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Abmahnung – Rücknahme und Beseitigung


Landesarbeitsgericht Köln

Az: 11 Sa 243/07

Urteil vom 15.06.2007


Leitsätze:

1. Erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine ungerechtfertigte Abmahnung, hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Rücknahme und Beseitigung dieser Abmahnung aus seiner Personalakte (wie LAG Köln, Urteil vom 17.01.2007 – 7 Sa 526/06).

2. Stützt der Arbeitgeber eine Abmahnung auf mehrere Vertragsverstöße, die vom Arbeitnehmer bestritten werden, und ist auch nur eine dieser vom Arbeitgeber behaupteten Pflichtverletzungen entweder nicht zutreffend oder nicht erwiesen (hier: das angebliche Führen von unberechtigten Gesprächen durch den Arbeitnehmer mittels des Telefons des Arbeitgebers), ist die Abmahnung insgesamt ungerechtfertigt und damit aus der Personalakte des Arbeitnehmers zu entfernen (im Anschluss an BAG, Urteil vom 13.03.1991 – 5 AZR 133/90, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Abmahnung; LAG Hamm, Urteil vom 10.01.2006 – 19 Sa 1258/05, NZA-RR 2006, 290, 292; LAG Köln, Urteil vom 17.01.2007 – 7 Sa 526/06, zu II. 2. der Gründe).

3. Wirft der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in einer Abmahnung angebliche arbeitsvertragswidrige Äußerungen vor, hat er diese – unabhängig davon, ob es sich hierbei tatsächlich um arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers handelt – in der Abmahnung in einer für den Arbeitnehmer deutlich erkennbaren Art und Weise darzustellen. Der pauschale Vorwurf des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer habe gegenüber einer dritten Person geäußert, dass für Gerichtsprozesse 65.000 ¤ zurückgestellt worden seien und ein anderer Arbeitnehmer eine Abmahnung erhalten habe, reicht insoweit nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Abmahnung entnehmen lässt, wann und wo genau der Arbeitnehmer diese Äußerungen getätigt haben soll.


1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.11.2006 – 5 Ca 6466/06 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rücknahme von zwei Abmahnungen und deren Entfernung aus der Personalakte.

Die Klägerin ist seit dem 01.03.1994 bei der Beklagten als zweite Betriebsleiterin in deren R beschäftigt und stellvertretende Vorsitzende des dort bestehenden Betriebsrats.

Mit Schreiben vom 17.05.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung, da bei der Überprüfung der Einzelverbindungsnachweise der abgehenden Rufe vom Restaurant A aufgefallen sei, dass während der Schichten, die von dieser geführt worden seien, in den Monaten September 2005 bis Februar 2006 einige Telefon- und Telefaxnummern, u.a. von einem Rechtsanwalt, der NGG und dem D , die betrieblichen Belangen nicht zuzuordnen seien, überproportional vertreten seien. Insgesamt handele es sich um 45 Telefonate und Telefaxe, die über den Verlauf des gesamten Tages von 08.07 Uhr bis 22.22 Uhr verteilt seien. Gegen die Kontaktaufnahme mit diesem Personenkreis bzw. deren Vertretern im Rahmen der Betriebsratstätigkeit sei nichts einzuwenden, sofern sich die Telefonate auf die eigentliche Betriebsratsarbeit beschränkten. Der beigefügten Aufstellung sei aber zu entnehmen, dass die Klägerin permanent während ihrer Tätigkeit als zweite Betriebsleiterin Betriebsratsarbeiten verrichtet habe. Zudem stünden die Gespräche mit dem D nicht in Verbindung mit den betrieblichen Tätigkeiten oder der Betriebsratsarbeit. Die Telefonate könnten daher nur den persönlichen Interessen der Klägerin gedient haben, nämlich der Vorbereitung ihrer Rechtsstreitigkeiten, die sie gegen das Unternehmen derzeit führe.

Mit Schreiben vom 16.06.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin eine weitere Abmahnung, da sie gegenüber einem Lieferanten geäußert habe, dass für Gerichtsprozesse 65.000 EUR zurückgestellt worden seien und ein Mitarbeiter eine Abmahnung erhalten habe, die an sich eine andere Mitarbeiterin hätte erhalten müssen. Zudem könne ihr Personalleiter bezeugen, dass sie in der Güteverhandlung eines Arbeitsgerichtsprozesses gegenüber der Vorsitzenden geäußert habe, dass das Unternehmen ca. 60.000 EUR für Gerichtsprozesse gebucht habe, um sie damit um ihre Bonuszahlung zu bringen.

Mit ihrer am 14.08.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 11.08.2006 hat die Klägerin die Beklagte auf Rücknahme dieser beiden Abmahnungen und deren ersatzlose Entfernung aus der Personalakte in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die erste Abmahnung sei ihr bereits deshalb zu Unrecht erteilt worden, weil die Beklagte die Daten unberechtigterweise unter Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erlangt habe. Die Vorwürfe, die in der zweiten Abmahnung enthalten seien, seien unzutreffend.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die am 17.05.2006 und 16.06.2006 erteilten Abmahnungen zurückzunehmen und aus der Personalakte ersatzlos zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung gewesen, die Abmahnungen seien der Klägerin zu Recht erteilt worden, da die Klägerin jeweils gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen habe. Sie hat behauptet, bei den Telefonaten mit der D habe es sich nicht um Betriebsratstätigkeiten, sondern allein um die Wahrnehmung privater Rechtsangelegenheiten der Klägerin gehandelt. Denn der Betriebsrat des Beschäftigungsbetriebs der Klägerin lasse sich in seinen Rechtsangelegenheiten von der Kanzlei R in Köln vertreten. In den individualrechtlichen Verfahren der Klägerin trete dagegen die D als Prozessvertreterin auf. Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Voraussetzungen für ein Beweisverwertungsverbot seien hier nicht gegeben. Aufgrund ihrer Äußerungen gegenüber dem Lieferanten des Beschäftigungsbetriebs habe die Klägerin gegen ihre Vertraulichkeitsverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag verstoßen.

Mit Urteil vom 24.11.2006 hat das Arbeitsgericht Köln der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Abmahnungen seien nicht gerechtfertigt, da zumindest ein Teil der Telefongespräche von dem Betriebsratsamt der Klägerin gedeckt gewesen seien und hinsichtlich der Äußerungen der Klägerin nicht erkennbar sei, in welcher Weise dadurch Betriebsgeheimnisse der Beklagten an Dritte in unzulässiger Weise verraten worden seien.

Gegen das ihr am 03.01.2007 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte mit am Montag, dem 05.02.2007 vorab per Telefax beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Berufung eingelegt und diese mit am Montag, dem 05.03.2007 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag begründet.

Die Beklagte ist nach wie vor der Auffassung, die Abmahnungen seien der Klägerin zu Recht erteilt worden. Die Klägerin trage die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Abmahnungen auf unrichtigen Tatsachenbehauptungen beruhten. Dem sei die Klägerin bislang nicht nachgekommen. Deren Vortrag sei pauschal und unsubstantiiert und damit nicht einlassungsfähig. Die Abmahnung vom 17.05.2006 habe sich lediglich auf Telefongespräche mit der D bezogen, da Gegenstände dieser Gespräche, so behauptet die Beklagte, keine Rechtsangelegenheiten des Betriebsrats, sondern die privaten Rechtsangelegenheiten der Klägerin gegen sie, die Beklagte, gewesen seien, die die Klägerin auf Kosten von ihr, der Beklagten, verfolgt habe. Mit der Abmahnung vom 16.06.2006 sei nicht der Verrat von Betriebsgeheimnissen gerügt worden. Beanstandet worden sei vielmehr ein Verstoß gegen die Vertraulichkeitsverpflichtung der Klägerin aus ihrem Arbeitsvertrag. Schließlich seien die Vorwürfe in dieser Abmahnung durch eine Zeugenaussage am 27.02.2007 im Rahmen eines Zivilprozesses, den die Klägerin beim Amtsgericht Köln führe, bestätigt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.11.2006 – 5 Ca 6466/06 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil. Insbesondere seien, so behauptet die Klägerin, nicht sämtliche Telefongespräche von ihr geführt worden. Unabhängig davon bestehe nach Meinung der Klägerin gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Verbot der Verwertung der Telefonliste. Die Äußerungen, die ihr in der zweiten Abmahnung vorgeworfen worden seien, habe sie, so behauptet die Klägerin, nicht getätigt. Etwaige Angaben seien von ihr nur nach ihrem Kenntnisstand aus dem Jahre 2004 getätigt worden. Diese seien ihr, so meint die Klägerin, wegen eines eigenen Verfahrens gegen die Beklagte unter dem Aspekt der Wahrung von eigenen Interessen auch unbenommen geblieben. Jedenfalls habe sie nicht gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, da sie keine Interna der Beklagten preisgegeben habe. Schließlich sei die Abmahnung auch wegen Zeitablaufs aus der Personalakte zu entfernen, weil sie erst knapp drei Monate nach dem Gespräch mit dem Lieferanten, das, so behauptet die Klägerin, am 27.03.2006 geführt worden sei, und in dem die Äußerungen getätigt worden sein sollen, erteilt worden sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b) ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.

II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, die der Klägerin mit Schreiben vom 17.05.2006 und 16.06.2006 erteilten Abmahnungen zurückzunehmen und aus der Personalakte ersatzlos zu entfernen.

1. Ein Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Rücknahme und Beseitigung einer ungerechtfertigten Abmahnung wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits seit Jahrzehnten anerkannt (BAG, Urteil vom 15.01.1986 – 5 AZR 70/84, AP Nr. 96 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht; BAG, Urteil vom 05.08.1992 – 5 AZR 531/91, AP Nr. 8 zu § 611 BGB Abmahnung; BAG, Urteil vom 18.02.2003 – 1 AZR 142/02, AP Nr. 163 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; ebenso LAG Köln, Urteil vom 10.03.2006 – 12 Sa 1408/05, zitiert nach juris; LAG Köln, Urteil vom 17.01.2007 – 7 Sa 526/06, zitiert nach juris).

a) Bei der Abmahnung handelt es sich um ein im Arbeitsrecht etabliertes Rechtsinstitut, das den Arbeitnehmer in seiner arbeitsrechtlichen Stellung in mehrfacher Hinsicht beeinträchtigt: Zum einen stellt die Abmahnung die notwendige Vorstufe zu einer ganzen Reihe von Kündigungsarten dar und ist damit generell geeignet, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu gefährden. Zudem dokumentiert eine Abmahnung für geraume Zeit eine vom Arbeitnehmer ausgehende Störung des Arbeitsvertragsverhältnisses, die geeignet ist, sich negativ auf Leistungsbeurteilungen, etwa in Arbeitszeugnissen oder als Grundlage für die Gewährung von geldwerten Zuwendungen, Beförderungschancen u.ä. auszuwirken. Ferner enthält eine in der Personalakte des Arbeitnehmers aufgenommene Abmahnung ein sich auf lange Zeit perpetuierendes rechtliches Unwerturteil, in dem sie dokumentiert, dass sich der Arbeitnehmer arbeitsvertragswidrig und damit rechtswidrig verhalten haben soll (LAG Köln, Urteil vom 17.01.2007 – 7 Sa 526/06, zu II. 1. a. der Gründe, zitiert nach juris).

b) Eine ungerechtfertigte Abmahnung, d.h. eine Abmahnung, in der dem Arbeitnehmer zu Unrecht vorgeworfen wird, sich arbeitsvertragswidrig verhalten zu haben, beeinträchtigt nicht nur die arbeitsvertragliche Rechtsstellung des Arbeitnehmers, sondern tangiert auch dessen durch Art. 2 Abs. 1 GG geschütztes Persönlichkeitsrecht. Der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Rücknahme und Entfernung einer ungerechtfertigten Abmahnung aus der Personalakte resultiert somit bereits aus Art. 2 Abs. 1 GG und ist zivilrechtlich aus den in den §§ 1004, 862, 12 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken herzuleiten, dass jedermann die Verpflichtung trifft, Störungen der Rechtsstellung Dritter zu unterlassen (sog. quasinegatorischer Unterlassungsanspruch). Ebenso wenig ist es mit der arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers vereinbar, eine sachlich ungerechtfertigte Abmahnung zu erteilen und aufrecht zu erhalten (LAG Köln, Urteil vom 17.01.2007 – 7 Sa 526/06, zu II. 1. b. der Gründe, zitiert nach juris).

2. Nach diesen Grundsätzen der Rechtsprechung, der sich das Berufungsgericht anschließt, kann die Klägerin verlangen, dass die Beklagte die Abmahnungen vom 17.05.2006 und 16.06.206 zurücknimmt, in dem sie diese aus der Personalakte der Klägerin ersatzlos entfernt.

a) Die Abmahnung vom 17.05.2006 ist der Klägerin von der Beklagten aus mehreren, voneinander unabhängigen Gründen zu Unrecht erteilt worden.

aa) Zunächst sind nicht sämtliche Telefongespräche, die vom Telefon der Beklagten in deren Restaurant A in den Monaten September 2005 bis Februar 2006 aus geführt und in der Abmahnung vom 17.05.2006 beanstandet worden sind, als Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten anzusehen.

In der mit der Überschrift „Abgehende Rufe / K / Schichten S “ versehenen und mit der von der Beklagten als Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 19.10.2006 eingereichten Auflistung sind als „abgehende Rufe an“ insgesamt fünf Telefongespräche mit der Rechtsanwaltskanzlei R , nämlich am 18.11.2005 um 15.16 Uhr sowie am 19.12.2005 um 12.47 Uhr, 13.21 Uhr, 15.07 Uhr und 16.13 Uhr, enthalten, von der sich der Betriebsrat des Beschäftigungsbetriebs der Klägerin den eigenen Angaben der Beklagten zufolge in Rechtsangelegenheiten vertreten lässt. Dass diese Telefongespräche die Wahrnehmung von privaten Rechtsangelegenheiten der Klägerin zum Gegenstand hatten, wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Soweit sich die Beklagte in der Berufungsbegründung vom 05.03.2007 darauf beruft, die Abmahnung vom 17.05.2006 habe sich (allein) auf die Telefonate mit der D bezogen, ergibt sich aus den Formulierungen in dieser Abmahnung genau das Gegenteil: Bereits in der Auflistung auf der ersten Seite der Abmahnung unter dem Absatz, wonach bei der Überprüfung der Einzelverbindungsnachweise der abgehenden Rufe des R aufgefallen sei, dass einige Telefon- und Telefaxnummern überproportional vertreten seien, die betrieblichen Belangen nicht zuzuordnen seien, ist zu Beginn „R “ konkret bezeichnet. Im ersten Absatz auf der zweiten Seite der Abmahnung heißt es, der beiliegenden Aufstellung sei zu entnehmen, dass die Klägerin permanent während ihrer Tätigkeit als zweite Betriebsleiterin Betriebsratsarbeiten ausführe. Wenn es sodann im dritten Absatz auf der zweiten Seite der Abmahnung heißt, „darüber hinaus“ stünden die von der Klägerin geführten Gespräche mit dem D in keiner Verbindung mit den betrieblichen Tätigkeiten oder der Betriebsratsarbeit, und schließlich im weiteren Verlauf der Ausführungen auf der zweiten Seite der Abmahnung wörtlich erwähnt ist: „Aus den vorgenannten Gründen mahnen wir Sie auch ab.“, kann dem nur die Bedeutung beigemessen werden, dass von der Beklagten sämtliche, in der Aufstellung enthaltenen 45 Telefongespräche in der Abmahnung beanstandet wurden.

Da aber der Klägerin die Führung der insgesamt fünf Telefongespräche mit der Rechtsanwaltskanzlei R am 18.11.2005 und am 19.12.2005 mangels Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten nicht vorzuwerfen ist, musste die Abmahnung vom 17.05.2006 bereits aus dem Grund aus der Personalakte der Klägerin entfernt werden, ohne dass es darauf ankam, ob die weiteren, in der Auflistung enthaltenen Telefongespräche, insbesondere mit der D und der NGG jeweils private Rechtsangelegenheiten der Klägerin zum Gegenstand hatten. Denn nach ständiger Rechtsprechung, der das Berufungsgericht auch insoweit folgt, ist eine Abmahnung schon dann insgesamt ungerechtfertigt und damit aus der Personalakte des Arbeitnehmers zu entfernen, wenn sie – wie hier – auf mehrere Vertragsverstöße gestützt wird und nur eine der Pflichtverletzungen nicht zutrifft oder nicht nachgewiesen werden kann (BAG, Urteil vom 13.03.1991 – 5 AZR 133/90, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Abmahnung; LAG Hamm, Urteil vom 10.01.2006 – 19 Sa 1258/05, NZA-RR 2006, 290, 292; LAG Köln, Urteil vom 17.01.2007 – 7 Sa 526/06, zu II. 2. der Gründe, zitiert nach juris).

bb) Des weiteren erweist sich der Vorwurf der Beklagten, bei den mit der D geführten Telefongesprächen habe es sich nicht um Betriebsratstätigkeiten, sondern um die Wahrnehmung privater Rechtsangelegenheiten der Klägerin gehandelt, in dieser Allgemeinheit – bezogen auf sämtliche Telefongespräche mit der D , die in der als Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 19.10.2006 eingereichten Auflistung enthalten sind – im Hinblick darauf als unhaltbar, dass ausweislich dieser Auflistung die Telefongespräche mit der D am 02.12.2005 um 12.07 Uhr nur 0,16 Minuten und um 13.01 Uhr nur 0,13 Minuten, am 27.01.2006 um 10.08 Uhr nur 0,21 Minuten, um 13.54 Uhr nur 0,24 Minuten und um 14.19 Uhr nur 0,46 Minuten sowie am 01.12.2006 um 12.07 Uhr nur 0,05 Minuten gedauert haben. Dass während dieser Zeiten von der Klägerin bei der Führung dieser Telefongespräche keine privaten Rechtsangelegenheiten wahrgenommen, geschweige denn private Rechtsauskünfte eingeholt worden sind, die naturgemäß einen weitaus längeren zeitlichen Umfang in Anspruch nehmen, liegt hier ohne weiteres auf der Hand.

cc) Für ihren in der Abmahnung vom 17.05.2006 enthaltenen Vorwurf, die Klägerin habe in den Monaten September 2005 bis Februar 2006 insgesamt 45 Telefongespräche und Telefaxe geführt bzw. getätigt, ist die Beklagte zudem beweisfällig geblieben.

Da von der Klägerin ausdrücklich bestritten wurde, dass sämtliche in der Auflistung enthaltenen Telefongespräche und Telefaxe von ihr geführt bzw. getätigt worden seien, hätte die Beklagte für jedes in der Auflistung enthaltene Telefongespräch bzw. Telefax, das von der Klägerin geführt bzw. von dieser getätigt worden sein soll, geeigneten Beweis anbieten müssen. Denn die Beweislast für diejenigen Tatsachen, aus denen die abgemahnte Vertragspflichtverletzung des Arbeitnehmers folgen soll, trägt im Abmahnungsprozess der Arbeitgeber (BAG, Urteil vom 13.03.1987 – 7 AZR 601/85, AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; LAG Köln, Urteil vom 10.03.2006 – 12 Sa 1408/05, zu 1. der Gründe; zitiert nach juris; LAG Köln, Urteil vom 17.01.2007 – 7 Sa 526/06, zu II. 2. e. bb. aaa. der Gründe, zitiert nach juris; Burger, Abmahnung im Arbeitsverhältnis, DB 1992, 836, 839).

Die Ausführungen und Rechtsprechungs- sowie Literaturzitate der Beklagten in der Berufungsbegründung vom 05.03.2007 zur Darlegungs- und Beweislastverteilung im Rahmen der §§ 1004, 823, 12 BGB vermochten keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Die Beeinträchtigungen des Eigentums i.S. von § 1004 BGB, von Rechten i.S. des § 823 BGB sowie des Namensrechts i.S. von § 12 BGB sind zwar in der Tat vom Anspruchsteller darzulegen und nachzuweisen. Eine Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin ergibt sich vorliegend jedoch – wie bereits oben ausgeführt – aus der von der Beklagten erteilten Abmahnung selbst, so dass es der Beklagten oblag, die Vorwürfe, die Gegenstand der Abmahnung sind, darzulegen und nachzuweisen.

Dafür, dass die in der Auflistung „Abgehende Rufe / K / Schichten S “ (Anlage B 1 zur Klageerwiderung vom 19.10.2006) aufgeführten 45 Telefongespräche in der Zeit vom 05.09.2005 bis zum 16.02.2006 allesamt von der Klägerin geführt worden sind, hat aber die Beklagte keinen geeigneten Beweis angeboten. Der Nachweis, dass diese Telefongespräche auch tatsächlich von der Klägerin geführt worden sind, oblag der Beklagten insbesondere auch deshalb, weil die Klägerin ihren – von der Beklagten insoweit nicht in Abrede gestellten – Angaben zufolge nicht den alleinigen Zugriff auf das Telefon und Telefaxgerät im Restaurant der Beklagten A gehabt hatte, sondern vielmehr neben ihr noch weitere fünf bis sechs Mitarbeiter während ihrer Schichten eingesetzt gewesen und insgesamt etwa zehn bis fünfzehn Mitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt seien, die bei der Gewerkschaft NGG organisiert seien, so dass es nicht von vornherein ausgeschlossen war, dass die in der Auflistung aufgeführten Telefongespräche, die mit dieser Gewerkschaft geführt wurden, nicht von der Klägerin, sondern von anderen Mitarbeitern der Beklagten ausgingen.

dd) Ob die der Klägerin mit Schreiben vom 17.05.2006 erteilte Abmahnung schließlich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unwirksam ist bzw. die Erlangung der Telefondaten einem Beweisverwertungsverbot unterliegt, wofür hier vieles spricht, konnte aufgrund der vorangegangenen Ausführungen dahingestellt bleiben.

b) Ebenso ist der Klägerin von der Beklagten die zweite Abmahnung vom 16.06.2006 zu Unrecht erteilt worden.

aa) Diese Abmahnung erfüllt bereits hinsichtlich des ersten Vorwurfs, die Klägerin habe gegenüber Herrn A geäußert, dass für Gerichtsprozesse 65.000 EUR zurückgestellt worden seien und Herr A eine Abmahnung erhalten habe, die eigentlich Frau P hätte bekommen müssen, nicht die formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen, die von der Rechtsprechung entwickelt worden sind.

(1) Danach liegt eine wirksame Abmahnung nur dann vor, wenn der Arbeitgeber zum einen dem Arbeitnehmer in einer für diesen deutlich erkennbaren Art und Weise die Pflichtverletzung genau bezeichnet (sog. Rüge- und Hinweisfunktion) und damit zum anderen deutlich – wenn auch nicht ausdrücklich – den Hinweis verbindet, dass im Wiederholungsfall der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist, sog. Ankündigungs- oder Warnfunktion (BAG, Urteil vom 17.02.1994 – 2 AZR 616/93, AP Nr. 116 zu § 626 BGB; BAG, Urteil vom 14.12.1994 – 5 AZR 137/94, AP Nr. 15 zu § 611 BGB Abmahnung; LAG Bremen, Urteil vom 17.09.2001 – 4 Sa 43/01, NZA-RR 2002, 186, 190 f.; ebenso Pauly, Hauptprobleme der arbeitsrechtlichen Abmahnung, NZA 1995, 449, 451; Burger, Abmahnung im Arbeitsverhältnis, DB 1992, 836 m.w. Nachw.).

(2) Mit dem – von der Klägerin ausdrücklich bestrittenen – pauschalen Vorwurf in der Abmahnung vom 16.06.2006, die Klägerin habe gegenüber Herrn A geäußert, dass für Gerichtsprozesse 65.000 EUR zurückgestellt worden seien und Herr A eine Abmahnung erhalten habe, wurde von der Beklagten nicht dem Erfordernis der genauen Bezeichnung der angeblichen Pflichtverletzung in einer für die Klägerin deutlich erkennbaren Art und Weise Rechnung getragen. Denn wann und wo genau die Klägerin diese Äußerungen gegenüber Herrn A getätigt haben soll, lässt sich weder dem Abmahnungsschreiben vom 16.06.2006 noch dem Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 02.05.2006 (Anlage zur Klageschrift vom 11.08.2006) konkret entnehmen. Das von der Beklagten als Anlage B 2 zum Schriftsatz vom 26.03.2007 eingereichte Sitzungsprotokoll vom 23.02.2007 aus dem beim Amtsgericht Köln unter dem Aktenzeichen – 123 C 368/06 – anhängigen Verfahren vermochte hieran nichts zu ändern, abgesehen davon, dass sich der darin enthaltenen Aussage des Zeugen W ebenfalls nicht entnehmen lässt, wann und wo genau die Klägerin die angeblichen Äußerungen gegenüber Herrn A getätigt haben soll. Unabhängig davon bekundete der Zeuge W ausweislich des Sitzungsprotokolls, hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin erzählt habe, dass eine Abmahnung an die falsche Person gerichtet worden sei, könne er nichts sagen.

bb) Ob der weitere, in der Abmahnung vom 16.06.2006 enthaltene Vorwurf, die Klägerin habe in der Güteverhandlung des Arbeitsgerichtsprozesses mit dem Aktenzeichen – 13 (3) Ca 3952/05 – gegenüber der Vorsitzenden geäußert, das Unternehmen hätte ca. 60.000 EUR für Gerichtsprozesse gebucht, um sie somit um ihre Bonuszahlungen zu bringen, und die Klägerin damit, wie von der Beklagten angenommen, gegen die ihr obliegenden arbeitsvertraglichen Vertraulichkeitspflichten verstoßen hat, bedurfte keiner Entscheidung. Enthält nämlich – wie hier – eine Abmahnung mehrere Vorwürfe und ist auch nur einer von diesen nicht haltbar, was bei der Abmahnung vom 16.06.2006 hinsichtlich der Beanstandung, die Klägerin habe gegenüber Herrn A geäußert, dass 65.000 EUR für Gerichtsprozesse zurückgestellt worden seien und Herr A eine Abmahnung erhalten habe, die eigentlich Frau P hätte bekommen müssen, der Fall war, so ist, wie bereits oben ausgeführt, die Abmahnung insgesamt ungerechtfertigt und damit aus der Personalakte des Arbeitnehmers zu entfernen.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V. mit § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalles beruht.

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