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Abbruchunternehmerhaftung bei Beschädigung eines Nachbargebäudes

LG Hannover – Az.: 23 O 74/12 – Urteil vom 25.06.2014

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner, an die Klägerin 23.709,60 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.239,60 € seit dem 16. Dezember 2011 sowie aus weiteren 15.470 € seit dem 8. April 2012 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2, deren persönlich haftende Gesellschafterin, als Gesamtschuldner (im Folgenden nur Beklagte), auf Zahlung restlichen Werklohns aus einem am 30. Mai 2011 zustande gekommenen Werkvertrag über die Ausführung von Abbruch-, Sanierungs- und Entsorgungsarbeiten sowie aus einem Zusatzauftrag bezüglich Baggerarbeiten, auf dem Gelände Alfelder Straße in 31084 G., auf dem ein NP-Markt entstehen sollte,  in Anspruch.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Schreiben vom 30. Mai 2011, auf der Grundlage des Verhandlungsprotokolls vom 23. März 2011, mit der Ausführung von Abbruch-, Sanierungs- und Entsorgungsarbeiten auf dem vorgenannten Gelände der …(im Folgenden Bauherrin) zu einem Pauschalfestpreis von 146.000,00 € (Anlagenkonvolut K 1, Anlagenband Klägerin). Inhalt des Vertrages war u. a. ein „Lageplan mit Datum 19. Februar 2004“ (Anlage 1 zum Verhandlungsprotokoll, als Farbkopie mit grüner Markierung der abzubrechenden Gebäude, von den Geschäftsführern der Parteien unterzeichnet, im Anlagenband der Beklagten sowie Anlagenkonvolut K 1). Bei den Vertragsverhandlungen lag lediglich der vorbezeichnete Lageplan vor und nicht der im Verhandlungsprotokoll erwähnte weitere Lageplan L 1-7/09 M 1:500 vom 21. Januar 2009 (vgl. Bl. 69 d. A.).

Im Rahmen der Abrissarbeiten wurde die Giebelwand des Nachbargebäudes (Flurstück 26/78) wie aus den zur Akte gereichten Lichtbildern ersichtlich (vgl. Anlage B 1 sowie Lichtbildaufnahmen mit Datum 29. August 2011, Anlagenband Beklagte) beschädigt. Die Flurstücke 26/78 und 26/125 [nunmehr Flurstück 26/127] (auf denen sich das abzureißende Gebäude befand) bildeten ursprünglich ein einheitliches, mit einer Fabrik (Glashütte) bebautes Grundstück. Mit einem auf den 23. März 2011 datierten Schreiben, das bei der Beklagten am 6. Juli 2011 einging, meldete die Klägerin nach Teilabriss der Giebelwand gegen die Standsicherheit der verbliebenen Wand Bedenken an (Anlagenband Beklagte). Die Beschädigung der Giebelwand wurde zwischenzeitlich beseitigt (vgl. Anlage 1 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2013 (Bl. 65 d. A.).

Nach Durchführung der Arbeiten rechnete die Klägerin mit Schlussrechnung vom 2. Dezember 2011 (Anlage 2, Anlagenband Klägerin) ab, woraus sich unter Berücksichtigung von Abschlagzahlungen in Höhe von 45.000,00 €, 46.040,40 € und 39.420,00 € sowie des mit 5 % vereinbarten Sicherheitseinbehalts in Höhe von 7.300,00 €, eine Restforderung in Höhe von 8.239,60 € ergibt, die die Klägerin mit der Klage verlangt. Nach Prüfung der Schlussrechnung (Anlage K 3, Anlagenband Klägerin) machte die Beklagte mit Schreiben vom 16. Dezember 2011 (Anlage K 4) mit Blick auf die bei Ausführung der Arbeiten beschädigte Giebelwand, deren Wiederherstellungskosten sie mit 15.000,00 € veranschlagte, ein Zurückbehaltungsrecht geltend.

Für einen Zusatzauftrag bezüglich Baggerarbeiten, dessen Erteilung und Ausführung zwischen den Parteien streitig ist, stellte die Klägerin der Beklagten am 8. März 2012 Werklohn in Höhe von 15.470,00 €  in Rechnung (vgl. Anlage K 5, Anlagenband Klägerin).

Die Klägerin behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten, …, habe die Klägerin (zusätzlich) mit der Durchführung der mit Rechnung Nr. 047/2011 vom 8. März 2012 abgerechneten Baggerarbeiten beauftragt, was sich dem E-Mail-Verkehr der Parteien im Zeitraum 20. Januar bis 16. Februar 2012 (Anlagen K 11 bis K 17, Anlagenband Klägerin) entnehmen lasse. Hierbei sei die Abrechnung nach Stundenlohn vereinbart worden. Die Arbeiten seien nicht Gegenstand des Gewerks „Erdarbeiten“ gewesen, was daraus erhelle, dass die Arbeiten im Übrigen (einschließlich der Erdarbeiten) bereits am 22. Dezember 2011 abgenommen worden seien (Anlage K 10). Die abgerechneten Arbeiten (vgl. wegen der Tätigkeit im Einzelnen die der Rechnung beigefügten Stundenzettel, Anlage K 5) habe der Zeuge … ausgeführt. Diese seien überdies durch eine Webcam (Anlagenkonvolut K 18) sowie ein Satellitenüberwachungsprotokoll für den eingesetzten Bagger (Anlage K 19) dokumentiert.

Sie bestreitet, dass es Inhalt des Abrissauftrages gewesen sei, die Eigentumsverhältnisse in Bezug auf die Gebäudeteile abzuklären. Aufgrund des den Vertragsunterlagen beigefügten Lageplans vom 19. Februar 2004 hätten Ungewissheiten in Bezug auf den Gegenstand des beauftragten Gebäudeabbruchs, die Anlass zu Zweifeln und Hinweisen gegeben hätten, nicht bestanden. Sie treffe deshalb jedenfalls kein Verschulden an einer Beschädigung des Nachbargebäudes. Wie sich den Luftbildern des Grundstücks (Anlagen K 8 und K 9, Anlagenband Klägerin) entnehmen lasse, wobei es sich bei den mit „1“ und „2“ gekennzeichneten Gebäuden um diejenigen gehandelt habe, die abzureißen gewesen seien, während es sich bei dem mit „3“ gekennzeichneten Gebäude um das Nachbargebäude handele, dessen Giebelwand beschädigt worden sei, habe die reale Grundstückssituation dem dem Verhandlungsprotokoll beigefügten Lageplan entsprochen. Die bauliche Situation, wonach das Nachbargebäude die Wand des abzureißenden Gebäudes als Außenwand (mit) nutze, sei für sie nicht erkennbar gewesen. Die Mauern (eine 75 bis 100 cm dicke Ziegelwand sowie eine dahinter befindliche Kalksandsteinmauer) seien nicht kraftschlüssig miteinander verbunden gewesen, weshalb das Mauerwerk der Ziegelwand, ohne eine Verbindung zum Nachbarmauerwerk zu trennen, habe abgetragen werden können. Auch aus diesem Grund habe die Klägerin nicht erkennen können, dass die Außenmauer des abzureißenden Gebäudes zugleich Außenmauer der auf dem Nachbargrundstück befindlichen Mauer sei. Die Erforderlichkeit, die abgerissene Hallenwand wieder herzustellen, habe sich allein daraus ergeben, dass das Nachbargebäude nicht über ein eigenes Außenmauerwerk verfügt habe. Die bauliche Situation sei erst nach Beginn der Abbrucharbeiten zutage getreten, da sich der Grundstücksnachbar darüber beschwert habe, dass eine Wand seines Gebäudes abgerissen werde, woraufhin die Abrissarbeiten gestoppt und mit dem am 6. Juli 2011 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben Bedenken angemeldet worden seien. Die Klägerin sei ausschließlich den Weisungen der Beklagten gefolgt. Bei einer Begehung des Geländes durch den Bauleiter der Klägerin … und die Bauleiterin der Beklagten … habe diese erklärt, dass das gesamte Gebäude, so wie es an das Nachbargebäude angeschlossen sei, abzureißen sei. Nach dem optischen Eindruck habe kein Anhalt dafür bestanden, dass das abzureißende Gebäude teilweise auf dem Nachbargrundstück stehe. Vielmehr hätten zwei unterschiedlich hohe Gebäude aneinander gestanden. Die verschiedenen Farben der sichtbaren Verklinkerung des Nachbargebäudes (weiß) und des abzureißenden Gebäudes (rot) hätten einen zusätzlichen Hinweis darauf gegeben, dass die abzureißende Wand dem abzureißenden Gebäude zuzuordnen sei. Auch aus der baulichen Gestaltung des Nachbargebäudes habe abgeleitet werden können, dass die Wände autark seien. Ein Grenzpunkt sei während der Abrissarbeiten durch einen Container bedeckt und damit nicht sichtbar gewesen. Letztlich habe auch keine Einfriedung der Gebäude bestanden, die über einen – in Abweichung zu der Gebäudesituation – gestalteten Grenzverlauf Aufschluss gegeben hätte.

Vor Begin der Abrissarbeiten an dem Giebel habe es keine weitere Besprechung gegeben und die Klägerin habe insbesondere nicht ungeachtet der erkannten Problematik die Arbeiten fortgesetzt. Erst nachdem der Grundstücksnachbar den Vorwurf erhoben habe, dass die Klägerin die Stützwand seines Gebäudes abreiße, sei die Beklagte zu einem Ortstermin aufgefordert worden.

Aus dem Aspekt der Schlusszahlungserklärung nach § 16 Abs. 3 VOB/B könne die Beklagte keine Ansprüche herleiten. Die VOB sei nicht als Ganzes vereinbart, mit Schreiben der Versicherung der Klägerin vom 6. September 2011 (Anlage K 7, Anlagenband Klägerin) sei Ansprüchen im Zusammenhang mit der Beschädigung der Giebelwand widersprochen und es seien 15.000,00 € lediglich als vorläufiger Abzug in die Schlussrechnungsprüfung aufgenommen worden.

Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen würden dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Die für die Giebelsanierung in Ansatz gebrachten Kosten seien überhöht und berücksichtigten nicht einen Abzug „Neu für Alt“. Ferner werde die Inanspruchnahme der Beklagten durch die Bauherrin bzw. die Eigentümerin des Nachbargrundstücks sowie die Zahlung auf eine solche Forderung und auch eine Abtretung etwaiger Ansprüche der GbR bestritten.

Die Klägerin beantragt, wie erkannt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Erteilung eines Zusatzauftrages für die mit Rechnung Nr. 047/2011 vom 8. März 2012 abgerechneten Baggerarbeiten. Die Arbeiten seien Bestandteil des Auftrags „Erdarbeiten“, deren Ausführung nach dem internen Berechnungsbogen der Beklagten (Anlage B 2, Anlagenband Beklagte) im Umfang von 8 Stunden zzgl. 6 Stunden Baggereinsatz sowie An- und Abfahrt zugestanden werde, weshalb eine Forderung in Höhe von 2.750,00 € (zzgl. MwSt.) an sich berechtigt sei. Ferner werde bestritten, dass die Arbeiten ausgeführt worden seien.

Bezüglich der Schlussrechnung Nr. 142/2011 vom 2. Dezember 2011 sei hinsichtlich der zweiten Abschlagzahlung zu Unrecht der Skontobetrag in Höhe von       939,60 € nicht berücksichtigt worden, da die Zahlung innerhalb der Skontofrist (10 Tage) erfolgt sei.

Die Beklagte rechnet gegenüber der Klageforderung mit Ansprüchen der Eigentümerin des Nachbargrundstücks, der … (im Folgenden nur GbR), im Zusammenhang mit der Sanierung der Giebelwand auf. Die Beklagte behauptet in diesem Zusammenhang, die Arbeiten seien von der … ausgeführt und der Beklagten zu 1 am 19. Januar 2012 mit einem Betrag von 15.558,49 € (netto) in Rechnung gestellt worden (Anlage B 5, Anlagenband Beklagte). Hinzu kämen 15 % Planungskosten, weshalb die Gesamtforderung 17.892,26 € betrage. Ferner seien als Schaden zu ersetzen   1.789,60 € Anwaltskosten, für vorprozessuales Tätigwerden der die Bauherrin in der Auseinandersetzung um die Giebelwand vertretenden … der die GbR vertretenden Rechtsanwälte …(je eine 1,8 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 € zzgl. Auslagenpauschale).

Die Klägerin habe schuldhaft das Eigentum der Grundstücksnachbarin verletzt, indem sie deren auf dem Nachbargrundstück befindliche Giebelwand teilweise abgerissen habe. Das Flurstück 26/78 sei aus einem ursprünglich einheitlichen Grundstück in der Weise herausgetrennt worden, dass ein einheitliches Fabrikgebäude getrennt worden sei, mit der Folge, dass sich die zum Teil abgerissene Giebelwand auf dem Nachbargrundstück befinde. Aus dem dem Verhandlungsprotokoll beigefügten Lageplan, deren Eintragungen mit der Klägerin vor Ort geklärt worden seien, habe die Klägerin gewusst, was abzureißen sei.  Die Grundstücksgrenze zwischen den unmittelbar aneinander anschließenden Gebäuden sei aufgrund der unterschiedlichen Dachhöhen und -aufbauten ohne weiteres zu erkennen gewesen. Zudem sei die Klägerin verpflichtet gewesen, vor Beginn des Abrisses die statischen Fragen zu klären. Ferner habe die Klägerin, sofern ihr der Grenzverlauf zweifelhaft erschienen sei, eine Grenzanweisung bei einem Vermesser in Auftrag geben müssen. Schließlich sei die Klägerin vertraglich verpflichtet gewesen, das Gebäude nur bis zur Grundstücksgrenze des Flurstücks 26/125 [bzw. 26/127] abzureißen, weshalb sie sich über den Grenzverlauf habe kundig machen müssen. Dass die Klägerin selbst Klärungsbedarf gesehen habe, ergebe sich daraus, dass sie für den 5. Juli 2011 mit der Beklagten einen Ortstermin vereinbart habe.

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Die Klägerin habe ihre Verpflichtung zum Schadensersatz auch – mit Blick auf die hinter ihr stehende Haftpflichtversicherung – anerkannt. Der Geschäftsführer der Klägerin habe eingeräumt, dass er einen Fehler gemacht habe und die Beklagte gebeten, die Mauer wieder herzustellen. Ferner müsse sich die Klägerin mit Blick auf ihr Verschulden entlasten, da nach Ziff. 1.4 der in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (vgl. Anlagenkonvolut K 1, Anlagenband Klägerin) für den Fall der Zerstörung oder Beschädigung eines Gegenstandes durch den Auftragnehmer vermutet werde, „dass er schuldhaft die Ursache für […] Schäden gesetzt hat.“ Die Klägerin habe zudem nach Ziff. 1.4 die Verpflichtung getroffen, die Unterlage vor Angebotsabgabe verantwortlich zu prüfen.

Ansprüche der GbR seien an die Beklagte abgetreten, wie sich dem Schreiben ihres Bevollmächtigten, Rechtsanwalt … vom 17. Mai 2013 entnehmen lasse (Anlagenband Beklagte). Ferner legt sie die Ablichtung einer Abtretungserklärung des Herrn … als Vertreter der GbR vom 2. April 2014 vor (Bl. 372 d. A.).

Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss vom 28. August 2013 (Bl. 226 d. A.) sowie vom 6. November 2013 (Bl. 278 ff. d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen … sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. August 2013 (Bl. 225 bis 232 d. A.) sowie das schriftliche Gutachten des Landesamtes für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen vom 20. Dezember 2013 (lose in der hinteren Aktentasche).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Abbruchunternehmerhaftung bei Beschädigung eines Nachbargebäudes
Symbolfoto: Von bogdanhoda /Shutterstock.com

Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten gemäß § 631 Abs. 1 BGB i. V. m. § 16 VOB/B der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von (Rest-)Werklohn aus dem am 30. Mai 2011 geschlossenen Werkvertrag über Abbruch-, Sanierungs- und Entsorgungsarbeiten sowie aus dem im Januar 2012 geschlossenen Vertrag über zusätzlich auszuführende Baggerarbeiten in Höhe von 23.709,60 € zu. Demgegenüber führt die Aufrechnung der Beklagten mit Gegenforderungen aus abgetretenem Recht der GbR in Höhe von 19.681,86 € nicht nach §§ 387, 389 BGB zum Erlöschen des Anspruchs, da der GbR gegenüber der Klägerin Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB, der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, aufgrund fehlenden Verschuldens nicht zustehen, weshalb die Abtretung der GbR mit Erklärung vom 2. April 2014 (Bl. 372) – ungeachtet der fehlenden Annahmeerklärung der Beklagten zu 1 – ins leere geht.

1. Klageforderung

a) Der Klägerin steht nach Maßgabe ihrer Schlussrechnung vom 2. Dezember 2011 (Anlage K 2) aus dem am 30. Mai 2011 geschlossenen Werkvertrag ein Anspruch auf Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 8.239,60 € zu. Ausgehend von dem vereinbarten Pauschalfestpreis in Höhe von 146.000,00 € beläuft sich die Restforderung, nachdem die Beklagte Zahlungen in Höhe von 45.000,00 €, 46.040,40 € und 39.420,00 € geleistet hat, unter Berücksichtigung des mit 5 % vereinbarten Sicherheitseinbehalts in Höhe von 7.300,00 €, auf 8.239,60 €. Der Einwand der Beklagten, dass die zweite Abschlagzahlung innerhalb der mit 10 Tagen vereinbarten Skontofrist erfolgt und deshalb ein Skonto von 939,60 € in Abzug zu bringen sei, greift nicht durch. Denn die für eine Zahlung innerhalb der Skontofrist darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat – nachdem die Klägerin eine fristgerechte Zahlung in Abrede genommen hat – weder dargetan, wann Zahlung erfolgt sein soll, noch hat sie ihre tatsächlich Behauptung (Zahlung innerhalb der Skontofrist), unter Beweis gestellt oder durch Überweisungsträger/Kontoauszüge belegt. Die Beklagte bleibt deshalb für ihre Behauptung beweisfällig.

Mit ihrer restlichen Werklohnforderung ist die Klägerin auch nicht deshalb nach § 16 Abs. 3 VOB/B ausgeschlossen, weil sie nicht explizit einen Vorbehalt erklärt hat, nachdem die Beklagte nach Prüfung der Schlussrechnung vom 2. Dezember 2011 am 15. Dezember 2011 unter Berücksichtigung eines vorläufigen Einbehalts für die Wiederherstellung der Giebelwand des Nachbargebäudes in Höhe von 15.000,00 € eine Schlusszahlung verweigert hat (vgl. Anlagen K 2 und K 3). Denn von dem grundsätzlich streng zu handhabenden Erfordernis eines Vorbehalts ist dann nach Treu und Glauben eine Ausnahme geboten, wenn kurz vor Erhalt der Schlusszahlung eine klare Äußerung des Auftragnehmers dahin erfolgt ist, dass er einen bestimmten Betrag mehr fordere (Locher in Ingenstau/Korbion, VOB/B, 18. Aufl., § 16 Abs. 3, Rn. 123). Vorliegend hat die hinter der Klägerin stehende Haftpflichtversicherung mit Schreiben vom 6. September 2011 gegenüber der Beklagten abgelehnt, für den Schaden an der Giebelwand einzutreten (vgl. Anlage K 7), woraus für die Beklagte erhellte, dass die Klägerin den im Zusammenhang mit der Prüfung der Schlussrechnung für die Beseitigung des Schadens an der Giebelwand einbehaltenen Betrag in Höhe von 15.000,00 € nicht akzeptieren würde.

b) Der Klägerin steht ferner gemäß § 631 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Werklohn in Höhe des mit Rechnung 047/2012 vom 8. März 2012 abgerechneten Betrages von 15.470,00 € für Baggerarbeiten zu.

aa) Dass zwischen den Parteien ein Vertrag zustande gekommen ist, wonach die Klägerin verpflichtet war, zusätzlich zu dem unter Ziff. II. 1. a) abgehandelten Auftrag, Baggerarbeiten auf dem Grundstück Alfelder Straße 20 in G. (Bauvorhaben NP-Markt) auszuführen, hat die Beklagte bereits nicht ausreichend bestritten. Vielmehr trägt sie selbst vor, dass seitens der Klägerin aufgrund einer getroffenen Vereinbarung zusätzlich 8 Stunden zzgl. 6 Stunden Baggereinsatz sowie An- und Abfahrt erbracht worden seien. Diese Arbeiten seien nach ihrem internen Berechnungsbogen (Anlage B 2) mit 2.750,00 € zu vergüten. Ferner ergibt sich aus dem E-Mailverkehr des Geschäftsführers der Klägerin mit den Geschäftsführern der Beklagten (Anlagen K 11 bis K 17), dass eine Beauftragung der Grundstücksarbeiten gegen gesonderte Vergütung erfolgt ist. In der E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten … vom 27. Januar 2012 heißt es etwa: „dass der Bagger möglichst noch nicht entfernt wird“, „gibt es noch Restarbeiten“ und „dieses wird selbstverständlich gesondert vergütet“ (Anlage K 14). Ferner heißt es in der E-Mail vom 8. Februar 2012: „Arbeitseinsatz […] der selbstverständlich vergütet wird“ (Anlage K 15). Unabhängig davon, dass die Beklagte die seitens der Klägerin am 15. Februar 2012 übersandte Auftragsbestätigung (Anlage K 16) nicht ihrerseits bestätigt hat, hat sie die Klägerin mit E-Mail vom 16. Februar 2012 zur Ausführung der Arbeiten aufgefordert (Anlage K 17). Vor diesem Hintergrund bestehen keine ernsthaften Zweifel daran, dass die Parteien in Bezug auf die Erdarbeiten einen Vertrag zu den in der Auftragsbestätigung der Klägerin genannten Konditionen geschlossen haben. Letztlich geht die Beklagte in ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 5. Juni 2014 selbst davon aus, dass lediglich der Umfang der Baggerarbeiten streitig sei.

bb) Die Ausführung der abgerechneten Arbeiten, für die eine Vergütung pro Arbeitstag vereinbart war, nach Maßgabe der Rechnung (Anlage K 5), mithin den Einsatz des Baggers inklusive Maschinist an 8 Arbeitstagen, hat die Klägerin nach dem Ergebnis der vor der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme bewiesen. Der Zeuge … hat angegeben, dass er seine Arbeiten an einem Donnerstag begonnen und am Ende der darauf folgenden Woche (gemeint: Freitag), beendet habe, woraus erhellt, dass er wie in der Rechnung angegeben insgesamt 8 Tage auf der Baustelle Erdbauarbeiten ausgeführt hat. Ferner hat der Zeuge anlässlich seiner Vernehmung im Einzelnen widerspruchsfrei erläutert, welche Arbeiten er in dieser Zeit durchgeführt hat. Er hat darüber hinaus – auf Vorhalt der Anlage K 5 – bestätigt, die der Rechnung beigefügten Stundenzettel ausgefüllt zu haben, um seine Arbeiten für die Klägerin zu dokumentieren. Aus diesen geht ebenfalls hervor, dass der Zeuge… an 8 Tagen Erdbauarbeiten auf der Baustelle ausgeführt hat. Auf den Inhalt der von den bewegten Erdmassen gefertigten Lichtbilder (Anlagenkonvolut K 18) sowie des GPS-Protokolls für den Bagger (Anlage K 19) kann ergänzend zurückgegriffen werden, die die Angaben des Zeugen …bestätigen. Dass die Klägerin berechtigt war, zusätzlich zu den reinen Erdarbeiten auch die Kosten des An- und Abtransports geltend zu machen, was sich ohnedies von selbst versteht, nimmt die Beklagte nicht in Abrede, wie sich ihrer internen Kalkulation (Anlage B 2) entnehmen lässt.

2. Aufrechnung

Der Anspruch der Klägerin auf Werklohn ist nicht durch Aufrechnung nach §§ 387,  389 BGB erloschen, da der Beklagten aus abgetretenem Recht der GbR kein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB gegenüber der Klägerin zusteht.

a) Vertragliche Ansprüche aus eigenem Recht nach § 280 Abs. 1 BGB macht die Beklagte nicht geltend. Solche bestünden in Ermangelung eines Schadens auch nicht, da die Arbeiten zur Wiederherstellung des Giebels am Nachbargebäude nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten von einer Dritten, nämlich der … ausgeführt wurden. Die Arbeiten seien der Beklagten zu 1 am 19. Januar 2012 in Rechnung gestellt worden (Anlage B 5). Dass die Beklagte die sich auf einen Betrag in Höhe von 15.558,49 € belaufende Rechnung, einschließlich der geltend gemachten Planungskosten, in Höhe eines Gesamtbetrages von 17.789,60 € ausgeglichen hat, behaupten die Beklagten selbst nicht. Insoweit fehlt es bereits an einem Schaden. Ferner ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 1 gegenüber der … zur Zahlung verpflichtet war. Soweit sich dem Vorbringen der Beklagten entnehmen lässt, dass die GbR als Grundstückseigentümerin die Forderung der … ausgeglichen hat, fehlt erst recht ein Schaden der Beklagten.

b) Auch aus abgetretenem Recht der GbR steht der Beklagten gegenüber der Klägerin kein Anspruch zu, da die GbR von der Klägerin keinen Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB verlangen kann.

aa) Ein Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB setzt eine schuldhafte Rechtsgutverletzung voraus, wobei vorliegend nur eine Verletzung des Eigentums der GbR in Betracht kommt. Den objektiven Tatbestand der Rechtsgutverletzung, das Verschulden, den Schaden sowie die Ursächlichkeit hat grundsätzlich der Verletzte zu beweisen, wohingegen der Beweis des Ausschlusses der Widerrechtlichkeit grundsätzlich dem Schädiger obliegt (Palandt-Sprau, BGB, 73. Aufl., § 823, Rn. 80, BGH, Urteil vom 19. Oktober 2004 – X ZR 142/03, juris Leitsatz). An dieser Beweislastverteilung ändert die Abtretung der Forderung nichts.

Die Beweislastverteilung wurde auch nicht durch die Einbeziehung der Allgemeinen Ausschreibungs- und Vertragsbedingungen der Beklagten (AGB) in den am 30. Mai 2011 geschlossenen Werkvertrag über Abbruch-, Sanierungs- und Entsorgungsarbeiten geändert. Zwar heißt es in Ziff. 1.4 Abs. 3 der AGB, dass für den Fall, dass der Auftragnehmer einen Gegenstand zerstöre oder beschädige, vermutet werde, dass er schuldhaft die Ursache für vom Generalunternehmer geltend gemachte Schäden gesetzt habe und es dem Auftragnehmer obliege, sich zu entlasten. Indessen geht es vorliegend nicht um Schäden, die der Beklagten als Generalunternehmerin entstanden sind. Sie macht vielmehr aus abgetretenem Recht der GbR Schadensersatzansprüche einer Dritten geltend. Im Verhältnis zwischen der ursprünglichen Forderungsinhaberin und der Klägerin finden die AGB der Beklagten indessen keine Anwendung. Selbst wenn man dies anders sähe, führte dies nicht zur Umkehr der Beweislast in Bezug auf das Verschulden. Denn die von der Beklagten verwendete Klausel ist gemäß § 309 Nr. 12 a BGB unwirksam. Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragspartners ändert, indem er diesem die Beweislast für Umstände auferlegt, die in der Verantwortlichkeit des Verwenders liegen, da sie den Gegner des Klauselverwenders unangemessen benachteiligen (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2005 – VIII ZR 16/05, juris Rn. 21). Geschützt wird die Beweislastverteilung danach in dem vom Gesetz und der Rechtsprechung anerkannten Umfang (Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 309, Rn. 106). Gemäß § 309 Nr. 12 BGB ist eine Bestimmung unwirksam, wenn der Verwender dadurch die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert. Die Vorschrift setzt mithin eine Abweichung von der sonst geltenden Rechtslage voraus (BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 – VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11, hier zitiert nach juris Rn. 14). Die Regelung gilt auch im kaufmännischen Verkehr. Denn Beweislastregeln sind in besonderem Maße Ausprägungen des Gerechtigkeitsgebots, das auch im Verkehr zwischen Unternehmen Geltung beansprucht (Palandt-Grüneberg, a. a. O., Rn. 110; BGH, Urteil vom 5. Oktober 2005, a. a. O., Rn. 21 f. und ständig).

bb) Nach Maßgabe dessen steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zwar fest, dass die Klägerin durch die Abrissarbeiten das Eigentum der GbR widerrechtlich verletzt hat. Denn nach dem Inhalt des eingeholten Sachverständigengutachtens, gegen dessen Ergebnis keine der Parteien Einwendungen erhoben hat, steht fest, dass sich die von der Klägerin teilweise abgerissene Giebelwand des Nachbargebäudes vollständig auf dem Nachbargrundstück befand, mithin im Eigentum der GbR steht. Der Teilabriss stellte deshalb eine Eigentumsverletzung dar, zu der die GbR der Klägerin ihre Einwilligung nicht erteilt hat, weshalb sie widerrechtlich war.

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass der Grenzabstand der Giebelwand, deren Stärke er nach den Angaben der Parteien in der dem Gutachten beigefügten Skizze mit 1,0 m bemessen hat, im Bereich des südwestlichen Grenzpunktes, 1,3 m betrage. Im Bereich des südöstlichen Grenzpunktes betrage der Abstand zwischen der Grundstücksgrenze und der Giebelwand dagegen nur 0,2 m. Daraus ergibt sich gleichermaßen, dass das – unstreitig – unmittelbar angrenzende, von der Klägerin abzureißende Gebäude auf der Westseite 1,3 m und auf der Ostseite 0,2 m auf dem Grundstück der GbR stand. Demnach steht fest, dass die Klägerin mit ihren Abrissarbeiten die Grundstücksgrenze überschritten und damit das Eigentum der GbR verletzt hat. Einen Rechtfertigungsgrund für die Eigentumsverletzung hat die Klägerin nicht dargelegt.

cc) Die Klägerin hat den Eingriff in das Eigentum der GbR indessen nicht verschuldet. In Betracht kommt allein Fahrlässigkeit, d. h. das Nichtbeachten der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, § 276 Abs. 2 BGB. Deshalb scheidet auch ein Anspruch der GbR aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 303 StGB von vorneherein aus, da dieser Vorsatz erfordert. Dass die Klägerin den eingetretenen Erfolg vorhergesehen und zumindest billigend in Kauf genommen hat, was für eine vorsätzliche Begehung erforderlich wäre, trägt die Beklagte nicht vor. Dafür bestehen auch keine Anhaltspunkte. Für den Vorwurf der Fahrlässigkeit fehlt indes die erforderliche Vorhersehbarkeit der Gefahr. Ein Schadensrisiko ist nur dann vorhersehbar, wenn die nicht ganz fern liegende Möglichkeit einer Schädigung bestand, was von den Umständen des Einzelfalls abhängt (Palandt-Grüneberg, a. a. O., § 276, Rn. 20, m. w. N. auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Nach den hier relevanten Umständen musste die Klägerin indes nicht mit einer Schädigung der GbR rechnen.

Die Klägerin konnte weder aus dem dem Verhandlungsprotokoll beigefügten Lageplan, der von den Geschäftsführern der Vertragsparteien durch Unterzeichnung in den Vertrag einbezogen wurde, noch aus der realen Grundstückssituation erkennen, dass der von ihr abzureißende Gebäudekomplex teilweise auf dem Nachbargrundstück stand. Vor dem Hintergrund, dass sich die Grenzsituation für die Klägerin als eindeutig darstellte, bestand auch keine Verpflichtung, Nachforschungen zum genauen Grenzverlauf anzustellen. Ihre Verpflichtung wurde zudem nicht durch Ziff. 1.4 Abs. 1 AGB, wonach sich der Auftragnehmer vor Angebotsabgabe über die örtlichen Verhältnisse zu unterrichten habe, erweitert.

(1) Anhand des Lageplans vom 23. März 2001, in dem die Beklagte die abzureißenden Gebäude mit grüner Markierung vorgegeben hat (vgl. Anlagenband Beklagte), konnte die Klägerin davon ausgehen, dass die Grenze an der Gebäudekante des Nachbargebäudes verlief. Denn das Nachbargebäude war rechtwinklig eingezeichnet und mit grüner Markierung, die unmittelbar an dieser Gebäudekante verlief, war verdeutlicht, dass das Grundstück der GbR parallel zur Gebäudekante des darauf stehenden Gebäudes verlief. Tatsächlich traf dies – wie der Sachverständige unangegriffen festgestellt hat – nicht zu. Die Gebäudekante des Nachbargebäudes verläuft nicht parallel sondern schräg zur Grundstücksgrenze, weshalb sich das abzureißende Gebäude an seiner Nordseite zwischen 1,3 und 0,2 m auf dem Nachbargrundstück befand. Diesen Umstand gibt die zum Vertragsgegenstand erhobene Liegenschaftskarte nicht wider. Richtigerweise hätte die grüne Markierung in der Anlage 1 zum Verhandlungsprotokoll schräg zum rechtwinklig eingezeichneten Nachbargebäude aufgebracht werden müssen. Allein daraus wäre der Klägerin als Auftragnehmerin verdeutlicht worden, dass die Gebäudegrenze nicht der Grundstücksgrenze entspricht, sie vielmehr – um das Eigentumsrecht der GbR nicht zu verletzen – an der südlichen Wand der GbR im Westen 1,3 m und im Osten 0,2 m des (an sich) abzureißenden Gebäudes, stehen lassen muss.

(2) Auch die – durch Fotos dokumentierte – Grundstückssituation gab keinen Anhalt für die erst aufgrund des Sachverständigengutachtens offenbar gewordene ungewöhnliche Grundstückssituation. Denn ganz überwiegend üblich ist es, dass in geschlossener Bauweise aneinandergereihte Gebäude jeweils an der Grundstücksgrenze enden, d. h. sich nicht – wie hier z. T. – auf dem Nachbargrundstück befinden. Aus den als Anlagen K 8 und K 9 zur Akte gereichten Luftbildern wird deutlich, dass das u. a. abzureißende Gebäude (Nr. 2) gegenüber dem Nachbargebäude (Nr. 3) höher ist, leicht versetzt steht und ein eigenes Dach hat. Optisch ergab sich daraus der Eindruck zweier voneinander unabhängiger Gebäude. Auch aus den von der Beklagten zur Akte gereichten Lichtbildern vom 29. August 2011, die den Zustand nach dem Abriss zeigen, wird deutlich, dass zuvor der optische Eindruck voneinander abgegrenzter Gebäude bestanden haben muss. Denn an der oberen Gebäudekante im Südosten des Nachbargebäudes ist noch der weiß verklinkerte Bereich sichtbar, in dem das abzureißende Gebäude versetzt zum Nachbargebäude stand, dessen Giebelseite mithin freiließ. Eine zusätzliche Abgrenzung stellte ferner die dort befindliche Metallkante dar, die die Gebäude ebenfalls optisch voneinander absetzte. Zudem waren die jeweiligen Grundstücke nicht eingefriedet, so dass auch insoweit kein Anhalt für den von den Gebäudekanten abweichenden Grenzverlauf bestand. Vor diesem Hintergrund hatte die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür, dass die Eigentumsverhältnisse – anders als üblich – nicht der optisch wahrnehmbaren Gebäudesituation entsprachen.

Gegenteiliges war für die Klägerin auch nicht im Verlauf der Abrissarbeiten zu erkennen. Denn das von ihr abzubrechende Gebäude war aus rotem Ziegelstein errichtet, was sich den von der Beklagten zur Akte gereichten Lichtbildern, die den Zustand am 29. August 2011 zeigen, entnehmen lässt. Darauf lässt sich die noch nicht vollständig entfernte östliche Mauer des abzureißenden Gebäudes erkennen, die ersichtlich aus rotem Klinker errichtet war. Vor diesem Hintergrund war der von der Klägerin gezogene Schluss, dass auch die – ebenfalls aus rotem Klinker bestehende – nördliche Wand des abzureißenden Gebäudes vollständig zu entfernen ist, naheliegend. Untermauert wurde diese Annahme dadurch, dass hinter der roten Ziegelmauer die aus weißen Steinen bestehende Mauer zutage trat, die bereits vor dem Abbruch an der oberen südöstlichen Gebäudekante des Nachbargebäudes sichtbar war. All diese Umstände ließen den Schluss darauf zu, dass es sich um getrennte Gebäude handelte mit eigenständigen zueinander stehenden Außenmauern.

Dies galt jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Grundstücksnachbar die Arbeiten untersagte, da er wegen des Entfernens der Außenwand seines Gebäudes dessen Standsicherheit in Gefahr sah. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach diesem Zeitpunkt noch Abrissarbeiten vorgenommen hat, bestehen nicht. Das am 6. Juli 2011 (offenbar auf den 23. März 2011 vordatierte) bei der Beklagten eingegangene Schreiben ist ersichtlich unmittelbar nach der Beschwerde des Grundstücksnachbarn übersandt worden. Dass entgegen der darin enthaltenen Ankündigung, die Arbeiten einzustellen, verfahren worden wäre, legt die Beklagte nicht mit Substanz dar und stellt ihren Sachvortrag nicht unter Beweis. Inwieweit ein für den 5. Juli 2011 vereinbarter Ortstermin mit dem hier in Rede stehenden Sachverhalt im Zusammenhang stehen soll, ist nicht näher erläutert.

Als weitere Aspekt kommt in Bezug auf die teilweise im südwestlichen Bereich des Nachbargebäudes abgerissene Giebelwand hinzu, dass deren Ende – so das Ergebnis des Sachverständigengutachtens – 0,2 m in das Grundstück der Bauherrin ragt, die Klägerin mithin nach der vertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten verpflichtet war, in diesem Bereich Abrissarbeiten durchzuführen. Dies würde jedenfalls gelten, wenn man die vertragliche Vereinbarung – wie offenbar die Beklagte – dahin verstehen wollte, dass sämtliche auf dem Grundstück der Bauherrin befindlichen Gebäudebestandteile abzureißen seinen.

(3) Eine Verpflichtung, den Grenzverlauf näher aufzuklären, hatte die Klägerin nicht. Eine solche Pflicht ergab sich insbesondere nicht aus Ziff. 1.4 Abs. 1 der AGB der Beklagten. Diese Regelung betraf ersichtlich nur den Aspekt, dass die Klägerin als Auftragnehmerin nicht berechtigt sein sollte, aus nachträglich festgestellten Erschwernissen bei der Auftragsausführung Nachforderungen zu stellen. Um solche geht es vorliegend aber nicht. Eine Auslegung der Klausel dahin, dass damit seitens des Auftragnehmers – unabhängig von Anhaltspunkten für Abweichungen zwischen Gebäudegrenze und Grundstücksgrenze – immer ein Gutachten zum Grenzverlauf eingeholt werden muss, würde ohnehin dazu führen, dass sie nicht Vertragsbestandteil geworden wäre. Denn die Klausel wäre so ungewöhnlich, dass der Auftragnehmer mit ihr nicht zu rechnen brauchte, § 305c Abs. 1 BGB.

Wie bereits dargelegt, bestanden für die Klägerin weder nach den ihr seitens der Beklagten erteilten Informationen, bzw. den überlassenen Unterlagen noch aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes der Gebäude Anhaltspunkte für einen atypischen Verlauf der Grenze und der baulichen Situation, dass das Nachbargebäude ohne eine autarke Außenmauer errichtet wurde. Die Grundstückshistorie, wonach das der GbR gehörende Grundstück aus einem, mit zusammenhängenden Fabrikgebäuden bebauten, Grundstück herausgetrennt wurde, ist der Klägerin von der Beklagten anlässlich ihrer Beauftragung nicht mitgeteilt worden. Deshalb bestand auch keine Veranlassung für die Klägerin, das Nachbargebäude einer statischen Untersuchung zu unterziehen oder eine Grenzanweisung durch einen Vermesser zu beauftragen.

3. Die Klägerin haftet der Beklagten auch nicht aufgrund eines Anerkenntnisses. Ein von den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs unabhängiges zugunsten der Beklagten, bzw. der damaligen Forderungsinhaberin, der GbR, abgegebenes abstraktes Schuldanerkenntnis gem. §§ 780, 781 BGB des Geschäftsführers der Klägerin liegt nicht vor.

a) In einem solchen Fall wird die Verpflichtung von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen losgelöst und allein auf den in dem Versprechen zum Ausdruck kommenden Leistungswillen des Versprechenden abgestellt, so dass der Gläubiger sich zur Begründung seines Anspruchs nur auf das Versprechen zu berufen braucht (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1987 – III ZR 205/86, BGHR BGB § 780 Selbständigkeit 1; Urteil vom 18. Mai 1995 – VII ZR 11/94, NJW-RR 1995, 1391 f. u. st.). Über diese selbständige Natur des Versprechens müssen sich die Vertragspartner einig geworden sein (BGH, Urteil vom 18. Mai 1995, a. a. O.; BGH, Urteil vom 14. Oktober 1998 – XII ZR 66/97, NJW 1999, 574, juris Rn. 15). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vereinbarung anhand der Erklärung zu ermitteln. Eine Vermutung für ein abstraktes Leistungsversprechen besteht dabei nicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 1998, a. a. O.). Auszulegen ist vor allem, ob überhaupt ein Vertrag vorliegt oder nur eine einfache, nicht auf vertragliche Bindungen gerichtete Erklärung des Schuldners (BGH, Urteil vom 18. Mai 1995, a. a. O., juris Rn. 10). Im Übrigen sind für die Auslegung die allgemeinen Grundsätze maßgeblich. Die Auslegung hat also bei dem Wortlaut der Erklärungen zu beginnen, darf sich aber nicht darauf beschränken, sondern muss alle Umstände des Falles berücksichtigen. Dazu gehören vorangegangene Verhandlungen ebenso wie Anlass und Zweck der Erklärungen sowie im Zweifel die Interessenlage beider Seiten (BGH, a. a. O.).

b) Dies zugrunde gelegt, kann bereits nach dem Inhalt der in das Wissen des Geschäftsführers der Klägerin (entsprechend interpretiert die Kammer den „Parteivernehmung Klägerin“ lautenden Beweisantritt der Beklagten) gestellten Behauptung,  dieser habe einen Fehler eingeräumt und die Beklagte gebeten, die Mauer wieder herzustellen, nicht auf einen abstrakten Verpflichtungswillen unabhängig vom Schuldgrund für den Schaden der GbR infolge des Teilabrisses der Mauer einstehen zu wollen, geschlossen werden. In der damaligen Situation, in der weder geklärt war, auf wessen Grundstück sich die Mauer befand, noch abschätzbar war, wer für den eingetretenen Schaden die Verantwortung trägt, kann eine entsprechende Äußerung des Geschäftsführers der Klägerin nur dahin interpretiert werden, dass damit der Kausalzusammenhang zwischen den Abrissarbeiten der Klägerin einerseits und der Beschwerde der Grundstücksnachbarin, ihre Außenwand sei zum Teil entfernt worden andererseits zum Ausdruck gebracht werden sollte. Dass der Geschäftsführer der Klägerin damit sein Verschulden i. S. seiner Verantwortlichkeit für den eingetretenen Schaden einräumen wollte, ist fernliegend. Dies zeigt insbesondere die daraufhin erfolgte Einschaltung der Haftpflichtversicherung der Klägerin, woraus erhellt, dass die Klägerin für den Schaden nur eintreten wollte, wenn sie für diesen verantwortlich ist. Denn bekanntermaßen treten Haftpflichtversicherungen nur für durch den Versicherungsnehmer/den Versicherten schuldhaft herbeigeführte Schäden ein. Es ist im Übrigen wenig wahrscheinlich, dass der Geschäftsführer der Klägerin mit einer solchen Erklärung, die üblicherweise nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Haftpflichtversicherer zu einem Haftungsausschluss führt, bewusst eine Gefährdung seines Versicherungsschutzes in Kauf genommen hat. Dem steht das mögliche Interesse der GbR als Grundstückseigentümerin an einer baldigen Feststellung einer bindenden Haftung der Klägerin nicht entgegen. Denn auch der GbR konnte nicht daran gelegen sein, die Haftpflichtversicherung als solventen Geldgeber zu verlieren.

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte im Kontext des von ihr behaupteten abstrakten Schuldanerkenntnisses der Klägerin, die GbR als Anspruchsinhaberin vertreten hat, die Erklärung mithin gegenüber der Inhaberin eines etwaigen Anspruchs abgegeben wurde. Dass zum damaligen Zeitpunkt überhaupt bekannt war, wer Eigentümerin des Nachbargrundstücks war, lässt sich ebenso wenig erkennen wie der Umstand, ob die Beklagte zu der GbR Kontakt hatte. Schriftverkehr des Beklagtenvertreters mit dem Bevollmächtigten der GbR, Rechtsanwalt … stammt jedenfalls erst aus Mai 2013 (Anlage B 5). Die Abtretungserklärung datiert auf den 2. April 2014 (Bl. 372 d. A.). Explizit einen Auftrag zur Wiederherstellung der Mauer von der Klägerin erhalten zu haben, trägt die Beklagte ebenfalls nicht vor. Auf was genau sich die Parteien „verständigt“ haben sollen, ist nicht dargelegt. Schriftliche Unterlagen hierzu existieren nicht, welche zu erwarten wären, da der Auftrag bezüglich der Abbrucharbeiten ebenfalls schriftlich erteilt wurde. Eine etwaig Äußerung des Geschäftsführers der Klägerin stand jedenfalls im Zusammenhang mit der Frage der Verantwortlichkeit für den Schaden, die ungeklärt war, weshalb von einer rechtsverbindlichen, auf Abschluss eines Werkvertrages gerichteten Erklärung nicht ausgegangen werden kann. Es kommt hinzu, dass nicht die Beklagte selbst die Arbeiten zur Wiederherstellung der Mauer ausgeführt hat sondern die … KG. Außerdem hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 5. Juni 2014 explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei der zur Aufrechnung gestellten Forderung um eine aus abgetretenem Recht handele. Ein Anspruch aus § 631 Abs. 1 2. HS BGB bestünde dagegen aus eigenem Recht der Beklagten.

4. Letztlich ist auch die Höhe des geltend gemachten Anspruchs nicht ausreichend dargelegt. Weshalb 15 % Planungskosten für eine schlichte Reparatur einer Mauerecke angefallen sein sollen, erschließt sich nicht. Dem vom Sachverständigen gefertigten Lichtbild 1 der Mauer ist auch zu entnehmen, dass lediglich die Wiederherstellung des Mauerwerks nebst Verputzung der Wand ausgeführt wurde. Was die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Beklagten sowie die der die GbR vertretenden Anwälte anbelangt, fehlt jedes Vorbringen dazu, dass diese bezahlt worden sind. Weshalb die Kosten der Bauherrin zu ersetzen sein sollen erschließt sich nicht. Schließlich hat sie – vertreten durch die Beklagte – die schadensursächliche Anweisung erteilt, ungeachtet der anders verlaufenden Grundstücksgrenze, entlang der Gebäudekante abzureißen.

5. Der Anspruch der Klägerin auf Verzugszinsen ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, § 288 Abs. 2 BGB.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 ZPO.

 

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