleudervorgang sei unter diesen Bedingungen nicht plausibel.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Das gerichtliche Gutachten sei von falschen tatsächlichen Voraussetzungen aus-gegangen, weil es eine Fahrgeschwindigkeit von 60 km/h bis 70 km/h zugrunde gelegt und die Möglichkeit einer höheren Geschwindigkeit außer Acht gelassen habe; gleiches gelte für das von der Beklagten vorgelegte Gutachten. Das Landgericht hätte deshalb, wie von dem Kläger beantragt, ein weiteres Sachverständigengutachten einholen müssen. Auch habe der Kläger mit Schriftsatz vom 27.10.2005 seine Unfallschilderung klar-stellend erläutert, was das Landgericht zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen habe.

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. H eingeholt, das der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2006 erläutert hat; für den Inhalt seiner Angaben wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen wird. Der Kläger wurde gem. § 141 Abs. 1 ZPO angehört.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten in Höhe von 8. 532,91 € gemäß §§ 1, 49 VVG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Abs. 2e AKB. Der für den Eintritt eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalls darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat den Nachweis eines Unfalls geführt. Demgegenüber konnte die Beklagte nicht nachweisen, dass dieser Unfall durch den Kläger absichtlich herbeigeführt wurde.

1. Das Landgericht verkennt die Beweislast, wenn es annimmt, der Kläger habe den Nachweis eines Unfalls im Sinne von § 12. Nr. 1 Abs. 2e AKB schon dann nicht geführt, wenn sich das Geschehen nicht wie in der Klageschrift und bei der Anhörung des Klägers behauptet ereignet haben kann. Kann der Sachverhalt im Einzelnen nicht aufgeklärt werden, steht jedoch fest, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Unfall im Sinne von § 12 Nr. 1 Abs. 2e AKB beruhen können, so reicht diese Feststellung aus, um die Einstandspflicht des Versicherers zu begründen. Dies gilt letztlich auch dann, wenn sich der Versicherungsfall, so wie er geschildert wurde, nicht ereignet haben kann (Prölss/Martin-Knappmann, VVG 27. Aufl. (2004) AKB § 12 Rdnr. 49). Die Klage ist dagegen in Ermangelung eines Versicherungsfalls abzuweisen, wenn feststeht, dass der behauptete Unfall, aus dem Ansprüche gegen den Versicherer hergeleitet werden, an der angegebenen Unfallstelle und unter den angegebenen Bedingungen nicht stattgefunden haben kann, sondern nur anderswo und unter anderen Bedingungen. Denn in einer solchen Konstellation, wie sie auch der von der Beklagten zitierten Entscheidung des OLG Hamm (MDR 2005, 924) zugrunde lag, ist der an einem anderem Ort und unter anderen Bedingungen verursachte Unfall nicht Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs im prozessualen Sinne und damit auch nicht Gegenstand des betreffenden Rechtsstreits.

So verhält es sich hier jedoch nicht. Aus der Art der an dem klägerischen Pkw gesicherten Beschädigungen folgt zwingend, dass sie durch einen Unfall, d.h. durch ein von außen mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis entstanden sind (§ 12 Abs. 2e AKB); dies geschah auch an der von dem Kläger angegebenen Stelle, was genügt, um die Einstandspflicht der Beklagten auszulösen. Der Senat ist nach der Anhörung des Klägers und den Ausführungen des Sachverständigen davon überzeugt, dass die an dem Fahrzeug gesicherten Schäden nach Art, Lage und Höhe von den an der Unfallstelle montierten Leitplanken des so genannten „runden Typs“ herrühren; die den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten haben zudem eine zu den Streifschäden passende Beschädigung der dortigen Leitplanke festgestellt. Der Unfall ereignete sich auch am 07.11.2004 gegen 00.00 Uhr, wie der Kläger wenig später gegenüber den an die Unfallstelle gerufen Polizeibeamten angegeben hat. Hinzukommt, dass es nach den Ausführungen des Sachverständigen fahrdynamisch möglich ist, mit dem klägerischen Pkw eine Fahrstrecke zu durchfahren, die an der angegebenen Unfallstelle zu einen längsachsenparallelen Streifvorgang links, gefolgt von einem längsachsenparallelen Streifvorgang rechts führt, wie es dem gesicherten Schadensbild entspricht (s.u. 2.). Anhaltspunkte dafür, dass sich der Unfall an anderer Stelle und unter anderen Bedingungen ereignet hätte, sind demgegenüber nicht auszumachen. Im Übrigen läge es gerade bei einem manipulierten Schaden, wie ihn die Beklagte vermutet, nahe, diesen an der später angegebenen Unfallstelle herbeizuführen, da sonst Abweichungen zwischen den Schleifspuren an den Seitenwänden des Pkw und der Höhe bzw. Lage der Leitplanken nicht auszuschließen wären.

2. Die Unfreiwilligkeit des Schadensereignisses, d.h. der Umstand, dass ein bestimmter Geschehensablauf nicht absichtlich herbeigeführt wurde, gehört nach allgemeiner Meinung nicht zum Begriff des Unfalls im Sinne von § 12 Nr. 1 Abs. 2 AKB, so dass der Versicherer den Vorsatz des Versicherungsnehmers als Voraussetzung seiner Leistungsfreiheit nach § 61 VVG beweisen muss (vgl. BGH VersR 1981, 450; OLG Köln RuS 2002, 321-322; Prölss/Martin-Knappmann aaO. Rdnr. 53). Diesen Nachweis hat die Beklagte nicht geführt.

Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass Streifschäden der entstandenen Art bei manipulierten Unfällen häufiger vorkommen, schon weil sie einen relativ hohen kalkulatorischen Schaden verursachen, der mit den nötigen fachlichen Kenntnissen in Eigenregie oft kostengünstig instand gesetzt werden kann. Zuzugeben ist auch, dass der Kläger als Fahrzeughändler und Lackierer möglicherweise in der Lage ist, Schäden dieser Art selbst zu beheben oder zumindest über entsprechende Kontakte verfügen wird. Auch der Umstand, dass der Kläger – insoweit unbestritten – schon einen Leitplankenschaden vom 13.11.2001 über einen Kaskoversicherer abgerechnet hat, der ebenfalls die rechte und linke Fahrzeugseite betraf, mag auffallend sein und Anlass geben, an der Redlichkeit des Klägers zu zweifeln. Diese Umstände konnten aber auch in ihrer Gesamtschau nicht die Überzeugung des Senats begründen, der Kläger habe das Unfallgeschehen vom 07.11.2004 absichtlich herbeigeführt, um einen manipulierten Schadensfall abzurechnen. Entscheidend ist, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen, die gesicherten Schäden an der betreffenden Unfallstelle und unter den konkreten Bedingungen durch ein unbeabsichtigtes Geschehen verursacht werden konnten und die Unfallschilderung des Klägers nicht unglaubhaft ist. Bleiben aber auch nur Zweifel hinsichtlich der absichtlichen Herbeiführung des Unfallgeschehens, muss dies zulasten der hierfür beweispflichtigen Beklagten gehen.

Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, dass er falsche oder widersprüchliche Angaben über das Unfallgeschehen gemacht hätte. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist nicht davon auszugehen, dass die Unfallschilderung des Klägers mit der Spurenlage unvereinbar ist, was das Gericht im Wesentlichen deshalb angenommen hat, weil der Kläger von einem Schleudern des Fahrzeugs berichtet habe. Der Senat ist dagegen nach Anhörung des Klägers der Auffassung, dass die Angabe, er sei ins Schleudern geraten, nicht im technischen Sinn als ein instabiler, vom Fahrer nicht beherrschbarer Fahrzustand zu verstehen ist und er sich insoweit auch nicht in Widerspruch zu seinen früheren Angaben setzt. Der Kläger hat angegeben, dass er auf die linke Fahrspur geraten sei und die Leitplanke gestreift habe, anschließend nach rechts gelenkt habe und mit der dortigen Leitplanke in Berührung gekommen sei. Es erscheint ohne weiteres möglich und nahe liegend, die so schon bei der Unfallaufnahme am 07.11.2004 und bei der Anhörung des Klägers durch das Landgericht geschilderte Abfolge von Fahr- und Ausweichbewegungen umgangssprachlich als Schleudern zu bezeichnen, ohne dass damit ein Schleudervorgang im Sinne einer nicht mehr beherrschbaren Drehbewegung oder eines unkontrollierten Ausbrechens des Fahrzeugs gemeint ist. Bei der von dem türkischen Kläger verwendeten Begrifflichkeit ist außerdem zu berücksichtigen, dass er nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2006 die deutsche Sprache jedenfalls nicht uneingeschränkt beherrscht. Wenn „Schleudern“ aber in diesem Sinne untechnisch verstanden wird, ist es durchaus möglich, den behaupteten Fahrverlauf mit den gesicherten Spuren in Einklang zu bringen. Dies hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten erläutert und zur Überzeugung des Senats in der mündlichen Verhandlung dargelegt. Danach ist es fahrdynamisch möglich, die Unfallstelle, wie von dem Kläger beschrieben, zu durchfahren, wobei es zunächst zu einem längsachsenparallelen Streifvorgang links, dann zu einem längsachsenparallelen Streifvorgang rechts kommt. Dieser Vorgang kann durch Unachtsamkeit, einen Fahrfehler oder durch einen Sekundenschlaf eingeleitet werden und sich im weiteren Verlauf aus einer Schreckreaktion erklären, nämlich einer starken Lenkbewegung nach rechts, unmittelbar vor dem Touchieren der linken Leitplanke, gefolgt von einem erneuten Gegenlenken nach links, um einer drohenden Kollision mit der rechten Leitplanke zu entgehen. Dass ein solcher Fahrverlauf dem Sachverständigen zufolge nicht unbedingt zu erwarten ist, sondern sich in einem fahrtechnischen Grenzbereich abspielt und die Beherrschung des Fahrzeugs dabei entweder auf guten fahrerischen Fähigkeiten oder einem besonderen Zufall beruhen muss, lässt die physikalische Möglichkeit des behaupteten Geschehens nicht entfallen. Auch schließt der Umstand, dass der Kläger selbst den Unfall auf überhöhte Geschwindigkeit zurückgeführt hat, was dem Sachverständigen zufolge nicht plausibel ist, einen Fahrfehler oder Sekundenschlaf als Unfallursache nicht aus. Der Kläger hat bei seiner mündlichen Anhörung durch das Landgericht wie schon bei der Unfallaufnahme am 07.11.2004 lediglich angegeben, er vermute, dass der Unfall durch überhöhte Geschwindigkeit ausgelöst worden sei; eine bloße Vermutung aber schließt eine anderweitige Ursache nicht aus, wobei es der Lebenserfahrung entspricht, dass ein Unfallgeschehen häufiger nicht in allen Einzelheiten erinnert wird.

Für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Klägers war schließlich ein weiterer Unfallschaden unbeachtlich. Dabei handelte es sich um einen Zusammenstoß am 26.04.2004 mit einem hochwertigen, von einem amerikanischen Touristen geführten Leihwagen, bei dem der Unfallgegner verwarnt wurde und der keine Anhaltspunkte für eine Manipulation erkennen lässt. Die Beklagte hat hierzu nichts Weiteres vorgetragen.

III.

Die beantragten Zinsen waren gem. §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB zuzusprechen Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Wie oben ausgeführt, weicht der Senat nicht von dem Urteil des OLG Hamm (MDR 2005, 924) ab und würde den dort maßgeblichen Sachverhalt nicht anders entscheiden.

Stichentscheid – Wann ist dieser bindend?

OLG Düsseldorf

Az: 4 U 164/04

Urteil vom 13.09.2005

In dem Rechtsstreit wegen Unterlassung unl. Wettbewerbs hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 02. Juni 2005 für Recht erkannt:

I.

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil der ersten Kammer für Handelssachen des Landgerichts Freiburg vom 28.11.2004 – 10 O 118/04 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es ab sofort zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Urlaubsreisen unter Angaben von Preisen zu werben, die nicht die noch zusätzlich für jede Reisebuchung anfallende Buchungsgebühr enthalten, wenn dies geschieht wie in der nachfolgend verkleinert wiedergegebenen, vom Kläger als Anlage ASt 1 vorgelegten Werbeanzeige in der „… Zeitung“ vom 9. Oktober 2004.

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2. Der Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziff. I 1 ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise an ihrem Geschäftsführer zu vollziehende Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

II.

Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Gründe:

I.

Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger), ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, verlangt von der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte), die Reiseleistungen vermittelt, die Unterlassung einer in einer Tageszeit veröffentlichten Werbung für Urlaubsreisen, bei der die Buchungsgebühr nicht in die Preisangabe eingerechnet ist.

Die Verfügungsbeklagte warb in der … Zeitung vom 09.10.2004 mit der vom Verfügungskläger als ASt 1 vorgelegten, im Tenor wiedergegebenen Anzeige.

Der Kläger ist der Auffassung, die herausgestellte Preisangabe ohne Berücksichtigung der Buchungsgebühr sei irreführend, denn der Werbeadressat gehe davon aus, dass es sich um den Preis handele, der inklusive der Buchungsgebühr zu zahlen sei. Der Sternchen-Hinweis sei nicht klar und in ähnlicher Deutlichkeit wie der Blickfang herausgestellt. Der Hinweis auf die zusätzliche Buchungsgebühr sei winzig gedruckt und nur mit Anstrengung überhaupt lesbar.

Die Anzeige sei außerdem wegen Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung wettbewerbswidrig. Entgegen § 1 Abs. 1 PAngV seien nicht alle Preise und Kosten in den Endpreis einbezogen; sie ergäben sich erst aus dem Sternchen-Hinweis. Die Verpflichtung, alle Preisbestandteile in den Endpreis einzurechnen, entfalle nur dann, wenn der betreffende Preisbestandteil zeit- oder verbrauchsabhängig sei und ein Endpreis deshalb nicht gebildet werden könne. Dies sei bei einer Buchungsgebühr nicht der Fall, denn diese stehe fest und falle bei jeder Reisebuchung in gleicher Weise an. Sie könne deshalb ohne weiteres in den Endpreis eingerechnet werden.

Selbst wenn die Gebühr bei Buchung durch mehrere Personen nur ein Mal anfalle, mache dies aus der Buchungsgebühr keinen variablen Preisbestandteil. Wolle ein Anbieter den Kostenvorteil einer Gruppenbuchung an die Gruppe weiter geben, stehe ihm die Möglichkeit von Gruppenermäßigungen offen. Dass die Gebühr im Falle einer Reisebuchung durch mehrere Personen nur ein Mal anfalle, werde bestritten. Aus dem Sternchenhinweis werde dies auf jeden Fall nicht klar.

Der Kläger hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel im Wege der einstweiligen Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Urlaubsreisen unter Angabe von Preisen zu werben, die nicht die noch zusätzlich für jede Reisebuchung anfallende Buchungsgebühr enthalten, wenn dies geschieht wie in der als Anlage ASt 1 beigefügten Werbeanzeige in der „… Zeitung“ vom 09. Oktober 2004.

Die Beklagte hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat auf den ihrer Ansicht nach durch den Klagantrag auf einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung beschränkten Streitgegenstand, die fehlende Eilbedürftigkeit und die fehlende Aktivlegitimation des Klägers hingewiesen. Die Beklagte meint, eine Pflicht zur Angabe eines Endpreises bestehe nicht. Die in dem Sternchenhinweis ausgewiesene Buchungsgebühr falle nicht pro Person, sondern – unabhängig von der Anzahl der Personen – je Buchung an. Da sich danach nicht prognostizieren lasse, um wie viel sie die Einzelreise verteuere, sei sie eine variable Größe. Es bestehe daher keine Möglichkeit, die Buchungskosten in den Endpreis einzubeziehen. Selbst wenn man einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung annehme, mache dieser allein die Werbung nicht unlauter. Außerdem sei ein solcher Verstoß nicht geeignet, den Wettbewerb mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen. Eine wesentliche Wettbewerbsbeeinträchtigung liege insbesondere dann nicht vor, wenn der Verbraucher aufgrund der ihm mitgeteilten Daten den Endpreis unschwer ermitteln könne. Dazu sei der Sternchenhinweis ausreichend gewesen. Der Verkehr erkenne nämlich an dem kleinen Sternchen, dass dies nicht das letzte Wort sei.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Streitgegenstand sei nur der geltend gemachte Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. Soweit in der Antragsbegründung gerügt werde, der Sternchenhinweis sei zu undeutlich und daher irreführend, werde ein solcher Verstoß von dem eindeutigen Wortlaut des Antrags, der insoweit keinen Raum für Erweiterungen lasse, nicht umfasst. Im Übrigen sei der Sternchenhinweis nach Ansicht der Kammer auch nicht zu beanstanden. Der vom Antrag umfasste Verstoß gegen § 1 PAngV liege nicht vor. Die Buchungsgebühr falle unabhängig von der Anzahl der Personen nur ein Mal an. Dann gebe es aber keine praktikable Möglichkeit, den je nach Anzahl der Personen auf den Einzelpreis entfallenden variablen Anteil der Buchungsgebühr in den werbemäßig hervorgehobenen Endpreis einzuberechnen. In diesem Fall reiche es aus, die zum Endpreis hinzu kommenden variablen Kosten so anzugeben, dass sie der Verbraucher unschwer errechnen könne.

Mit seiner Berufung beanstandet der Kläger, das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte keine Gruppenreise, sondern eine Einzelreise angeboten habe. Wolle eine Person diese Reise in Anspruch nehmen, müsse sie neben dem eigentlichen Reisepreis auch die Buchungsgebühr zahlen, es handle sich also um einen Preisbestandteil, der in den Endpreis einzurechnen sei. Kosten fielen nur dann nicht unter die Verpflichtung zur Endpreisangabe, wenn sie zum Zeitpunkt der Werbung noch nicht bekannt seien, wie laufzeit- oder verbrauchsabhängige Kosten. Die Buchungskosten stünden demgegenüber mit 18,00 EUR fest. Auf die sich aus der fixen Buchungsgebühr für Gruppenreisen ergebenden Preisreduzierung könne durch Rabatte hingewiesen werden, dies sei gängige Praxis. Die Beklagte verstoße zudem gegen die Preiswahrheit und Preisklarheit, denn aufgrund einer eidesstattlichen Versicherung eines Dr. U… vom 13.12.2004 habe sich ergeben, dass die Beklagte entgegen ihren Angaben im erstinstanzlichen Verfahren nicht bereit sei, die Bestellung von 2 Doppelzimmern für 4 Personen als eine Buchung aufzufassen; sie verlange hierfür 2 Buchungsgebühren. Aus diesem Grund sei die Werbung auch irreführend. Die konkrete Werbeanzeige werde auch weiterhin unter diesem Gesichtspunkt beanstandet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 28.11.2004 -10 O 118/04 – wie folgt abzuändern:

1. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Urlaubsreisen unter Angaben von Preisen zu werben, die nicht die noch zusätzlich für jede Reisebuchung anfallende Buchungsgebühr enthalten, wenn dies geschieht wie in der als Anlage ASt 1 beigefügten Werbeanzeige in der „Zeitung“ vom 09. Oktober 2004.

2. Der Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00, ersatzweise an ihrem Geschäftsführer zu vollziehende Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bezweifelt die Eilbedürftigkeit, weil der Kläger sogar eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt habe. Eine Verletzung der Preisangabenverordnung liege nicht vor, weil das Verhältnis zwischen Buchungs- und Reisekosten variabel sei. Buche eine Person die angebotene Reise fielen 18,00 EUR an, buchten dagegen 2 Personen die Reise, fielen pro Person nur 9,00 EUR an. Soweit sich aus der eidesstattlichen Versicherung des Dr. U… ergebe, dass pro Zimmer eine Buchungsgebühr angefallen sei, ergebe sich dies aus den Besonderheiten der Hotelbranche. Die Buchung eines jeden Zimmers werde – im Gegensatz zu reinen Flugreisen – als ein Buchungsvorgang behandelt. Die vom Kläger ins Spiel gebrachte Möglichkeit, bei Buchungen von mehr als einer Person Rabatte anzubieten, sei nicht praktikabel und viel verwirrender; sie habe sich nicht durchgesetzt. Buchungskosten seien vergleichbar mit Versandkosten, die mangels vorheriger Kenntnis davon, inwieweit sie den Preis der Ware verhältnismäßig verteuerten, auch neben der eigentlichen Leistung ausgewiesen werden dürften. Schließlich sei ein möglicher Verstoß gegen die Preisangabenverordnung nicht wettbewerbswidrig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

II.

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

1.

Die Berufung scheitert nicht bereits daran, dass es dem Begehren des Klägers deshalb an der Eilbedürftigkeit und damit am Verfügungsgrund fehlte, weil auf seinen Antrag hin die Berufungsbegründungsfrist verlängert wurde. Zwar kann die Dringlichkeit auch noch während des Verfahrens entfallen, wenn der Antragsteller das Verfahren verzögert. Dies kann aber nicht allein mit der Begründung angenommen werden, der Antragsteller habe einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gestellt; vielmehr entscheiden dann die Umstände des Einzelfalls (Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 12 Rdn. 3.16). Danach ist die Dringlichkeit nicht entfallen. Zum einen handelt es sich nämlich um einen rechtlich nicht ganz einfach gelagerten Fall und der Kläger hat, wie sich aus der Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Dr. U… ergibt, im tatsächlichen Bereich zusätzliche Ermittlungen angestellt. Zum anderen wurde die Fristverlängerung wegen Erkrankung des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers beantragt und die bis zum 01.03.2005 gewährte Fristverlängerung wurde bei weitem nicht ausgeschöpft; vielmehr ging die Berufungsbegründung bereits am 09.02.2005 bei Gericht ein.

2.

Ohne Erfolg bleibt die Berufung allerdings, soweit die konkrete Werbeanzeige unter dem Gesichtspunkt beanstandet wird, die Preisangabe sei irreführend, § 5 UWG, oder sie widerspreche dem Gebot der Preisklarheit, § 1 Abs. 5 PAngV.

Der Kläger hat zwar bereits in seiner Antragsschrift geltend gemacht, die herausgestellte Preisangabe ohne Berücksichtigung der Buchungsgebühr sei irreführend; der Sternchenhinweis sei zu klein; er vermöge die Fehlvorstellung über den Reisepreis nicht zu beseitigen. Das Landgericht hat insoweit aber zutreffend darauf hingewiesen, dass der Unterlassungsantrag auf einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PAngV zugeschnitten ist. Er umschreibt das Charakteristische einer Irreführung nicht (vgl. dazu BGH GRUR 1997, 479 = WRP 1997, 431 – Münzangebot). Dies gilt auch, soweit die Beklagte, wie zweitinstanzlich unstreitig ist, bei der Buchung für Hotelzimmer als gebührenauslösende „Buchung“ nicht zwingend auf den tatsächlichen Akt einer Buchung auch für mehrere Personen abstellt, sondern bei der Buchung von Hotelzimmern eine Buchungsgebühr auch dann pro gebuchtem Zimmer verlangt, wenn der Kunde mehr als nur ein Zimmer bucht. Daran ändert auch nichts, dass im Antrag auf die konkrete Werbeanzeige Bezug genommen wird. Durch die Bezugnahme wird nicht die Werbung als solche unter allen in Frage kommenden Wettbewerbsverstößen Gegenstand des Antrags. Vielmehr beschränkt sich der Antrag durch den Obersatz vor der Bezugnahme auf den „wenn dies geschieht wie“ -Zusatz auf einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PAngV. Er ist lediglich geeignet, den einen solchen Verstoß betreffenden Antrag näher zu charakterisieren, bzw. eine umfängliche Abweisung als z.B. zu weitgehend zu vermeiden.

Da es sich vorliegend um ein einstweiliges Verfügungsverfahren in der Berufungsinstanz handelt, kommt auch eine Anpassung des Verfügungsantrags nach einem Hinweis des Senats zur sachgerechten Antragsstellung (§ 139 ZPO) nicht mehr in Betracht. Einem geänderten Antrag würde es an der erforderlichen Dringlichkeit fehlen, nachdem die die Irreführung begründenden Tatsachen bereits seit der ersten Abmahnung, spätestens aber mit Kenntnis der eidesstattlichen Versicherung des Dr. U…, bekannt waren.

3.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist aber wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 der PAngV begründet.

a)

Die Beklagte kann, auch wenn sie, wie sie erstinstanzlich angedeutet hat, nur Vermittler gewesen sein sollte (Baumbach/Hefermehl/Köhler, a.a.O. Vorb. PAngV Rdn. 1; BGH GRUR 2001, 1166 – Fernflugreise), gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV verstoßen haben, wenn sie in ihrer Anzeige für Reisen mit Preisangaben geworben hat, ohne die zu zahlenden Endpreise anzugeben. Endpreise sind nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV die Preise, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlen sind. Nach dem Zweck der Preisangabenverordnung soll dem Verbraucher Klarheit über die Preise und deren Gestaltung verschafft und zugleich verhindert werden, dass er seine Preisvorstellungen anhand untereinander nicht vergleichbarer Preise gewinnen muss. Dementsprechend ist dann, wenn unter Angabe von Preisen für Leistungen geworben wird, die aus der Sicht der Letztverbraucher als einheitliches Leistungsangebot und Gegenstand eines einheitlichen Vertragsschlusses erscheinen, ein sich auf das einheitliche Leistungsangebot insgesamt beziehender Endpreis anzugeben. Die Werbung der Beklagten enthält aus der Sicht der Letztverbraucher einheitliche Leistungsangebote, die nicht nur den Flug selbst umfassen, sondern auch die Begleichung derjenigen Leistungen Dritter, die bei jeder Flugreise in Anspruch genommen werden müssen, nämlich der Flughafen-, Sicherheitsgebühren u.a. sowie der bei der Flugreise anfallenden Steuern, die ausdrücklich im Sternchenhinweis genannt sind (vgl. auch Völker, Preisangabenrecht, 2. Aufl., § 1 PAngV Rdn. 56). Für die Buchungsgebühr, die bei Buchung der Reise über die Beklagte zwingend anfällt, gilt nichts anderes, denn der Erwerb einer Urlaubsreise ohne Zahlung dieser Gebühr ist nicht möglich.

b)

Die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV bestehende Verpflichtung zur Angabe der Endpreise ist unabhängig davon, ob der Verkehr bei Angeboten einer bestimmten Art daran gewöhnt ist, den Endpreis anhand angegebener Preisbestandteile zusammenzurechnen (vgl. dazu BGH GRUR 1981, 140, 141 – Flughafengebühr), oder davon, ob die Errechnung des Endpreises anhand der Preisbestandteile, die in der Werbung genannt sind, für einen durchschnittlichen Letztverbraucher einfach oder schwierig ist (vgl. BGH GRUR 1999, 762, 763 = WRP 1999, 845 -Herabgesetzte Schlußverkaufspreise). Wie der Bundesgerichtshof (GRUR 2001, 1166 = WRP 2001, 1301 – Fernflugreise) ausgeführt hat, entfällt die Pflicht des Werbenden, Endpreise anzugeben, grundsätzlich auch nicht deshalb, weil die Flugreisen zu bestimmten Zielen je nach dem Reisetag, den Abflugs- und Ankunftszeiten und der Reiseroute unterschiedlich mit Steuern und Gebühren belastet sind. Jede einzelne Urlaubsreise hat einen bestimmten Preis, da die Preisbestandteile insoweit jeweils grundsätzlich feststehen. Die Angaben sind dann nicht in dem Sinne variabel, dass es sich um verbrauchsabhängige Bestandteile handelt. Dies gilt im vergleichbaren Fall der Buchungsgebühr. Auch soweit die tatsächliche Anzahl der Personen, für die gebucht werden soll, zum Zeitpunkt der Werbung noch nicht feststeht, steht aber die Höhe der Gebühr, die auf eine Person entfällt, und damit der jeweilige Endpreis pro Person fest; bei einer Buchung für 2 Personen beträgt sie 9,00 EUR, für 3 Personen 6,00 EUR, für 4 Personen 4,50 EUR, für 10 Personen 1,80 EUR etc. Dies gilt insbesondere für den vorrangig beworbenen Fall der Buchung eines Doppelzimmers, denn dort gibt es nur zwei Möglichkeiten, nämlich den Normalfall der Buchung eines Doppelzimmers durch 2 Personen oder den eher selteneren Fall der Buchung eines Doppelzimmerplatzes durch eine Einzelperson. Wenn die Beklagte unter diesen Umständen mit Preisbestandteilen wirbt, hat sie grundsätzlich den im Einzelfall tatsächlich zu entrichtenden Endpreis anzugeben. Dies bedeutet nicht, dass die Beklagte im Ergebnis auf Werbung für die von ihr angebotenen Reisen verzichten müsste (BGH a.a.O. – Fernfugreise). So kann sie z.B. in der Weise werben, dass sie Flüge und Urlaubsreisen „ab“ einem bestimmten Preis anbietet und in der Werbung erläutert, warum ein bestimmter Preis nicht genannt wird. Ob diese Erleichterung auch bei der Werbung für eine Urlaubsreise mit Unterbringung im Doppelzimmer eingreift, kann dahinstehen; hier drängt sich allerdings angesichts der Tatsache, dass für jede Buchung eines Doppelzimmers eine Gebühr anfällt, die Frage auf, ob nicht für die allein in Frage kommenden beiden Möglichkeiten – Buchung einer Reise mit Doppelzimmer von einer oder von 2 Personen – entsprechende Endpreise anzugeben sind (vgl. dazu BGH GRUR 2001, 446 = WRP 2001, 392 – 1-Pfennig-Farbbild; Harte/Henning/Völker, UWG, § 1 PAngV Rdn. 15; Gloy/Loschelder/Helm, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 59 Rdn. 10; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 PAngV Rdn. 2; Völker a.a.O. Rdn. 40; vgl. auch OLG Frankfurt NJW-RR 1988, 555); gegebenenfalls könnte auch der Normalfall der Buchung von 2 Personen für eine Doppelzimmer mit „ab…..“ beworben – und die Zusatzkosten für den eher außergewöhnlichen Fall einer Buchung eines Einzelreisenden für ein Doppelzimmer – ausreichend kenntlich gemacht und erläutert werden. Diese Frage kann aber dahinstehen, weil die Werbung auch im Übrigen den Anforderungen, unter denen auf einen korrekt angegebenen Endpreis inklusive aller Preisbestandteile verzichtet werden könnte, nicht gerecht wird. So enthält der im Mittelpunkt beworbene Preis für die 9-Tagesreise in der Türkei für 345,00 € keinen „ab“-Zusatz und bei den weiter genannten Preisen ist der „ab“-Zusatz drucktechnisch derart klein gestaltet, dass er ohne Zuhilfenahme von Sehhilfen kaum zu lesen ist. Außerdem ergibt sich der Preisbestandteil „Buchungsgebühr“ auch nicht mit der erforderlichen Klarheit aus der Erläuterung im Sternchenhinweis, denn dieser lässt sich nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, dass im Falle der Buchung von zwei Doppelzimmern nicht die Buchung als solche, sondern die Buchung der jeweiligen Wohneinheit, die Buchungsgebühr auslöst. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass im Versandhandel eine Werbung zulässig ist, ohne die jeweiligen Endpreise inklusive der Versandkosten angeben zu müssen, verkennt sie zum einen, dass der Verkehr im Versandhandel gewohnt ist, dass Versandkosten hinzu kommen können; zum anderen sieht § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV diesen Fall ausdrücklich vor und regelt, dass hierüber ausdrücklich Auskunft zu geben ist (vgl. dazu BGH GRUR 1997, 479 = WRP 1997, 431 – Münzangebot).

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist in vollem Umfang zuzusprechen. Allerdings würde der Antrag ohne den „wenn dies geschieht wie“-Zusatz, der keinen Bezug zur konkreten Verletzungsform hätte, zu weit gehen, denn er würde die Angaben eines Endpreises für alle Arten von Urlaubsreisen, mithin auch für solche verlangen, in denen es nicht nur um die Vermittlung eines Doppelzimmers geht und die Voraussetzungen für das Entstehen der Buchungsgebühr ausreichend klar und verständlich erläutert sind und der angesprochene Letztverbraucher anhand dieser Angaben den Endpreis ohne weiteres errechnen könnte. Damit würde der Antrag das Charakteristische der beanstandeten Werbung jedenfalls teilweise nicht zum Ausdruck bringen und über eine noch zulässige Verallgemeinerung der beanstandeten Verhaltensweise hinausreichen (BGH GRUR 2001, 446 – 1-Pfennig-Farbbild m.w.N.). Durch den „wenn dies geschieht wie“-Zusatz ist Gegenstand des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsantrags aber die konkrete Verletzungsform, auf die der Antrag – ungeachtet der in ihm enthaltenen abstrakten Beschreibung der angegriffenen Wettbewerbshandlung – durch den Hinweis „… wenn dies geschieht wie in der als Anlage ASt 1 beigefügten Werbeanzeige in der … Zeitung vom 9. Oktober 2004“ Bezug nimmt (BGH-Report 2002, 78; BGH GRUR 2004, 605 = WRP 2004, 735 – Dauertiefpreise).

c)

Der beanstandete Verstoß gegen die Preisangabenverordnung beinhaltet zugleich einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Er beeinträchtigt in seiner konkreten Form den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur unerheblich. Die Werbung ist daher unzulässig und zu verbieten, § 3 UWG.

Bei der Frage, ob der Wettbewerb nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird, ist darauf abzustellen, ob ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher durch die Angabe irregeführt oder ein Preisvergleich für ihn nicht nur unerheblich erschwert wird. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn bei einer Werbung für Flüge in einer übersichtlich gestalteten Anzeige der Verbraucher die genannten Preise (z.B. „ab“-Preise plus Buchungsgebühr) als Bestandteile der Endpreise ohne weiteres einander zuordnen und die Endpreise ohne Schwierigkeiten berechnen kann (Baumbach/Hefermehl/Köhler, a.a.O. Vorb. PAngV Rdn. 5; BGH GRUR 2004, 435 = WRP 2004, 490 – FrühlingsgeFlüge; BGH Report 2004, 676). Wird die Möglichkeit des Preisvergleiches durch den Letztverbraucher erheblich erschwert oder erscheint durch den Verstoß gegen die PAngV das Angebot des Werbenden besonders günstig, so ist die Eignung zur wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs dagegen zu bejahen (Gloy/Loschelder/Helm, a.a.O. § 59 Rdn. 21). Danach stellt die Werbung in der konkreten Form eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung dar, denn weder enthält sie einen deutlichen Hinweis darauf, dass es sich um einen Mindestpreis handelt („ab“-Zusatz), noch lässt sich den Erläuterungen zum Sternchenhinweis mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, dass im Falle der Buchung von Wohneinheiten, z.B. von zwei Doppelzimmern, nicht die Buchung als solche, sondern die Buchung der jeweiligen Wohneinheit die Buchungsgebühr auslöst. Auch soweit ein verständiger Durchschnittsverbraucher die Entscheidung für das Angebot einer Urlaubsreise erst nach reiflicher Überlegung treffen wird, hat er keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Buchungsgebühr – abweichend vom Wortlaut – für jede Buchung einer Wohneinheit anfällt. Dass der angesprochene Verkehr weiß, dass die Buchungsgebühr in diesem Sinne zu verstehen ist, hat die Beklagte noch nicht einmal behauptet. Aus ihrem erstinstanzlichen Vortrag und den dazu vorgelegten Anlagen B 7 und 8 ergibt sich vielmehr das Gegenteil. Auch dem Senat, der zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehört und die Frage einer möglichen Irreführung aus eigener Anschauung beurteilen kann, ist nicht geläufig, dass die Buchungsgebühr in diesem Sinne verstanden wird. Zudem wird der Preisvergleich durch diese Art der Werbung erschwert. Demgegenüber würde es an einer nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs fehlen, soweit der Antrag des Klägers über die konkrete Verletzungsform hinausginge und er die Angaben eines Endpreises auch in den Fällen verlangen würde, in denen die Voraussetzungen für das Entstehen der Buchungsgebühr ausreichend klar und verständlich erläutert sind und der angesprochene Letztverbraucher anhand dieser Angaben den Endpreis ohne weiteres errechnen kann (BGH GRUR 2004, 435 = WRP 2004, 490 -FrühlingsgeFlüge; BGH Report 2004, 676).

4.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO.

 

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