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Wasserversorgungskosten – Umlage auf Mieter

BGH

Az: VIII ZR 183/09

Urteil vom 06.10.2010


Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2010 für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 25. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der Kläger ist ein in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) eingetragener Mieterschutzverein. Er nimmt die beklagte Wohnungsgenossenschaft auf Unterlassung der Verwendung einer Klausel in den zwischen der Beklagten und ihren Mietern geschlossenen Verträgen in Anspruch.

Gemäß § 2 Abs. 3 des von der Beklagten vorformulierten Dauernutzungsvertrages hat der Mieter als Betriebskosten unter anderem die „Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung“ zu tragen. § 2 Abs. 3 Nr. 3 des Vertrages enthält unter der Überschrift „Umlagemaßstab entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen“ folgende Regelungen:

“ …

d)

Frisch-/Kaltwasser wird, soweit der Verbrauch über Messeinrichtungen erfasst wird, nach dem Ergebnis der Messungen abgerechnet. Entsprechendes gilt für die Grundgebühr (sie wird im Verhältnis der je Wohnung erfassten Verbrauchsmenge umgelegt). …

e)

Abwasser wird nach dem gleichen Schlüssel wie Frisch-/Kaltwasser abgerechnet und umgelegt.

Miete, Ablese-/Abrechnungsgebühren von Messeinrichtungen sind Bestandteil der abzurechnenden und umzulegenden Kosten.“

Der Kläger hält die in Kursivschrift wiedergegebene Klausel in § 2 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. d Satz 2 des Vertrages für unwirksam. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, die angegriffene Klausel in vorformulierten Wohnungsmietverträgen zu verwenden oder sich darauf zu berufen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht (OLG Dresden, WuM 2010, 158) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Zutreffend habe das Landgericht der Beklagten die Verwendung der Klausel wegen unangemessener Benachteiligung der anderen Vertragspartei untersagt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten unterliege die streitgegenständliche Bestimmung der Klauselkontrolle des § 307 Abs. 1 BGB, weil sie eine vom gesetzlichen Leitbild abweichende Regelung der Umlegung von verbrauchsabhängigen Nebenkosten enthalte. Die Umlegung (auch) verbrauchsunabhängiger Kostenbestandteile bei der Wasserversorgung nach Verbrauch sei entgegen der Ansicht der Beklagten nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften nicht vorgesehen. Nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB seien vielmehr (nur) Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhingen, nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trage. Um derartige Kosten handele es sich bei den Grundgebühren der Wasserversorgung, die ihrer Natur nach verbrauchsunabhängig seien, gerade nicht. Der Umstand, dass sie in § 2 Betriebskostenverordnung als den Kosten der Wasserversorgung zugehörig beschrieben würden, mache sie entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu verbrauchsabhängigen Kosten im Sinne von § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB. Insbesondere ergebe sich aus der Gesetzesformulierung nicht, dass die in der Betriebskostenverordnung unter einem bestimmten Oberbegriff zusammengefassten Kostenarten zwingend jeweils nach einem einheitlichen Umlagemaßstab umzulegen seien.

Die somit vom gesetzlichen Leitbild abweichende formularmäßige Vereinbarung einer Umlegung (auch) der verbrauchsunabhängigen Bestandteile der Kosten der Wasserversorgung entsprechend dem jeweiligen Wasserverbrauch benachteilige den Mieter unangemessen, weil sie das Risiko des Leerstands von Wohnungen vom Vermieter auf den Mieter verlagere und ihm damit eine nicht unerhebliche und bei Vertragsschluss nicht übersehbare Kostenlast aufbürde, ohne dass hierfür ein berechtigtes Interesse des Vermieters erkennbar wäre. Im Normalfall habe der Vermieter den Kostenanteil zu tragen, der auf leerstehende Wohnungen entfalle, weil er das Vermietungsrisiko trage. Eine Abwälzung dieses Vermietungsrisikos auf den Mieter könne schon bei einer (gerade in bestimmten Regionen der neuen Bundesländer nicht unerheblichen) durchschnittlichen Leerstandsquote zu einer beträchtlichen zusätzlichen Kostenbelastung führen, mit der der Mieter bei Vertragsschluss im Regelfall nicht rechne und die er der Höhe nach nur schwer oder gar nicht vorhersehen könne. Erst recht gelte dies für das unter den aktuellen Bedingungen des Immobilienmarktes keineswegs nur theoretische Szenario der „Entmietung“ ganzer Wohnblöcke mit einer Vielzahl von Wohnungen. In einem solchen Fall könne der normalerweise bei Vollvermietung auf die einzelnen Wohnungen entfallende Festkostenanteil der Wasserversorgung um ein Vielfaches steigen und zu einer relativ wie absolut unangemessenen Kostenmehrbelastung führen.

Die Unangemessenheit der Klausel werde entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dadurch kompensiert, dass dem Mieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Anspruch auf Änderung des vereinbarten Abrechnungsschlüssels zugestanden werde, sofern die Voraussetzungen einer krassen Unbilligkeit gegeben seien. Zum einen sei die Schwelle der unangemessenen Benachteiligung durch eine vom gesetzlichen Leitbild abweichende Formularklausel regelmäßig noch unterhalb derjenigen einer krassen Unbilligkeit im Sinne des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder eines Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben anzusiedeln. Zum anderen würde im Fall der Wirksamkeit der Klausel dem Mieter das Prozess- und damit auch ein erhebliches Kostenrisiko einer an den Maßstäben von § 313 bzw. § 242 BGB orientierten Angemessenheitsprüfung aufgebürdet.

Wie das Landgericht zutreffend erkannt habe, spiele es auch keine Rolle, dass die Beklagte von dem weiten Spielraum, den ihr die Klausel eröffne, bislang gegenüber einzelnen, in weitgehend entmieteten Wohnhäusern verbliebenen Mietern keinen Gebrauch gemacht habe. Denn die Prüfung der Angemessenheit im Rahmen der Klauselkontrolle richte sich nicht nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Entscheidend sei gemäß dem abstrakt generellen Charakter der Prüfung allein, wie die Klausel unter Berücksichtigung aller nicht fern liegenden Fallgestaltungen verwendet werden könne. Einer dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden Umlegung der Grundgebühren der Wasserversorgung stünden auch etwaige Rationalisierungsinteressen der Beklagten als Vermieterin nicht entgegen. Das Landgericht habe zutreffend darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich sei, aus welchen Gründen das Anlegen unterschiedlicher Umlegungsmaßstäbe in Bezug auf Grundgebühr und verbrauchsabhängige Wasserkosten einen größeren Aufwand bereiten sollte als die einheitliche Umlegung nach Verbrauch.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die vom Kläger beanstandete Klausel in den Dauernutzungsverträgen der Beklagten über die Umlage der Grundgebühr der Kaltwasserversorgung nach dem in den Wohnungen erfassten Wasserverbrauch ist wegen unangemessener Benachteiligung der Mieter unwirksam; sie ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung über die Umlegung von Betriebskosten auf den Mieter unvereinbar (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

1.

Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die angegriffene Klausel der Inhaltskontrolle unterliegt. Sie wäre gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen, wenn sie den Inhalt des § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB über die Umlegung verbrauchsabhängiger Betriebskosten lediglich deklaratorisch wiedergäbe. Das ist entgegen der Auffassung der Revision nicht der Fall. Die Klausel bestimmt, dass die Grundgebühr der Kaltwasserversorgung nach dem gleichen Maßstab umzulegen ist wie die Kosten des erfassten Wasserverbrauchs. Das ist in § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB nicht – wie in der Klausel – zwingend vorgeschrieben. Die Klausel enthält damit keine bloß deklaratorische Wiedergabe des Gesetzesinhalts. Es handelt sich vielmehr um eine konkretisierende Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung über die Umlegung verbrauchsabhängiger Betriebskosten, die der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unterliegt.

2.

Die Klausel hält der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie benachteiligt den Mieter dadurch unangemessen, dass sie die Umlegung der Grundgebühr der Kaltwasserversorgung nach dem Maßstab des in den Wohnungen erfassten Kaltwasserverbrauchs zwingend anordnet ohne Ausnahme für den Fall, in dem eine solche Umlegung der Grundgebühr wegen erheblichen Wohnungsleerstands in der Abrechnungseinheit zu einer nicht hinnehmbaren Mehrbelastung der verbliebenen Mieter führt. Die in der Klausel auch für diesen Fall vorgesehene Umlegung der Grundgebühr nach erfasstem Verbrauch ist mit wesentlichen Grundgedanken des Betriebskostenrechts, zu denen der Grundsatz gehört, dass der Vermieter bei der Umlegung von Betriebskosten das Leerstandsrisiko zu tragen hat, unvereinbar (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Klausel auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist, weil sie, wie der Kläger geltend macht, nicht erkennen lasse, was für eine Kostenart mit dem Begriff „Grundgebühr“ gemeint sei.

a)

Die in der Klausel geregelte Umlegung der Grundgebühr nach erfasstem Wasserverbrauch verstößt allerdings nicht, wie der Kläger und das Berufungsgericht meinen, bereits deshalb gegen § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB, weil verbrauchsunabhängige Kostenbestandteile der Wasserversorgung nach dieser Vorschrift generell nicht nach dem erfassten Wasserverbrauch umgelegt werden dürften. Denn das Gesetz lässt eine Umlegung auch der Grundgebühr der Kaltwasserversorgung nach dem erfassten Wasserverbrauch entgegen der Auffassung des Klägers und des Berufungsgerichts grundsätzlich zu.

aa)

Nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB sind Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Mit dieser Formulierung steckt das Gesetz einen Rahmen ab, innerhalb dessen sich die Umlegung verbrauchsabhängiger Betriebskosten zu bewegen hat, wenn der Verbrauch erfasst wird. Der Abrechnung muss ein Maßstab zugrunde liegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch „Rechnung trägt“, das heißt ihn angemessen berücksichtigt.

§ 556a Abs. 1 Satz 2 BGB eröffnet damit auch bei erfasstem Verbrauch einen gewissen Spielraum für die konkrete Ausgestaltung der Umlage verbrauchsabhängiger Betriebskosten. Das Gesetz lässt es nicht nur zu, dass die Umlegung verbrauchsabhängiger Betriebskosten nicht zu 100 % nach erfasstem Verbrauch erfolgt (ebenso Wall in Eisenschmid/Rips/Wall, Betriebskosten-Kommentar, 2. Aufl., Rn. 2782; Ermann/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 556a Rn. 4; Müller/Walther/Schneider, Miet- und Pachtrecht, C § 556a Rn. 25; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 556a BGB Rn. 28), sondern erlaubt es auch, dass bei verbrauchsabhängigen Betriebskosten in gewissem Umfang verbrauchsunabhängige Kostenbestandteile in die Umlegung nach erfasstem Verbrauch einbezogen werden (ebenso Staudinger/Weitemeyer, BGB (2006), § 556a Rn. 15; MünchKommBGB/Schmid, 5. Aufl., § 556a Rn. 32; Wall, aaO).

Darin liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Umlagegerechtigkeit. Absolute Verteilungsgerechtigkeit bei der Umlage von Betriebskosten wird vom Gesetz nicht gefordert. Denn Umlagegerechtigkeit ist nicht die einzige Anforderung an Betriebskostenabrechnungen. Daneben sind Gesichtspunkte der Praktikabilität zu berücksichtigen. Betriebskostenabrechnungen sollen für den Vermieter einfach zu erstellen und für den Mieter übersichtlich und leicht nachvollziehbar sein. Deshalb sind gewisse Ungenauigkeiten und damit auch Ungerechtigkeiten durch eine generalisierende Betrachtungsweise im Interesse der Vereinfachung von Betriebskostenabrechnungen hinzunehmen (vgl. Senatsurteile vom 20. September 2006 – VIII ZR 103/06, NJW 2006, 3557 = WuM 2006, 613 Rn. 20; vom 25. November 2009 – VIII ZR 69/09, WuM 2010, 35 Rn. 15). Das gilt nicht nur für den nach § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB vorgeschriebenen Flächenmaßstab, der wegen seiner leichteren Handhabbarkeit für den Vermieter als gesetzlicher Regelmaßstab eingeführt wurde (BT-Drucks. 14/4553, S. 51), sondern auch für die in § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB geregelte Umlegung verbrauchsabhängiger Betriebskosten nach erfasstem Verbrauch. Auch im Anwendungsbereich des § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB dürfen Gesichtspunkte der Praktikabilität berücksichtigt werden, solange die Umlage dem erfassten unterschiedlichen Verbrauch noch hinreichend Rechnung trägt.

bb)

Nach Maßgabe dieser Grundsätze verstößt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gegen § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn die Kosten der Kaltwasserversorgung im – vom Gesetz vorausgesetzten – Normalfall, in dem die Wohnungen der Abrechnungseinheit im Wesentlichen vermietet sind, aus Gründen der Praktikabilität einheitlich nach dem erfassten Wasserverbrauch umgelegt werden, also auch insoweit, als Fixkosten wie Grundgebühren oder Zählermiete unabhängig vom tatsächlichen Wasserverbrauch anfallen (ebenso LG Berlin (ZK 65), Urteil vom 13. Januar 2009, […] PR-MietR 9/2009, Anm. 1; LG Berlin (ZK 63), MM 2009, 110; LG Chemnitz, NZM 2009, 154; Staudinger/Weitemeyer, aaO; MünchKommBGB/Schmid, aaO; Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 556a Rn. 4; Erman/Jendrek, aaO; Blöcker/Pistorius, Die Betriebskosten in der Wohnungswirtschaft, 4. Aufl., S. 28; Wall, aaO; Herrlein/Kandelhard/Both, Mietrecht, 4. Aufl., § 556a Rn. 16; wohl auch Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 5. Aufl., Rn. F 77).

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Dementsprechend ist eine einheitliche Abrechnung der gesamten Kosten der Kaltwasserversorgung nach erfasstem Verbrauch weit verbreitet, wenn nicht allgemein üblich (Wall, aaO). Gemischte Maßstäbe für die Umlegung der Kosten der Wasserversorgung sind zwar zulässig, wegen des zusätzlichen Verwaltungsaufwands jedoch unüblich (Langenberg, aaO). Gegen diese Praxis bestehen im Hinblick auf § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB keine grundsätzlichen Bedenken. Denn nach dieser Vorschrift ist auch eine einheitliche Abrechnung der Kosten der Wasserversorgung nach dem erfassten Verbrauch zulässig, solange sie dem unterschiedlichen Verbrauch noch hinreichend Rechnung trägt. § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB schreibt nicht vor, dass verbrauchsunabhängige Kostenbestandteile der Kosten der Wasserversorgung von vorneherein nach einem anderen Maßstab umzulegen wären als die verbrauchsabhängigen.

cc)

Die gegenteilige Auffassung des Berufungsgerichts, nach dem Wortlaut des § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB seien nur die verbrauchsabhängigen Kostenbestandteile der Wasserversorgung, also nicht auch die Grundgebühr, nach erfasstem Verbrauch umzulegen, trifft nicht zu. Zu den verbrauchsabhängigen Betriebskosten im Sinne dieser Vorschrift gehören aufgrund der Verweisung in § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB auch die in § 2 Abs. 1 Nr. 2 BetrKV aufgeführten, vom Wasserverbrauch abhängigen Kosten der Wasserversorgung. Bestandteil der Kosten der Wasserversorgung sind aber nicht nur die Kosten des Wasserverbrauchs, sondern auch die Grundgebühren und die weiteren in § 2 Abs. 1 Nr. 2 BetrKV genannten Kosten. Diese Bestimmung macht durch die Zusammenfassung dieser Kostenbestandteile unter dem Oberbegriff „Kosten der Wasserversorgung“ deutlich, dass es sich nicht um selbständige Betriebskosten handelt, sondern dass auch die verbrauchsunabhängigen Kostenbestandteile wie die Grundgebühren mit zu den vom Wasserverbrauch abhängigen Kosten der Wasserversorgung gehören. Deshalb ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die Gesamtkosten der Wasserversorgung einheitlich nach erfasstem Verbrauch umgelegt werden. Denn auch eine einheitliche Abrechnung der Gesamtkosten nach erfasstem Verbrauch trägt, wie es § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt, dem unterschiedlichen Wasserverbrauch Rechnung und ist deshalb nach dieser Vorschrift grundsätzlich zulässig. Insoweit gilt für den preisfreien Wohnraum nichts anderes als für den preisgebundenen Wohnraum. § 21 Abs. 2 NMV 1970 geht ebenfalls von der Zulässigkeit einer Abrechnung der gesamten Kosten der Wasserversorgung nach einem einheitlichen Maßstab aus.

dd)

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist aus dem Senatsurteil vom 15. Juli 2009 (VIII ZR 340/08, WuM 2009, 516) nicht herzuleiten, dass nur die Kosten des Wasserverbrauchs unter § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB fielen und die verbrauchsunabhängigen Grundgebühren der Wasserversorgung nach dem Flächenmaßstab des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB umzulegen wären. Der Senat hat lediglich entschieden, dass die Betriebskostenabrechnung im damaligen Fall nicht („formell“) unwirksam war, weil sie für den Mieter unter anderem hinreichend deutlich machte, dass es sich bei der Position „Wasser und Abwasser allgemein“ um nach dem Flächenmaßstab umgelegte Kosten handelte. Ob die Abrechnung inhaltlich richtig war und ob die Allgemeinkosten auch mit den Verbrauchskosten einheitlich nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB hätten umgelegt werden dürfen, hatte der Senat nicht zu beurteilen.

b)

Der Grundsatz, dass nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB die gesamten Kosten der Kaltwasserversorgung einheitlich nach dem erfassten Wasserverbrauch umgelegt werden dürfen, gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Er findet seine Grenze dort, wo eine solche Umlegung wegen erheblichen Wohnungsleerstands in der Abrechnungseinheit zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der Mieter mit Fixkosten der Wasserversorgung führt, die auf die leerstehenden Wohnungen nicht nach Verbrauch umgelegt werden können, weil in ihnen aufgrund des Leerstands kein Wasserverbrauch anfällt. In einem solchen Fall ist die einheitliche Abrechnung unzulässig und der Vermieter zur Änderung des Umlegungsmaßstabs für die Fixkosten der Wasserversorgung verpflichtet, damit die verbliebenen Mieter nicht mit diesen Mehrkosten belastet werden.

aa)

Auch bei der Umlegung von Betriebskosten gilt im Regelfall, dass der Vermieter das Vermietungsrisiko und damit das Leerstandsrisiko zu tragen hat (Senatsurteil vom 31. Mai 2006 – VIII ZR 159/05, NJW 2006, 2771 Rn. 13 mwN). Dieser Grundsatz ist nicht nur von Bedeutung für eine Umlegung der Betriebskosten nach dem Flächenmaßstab des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB (dazu Senatsurteil vom 31. Mai 2006 – VIII ZR 159/05, aaO), sondern hat Auswirkungen auch auf die Umlegung verbrauchsabhängiger Kosten nach erfasstem Verbrauch gemäß § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB. Ihm gebührt dann Vorrang gegenüber der grundsätzlich zulässigen Umlegung der Gesamtkosten der Wasserversorgung nach erfasstem Verbrauch, wenn die einheitliche Umlegung zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der Mieter mit den auf die leerstehenden Wohnungen mangels Verbrauch nicht umlegbaren Fixkosten der Wasserversorgung führt. Eine derartige Verlagerung des Leerstandsrisikos vom Vermieter auf den Mieter muss der Mieter bei der Umlegung von Betriebskosten nicht hinnehmen (ebenso Wall, WuM 2006, 443, 444; Herrlein/Kandelhard/Both, aaO Rn. 12).

Dem steht nicht, wie die Revision meint, das Senatsurteil vom 31. Mai 2006 (VIII ZR 159/05, aaO) entgegen. Im damaligen Fall ging es um die Belastung des Vermieters mit anteiligen Kosten des Wasserbrauchs hinsichtlich leerstehender Wohnungen aufgrund der Umlegung nach dem Flächenmaßstab. Der Senat hat in dieser Entscheidung lediglich darauf hingewiesen, dass es der Vermieter selbst in der Hand hat, insoweit eine Kostenbeteiligung leerstehender Wohnungen, in denen ein Verbrauch nicht stattfindet, durch den Einbau von Wasseruhren und eine verbrauchsabhängige Umlegung dieser Betriebskosten nach § 556a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB zu vermeiden (Senatsurteil vom 31. Mai 2006 – VIII ZR 159/05, aaO Rn. 17). Damit hat der Senat nicht entschieden, dass eine Umlegung verbrauchsunabhängiger Kostenbestandteile der Wasserversorgung auf den Mieter nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB schrankenlos zulässig ist.

bb)

Der Grundsatz, dass der Vermieter das Leerstandsrisiko zu tragen hat, schränkt die nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB im Regelfall zulässige Umlegung der Gesamtkosten der Wasserversorgung nach erfasstem Verbrauch allerdings nicht schon dann ein, wenn etwa in einer größeren Abrechnungseinheit die eine oder andere Wohnung vorübergehend nicht vermietet ist. Dies führt noch nicht ohne Weiteres zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der anderen Mieter. Die Kosten geringfügiger Leerstände sind von den verbleibenden Mietern mitzutragen (ebenso Wall, aaO). Erst wenn Dauer und Umfang des Leerstands unter Berücksichtigung der Höhe der verbrauchsunabhängigen Kostenbestandteile eine für die Mieter nicht mehr hinnehmbare Mehrbelastung ergeben, ist der Vermieter verpflichtet, diesem Umstand durch eine Änderung des Umlegungsmaßstabs hinsichtlich der verbrauchsunabhängigen Kostenbestandteile der Wasserversorgung Rechnung zu tragen oder den Mietern in anderer Weise einen finanziellen Ausgleich zu verschaffen. Es ist Aufgabe des Tatrichters, die Grenze zwischen einer noch zumutbaren und einer nicht mehr hinnehmbaren Mehrbelastung nach Treu und Glauben unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu ziehen.

c)

Die angegriffene Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie die dargelegte Grenze der Zulässigkeit einer Umlegung auch der Grundgebühren der Wasserversorgung nach dem erfassten Verbrauch nicht beachtet.

aa)

Die Klausel schreibt eine Umlegung der verbrauchsunabhängigen Grundgebühr nach erfasstem Verbrauch ausnahmslos und damit auch für den Fall vor, dass eine solche Umlegung infolge erheblichen Wohnungsleerstands in der Abrechnungseinheit zu einer unzumutbaren Mehrbelastung der verbliebenen Mieter mit den verbrauchsunabhängigen Grundgebühren führt. Für eine solche Fallkonstellation ist eine Umlegung auch der verbrauchsunabhängigen Grundgebühren der Wasserversorgung, wie ausgeführt, nicht nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB zulässig, weil diese Vorschrift durch den Grundsatz, dass der Vermieter das Vermietungs- und damit auch das Leerstandsrisiko zu tragen hat, eingeschränkt wird. Indem die Klausel diese Einschränkung des § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB missachtet, überschreitet sie in unzulässiger Weise zum Nachteil des Mieters die Grenzen des Spielraums, den das Gesetz für die Umlegung verbrauchsabhängiger Betriebskosten bei erfasstem Verbrauch einräumt (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

bb)

Dem steht nicht entgegen, dass die Regelung des § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB, wie sich aus § 556a Abs. 3 BGB ergibt, dispositiv ist. Denn zu den wesentlichen Grundgedanken des Betriebskostenrechts und damit auch des § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB, von denen nicht abgewichen werden kann, gehört auch der Grundsatz, dass der Vermieter das Leerstandsrisiko jedenfalls dann nicht auf den Mieter abwälzen darf, wenn dies zu einer unzumutbar hohen Mehrbelastung des Mieters mit Betriebskosten führt, die auf leerstehende Wohnungen entfallen und deshalb vom Vermieter zu tragen wären. Unerheblich ist demgegenüber, dass die Beklagte nach ihrem Vorbringen bei erheblichem Wohnungsleerstand von der Klausel keinen Gebrauch macht. Dies ist bei der Beurteilung, ob die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB standhält, nicht zu berücksichtigen und zeigt im Übrigen, dass auch die Beklagte die Klausel als zu weitgehend ansieht.

cc)

Die Wirksamkeit der Klausel kann entgegen der Auffassung der Revision auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Mieter im Einzelfall nach § 242 BGB einen Anspruch auf Änderung des Umlagemaßstabes hinsichtlich der Kosten der Wasserversorgung haben kann, wenn die weitere Anwendung des bisherigen Maßstabs zu einer krassen Ungerechtigkeit führt (vgl. Senatsurteil vom 20. September 2006 – VIII ZR 103/06, aaO Rn. 21 mwN). Da die Klausel einen derartigen Vorbehalt nicht enthält, sondern die Umlegung der Grundgebühren nach erfasstem Wasserverbrauch zwingend anordnet, lässt sie bei kundenfeindlichster Auslegung keinen Raum für eine Einschränkung ihres Anwendungsbereich durch den Grundsatz von Treu und Glauben.

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