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Erotik-Webseiten – Jugendschutz

Landgericht Düsseldorf

Az.: 12 O 550/07

Urteil vom 13.12.2007


Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, es sei denn, die Antragsgegner leisten vor der Vollstreckung

Sicherheit in gleicher Höhe.

Tatbestand:

Die Antragstellerin bietet im Internet u.a. unter der Domain xxxxErotikfilme als DVD zum Kauf und zur Vermietung und außerdem per Video on Demand zum Kauf oder zur Vermietung an. Die Antragsgegnerin zu 1., deren Geschäftsführer der Antragsgegner zu 2. ist, ist Internet-Zugangsprovider und bietet privaten und gewerblichen Endkunden gegen Entgelt den Zugang ins Internet an.

Die Antragstellerin fordert von der Antragsgegnerin die Unterlassung der Gewährung des Zugangs zu jugendschutzrechtswidrigen Erotik-Webseiten, die in Konkurrenz zum Angebot der Antragstellerin stehen, d. h. die Sperrung dieser Webseiten durch den Internetzugangsprovider unter dem Gesichtspunkt der wettbewerbswidrigen Förderung fremden Wettbewerbs.

Mit Schreiben vom 11.09.2007, ergänzt durch das Schreiben vom 14.09.2007, forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin – erfolglos – zur Sperrung des Zugangs zu den Webseiten www.privatamateure.com und xxxxauf (Anlage K 19).

Die Antragstellerin trägt vor:

Auf der Website xxxxx würden pornographische Abbildungen unmittelbar auf der Eingangsseite sichtbar ohne jegliche Zugangsbeschränkung Jugendlichen zugänglich gemacht. Ein wirksames Altersverifikationssystem werde weder bei der erstmaligen Registrierung noch beim späteren Betrachten und Auswählen der Bilder und Filme durchlaufen. Die Website xxxxxx sei auf Deutschland ausgerichtet, was sich u.a. aus der Abfassung in deutscher Sprache und aus der Registrierung und den Support durch die in Deutschland ansässige CyberMaxx GmbH ergebe. Auf der Website xxxxwürden pornographische Abbildungen kostenfrei zur Verfügung gestellt, wobei auch Tierpornographie verfügbar sei.

Durch die deutschsprachige Version sei die Seite – auch – maßgeblich auf Deutschland ausgerichtet.

Die Antragsgegner seien wegen der Zugänglichmachung der jugendschutzrechtswidrigen Webseiten „xxxxx und xxxxx“ trotz nachweisbarer Kenntnis von der Rechtswidrigkeit und der zumutbaren und geeigneten Möglichkeit der Sperrung für das Betreiben der Website als Unterlassungsschuldner für Jugendschutzrechtsverstöße der Webseitenbetreiber wettbewerbsrechtlich mitverantwortlich.

Von der Identität des Antragsgegners habe sie – die Antragstellerin – erst am Tag vor dem ersten Schreiben an die Antragsgegner Kenntnis erlangt, als sie die Identitäten und Adressen über ein Branchenverzeichnis der Internetzugangsprovider und die Website der Antragsgegnerin zu 1. ermittelt habe.

Die Antragstellerin beantragt,

den Antragsgegnern im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es ab sofort zu

unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Nutzern den Zugang zum Internet zu ermöglich, ohne gleichzeitig den Zugang dieser Nutzer zu folgenden Webseiten zu sperren:

1. xxxxx, solange auf dieser

a) pornographische Darbietungen ohne jegliche Zugangsbeschränkung verbreitet werden, oder

b) pornographische Darbietungen verbreitet werden und zum Betrachten nur ein Warnhinweis durch einfaches Anklicken überwunden werden muss, oder

c) tierpornographische Darbietungen verfügbar sind;

2. xxxxxx, solange auf dieser

a) pornographische Darbietungen ohne jegliche Zugangsbeschränkung verbreitet werden oder

b) pornographische Darbietungen verbreitet werden und dabei die Volljährigkeit der Internetnutzer nur durch ein Altersverifikationssystem überprüft wird, das nutzerseitig auf der Übermittlung einer Personalausweis-, Reisepass- oder Führerscheinkopie sowie der hierauf beruhenden Verifikation des Alters basiert, ohne dass dabei die persönliche Identifikation des Nutzers, etwa im Rahmen des Post-Ident-Verfahrens, bei seiner Registrierung erfolgt.

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsgegner tragen vor:

Aus der von der Antragstellerin mit Anlage K 9 vorgelegten einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hannover vom 02.05.2007 ergebe sich, dass die Antragstellerin spätestens seit Anfang Mai 2007 Kenntnis von den von ihr behaupteten Wettbewerbsverstößen habe. Nachdem die Antragstellerin durch das Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der xxxxx vom 03.07.2007 Kenntnis von den mangelnden Erfolgsaussichten von Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Betreiber der Website erhalten hätte, habe sie die Identität der in Deutschland tätigen Zugangsprovider ermitteln müssen und sich durch ihre Untätigkeit grob fahrlässig der Kenntnis der Antragsgegner verschlossen. Auch die pornographischen Inhalte der Webseitexxxxx seien ihr bereits seit spätestens Anfang 2007 bekannt.

Ein Verfügungsanspruch scheitere am fehlenden Wettbewerbsverhältnis. Auch liege keine Wettbewerbshandlung vor. Die zu Ebay ergangene Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da die Antragsgegnerin als reiner Zugangsprovider keine „ernsthafte Gefahr“ einer Wettbewerbsverletzung begründet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen.

I.

Es fehlt bereits an einem Verfügungsgrund.

Die Vermutung der Dringlichkeit gemäß § 12 Abs. 2 UWG wird widerlegt, wenn der Antragsteller durch sein Verhalten selbst zu erkennen gibt, dass es „ihm nicht eilig“ ist, was dann der Fall ist, wenn er längere Zeit zuwartet, obwohl er den Wettbewerbsverstoß und die Person des Verantwortlichen kennt oder grob fahrlässig nicht kennt (Hefermehl/Köhler/Bornkamp, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., Rdnr. 3.15).

Dies ist vorliegend der Fall. Die behaupteten Inhalte auf der Website „xxxx“ waren der Antragstellerin naturgemäß vor Erlass der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hannover am 02.05.2007, die diese Webseite betraf, bekannt.

Hinsichtlich der Webseite „xxxxx“ trägt die Antragstellerin selbst vor, dass die Seite von der Bundesprüfstelle Ende 2006 in die Liste jugendgefährdender Telemedien aufgenommen wurde, weshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden muss, dass der Antragstellerin die pornographischen Inhalte seit spätestens Anfang 2007 bekannt waren. Vor diesem Hintergrund hätte die Antragstellerin Maßnahmen gegen den Zugangsprovider jedenfalls im Mai 2007 geltend machen können. Die Antragstellerin kann sich nicht darauf berufen, dass sie von dem Antragsgegner bzw. den Antragsgegnern erst im September Kenntnis erlangt hat. Im Hinblick auf die Kenntnis der Inhalte der Webseiten hätte sie sich im Hinblick auf einen etwaigen Anspruch gegen die Zugangsprovider ohne weiteres zu einem früheren Zeitpunkt die Daten der Antragsgegnerin als Zugangsprovider verschaffen können und müssen. Soweit sie dies nicht tat, handelte sie jedenfalls grob fahrlässig.

II.

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist aber auch deshalb zurückzuweisen, weil ein Verfügungsanspruch weder aus §§ 3, 4 Nr. 10, 8 UWG noch aus §§ 3, 8 UWG folgt noch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung besteht.

1.

Zwischen den Parteien besteht kein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.

Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und das Wettbewerbsverhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen, d. h. im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGH GRUR 1999, 69, 70 – Preisvergleichsliste II; GRUR 2001, 259 – Immobilienpreisangaben; GRUR 2002, 902, 903 – Vanity-Nr.).

Bei der Gewährung des Zugangs zum Internet einerseits und dem Verkauf und der Vermietung von pornographischer Darbietung andererseits handelt es sich nicht um gleichartige gewerbliche Leistungen. Das Angebot der Antragstellerin setzt zwar den Internetzugang ihrer Kunden, wie er von der Antragsgegnerin zu 1. angeboten wird, voraus. Jedoch ist es für das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin irrelevant, welche Inhalte ihre Kunden bei der Internetnutzung nachfragen. Die Antragsgegnerin bietet keine pornographischen Inhalte an und konkurriert deshalb in keiner Weise mit der Antragstellerin um die gleichen Kunden.

2.

Zum anderen folgt aus dem Zurverfügungstellen des Internetzugangs durch die Antragsgegnerin zu 1. im Hinblick auf die beanstandeten Webseiten keine Wettbewerbshandlung. Neben der Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs in objektiver Hinsicht verlangt die Wettbewerbshandlung die sogenannte Wettbewerbsförderungsabsicht (Hefermehl/Köhler/Bornkamp, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 2 Rdnr. 24). Ob eine Wettbewerbsförderungsabsicht vorliegt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls wertend zu prüfen (BGH GRUR 1995, 270, 272 f. – Dubioses Geschäftsgebaren).

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Eine Wettbewerbsförderungsabsicht kann vorliegend nicht festgestellt werden. Die Antragsgegnerin zu 1. hat auch nicht die Absicht, den Wettbewerb einzelner Seiten zu Lasten anderer zu fördern. Sie weist insbesondere nicht auf einzelne Webseiten hin und macht diese leichter erreichbar als andere Seiten. Der Antragsgegnerin zu 1. entstehen auch keinerlei finanzielle Vorteile dadurch, dass sie den Zugang zu den beanstandeten Webseiten nicht sperrt. Auch soweit die Tarife der Antragsgegnerin zu 1. teilweise minuten- oder volumenbasiert sind, ist der Preis unabhängig vom Besuch einzelner Webseiten, so dass die Antragsgegnerin zu 1. von den behaupteten Wettbewerbsverstößen der Betreiber der beanstandeten Webseiten nicht profitiert.

3.

Die Antragsgegnerin trifft auch keine wettbewerbsrechtliche Verkehrssicherungspflicht.

Die wettbewerbsrechtliche Verkehrssicherungspflicht eines Telediensteanbieters hinsichtlich rechtsverletzender fremder Inhalte konkretisiert sich als Prüfungspflicht, deren Bestehen wie Umfang sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen richtet (BGH MMR 2007, 634, 637 – Jugendgefährdende Medien bei Ebay).

Anders als in dem vom BGH zu beurteilenden Sachverhalt kann jedoch vorliegend nicht die Verletzung einer Prüfungspflicht angenommen werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass zwischen der Antragsgegnerin zu 1. und den Betreibern der Webseiten mit pornographischem Inhalt keinerlei vertragliche Beziehung besteht.

Anders als der Betreiber einer Versteigerungsplattform eröffnet die Antragsgegnerin auch nicht in zurechenbarer Weise die Gefahr der Verletzung der Interessen von Marktteilnehmern durch Dritte. Durch das Zurverfügungstellen von Internetzugängen wird die Gefahr der Verbreitung von rechtswidrigen Inhalten nicht in zurechenbarer Weise erhöht. Hinzu kommt wiederum, dass die Antragsgegnerin zu 1. am wirtschaftlichen Erfolg der streitgegenständlichen Webseiten nicht teilnimmt. Vor diesem Hintergrund scheidet auch die Haftung der Antragsgegnerin als Störer aus.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 6.

Streitwert: 50.000,00 €, wobei auf die Antragsgegnerin zu 1) 35.000 € und den Antragsgegner zu 2) 15.000 € entfallen.

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