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Haftung für Wurzelwerk, wenn ein Beseitigungsanspruch besteht

Bundesgerichtshof

Urteil vom 08.12.1999

Az.: IV ZR 40/99

Vorinstanzen: OLG Saarbrücken; LG Saarbrücken


Leitsatz:

Der Versicherungsnehmer wird auch dann im Sinne von § 1 Nr. 1 AHB auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wenn und soweit er einem Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 BGB ausgesetzt ist, der dieselbe wiederherstellende Wirkung hat wie ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch.

Norm: § 1 Nr. 1AVB f. Haftpflichtversicherung (AHB)


Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 1999 für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 20. Januar 1999 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand: Die Klägerin nimmt den Beklagten, ihren Haftpflichtversicherer, auf Zahlung von 24.219,33 DM in Anspruch. Dem Versicherungsvertrag liegen Bedingungen zugrunde, deren § 1 Nr. 1 im wesentlichen  und soweit hier von Bedeutung  der Regelung des § 1 Nr. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung entspricht.

Wurzelwerk von Bäumen, die im Eigentum der Klägerin stehen, war unterirdisch in eine auf einem Nachbargrundstück verlaufende Abwasserleitung hineingewachsen und hatte diese beschädigt. Auf Klage der Eigentümerin der Abwasserleitung wurde die Klägerin durch rechtskräftiges Urteil vom 9. Januar 1996 zum Ersatz von Reinigungskosten in Höhe von 1.514,97 DM und dazu verurteilt, die durch das Eindringen von Wurzelwerk in die Abwasserleitung verursachte Eigentumsstörung durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen und ähnliche Beeinträchtigungen in der Zukunft zu verhindern. In der Entscheidung ist ausgeführt, der Beseitigungs- und der Unterlassungsanspruch ergäben sich aus § 1004 BGB; der Beseitigungsanspruch sei auch nicht deshalb eingeschränkt, weil die Eigentümerin des Nachbargrundstücks teilweise für das Einwachsen der Wurzeln in die Abwasserleitung mitverantwortlich sei. Für die Reparatur und Neuverlegung der Leitung wandte die Klägerin 24.219,33 DM auf, die sie mit der Klage von dem Beklagten ersetzt verlangt. Der Beklagte verweigert Leistungen. Für einen gegen den Versicherungsnehmer gerichteten, auf § 1004 BGB gestützten Beseitigungsanspruch bestehe nach § 1 Nr. 1 seiner Bedingungen kein Versicherungsschutz.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I. Das Berufungsgericht legt zugrunde, der rechtskräftigen Entscheidung im Haftungsprozeß zwischen der Eigentümerin der Wasserleitung und der Klägerin komme für den hier vorliegenden Deckungsprozeß hinsichtlich der mit ihr getroffenen Feststellungen und der für den Beseitigungsanspruch herangezogenen Anspruchsgrundlage  § 1004 BGB  Bindungswirkung zu. Zwar könne auch im Deckungsprozeß geprüft werden, ob noch eine andere Anspruchsnorm für die Haftung der Klägerin in Betracht komme; die Parteien hätten hierzu aber nichts vorgetragen. Es gehe deshalb allein darum, ob der Beklagte für den gegen die Klägerin gerichteten Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB nach § 1 Nr. 1 seiner Bedingungen Versicherungsschutz zu gewähren habe.

Dieser Ausgangspunkt des Berufungsgerichts trifft zu (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1962  II ZR 40/60  VersR 1962, 557 unter II 2B c; BGHZ 117, 345, 348); auch die Revision geht von ihm aus.

II. 1. Das Berufungsgericht nimmt an, der Beklagte habe der Klägerin wegen des gegen diese gerichteten Beseitigungsanspruchs (§ 1004 BGB) Versicherungsschutz zu gewähren. Zwar streite der Wortlaut von § 1 Nr. 1 der Bedingungen des Beklagten gegen die Erstreckung des versprochenen Versicherungsschutzes auf einen Beseitigungsanspruch. Denn § 1 Nr. 1 der Bedingungen verlange  neben der Erfüllung weiterer Voraussetzungen  insbesondere, daß der Versicherungsnehmer von einem Dritten aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. § 1004 BGB aber gebe nach seinem Wortlaut keinen Anspruch auf Schadensersatz, er gewähre vielmehr nur einen Anspruch auf (Unterlassung und) Beseitigung der Störung. Ein verständiger Versicherungsnehmer werde aber der Grenzziehung zwischen einem deliktsrechtlichen Schadensersatzanspruch und einem negatorischen Beseitigungsanspruch keine entscheidende Bedeutung beimessen. Für ihn werde es vielmehr darauf ankommen, welche wirtschaftlichen Folgen sich aus beiden Ansprüchen ergeben und wie sich diese in ihren Wirkungen unterscheiden. Sowohl der Beseitigungsanspruch als auch der Schadensersatzanspruch hätten aber ein Stück weit dieselbe wiederherstellende Wirkung.

Allerdings komme es auf die Sicht des verständigen Versicherungsnehmers dann nicht an, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbinde. Davon sei aber weder bei der Wendung „gesetzliche Haftpflichtbestimmung“ noch bei dem Begriff „Schadensersatz“ auszugehen. Der verständige Versicherungsnehmer werde sich daher bei der Auslegung des § 1 Nr. 1 der Bedingungen zunächst am Zweck der Haftpflichtversicherung orientieren. Diese solle ihm Schutz gewähren vor den wirtschaftlichen Folgen, falls er einem Dritten aufgrund seiner Verantwortlichkeit Leistungen erbringen müsse. Hierzu ergebe sich aus § 1 Nr. 1 der Bedingungen weiter, daß sich der versprochene Versicherungsschutz auf Personenschäden oder Sachschäden, die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen, beschränke, für die er von einem Dritten in Anspruch genommen werde. Unter Schadensersatz werde er vor diesem Hintergrund den Ausgleich der Nachteile der ihm zugerechneten Beeinträchtigung verstehen, Versicherungsschutz also erwarten, wenn er den Zustand wiederherstellen müsse, der vor dem Schadensereignis bestanden hat. Wichtig sei für den Versicherungsnehmer insoweit allein die Folge, die Wiederherstellung, die Restitution des alten Zustandes bei dem Dritten. Hierfür habe er Ersatz zu leisten; in diesem Sinne werde er auch den Begriff Schadensersatz verstehen, gleichviel wie dieser in dem seine Haftung begründenden Gesetz bezeichnet werde. Dem gegen die Klägerin gerichteten Beseitigungsanspruch komme wiederherstellende Wirkung zu. Der Anspruch werde also von dem mit § 1 Nr. 1 der Bedingungen versprochenen Versicherungsschutz erfaßt. Der Beklagte habe deshalb die Kosten der Beseitigung der Schäden zu tragen.

Das hält den Angriffen der Revision stand.

2. Nach § 1 Nr. 1 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Bedingungen gewährt der Versicherer seinen Versicherungsnehmern Versicherungsschutz unter anderem für den Fall, daß diese wegen eines während der Versicherung eintretenden Ereignisses, das die Beschädigung oder Vernichtung von Sachen (Sachschaden) zur Folge hat, für diese Folgen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Der gegen die Klägerin verfolgte und ausgeurteilte Anspruch beruht auf der Vorschrift des § 1004 BGB; er ist (auch) auf Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung gerichtet. Die Gewährung von Versicherungsschutz setzt demgemäß zum einen voraus, daß es sich bei der Vorschrift des § 1004 BGB  an deren privatrechtlichem Charakter kein Zweifel besteht  um eine gesetzliche Haftpflichtbestimmung handelt, zum anderen, daß der darauf beruhende und ausgeurteilte Beseitigungsanspruch als Schadensersatzanspruch im Sinne des § 1 Nr. 1 der Bedingungen einzuordnen ist. Beides hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht.

3. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind unter gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen Rechtsnormen zu verstehen, die unabhängig vom Willen der beteiligten Parteien an die Verwirklichung eines unter § 1 Nr. 1 der Bedingungen fallenden Ereignisses Rechtsfolgen knüpfen (Urteil vom 20. November 1970  IV ZR 1188/68  VersR 1971, 144 unter 4). An dieser Auslegung hält der Senat fest; sie erschließt sich aus der Sicht des verständigen Versicherungsnehmers (BGHZ 123, 83, 85) aus der Wortwahl und dem Sinnzusammenhang der Klausel.

Der gegen die Klägerin gerichtete Beseitigungsanspruch beruht auf einer gesetzlichen Haftpflichtbestimmung im vorgenannten Sinne. Denn § 1004 BGB knüpft an die Eigentumsbeeinträchtigung, die hier mit einem Sachschaden einhergegangen ist, unabhängig vom Willen der beteiligten Parteien für den Störer die Rechtsfolge, die Beeinträchtigung des Eigentums des Dritten zu beseitigen.

b) Die dagegen von der Revision erhobenen Einwände verfangen nicht. Nach ihrer Auffassung knüpfe § 1004 BGB zwar eine vom Willen der Beteiligten unabhängige Rechtsfolge an die Eigentumsbeeinträchtigung insoweit, als die Pflicht zur Beseitigung begründet werde. Wie diese erfolge, könne aber der Störer entscheiden, der die Wahl zwischen mehreren bestehenden Möglichkeiten habe. Eine sich aus der Sicht des Berechtigten als Substanzverletzung seines Eigentums darstellende Beseitigungsmaßnahme sei nicht vom Willen der Beteiligten unabhängig, da sich der Störer dazu entschließen und der Berechtigte damit einverstanden sein müsse. Überdies hätte es der Versicherungsnehmer in der Hand, durch Untätigkeit Selbsthilfemaßnahmen des Gestörten herbeizuführen, für die er dann nach §§ 812 ff. BGB Kostenersatz schulde. Der Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB könne unter diesen Gesichtspunkten nicht unter § 1 Nr. 1 der Bedingungen des Beklagten fallen.

Mit diesen Erwägungen übersieht die Revision aber, daß es für die Einordnung als Haftpflichtbestimmung im Sinne des § 1 Nr. 1 der Bedingungen entscheidend darauf ankommt, daß die Rechtsfolge der Beseitigungspflicht unabhängig vom Willen der Beteiligten eintritt; sie knüpft allein an die Verwirklichung der Eigentumsbeeinträchtigung an. Ob dem Störer bei der Art der Beseitigungsmaßnahme eine Wahlmöglichkeit zukommt oder ob die Beseitigungsmaßnahme das Einverständnis des Berechtigten verlangt, ändert nichts am Eintritt dieser Rechtsfolge und ist damit für die Einordnung als gesetzliche Haftpflichtbestimmung nicht maßgeblich (vgl. auch BGH, Urteil vom 20. November 1970 aaO). Das gilt gleichermaßen für die von der Revision aufgezeigte Möglichkeit, daß sich der Beseitigungsanspruch bei Untätigkeit des Pflichtigen in einen Zahlungsanspruch umwandeln kann; letzteres ist  wie § 250 BGB zeigt  auch bei Haftpflichtansprüchen der Fall, die auf Schadensersatz gerichtet sind.

4. a) Ob der Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB als Anspruch auf Schadensersatz im Sinne des § 1 Nr. 1 der Bedingungen anzusehen ist, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt: Einerseits wird die Auffassung vertreten, Ansprüche aus § 1004 BGB seien ausnahmslos, auch soweit sie auf Beseitigung der Eigentumsstörung zielten, vom Versicherungsschutz ausgenommen, weil sie keinen Schadensersatz zum Inhalt hätten (Voit in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 1 AHB Rdn. 7; Wussow, AHB 8. Aufl. § 1 Anm. 77; Schmalzl, VersR 1956, 270). Andere weisen auf die Schwierigkeit der Abgrenzung der Störungsbeseitigung vom Schadensersatz hin und nehmen Deckungsschutz an, wenn der Beseitigungsanspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustandes im Sinne eines Schadensersatzanspruchs gehe (Bruck/Möller/Johannsen, VVG 8. Aufl. Bd. IV Anm. G 61) oder wenn die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gegeben wären (BerlKomm/Baumann, VVG § 149 Rdn. 72).

b) Entscheidende Bedeutung für die Beurteilung dieser Frage kommt  wie das Berufungsgericht richtig sieht  der Auslegung der in Rede stehenden Klausel zu.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt esauf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit  auch  auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85). Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist anzunehmen, daß auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (BGH, Urteile vom 18. März 1992  IV ZR 87/91  VersR 1992, 606 unter 2; vom 5. Juli 1995  IV ZR 133/94  VersR 1995, 951 unter 2 b). Das Berufungsgericht hat diese Maßstäbe zutreffend berücksichtigt.

bb) Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Klausel. Danach setzt Versicherungsschutz unter anderem voraus, daß der Versicherungsnehmer von einem Dritten“ auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird“. Der Ausdruck Schadensersatz ist zunächst ein Begriff der Rechtssprache. Er findet – wie im vorliegenden Fall – Verwendung zur Kennzeichnung einer Rechtsfolge, die in einer anspruchsbegründenden Norm angeordnet wird; in den §§ 249 ff. BGB werden Art, Inhalt und Umfang der Pflicht zur Leistung von Schadensersatz näher ausgefüllt. Gleichwohl ergibt sich aus diesem Zusammenhang noch keine abschließende – gewissermaßen allgemeingültige – Bestimmung dessen, was den Ersatz eines Schadens ausmacht, worin sich die Leistung des Pflichtigen konkretisiert. Das Berufungsgericht betont vielmehr zu Recht, daß die Regelungen der §§ 249 ff. BGB nicht nur durch weitere Vorschriften ergänzt werden, sie vielmehr der wertenden Ausfüllung durch die Rechtsprechung bedürfen und diese auch erfahren haben – wie etwa die Rechtsprechung zur Nutzungsausfallentschädigung oder zum Vorteilsausgleich zeigt. Gibt es aber schon in der Rechtssprache keinen umfassenden, in seinen Konturen eindeutig festgelegten Schadensersatzbegriff, führt der Rückgriff auf die Rechtssprache allein nicht zur Klärung, was in den Bedingungen des Beklagten unter dem dort verwendeten Ausdruck Schadensersatz zu verstehen ist. Das gilt umso mehr, als der Ausdruck Schadensersatz auch Bestandteil der Umgangssprache ist. Hier umschreibt er allgemein den Ausgleich eines zuvor erlittenen Nachteils. Der Ausdruck Schadensersatz führt den Versicherungsnehmer demgemäß auch nicht eindeutig in den Bereich der Rechtssprache. Vor diesem Hintergrund muß die Bedeutung und Reichweite des Begriffs Schadensersatz aus der Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers und unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs der Klausel erschlossen werden.

cc) § 1 Nr. 1 der Bedingungen des Beklagten knüpft die Gewährung von Versicherungsschutz zunächst an den Eintritt eines Ereignisses, das einen Personen-, Sach- oder Vermögensschaden zur Folge hat. Versicherungsschutz setzt weiter voraus, daß der Versicherungsnehmer für diese Folge  also etwa den Sachschaden  aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Den vom Dritten beanspruchten Schadensersatz wird der Versicherungsnehmer deshalb auf den zuvor eingetretenen Schaden  etwa die Sachbeschädigung  beziehen. Versicherungsschutz wird er deshalb erwarten, wenn die genannten Haftpflichtbestimmungen ihn verpflichten, diesen zu ersetzen. Ersatz des Schadens bedeutet aus der Sicht des Versicherungsnehmers aber wegen dieses Zusammenhangs  wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt  den Ausgleich der durch das Schadensereignis ausgelösten Beeinträchtigung  also bei der Beschädigung einer Sache in erster Linie die Wiederherstellung des Zustandes, wie er vor dem Schadensereignis bestanden hat. Dient der dem Dritten von der Haftpflichtbestimmung gewährte Anspruch jedenfalls diesem Ziel, wird der Versicherungsnehmer diesen Anspruch als auf Schadensersatz gerichtet ansehen, gleichviel welche rechtliche Umschreibung diese Rechtsfolge in der Anspruchsnorm erfahren hat. Denn die Reichweite des versprochenen Versicherungsschutzes darf und muß der Versicherungsnehmer der hier in Rede stehenden Klausel seines Haftpflichtversicherungsvertrages entnehmen, nicht aber dem Wortlaut der Anspruchsnorm, aus der der Dritte seinen Anspruch herleitet. Der Versicherungsnehmer kann deshalb nach § 1 Nr. 1 der Bedingungen des Beklagten Versicherungsschutz jedenfalls dann erwarten, wenn der aus einer gesetzlichen Haftpflichtbestimmung gegen ihn hergeleitete Anspruch auf Ausgleich des eingetretenen Schadens im Wege der Wiederherstellung des Zustandes vor dem Schadensereignis gerichtet ist (vgl. zur Erstreckung des Versicherungsschutzes auf den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 BGB: BGH, Urteil vom 11. Juni 1999 – V ZR 377/98 – VersR 1999, 1159).

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Demgemäß verfängt es nicht, wenn die Revision darauf abhebt, daß der Versicherungsnehmer mit § 1 Nr. 1 der Bedingungen vor Schadensersatzansprüchen geschützt werden solle und demgemäß Versicherungsschutz nicht gegeben sei, wenn der Dritte ausdrücklich Beseitigung einer Störung verlange. Denn jedenfalls dann, wenn und soweit die Beseitigung der Störung die Wiederherstellung des Zustandes vor dem die Sachbeschädigung auslösenden Ereignis verlangt, liegt ein Anspruch auf Schadensersatz im Sinne der hier in Rede stehenden Klausel vor. Die Auffassung der Revision hätte zur Folge, daß dem Versicherungsnehmer, der schuldhaft fremdes Eigentum beschädigt, wegen des auf Wiederherstellung gerichteten Anspruchs des Dritten aus § 823 BGB Versicherungsschutz zukommt, während der schuldlos handelnde Versicherungsnehmer, der auf Beseitigung in Anspruch genommen wird, in diesem Rahmen aber letztlich Wiederherstellung schuldet, ohne Versicherungsschutz bleiben müßte. Eine solche Differenzierung verdeutlicht § 1 Nr. 1 der Bedingungen dem Versicherungsnehmer nicht; sie liegt für ihn fern.

5. a) Daß der hier gegen die Klägerin gerichtete, auf § 1004 BGB gestützte Anspruch auf Wiederherstellung des vor dem schädigenden Ereignis bestehenden Zustandes, also letztlich auf Naturalrestitution im Sinne des § 249 BGB gerichtet ist, hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt. Der Anspruch auf Beseitigung hat zumindest ein Stück weit dieselbe wiederherstellende Wirkung wie ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch (BGH, Urteil vom 1. Dezember 1995  V ZR 9/94  NJW 1996, 845 unter I 2). So umfaßt die Beseitigung nach gefestigter Rechtsprechung in Fällen der Eigentumsbeeinträchtigung von Abwasserleitungen durch Baumwurzeln nicht allein die Beseitigung der Baumwurzeln, sondern auch die Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung, die zwangsläufig durch das Beseitigen des Wurzelwerks eintritt; als Beseitigung kann deshalb auch  wie hier  die Reparatur und Neuverlegung der durch Wurzelwerk beschädigten Abwasserleitungen geschuldet sein (BGHZ 97, 231, 236; 135, 235, 238). Insoweit deckt sich also der Beseitigungsanspruch mit einem verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch, der gleichermaßen auf Naturalrestitution zielt.

b) Daß die mit der Klage geltend gemachten Kosten für die Beseitigung der Störung notwendig waren, hat das Berufungsgericht festgestellt; die Revision nimmt das hin.

III. 1. Die Revision meint schließlich, auch wenn man der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts folge, habe es der Beklagten zu Unrecht einen Abzug wegen eines Mitverursachungsanteils der Eigentümerin der Wasserleitung verweigert. Denn der Miteigentümerin sei nach der Entscheidung im Haftpflichtprozeß ein Verursachungsanteil von einem Drittel anzulasten. Die Klägerin sei daher nur zu dem sich daraus für sie ergebenden Anteil verpflichtet, die Kosten der Beseitigung zu tragen; weiter reiche auch ihr Deckungsanspruch gegen den Beklagten nicht.

2. Auch mit dieser Rüge hat die Revision keinen Erfolg.

Das im Haftpflichtprozeß ergangene Urteil hat einen Verursachungsbeitrag der Eigentümerin der Abwasserleitung nur insoweit festgestellt, als Wurzeln in den etwa 15 Meter langen Kanal im Bereich zwischen 5,88 Meter ab dem Kontrollschacht bis zum Ende eingewachsen waren. Die von der Eigentümerin mit der Klage geltend gemachte Erstattung der für die Reinigung dieses Bereichs angefallenen Kosten hat es um den genannten Mitverursachungsanteil gekürzt. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten aber nicht Deckung für diese Kosten, sondern für die von ihr selbst veranlaßten Maßnahmen der Störungsbeseitigung. Für den Beseitigungsanspruch ist in dem im Haftpflichtprozeß ergangenen Urteil eine Einschränkung der Verpflichtung der Klägerin wegen eines Mitverursachungsanteils der Eigentümerin aber gerade nicht erfolgt. Dort ist lediglich ausgeführt, daß ein finanzieller Ausgleich dann zu erfolgen habe, wenn die Beseitigungsmaßnahmen der Klägerin mit solchen Maßnahmen identisch seien, die die Eigentümerin zur Abdichtung der Muffen vorzunehmen habe. Daß die Voraussetzung eines solchen Ausgleichs in bezug auf die von der Klägerin abgerechneten Beseitigungsmaßnahmen gegeben waren und daß ein solcher Ausgleich erfolgt ist, hat der Beklagte aber in den Tatsacheninstanzen nicht einmal dargetan.

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