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Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Abfindungsvergleich mit Versicherung

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Az.: 2 Sa 155/06

Urteil vom 18.07.2006

Vorinstanz: ArbG Elmshorn, Az.: 5 Ca 1791 d/05


In dem Rechtsstreit hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 18.07.2006 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 23.03.2006 – 5 Ca 1791 d/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Im Übrigen wird auf § 72a ArbGG verwiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, ob der Kläger gegen die Beklagte wegen der Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 01.03.2005 bis 11.04.2005 einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat.

Der Kläger ist am ….1944 geboren. Bei der Beklagten wurde er mit Wirkung vom 10.08.1971 als technischer Entwickler eingestellt. Seine Vergütung betrug zuletzt 5.000,00 EUR brutto monatlich. Das Arbeitsverhältnis ist inzwischen durch fristgerechte Kündigung der Beklagten aus dringenden betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31.12.2005 beendet worden.

Am 30.06.2004 erlitt der Kläger einen unverschuldeten Wegeunfall. Das Fahrzeug des Klägers wurde zerstört. Der Kläger erlitt folgende Verletzungen

– dislozierte Sternumfraktur

– Rippenfraktur rechts

– Rippenfraktur links

– Lungenkontusion

– Prellung rechtes Kniegelenk.

Der Schadenersatzanspruch wurde vom … Versicherungsverein reguliert. Der Kläger war bis zum 03.10.2004 arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 13.09.2004 erfolgte eine Wiedereingliederung für zwei Wochen mit vier Stunden täglich. Nach Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit hatte der Kläger zunächst Erholungsurlaub und nahm seine Arbeit bei der Beklagten ab Januar 2005 wieder auf.

Am 28.10.2004 schloss der Kläger mit dem … Versicherungsverein einen Abfindungsvergleich (Bl. 81 d. A.), demzufolge noch restliche 3.500,00 EUR an ihn gezahlt werden sollten. Insgesamt hat der Kläger rund 42.000,00 EUR erhalten, wobei ein Anteil von etwa 2/3 den Körperschaden betrifft. In der Abfindungsvereinbarung heißt es:

„Hiermit wird erklärt, dass gegen Zahlung des Entschädigungsbetrages … alle Ansprüche, die von mir/uns oder meinen/unseren Rechtnachfolgern aus Anlass des Schadensereignisses vom 30.06.2004 … sowie gegen jeden Dritten geltend gemacht werden können, für jetzt und alle Zukunft endgültig und vollständig abgefunden sind. Diese Erklärung umfasst sowohl bekannte wie unbekannte Ansprüche, ganz gleich, ob sie voraussehbar sind oder nicht, oder aus welchem Gesichtspunkt immer sie sich aus obigem Schadensereignis ergeben.

Ich bin mir/wir sind uns der Bedeutung und der Tragweite dieser Erklärung voll bewusst.“

Nach Wiederaufnahme seiner Arbeit kam es zu Beschwerden in dem bei dem Unfall verletzten Kniegelenk. Der Kläger war in der Zeit vom 01.03. bis 11.04.2005 wegen dieser Beschwerden arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte hat an den Kläger für diesen Zeitraum Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 4.970,78 EUR sowie Sozialversicherungsanteile in Höhe von 1.031,00 EUR gezahlt.

Der Kläger hatte sich im Zusammenhang mit dieser Erkrankung am 02.03.2005 in der Klinik für Unfall und orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Krankenhauses … in … vorgestellt. Nach dem Befundbericht vom 04.03.2005 (Bl. 15 d. A.) bestanden Zweifel, ob die Beschwerden durch den Unfall vom 30.06.2004 ursächlich bedingt seien. Es wurde zunächst eine Athroskopie durchgeführt. Am 09.06.2005 erfolgte im Auftrag der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik eine weitere Untersuchung im …klinikum …, Klinik für Unfallchirurgie. Das Gutachten vom 20.06.2005 (Bl. 33 ff., 103 ff. d. A.) enthält unter anderem folgende Angaben:

„2. War das Ereignis vom 30.06.2004 geeignet, einen Körperschaden zu verursachen ggf. welchen? Bis wann (Datum) lag deswegen Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit vor?

Bei dem Unfall vom 30.06.2004 erlitt der Begutachtete einen verschobenen Brustbeinbruch, Rippenbrüche sowie eine Quetschung der Lunge und eine Prellung des rechten Kniegelenkes. Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 03.10.2004.

3. Welche der unter 1. erhobenen Befunde sind durch den Hergang im medizinischen Sinn verursacht worden?

Sämtliche o. g. Schäden sind durch den Unfall verursacht worden.

4. Für welche der Befunde, für die ein medizinischer Zusammenhang (Frage 3) bejaht wurde, haben konstitutionelle Besonderheiten in der Person des Versicherten ebenfalls mitgewirkt (konkurrierende Ursachen)?

Welche sind das, in welcher Form haben sie mitgewirkt?

Die Prellung des rechten Kniegelenks betraf ein bereits degenerativ vorgeschädigtes Kniegelenk.

5. Die folgenden Fragen sind nur zu beantworten, wenn Frage 4 bejaht wurde:

5.1 Ist es durch das schädigende Ereignis erstmals zu einem manifesten Krankheitsgeschehen gekommen? (Körperschaden im Sinne der Entstehung)

Ein bis zum Unfalltage schmerzfreies Kniegelenk wurde soweit geschädigt, dass nach dem Unfall Schmerzen, Schwellung und Erguss des rechten Kniegelenkes bestanden.

5.2 Ist durch das schädigende Ereignis ein vorbestehendes Leiden verschlimmert worden? Wenn ja, in welchem Umfang?

Nein. Vorbestehend sind keine Kniebeschwerden bekannt. Eine bereits vorgeschädigte Knorpeloberfläche mit arthroskopisch nachgewiesener Chondromalazie (Knorpelerweichung)erlitt durch den Unfall mit Wahrscheinlichkeit jedoch einen umschriebenen Knorpeldefekt (arthroskopisch gesichert mit ca. 2 cm Durchmesser).

5.3. War die Vorschädigung bzw. Krankheitsanlage bereits soweit fortgeschritten bzw. so leicht ansprechbar, dass es zur Auslösung der akuten Erscheinung anlässlich des Ereignisses vom 30.06.2004 keiner besonderen in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkung bedurfte?

Nein. Der beim Unfall erlittene Anprall ans Armaturenbrett bei bebeugtem Kniegelenk war in der Lage, den arthroskopisch beschriebenen Knorpeldefekt zu erzeugen.

Falls ein Zusammenhang zwischen dem Körperschaden und dem Unfall besteht:

6. Welche Unfallfolgen liegen noch vor?

Objektivierbare Unfallfolgen liegen nicht mehr vor, der Unfallverletzte bereichtet über belastungsabhängig auftretende Schmerzen im Kniegelenk.

Somit ist der Knorpelschaden durch operative Maßnahmen als geheilt zu betrachten.

7. Sind weitere Reha-Maßnahmen erforderlich, ggf. welche?

Weitere Reha-Maßnahmen erscheinen zur Zeit nicht erforderlich.

8. Wie lange wird das Heilverfahren ggf. noch andauern?

Das Heilverfahren ist abgeschlossen.

9. Besteht eine MdE in rentenberechtigendem Grad, ggf. in welcher Höhe und ab wann?

Mde auf unfallchirurgischem Fachgebiet nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit:

Vom 04.10.2004 bis zum 31.03.2005 20 %. Anschließend keine Minderung der Erwerbsfähigkeit.

10. Handelt es sich um einen Dauerzustand oder wann ist eine Nachuntersuchung erforderlich?

Der jetzt erhobene Befund ist als Dauerbefund zu werten, somit ist eine Nachuntersuchung nicht erforderlich.

Ergänzende Bemerkung:

Aufgrund der beim Unfall erlittenen Brustbeinfraktur, der Rippenfrakturen und der Lungenquetschung haben wir ein internistisches Zusatzgutachten in Auftrag gegeben. Nach Eingang dieses Gutachtens werden wird zur Gesamt-MdE Stellung nehmen.“

Mit Schreiben vom 08.08.2005 (Bl. 10 d. A.) kündigte die Beklagte an, sie werde die für die Zeit vom 01.03. bis 11.04.2005 geleistete Entgeltfortzahlung zurückfordern, da der Kläger in einem Abfindungsvergleich auf alle Ansprüche verzichtet habe. Der Kläger widersprach dem mit Anwaltsschreiben vom 10.08.2005, wobei er ausführte:

„Diese Abtretungserklärung hat unser Mandant natürlich nicht in Ihrem Namen abgegeben. Ihnen stehen insoweit Entgeltfortzahlungsansprüche aufgrund des Entgeltfortzahlungsgesetzes – also aufgrund eines gesetzlichen Forderungsüberganges – zu. Diese Ansprüche sind natürlich von der entsprechenden Erklärung nicht erfasst. Insoweit wird einer Rückzahlungsforderung ausdrücklich widersprochen. Widersprochen wird auch einer entsprechenden Verrechnung mit den weiteren Gehaltszahlungen…“

Nachdem die Beklagte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BAG vom 07.12.1988 (5 AZR 757/87 – AP Nr. 2 zu § 5 LohnfortzG) ihre Auffassung, der Kläger habe über ihren Anspruch mit verfügt, weiter vertreten hatte, teilte der Kläger mit Schreiben vom 15.08.2005 (Bl. 13 d. A.) mit, er habe dies bei Abschluss des Vergleiches nicht erkennen können.

Die Beklagte hat in den Monaten August bis Dezember 2005 jeweils 1.200,36 EUR brutto, insgesamt 6001,80 EUR, von der Vergütung des Klägers einbehalten. Hiergegen hat sich der Kläger mit der vorstehenden Klage gewendet. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.03.2006, auf das hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt und diese begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt er vor, er habe einen Forderungsübergang nicht verschuldet. Die Verhinderung des Forderungsüberganges setze vorsätzliches Verhalten voraus. Dies liege nicht vor.

Konsequenz der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts sei, dass der Arbeitnehmer vor Unterzeichnung eines Abfindungsvergleichs immer zunächst seinen Arbeitgeber befragen und dessen Zustimmung einholen müsse. Tatsächlich habe der Kläger, bevor er am 28.10.2004 den Abfindungsvergleich mit dem … Versicherungsverein abgeschlossen habe, sich bei allen ihn nach dem Unfall behandelnden Ärzten rückversichert, ob es infolge des Unfalls vom 30.06.2004 noch zu Folgeerkrankungen, die ggf. auch zu einer Arbeitsunfähigkeit führen könnten, kommen könne. Alle ihn nach dem Unfall vom 30.06.2004 behandelnden Ärzte hätten angesichts des Genesungsverlaufs das Eintreten entsprechender unfallbedingter Folgeerkrankungen verneint.

Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass er zunächst seit dem 13.09.2004 einen Arbeitsversuch unternommen habe und seit dem 03.10.2004 seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangt habe. Er habe also alles seinerseits Erforderliche getan, um abzuklären, ob unfallbedingte Folgeerkrankungen drohen könnten. Der Auffassung des Arbeitsgerichts, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfall vom 30.06.2004 und der Erkrankungen im März und April 2005 bestehe, könne ebenfalls nicht gefolgt werden. Zu dieser Frage seien sich widersprechende Arztberichte vorhanden.

Erstmals seien Mitte Januar 2005 entsprechende Schmerzen und eine Schwellneigung im rechten Kniegelenk aufgetreten. Dieser zeitliche Abstand zwischen dem erstmaligen Auftreten der Beschwerden und dem Unfallereignis spreche dafür, dass eine Kausalität nicht gegeben sei.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 23.03.2006 – 5 Ca 1791 d/05 – abzuändern und nach den Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen das angefochtene Urteil und trägt weiter vor, das Vorbringen des Klägers sei widersprüchlich.

Denn er streite gerade mit der Berufsgenossenschaft über eine vorzeitige Erwerbsunfähigkeitsrente.

Dieses Begehren stütze er darauf, der Unfall habe zu Dauerschäden geführt. Aus dem Gutachten vom 20.06.2005, S. 3., ergebe sich, dass der Kläger über seit dem Unfall bestehende und anhaltende Schmerzen im Bereich des rechten Kniegelenks geklagt habe. Weiter werde hieraus deutlich, dass der Knorpelschaden nicht auf eine Vorschädigung oder Krankheitsanlage zurückzuführen sei, sondern auf dem Unfall beruhe. Der Knorpelschaden sei operativ geheilt worden.

Diese operative Maßnahme sei Grund der Arbeitsunfähigkeit ab dem 01.03.2005 gewesen, für die sie, die Beklagte, Entgeltfortzahlung geleistet habe. Von dem Abfindungsvergleich habe sie erst von dem Haftpflichtversicherer erfahren, der Entgeltfortzahlung unter Hinweis auf den Abfindungsvergleich verweigert habe. Für das Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 EfzG sei lediglich schuldhaftes Verhalten erforderlich.

Schuldhaft sei das Verhalten des Klägers schon deshalb, weil er vor Unterzeichnung des Abfindungsvergleichs nicht mit der Beklagten Kontakt aufgenommen habe. Der Kläger sei bei Abschluss der Vereinbarung anwaltlich beraten und vertreten worden und habe somit die Konsequenzen eines Forderungsverzichts gekannt oder kennen müssen. Dass der Kläger tatsächlich die Ärzte nach der Gefahr von Folgeerkrankungen befragt und diese diese Frage verneint hätten, bestreite sie mit Nichtwissen. Die von dem Kläger benannten Zeugen, Dr. S… und Dr. F…, hätten beiden Gutachten angefertigt. Sie, die Beklagte, könne sich nicht vorstellen, dass diese beiden Ärzte den Kläger im … Krankenhaus in … behandelt hätten und von ihm befragt worden seien. Zudem habe Herr Dr. S… im Gutachten vom 20.06.2005 dargstellt, dass der Kläger über anhaltende Schmerzen geklagt habe. Dies spreche dafür, dass der Kläger den Abfindungsvergleich mit der Versicherung abgeschlossen habe, obwohl er unter Schmerzen gelitten habe. Der Kläger habe also schuldhaft gehandelt.

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Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nicht Erfolg. Der Kläger hat nicht Anspruch auf Zahlung des von ihm begehrten Betrages von insgesamt 6.001,78 EUR. Vielmehr hat die Beklagte insoweit berechtigterweise mit einem Gegenanspruch aufgerechnet.

Der Kläger war in Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 01.03. bis 11.04.2005 ungerechtfertigt bereichert, § 812 BGB, weshalb die Beklagte diesen Betrag im Wege der Aufrechnung wieder zurückverlangen konnte. Der Beklagten stand nämlich für diesen Entgeltfortzahlungszeitraum ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Ziff. 2 EfzG zu.

Nach § 7 Abs. 1 Ziff. 2 EfzG ist der Arbeitgeber berechtigt, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern, wenn der Arbeitnehmer den Übergang eines Schadenersatzanspruches gegen einen Dritten auf den Arbeitgeber verhindert. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer die Verletzung dieser ihm obliegenden Verpflichtungen nicht zu vertreten hat, § 7 Abs. 2 EFZG. Dieses Leistungsverweigerungsrecht entsteht, wenn der Arbeitnehmer den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 6 Abs. 1 EfzG verhindert. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer, der nach dem schädigenden Ereignis Inhaber der Schadenersatzforderung bleibt, über seien Anspruch verfügt, z. B. durch Verzicht, Abtretung, Abschluss eines Vergleichs. In diesen Fällen verhindert er den gesetzlichen Anspruchsübergang auf seinen Arbeitgeber. Denn dieser Anspruchsübergang findet erst dann statt, wenn der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung leistet (ErfK-Dörner Rd.-Nr. 17 zu § 7 EfzG). Dieses Leistungsverweigerungsrecht ist dauerhaft, wenn der Arbeitnehmer endgültig über seine Ersatzforderung verfügt hat und damit der Ausgleich zwischen Arbeitgeber und Schädiger rechtlich verhindert wird. Dieses Recht zur endgültigen Leistungsverweigerung besteht grundsätzlich in voller Höhe, es sei denn der Arbeitnehmer hat nur über einen Teil des Anspruchs verfügt (MüKo-Müller-Glöge, Rd.-Nr. 12 zu § 7 EfzG).

Entgegen der Auffassung des Klägers, die er in der mündlichen Verhandlung auch nicht aufrechterhalten hat, ist nicht Vorsatz erforderlich. Die Auffassung des Klägers lässt sich nicht aus dem Gesetz herleiten. Vielmehr spricht die gesetzliche Regelung nur davon, dass der Arbeitnehmer dies zu vertreten haben muss. Gemäß § 276 BGB hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, es sei denn, aus der konkreten Vorschrift ergibt sich anderes. Dies ist hier nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung des Klägers besteht ein Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 30.06.2004 und seiner Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 01.03. bis 11.04.2005. Dies ergibt sich ganz deutlich aus dem Gutachten vom 20.06.2005. Der untersuchende Arzt hat zu 5. ausdrücklich festgestellt, dass das Kniegelenk bis zum Unfalltag schmerzfrei war und soweit geschädigt wurde, dass nach dem Unfall Schmerzen, Schwellungen und Erguss des rechten Kniegelenks bestanden. Ein vorbestehendes Leiden sei nicht verschlimmert worden. Die Vorschädigung sei auch nicht soweit fortgeschritten gewesen, dass es zur Auslösung akuten Erscheinung anlässlich des Ereignisses vom 30.06.2004 keiner besonderen Einwirkung bedurft habe.

Damit steht zur Überzeugung der Kammer der Ursachenzusammenhang zwischen dem Ereignis vom 30.06.2004 dem Arbeitsunfähigkeitsfall vom 01.03. bis 11.04.2005 fest. Denn die Schädigung des Kniegelenks ist ohne das Unfallereignis nicht denkbar.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, er habe die Verletzung der ihm obliegenden Verpflichtungen nicht zu vertreten. Im Gegenteil hat der Kläger in einem erheblichen Maße gegen die ihm obliegende Verpflichtung verstoßen. Bei der Betrachtung des Vortrags des Klägers in zweiter Instanz ist zu berücksichtigen, dass sein Vorbringen zum Teil ergebnisorientiert erscheint. Unstreitig ist, dass der Kläger erst ab Januar 2005 tatsächlich seine Arbeit aufnahm. Insofern kommt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ab dem 04.10.2004 (der Kläger selbst schreibt in der Berufungsbegründung „Arbeitsunfähigkeit“) ein nur geringes Gewicht zu. Auch der Wiedereingliederungsversuch im September 2004 kann sich hier nicht nennenswert auswirken. Tatsächlich hat der Kläger seine Arbeit erst im Januar 2005 wieder aufgenommen, so dass er auch erst ab diesem Zeitpunkt tatsächlich beurteilen konnte, ob er gesundheitlich den Belastungen am Arbeitsplatz gewachsen sein würde.

Soweit der Kläger in der Berufungsverhandlung vortragen lässt, er sei ein begeisterter Sportler, fahre Wasserski und habe dies auch während des Urlaubs im Herbst 2004 getan, kann auch dies nicht begründen, warum der Kläger bereits am 28.10.2004 einen endgültigen Abfindungsvergleich mit dem … Versicherungsverein geschlossen hat. Im Gegenteil kommt hier die Vermutung auf, dass der Kläger durch die Art seiner sportlichen Aktivitäten eine Verschlimmerung des bereits bestehenden Zustandes verursacht hat.

Soweit der Kläger behauptet, er habe die behandelnden Ärzte vor Unterzeichnung des Abfindungsvergleiches danach befragt, ob mit Folgeerkrankung zu rechnen sei, kam ein Zeugenbeweis hierzu nicht in Betracht. Zum einen hat der Kläger nicht explizit behauptet, er habe die Ärzte auch im Hinblick auf einen möglichen Abfindungsvergleich befragt. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass die von dem Kläger als Zeugen benannten Ärzte ihn überhaupt wegen des Unfalls vom 30.06.2004 ärztlich behandelt haben. Behandelt worden ist der Kläger, worauf auch die Beklagte in der Berufungserwiderung hinweist, durch die Ärzte im …Krankenhaus in …. Ärzte dieser Klinik hat der Kläger aber nicht benannt. Wen der Kläger konkret befragt haben will und wann dies der Fall war, ist nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger in der Berufungsverhandlung vortragen lässt, sein Prozessbevollmächtigter stelle seinen unfallgeschädigten Mandanten jeweils einen Fragekatalog zur Verfügung, in dem abzufragen sei, ob die Behandlung abgeschlossen sei, ob nach menschlichem Ermessen mit Folgeschäden zu rechnen sei und ob der Mandant sich rechtlich binden könne, kann dies nicht mehr berücksichtigt werden. Dieses Vorbringen liegt weit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist. Zum anderen erscheint dieses Vorbringen nicht hinreichend, um ein Verschulden des Klägers auszuschließen.

Angesichts der Tragweite derartiger Abfindungsvergleiche wie hier vorliegend ist es vielmehr erforderlich, diesen Fragenkatalog den behandelnden Ärzten schriftlich vorzulegen, die schriftlichen Auskünfte auszuwerten und erst anschließend eine Entscheidung über einen evtl. Abfindungsvergleich und dessen Formulierung zu treffen.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger, der immerhin anwaltlich vertreten war, offensichtlich nicht wusste, dass er mit dem Abfindungsvergleich auch seien Arbeitgeber belastete. Dies wird aus dem Schreiben des Klägervertreters vom 10.08.2005 deutlich (Bl. 11 d. A.), wo er ausführt, dass die Abfindung nur die eigenen Ansprüche des Klägers betreffe. Der Darstellung in der Berufungsverhandlung, hier habe es sich um einen Bluff gegenüber dem Arbeitgeber gehandelt, kann die Kammer nicht Glauben schenken. Vielmehr spricht alles dafür, dass der den Kläger vertretende Rechtsanwalt aus rechtlicher Unkenntnis den Abfindungsvergleich abgeschlossen und dementsprechend zu Lasten der Beklagten gehandelt hat. Das Handeln des Prozessbevollmächtigten als seines Vertreters muss der Kläger sich aber zurechnen lassen, § 278 BGB.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Vorliegend handelt es sich nicht um eine Sache von grundsätzlicher Bedeutung für die Allgemeinheit.

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