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Abmahnung – Verzicht auf Kündigung


LAG Hessen

Az: 13 Sa 1460/10

Urteil vom 15.02.2011


Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. August 2010 – 19/5 Ca 8318/08 – teilweise abgeändert.

Der Antrag, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage als Monteur weiterzubeschäftigen, wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den erstinstanzlich angefallenen Kosten haben der Kläger 36 %, die Beklagte 64 % zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 9 %, die Beklagte 91 % zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses, um die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte des Klägers, um Weiterbeschäftigung und um Verzugslohn nebst Zinsen.

Die Beklagte repariert und wartet Luftfahrtgeräteteile, und zwar zum Teil in einem Betrieb in A, zum Teil in einer Betriebsstätte auf dem Gelände des B. In dieser werden sogenannte Flugzeug-Trolleys (d. h. Rollwagen, in denen die für die Fluggäste zu verteilenden Genuss- bzw. Lebensmittel während eines Fluges aufbewahrt werden) gewartet und repariert (im Folgenden: Trolley-Werkstatt). Der Zutritt zu dieser Räumlichkeit setzt eine Zugangsberechtigung und einen Flughafenausweis voraus. Beides wird von der Auftraggeberin der Beklagten, der C vergeben. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer.

Der am 12. Oktober 1949 geborene, verheiratete Kläger ist bei der Beklagten seit 03. August 2004 als Monteur beschäftigt, und zwar auf der Grundlage eines am selben Tag abgeschlossenen Arbeitsvertrages (Bl. 36 f d. A.). Bis zum 15. Oktober 2008 wurde er von der Beklagten ausschließlich in der Trolley-Werkstatt auf dem Flughafengelände eingesetzt.

Am 15. Oktober 2008, als der Kläger sich im Dienst befand, führte der Werkschutz der C morgens eine Kontrolle der Trolley-Werkstatt durch. Im Laufe dieser Durchsuchung kam der Vorarbeiter des Klägers hinzu. Die weiteren Umstände dieser Durchsuchung sind streitig. Danach jedenfalls durchsuchten die Werkschutzmitarbeiter der C den PKW des Klägers nach Gegenständen aus dem Eigentum der C. Man fand 20 D-Zahnstocher im Aschenbecher, 3 D-Kugelschreiber im Handschuhfach und 3 D-Stoffservietten unter Fahrer- und Beifahrersitz. Dem Kläger wurde vom Werkschutz ein vorläufiges Hausverbot erteilt. Sein Flughafenausweis wurde eingezogen.

Am selben Tag wurde die Geschäftsführerin der Beklagten telefonisch vom Werkschutz über die durchgeführte Durchsuchung informiert. Daraufhin fand am Nachmittag des 15. Oktober 2008 ein Personalgespräch statt, an dem neben dem Kläger und der Geschäftsführerin der Beklagten u. a. auch sämtliche weiteren Mitarbeiter der Beklagten teilnahmen, die in der Trolley-Werkstatt beschäftigt waren. Die Einzelheiten dieses Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig. Im Anschluss dieses Gesprächs wurde ein Protokoll gefertigt (Bl. 163 d. A.) und der Kläger von der Beklagten freigestellt.

Am 18. Oktober 2008 fand einer Begehung der Trolley-Werkstatt durch die Geschäftsführerin der Beklagten und Vertreter der C statt, um zu überprüfen, wer Zugang zu der Werkstatt hatte.

Am 22. Oktober 2008 führte der Kläger ein Gespräch mit seinem Vorgesetzten und dem Betriebsleiter zum Thema Weiterbeschäftigung. Am Folgetag, dem 23. Oktober 2008 erhielt der Kläger einen Anruf seines Vorarbeiters, der ihn dazu aufforderte, in dem Betrieb in Kelsterbach seine Arbeitsleistung zu erbringen. Dieser Aufforderung kam der Kläger bis 05. November 2008 nach. Beim ersten Erscheinen am Arbeitsort wurde ihm eine Abmahnung ausgehändigt, welche sich auf den Vorfall vom 15. Oktober 2008 bezog. Die Abmahnung hatte folgenden Wortlaut:

Abmahnung

Sehr geehrter Herr …,

am 15.10.2008 wurden in der eps-Werkstatt im Gebäude von LSG-Gateway Garden, eine Durchsuchung der Konzernsicherheit durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Genussmittel und anderes Eigentum des C gefunden, welches offensichtlich aus Trolleys entwendet wurde und in der Werkstatt deponiert war (lt. Konzernsicherheitsbericht).

Wir müssen davon ausgehen, dass alle Mitarbeiter, die in dieser Werkstatt tätig sind, von diesem Strafbestand Kenntnis hatten.

Deswegen mahnen wir Sie entschieden ab und weisen dringend darauf hin, dass Sie verpflichtet sind Ihre unterschriebenen Vereinbarungen einzuhalten.

Wir halten hiermit nochmals ausdrücklich fest, dass, sollten in der Werkstatt noch einmal Gegenstände der … gefunden werden, auch wenn es noch es geringe sein sollten, Ihr Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt wird.

Am 05. November 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mündlich fristlos. Am 10. November 2008 erklärte die Beklagte dem Kläger eine schriftliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung (Bl. 4 d. A.).

Ab Januar 2009 erhielt der Kläger Sozialleistungen bzw. Arbeitslosengeld. Im September 2009 fand er eine neue Arbeitsstelle.

Mit seiner am 24. November 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, der Beklagten am 02. Dezember 2008 zugestellt, hat der Kläger insbesondere die Rechtswirksamkeit der ihm gegenüber erklärten Kündigungen geltend gemacht und die Nachzahlung der Vergütung ab November 2008 verlangt.

Der Kläger hat behauptet, er sei zu Beginn der Durchsuchung der Trolley-Werkstatt am 15. Oktober 2008 nicht anwesend gewesen, sondern habe sich in der Tiefgarage des Gebäudes befunden. Erst später sei er in der Werkstatt eingetroffen. Der Kläger hat weiter behauptet, der in der Werkstatt vom Werkschutz gefundene Trolley, in dem Kaffeeartikel gelagert waren, sei von einem ehemaligen Kollegen in den Räumen zurückgelassen worden. Auch die bei der Durchsuchung seines Fahrzeugs gefundenen Gegenstände seien nicht entwendet worden; es habe sich vielmehr um Werbegeschenke gehandelt.

Der Kläger hat zudem behauptet, er habe bei seiner Arbeit in der Trolley-Werkstatt angebrochene Verpackungen und sonstige Artikel weisungsgemäß stets weggeworfen. Nur einmal habe er in der Vergangenheit eine angebrochene Flasche Wasser aus dem Bestand der …ausgetrunken. Dies habe er im Rahmen des am 15. Oktober 2008 geführten Personalgesprächs bereits erklärt.

Der Kläger hat weiter die Ansicht vertreten, die Kündigung vom 10. November 2008 sei jedenfalls als außerordentliche Kündigung zu spät ausgesprochen worden. Der Werkschutzbericht mit allen notwendigen Informationen habe der Beklagten bereits zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Abmahnung am 23. Oktober 2008 nach dem Wortlaut der Abmahnung selbst schon vorgelegen.

Im Übrigen sei, so hat der Kläger weiter behauptet, seine Weiterbeschäftigung in der Kelsterbacher Betriebsstelle der Beklagten möglich. Über die nötigen Arbeitskenntnisse verfüge er.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen vom 10. November 2008 nicht aufgelöst ist, sondern fortbesteht;

2. die Beklagte wird verurteilt, das Abmahnungsschreiben vom 23. Oktober 2008 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen;

3. für den Fall des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, ihn als Monteur zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat November 2008 2.454,- € brutto abzüglich erhaltener 1.374,25 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02. Dezember 2008 zu zahlen;

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat November 2008 eine Abrechnung zu erteilen;

6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Dezember 2008 2.454,- € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02. Januar 2009 zu zahlen;

7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Dezember 2008 eine Ab-rechnung zu erteilen;

8. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Januar 2009 2.454,- € brutto abzüglich 895,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02. Februar 2009 zu zahlen;

9. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat Februar 2009 2.454,- € brutto abzüglich 895,20 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02. März 2009 zu zahlen;

10. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat März 2009 2.454,- € brutto abzüglich 1.000,50 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02. April 2009 zu zahlen;

11. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Monat April 2009 2.454,- € brutto abzüglich 1.000,50 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02. Mai 2009 zu zahlen;

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12. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Mai 2009 2.454, € brutto abzüglich erhaltenem Arbeitslosengeld von 1.000,50 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02. Juni 2009 zu zahlen;

13. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Juni 2009 2.454, € brutto abzüglich erhaltenem Arbeitslosengeld von 1.000,50 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02. Juli 2009 zu zahlen;

14. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Juli 2009 2.454, € brutto abzüglich erhaltenem Arbeitslosengeld von 1.000,50 € netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 02. August 2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, es habe die Arbeitsanweisung gegeben, dass Trolleys der LSG, die nicht vollständig geleert in die Trolley-Werkstatt gelangen, bei der LSG unverändert abzugeben seien.

Die Beklagte hat weiter behauptet, der Kläger sei bei der Kontrolle der Trolley-Werkstatt durch den Werkschutz am 15. Oktober 2008 durchgehend anwesend gewesen. Bei der Kontrolle sei festgestellt worden, das Artikel aus dem Bestand und Eigentum der LSG ausgelegen hätten und dass die einzelnen im schriftlichen Werkschutzbericht (Bl. 126 ff d. A.) aufgeführten Gegenstände zum Teil in größeren Mengen aufgefunden worden seien, z. B. Pappbecher, Messer, Zeitschriften, geöffnete und verschlossene Saftflaschen, Obst, Bier und andere Alkoholika. Der Kläger habe anlässlich der Kontrolle auch eingeräumt, mehrfach Getränke aus dem Bestand der C sowohl am Tag der Kontrolle wie bereits in der Vergangenheit konsumiert zu haben.

Bei der Erwähnung des Wortes „Konzernsicherheitsbericht“ im Abmahnungsschreiben vom 23. Oktober 2008 handele es sich, so hat die Beklagte weiter behauptet, um einen sprachlichen Fehler. Es habe zu jenem Zeitpunkt lediglich ein mündlicher grober Bericht des Werkschutzes vorgelegen. Einzelheiten seien nicht bekannt gewesen.

Der schriftliche Werkschutzbericht sei vielmehr erst am 27. Oktober 2008 erstellt worden. Er sei ihr, der Beklagten, am 04. November 2008 zugegangen. Erst durch die Kenntnisnahme dieses Dokuments habe sie das wahre Ausmaß des Fundes in der Trolley-Werkstatt erfahren. Die Geschäftsführerin habe auch durch den Bericht erstmals erfahren, dass der Kläger gegenüber dem Werkschutz eingeräumt habe, Säfte und andere Getränke aus dem Bestand der C verzehrt zu haben und das auch im PKW des Klägers verdächtige Gegenstände gefunden worden seien. Die Geschäftsführerin der Beklagten habe den Kläger nach Erhalt des schriftlichen Werkschutzberichts noch einmal auf den Vorfall angesprochen. Der Kläger habe erneut alles geleugnet.

Anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger bestünden nicht. Ein Einsatz des Klägers in der Betriebsstätte in Kelsterbach sei auf Dauer nicht möglich. Es handele sich dort um einen sogenannten zertifizierten Bereich. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für einen Einsatz in diesem Betrieb. Ein Probeeinsatz in der Vergangenheit sei erfolglos gewesen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F, G und H (Bl. 224 ff d. A.).

Durch Urteil vom 16. August 2010 hat das Arbeitsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Abgewiesen hat es nur das Feststellungsbegehren des Klägers wegen der mündlichen Kündigung vom 05. November 2008 und die Begehren auf Erteilung von Abrechnungen für November und Dezember 2008 sowie einen Teil des Zinsbegehrens. Das Kündigungsschutzbegehren wegen der Kündigung vom 10. November 2008 hat es für begründet erachtet, weil es weder hinreichende Gründe für eine Tatkündigung noch für eine Verdachtkündigung sah. Durch die Abmahnung vom 23.Oktober 2008 habe die Beklagte zu erkennen gegeben, dass sie damit den Vorfall als „erledigt“ angesehen habe. Als sogenannte Druckkündigung wegen des Entzugs des Flughafenausweises sei die Kündigung ebenfalls nicht begründet. Der Kläger hätte im A Betrieb der Beklagten beschäftigt werden können. Die Zahlungsbegehren seien aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs begründet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 236-251 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses der Beklagten am 27. August 2010 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 22. September 2010 beim erkennenden Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 26. November 2010 mit einem am 19. November 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen im Umfang ihrer Berufung. Sie hält ihre schriftliche Kündigung vom 10. November 2008 für wirksam. Der Kläger habe im Vorfeld der Kündigung zugegeben, mehrfach Getränke aus den Trolleys der C konsumiert zu haben (Beweis: Zeuge I). Auch die in seinem PKW gefundenen Gegenstände seien entwendet worden und begründeten die erklärte Kündigung. Jedenfalls falle ein entsprechender Verdacht auf den Kläger. Das Recht zur Kündigung sei auch nicht durch die Abmahnung vom 23. Oktober 2008 verbraucht, weil am 23. Oktober 2008 der Werkschutzbericht entgegen dem Wortlaut der Abmahnung noch nicht vorlag und man durch ihn erst das wahre Ausmaß der Unregelmäßigkeiten erkannt habe.

Die Kündigung sei auch begründet, weil der Kläger nur in dem Betrieb auf dem Flughafengelände arbeiten könne, ihm die Zugangsberechtigung aber entzogen worden sei.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. August 2010 – 19/5 Ca 8318/08 – abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil im Umfang der Berufung. Er behauptet, er habe sich nichts zu Schulden kommen lassen, was eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertige. Nur einmal vor längerer Zeit habe er eine angebrochene Flasche Wasser aus einem Trolley der LSG ausgetrunken. Auch die durchgeführte Beweisaufnahme hätte nichts anderes erwiesen. Der Werkschutzbericht der C habe der Beklagten spätesten am 23. Oktober 2008 vorgelegen. Deshalb seit mit der Abmahnung vom selben Tage das Kündigungsrecht verbraucht unabhängig davon, dass auch die zitierte Abmahnung wegen formeller Mängel aus seiner Personalakte zu entfernen sei.

Es sei die Aufgabe der Beklagten, sich um die Rückgabe des Flughafenausweises zu kümmern. Die Kündigung könne deshalb auch nicht auf die Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung gestützt werden. Außerdem könne er, der Kläger, wie bereits geschehen, auch im Betrieb der Beklagten in Kelsterbach beschäftigt werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift der Berufungsverhandlung vom 15. Februar 2011 Bezug genommen.

Die gemäß den §§ 8 Abs. 2 ArbGG; 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 ArbGG) keinen Bedenken. Sie ist nach Maßgabe der im Tatbestand mitgeteilten Daten form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG; 517, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache ist die Berufung der Beklagten überwiegend unbegründet.

Die Kündigung der Beklagten vom 10. November 2008 ist sowohl als außerordentliche wie auch als hilfsweise ordentliche Kündigung unwirksam. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt.

Der Kläger hat nach rechtzeitiger Klageerhebung im Sinne des zweifelsfrei anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes Anspruch auf die entsprechende Feststellung (§ 626 BGB; §§ 1 Abs. 1; 1 Abs. 2; 4; 23 Abs. 1 KSchG).

Der Beklagten stehen keine Kündigungsgründe zur Seite, denn es liegen weder Tatsache vor, aufgrund derer der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zu Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (§ 626 Abs. 1 BGB), noch kann sich die Beklagte auf verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigungsgründe für die vorsorglich ausgesprochene ordentliche Kündigung stützen (§ 1 Abs. 2 KSchG).

Die Beklagte kann dem Kläger kein erwiesenes Fehlverhalten vorwerfen („Tatkündigung“), das einen auch nur hinreichenden Kündigungsgrund abgeben würde. Dies könnte angenommen werden, wenn der Kläger tatsächlich mehrfach, d. h. immer wieder über einen gewissen Zeitraum, wie die Beklagte behauptet, Getränke aus dem Eigentum der C konsumiert hätte. Die Beklagte konnte aber nicht beweisen, dass der Kläger dies tatsächlich getan hat. Eingeräumt hat er nur ein einmaliges Leertrinken einer angebrochenen Wasserflasche aus dem Bestand der C zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit. Auch wenn der Beklagten zugestanden werden kann, dass sie peinlich genau darauf achten muss, dass auch nicht die geringsten Unregelmäßigkeiten vorkommen dürfen, um ihr Auftragsverhältnis zur C nicht zu gefährden, ist der eingeräumte Konsum einer angebrochenen Wasserflasche irgendwann in der Vergangenheit auch bei Anlegen strengste Maßstäbe nicht ansatzweise geeignet, dass Vertrauen in die Loyalität des Klägers derart zu erschüttern, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar wäre. Wie bereits das Arbeitsgericht festgestellt hat, ist der Wert einer angebrochenen Wasserflasche nicht messbar. Sie wäre auch von der C als Auftragsgeberin der Beklagten nicht weiter zu verwerten. Die C hätte sie bei Rückgabe entsorgen müssen. Vor diesem Hintergrund bleibt das eingeräumte Fehlverhalten des Klägers marginal und kündigungsrechtlich irrelevant.

Auch die Gegenstände, die bei der Durchsuchung des PKWs gefunden wurden, rechtfertigen keine Tatkündigung. Die Beklagte kann die Behauptung des Klägers nicht widerlegen, es habe sich bei den gefundenen Zahnstochern, den Kugelschreibern und den Servietten um Werbegeschenke gehandelt.

Grundsätzlich kann aber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die erkennende Kammer folgt, nicht nur eine erwiesene Vertragsverletzung, sondern schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigten Arbeitnehmer darstellen, wobei dahingestellt bleiben mag, ob diese Art der Kündigung als Fall der personenbedingten oder der verhaltensbedingten Kündigung einzuordnen ist (vgl. dazu KR-Fischermeier, 9. Aufl. 2009, § 626 BGB Rz 21 und zur Rechtsfigur de Verdachtskündigung allgemein z. B. BAG vom 23. Juni 2009, NZA 2009, 1136; BAG vom 06. September 2007 – 2 AZR 264/06 – zitiert nach juris; BAG vom 10. Februar 2005, NZA 2005, 1056; BAG vom 03. Juli 2003, NZA 2004, 307). Das Schrifttum und die Instanzgerichte sind dem weitgehend gefolgt (vgl. z. B. LAG Köln vom 14. September 2007 – 11 Sa 259/07 – zitiert nach juris; LAG Niedersachsen vom 08. Juni 2004, NZA-RR 2005, 24; LAG Rheinland-Pfalz vom 27. Januar 2004, NZA-RR 2004, 473; Hess. LAG vom 30. März 2000, NZA-RR 2000, 526; KR-Fischermeier, aaO., § 626 Rz 227 ff.; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl. 2011, § 626 BGB Rz 173 ff.; APS-Dörner, 3. Aufl. 2007, § 626 BGB Rz 345 ff. und 368 ff.; Lücke, BB 1997, 1842; Quecke, ZTR 2003, 10).

Der Zulässigkeit der Verdachtskündigung steht auch die in Art. 6 Abs. 2 MRK verankerte Unschuldsvermutung nicht entgegen, denn diese bindet unmittelbar nur den Richter, der über die Begründetheit der Anklage zu entscheiden hat (BAG vom 14. September 1994, AP Nr. 24 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlungen; ErfK/Müller-Glöge, aaO., Rz 176; a.A. Deinert, AuR 2005, 292).

Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung damit begründet, gerade der Verdacht eines noch nicht erwiesenen strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Der Verdacht einer strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf nicht enthalten ist. Bei der Tatkündigung ist für den Kündigungsentschluss maßgebend, dass der Arbeitnehmer nach der Überzeugung des Arbeitgebers die strafbare Handlung bzw. Pflichtverletzung tatsächlich begangen hat und dem Arbeitgeber aus diesem Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Demgegenüber kann eine Verdachtskündigung gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen hat, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (ständigeRechtsprechung, vgl. z. B. BAG vom 23. Juni 2009, NZA 2009, 1136; BAG vom 13. März 2008, AP Nr. 43 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlungen; BAG vom 27. November 2008, NZA 2009, 604; BAG vom 13. September 1995, BAGE 81, 27; KR-Griebeling, aaO., § 1 KSchG Rz 393 e). Der dringende Tatverdacht muss sich mithin auf jeden Fall auf eine Straftat zu Lasten des Arbeitgebers oder eine grobe arbeitsvertragliche Pflichtverletzung beziehen, die einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB darstellen.

Im vorliegenden Fall begründet der Fund der beschriebenen Artikel im PKW des Klägers nicht den Verdacht einer groben Vertragsverletzung im oben angeführten Sinne. Es gibt dafür keine starken Verdachtsmomente, die auf objektiven Tatsachen Gründen. Die Beklagte hat keine Anhaltspunkte für ihre entsprechende Vermutung vorbringen können. Nach der Art und der Menge der gefundenen Artikel erscheint die Einlassung des Klägers, es habe sich um Werbegeschenke gehandelt, die er anderweitig erhalten habe, genauso nachvollziehbar wie die gegenteilige Vermutung der Beklagten. Dann kann aber von einem dringenden Verdacht einer schweren Vertragsverletzung nicht die Rede sein.

Die Kündigung kann auch nicht auf den Verdacht gestützt werden, der Kläger habe mehrfach immer wieder Getränke aus den Beständen der C konsumiert, statt sie zurückzugeben. Daran ist nur zweifelsfrei, dass der Werkschutz am 15. Oktober 2008 entsprechende Getränkeflaschen und andere Lebensmittel in der Trolley-Werkstatt gefunden hat, in der der Kläger arbeitet. Daraus ist nicht der Verdacht herzuleiten, der Kläger habe in der Vergangenheit mehrfach solche Getränke konsumiert. Die Beklagte kann ihren Verdacht auch nicht darauf stützen, dass der Kläger den Konsum solcher Getränke angeblich vorgerichtlich eingeräumt habe. Selbst wenn dies so war, könnte das aus der Sicht der Berufungskammer keinen auf objektive Tatsache gestützten Verdacht für eine grobe Pflichtverletzung begründen. Die Einlassung des „Beschuldigten“ selbst ist keine solche Tatsache. Ein bindendes Geständnis im Rechtssinn (§ 288 ZPO) kann die Einlassung nicht sein, weil sie nicht in einem Prozess erfolgt wäre. Ein formloses „Zugeständnis“ entfalten keine Bindungswirkung. Wird es – so die Beklagte – später widerrufen, mag dies Zweifel an der Aufrichtigkeit des Betreffenden nähren. Sich widersprechende Einlassungen sind aber ohne weitere Tatsachen allein nicht geeignet, einen so starken Verdacht auf den Betreffenden zu lenken, dass daraus der hinreichende Verdacht einer groben Vertragsverletzung hergeleitet werden könnte, der die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. Deshalb kommt es aus der Sicht der Berufungskammer weder auf die Aussagen der im ersten Rechtszug dazu vernommenen Zeugen an noch auf die Vernehmung des im zweiten Rechtszug noch angebotenen Zeugen I.

Unabhängig davon hat die Beklagte ihr Kündigungsrecht wegen der am 15. Oktober 2008 bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten mit der Abmahnung vom 23. Oktober 2008 verbraucht. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Abmahnung in der Regel zugleich auf das Recht zu Kündigung aus den Gründen verzichtet, wegen derer die Abmahnung erfolgt ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Abmahnung selbst oder den Umständen zu entnehmen ist, dass der Arbeitgeber die Sache mit der Abmahnung nicht als „erledigt“ ansieht. Ansonsten erlischt mit dem Verzicht das Recht zur Kündigung (vgl. statt vieler BAG vom 13. Dezember 2007, NZA 2008, 403 m. w. N.).

Danach liegt im vorliegenden Fall ein Kündigungsverzicht vor. Die Beklagte hat dem Kläger am 23. Oktober 2008 eine Abmahnung erteilt. Diese bezieht sich auf den Fund von Genussmitteln und Getränken in der Trolley-Werkstatt am 15. Oktober 2008. Aus dem von der Beklagten vorgelegten Gesprächsprotokoll vom 15. Oktober 2008 (Bl. 263 d. A.) geht hervor, dass der Verdacht der Begehung von entsprechenden Delikten durch den Kläger bereits im Raum stand. Das Protokoll enthält den Hinweis, dass der Kläger von einem Kollegen beschuldigt wurde. Wenn dann die Beklagte lediglich eine Abmahnung ausspricht, gibt sie zu erkennen, dass sie aus dem Vorwurf bzw. Verdacht keine weitergehenden Konsequenzen ziehen werde. Das Abmahnungsschreiben erfolgte insoweit vorbehaltlos.

Der letzte Satz der Abmahnung unterstreicht diese Beurteilung noch deutlich. Darin hat sich die Beklagte vorbehalten, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt werden wird, wenn „in der Werkstatt noch einmal Gegenstände der C gefunden werden“. Damit ist endgültig klar, dass die Beklagte dem Kläger eine Kündigung nur für den Fall der Widerholung solcher „Unregelmäßigkeiten“ in der Werkstatt in Aussicht gestellt hat. Daran muss sie sich festhalten lassen.

Die Beklagte kann dem auch nicht entgegenhalten, sie habe erst nach Erteilung der Abmahnung durch den Werkschutzbericht vom wahren Ausmaß der „Unregelmäßigkeiten“ erfahren. Wenn die Beklagte abmahnt, obwohl sie, wie im Rechtstreit zugestanden, noch nicht genau informiert war, geht dies zu ihren Lasten. Die „Selbstbindung“ in Bezug auf einen Kündigungsverzicht wird durch die angeblich unvollständige Kenntnis der Sachlage nicht aufgehoben.

Die Beklagte kann ihre Kündigung auch nicht auf den Umstand stützen, dass die LSG als ihre Auftraggeberin dem Kläger den Zugang zum Flughafengelände untersagt und seinen Flughafenausweis eingezogen hat. Die C hat damit ihrem Willen Ausdruck gegeben, den Kläger nicht mehr für die Beklagte arbeiten lassen zu wollen.

Es ist anerkannten Rechts, dass dann, wenn ein Geschäftspartner oder Kunde des Arbeitgebers unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangt, die entsprechende Drucksituation einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung (oder einen Grund für die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung) ergeben kann (vgl. statt vieler LAG Rheinland-Pfalz vom 16. März 2010, – 3 Sa 733/09 -, zit. nach juris). Liegen – wie im vorliegenden vergleichbaren Fall – keine Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers vor, die das Entlassungsverlangen sachlich rechtfertigen, kann eine Druckkündigung aus betriebsbedingten Gründen in Frage kommen (BAG vom 31. Januar 1996, NZA 1996, 581; BAG vom 04. Oktober 1990, AP Nr. 12 zu § 626 BGB Druckkündigung; BAG vom 19. Juni 1986, AP Nr. 33 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Dabei reicht das bloße Verlangen Dritter nicht ohne Weiteres aus, eine Kündigung zu rechtfertigen. Vielmehr hat sich der Arbeitgeber bei Fehlen eines objektiven Kündigungsgrundes zunächst schützend vor den Arbeitnehmer zu stellen und alles Zumutbare zu versuchen, den Dritten von seinem Verlangen abzubringen (vgl. BAG, aaO.; KR/Fischermeier, 9. Auflage 2009, § 626 BGB Randziffer 206; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl. 20011, § 626 BGB Randziffer 185 m. w. N.; LAG Rheinland-Pfalz, aaO.).

Dies hat die Beklagte im vorliegenden Fall versäumt. Sie hat im Gegenteil sogar die Ansicht vertreten, es sei die Aufgabe des Klägers, sich darum zu kümmern, seine Zugangsberechtigung zum Flughafengelände wieder zu erlangen. Ob die Beklagte daneben auch verpflichtet war, den Kläger – weiter – in ihrem Betrieb in Kelsterbach, also außerhalb des Flughafengeländes – zu beschäftigen, um dem „Druck“ auszuweichen, kann deshalb dahinstehen.

Auch die dem Kläger am 23. Oktober 2008 erteilte Abmahnung ist unwirksam. Die Abmahnung ist ihrem Inhalt nach nicht hinreichend bestimmt. Hierzu hat das Arbeitgericht bereits das Notwendige gesagt. Die Berufungskammer macht sich die entsprechenden Passagen des arbeitgerichtlichen Urteils zu Eigen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie.

Die ihrer Höhe nach unstreitige Vergütung für den Zeitraum November 2008 bis Juli 2009 steht dem Kläger aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges zu (§§ 615 Satz 1; 293, 296 BGB). Die Beklagte befindet sich seit dem Zeitpunkt des Zugangs der schriftlichen außerordentlichen Kündigung vom 10. November 2008 in Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung. Es kann dahinstehen, ob der Kläger bereits ab jenem Zeitpunkt seine Arbeitskraft tatsächlich oder mindestens wörtlich angeboten hat. Gemäß § 296 BGB war ein Angebot der Arbeitsleistung entbehrlich. Die Beklagte hat die von ihr vorzunehmende Handlung, für die eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, nicht rechtzeitig vorgenommen. Die Beklagte hat dem Kläger nach dem Ausspruch der Kündigung keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz mehr zur Verfügung gestellt und ihm Arbeit zugewiesen.

Dem Kläger gereicht es dabei nicht zum Nachteil, dass er bislang keine Zugangsberechtigung zum Flughafengelände besitzt und somit seine Arbeitskraft nicht am Arbeitsplatz anbieten kann. Dieses Leistungshindernis schließt den Verzugslohnanspruch des Klägers nicht aus. Die Beklagte trägt insoweit das Risiko des Arbeitsausfalls, § 615 Satz 3 BGB. Ein vom Arbeitnehmer nicht zu vertretendes faktisches Hausverbot durch den Auftraggeber, in dessen Räumen die einzige vom Arbeitnehmer wahrzunehmende Beschäftigungsmöglichkeit besteht, ist nach den durch die sogenannte Betriebsrisikolehre entwickelten Grundsätzen dem Risikobereich des Arbeitsgebers zuzuordnen. Dementsprechend bleibt der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers unter Annahmeverzugsgesichtspunkten und trotz Leistungshindernisses bestehen (vgl. Parallelfall Hessisches Landesarbeitsgericht vom 30. März 2009 – 17 Sa 1308/08 -, zitiert nach juris; offen gelassen noch BAG vom 18. September 2008 – 2 AZR 1060/06 -, zitiert nach juris). Das Leistungshindernis stammt dann aus der Sphäre des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber trägt das Risiko, einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können. Es ist daher seinem Risikobereich zuzuordnen, wenn die Beschäftigung deshalb nicht erfolgen kann, weil sein Auftraggeber und Vertragspartner, auf dessen Gelände die Arbeitsleistung zu erbringen ist, einzelnen Arbeitnehmern den Zutritt zum Betriebsgelände und zu ihrem Arbeitsplatz verwehrt, sofern dies von ihnen nicht zu vertreten ist. Entscheidend ist, dass die faktische Möglichkeit des Dritten, auf die Beschäftigungsmöglichkeit des Personals des Arbeitgebers einzuwirken, in dem zwischen Arbeitgeber und Drittem bestehendem Vertragsverhältnis und der unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers begründet ist, seine Dienstleistungen und damit auch die Beschäftigung seiner Arbeitnehmer ausschließlich in Räumen bzw. auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers zu erbringen.

Der Zinsanspruch des Klägers für seine Annahmeverzugsvergütung ist im Umfang der Berufung aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet (§§ 288, 286 BGB).

Keinen Anspruch hat der Kläger entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts auf die vorläufige Weiterbeschäftigung. Insoweit ist die Berufung begründet.

Dieses Klagebegehren ist auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Der Beklagten ist es z. Zt. objektiv unmöglich, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits vertragsgemäß weiterzubeschäftigen. Sie ist damit nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leistung frei (BAG vom 13. Juni 1990, EzA Nr. 44 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; Hessisches Landesarbeitsgericht vom 30. März 2009, aaO.). Eine vertragsgemäße Beschäftigung als Monteur kann nur in den Räumen der Beklagten auf dem Flughafengelände erfolgen. Hierzu verfügt der Kläger z. Zt. über keine Zugangsberechtigung. Solange ihm dies nicht erteilt ist, kann die Beklagte ihn nicht vertragsgemäß einsetzen.

Der Kläger kann auch nicht in der zweiten Betriebsstätte der Beklagten in Kelsterbach eingesetzt werden. Die Beklagte hat dort nach unbestrittenem Vortrag einen zertifizierten Betrieb für die Reparatur und Instandhaltung von Luftgeräten und Teilen von Luftfahrtgeräten. Hierzu hat die Beklagte geeignetes Personal einzusetzen, auszubilden und zu schulen. Die interne Schulung wird vom Luftfahrtbundesamt als geeignet abgenommen. Lediglich im Bereich der Trolleyreparatur, bei der der Kläger eingesetzt ist, wird eine solche Qualifizierung nicht verlangt. Der Kläger hat nach unstreitigem Vortrag der Beklagten die zitierte Qualifikation nicht. Er hat sich bei einem probeweisen Einsatz dort als ungeeignet erwiesen.

Der Kläger konnte dem nur entgegenhalten, dass er schon zeitweise im Betrieb in Kelsterbach gearbeitet habe. Dies steht dem Vortrag der Beklagten zu seiner fehlenden Qualifikation und Eignung aber nicht entgegen. Der Beklagten ist es auch nicht zuzumuten, den Kläger weiter zu bilden und zu qualifizieren, nur um einer Weiterbeschäftigungspflicht zu genügen. Der Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung im Kündigungsschutzprozess soll den bisherigen Arbeitsplatz sichern helfen. Er ist nicht dazu vorgesehen, Arbeitnehmer für andere Arbeitsplätze zu qualifizieren.

Die Parteien haben die Kosten des Berufungsverfahrens nach Maßgabe ihres jeweiligen Unterliegens zu tragen (§ 92 Abs. 1 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

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