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Abschleppkosten in NRW

1. Verwaltungsgebühr für Abschleppen verfassungsgemäß?

2. Leerfahrtenberechnung rechtmäßig?


OVG NRW

Az.:5 A 2625/00

Urteil vom 28.11.2000

Vorinstanz: VG Gelsenkirchen – Az.: 17 K 4875/98


Leitsätze:

1. Die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für das Abschleppen von Kraftfahrzeugen gemäß § 77 VwVG NRW, § 7 a Abs. 1 Nr. 7 bzw. Abs. 2 Buchst. a KostO NRW ist verfassungsgemäß:

2. Für die Gebührenbemessung ist grundsätzlich unerheblich, ob das Abschleppen im Wege der Ersatzvornahme oder als Sicherstellung erfolgt.

3. Berücksichtigungsfähig bei der Gebührenbemessung sind alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Abschleppen von Kraftfahrzeugen im Wege der Ersatzvornahme oder Sicherstellung entstehen, mit Ausnahme der von § 11 Abs. 2 Nr. 7 bzw. Nr. 8 Kost0 NRW erfassten Auslagen.

4. Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz, wenn für sogenannte Leerfahrten dieselbe Regelgebühr wie für „normale“ Abschleppmaßnahmen erhoben wird.

Der Beklagte beauftragte ein Abschleppunternehmen, um das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug des Klägers abschleppen zu lassen. Vor Beendigung der Abschleppmaßnahme kehrte der Kläger zu seinem Fahrzeug zurück und entfernte es selbst. Der Beklagte forderte von dem Kläger die vom Abschleppunternehmen in Rechnung gestellten Kosten für die Leerfahrt in Höhe von 155,25 DM sowie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 160,– DM. Gegenstand des Berufungsverfahrens war allein die Verwaltungsgebühr. Das OVG hielt die Gebühr im Grundsatz für rechtmäßig, reduzierte aber deren Höhe auf 148,– DM.

Aus den Gründen:

1. Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist § 7 a Abs. 1 Nr. 7 bzw. § 7 a Abs. 2 Buchst. a) der Kostenordnung in der Fassung vom 12.8.1997 (GV.NRW. S. 258) – KostO NRW -. Danach ist für das Abschleppen eines zugelassenen Kraftfahrzeugs im

Wege der Ersatzvornahme eine Gebühr von 50,– bis 300,– DM bzw. für die Sicherstellung einer Sache eine Gebühr von 10,– bis 500,– DM zu erheben. Ob die in Rede stehende Abschleppmaßnahme als Ersatzvornahme oder als Sicherstellung zu qualifizieren ist, bedarf = wie noch darzulegen ist -keiner Entscheidung.

a) Die Gebührentatbestände des § 7 a Abs. 1 Nr. 7 bzw. § 7 a Abs. 2 Buchst. a) KostO NRW sind mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie beruhen auf der Ermächtigungsgrundlage des § 77 VwVG NRW. Nach dessen Abs. 1 können für Amtshandlungen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz von dem Vollstreckungsschuldner oder -pflichtigen nach näherer Bestimmung einer Kostenordnung Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben werden. § 77 Abs. 2 S. 1 VwVG NRW ermächtigt das Innenministerium und das Finanzministerium, durch Rechtsverordnung die Kostenordnung zu erlassen. Für Amtshandlungen im Zusammenhang mit einer Ersatzvornahme können Verwaltungsgebühren vorgesehen werden, die durch feste Sätze, durch Rahmensätze oder durch eine Pauschale zu bestimmen sind (§ 77 Abs. 2 Sätze 5 und 6 VwVG NRW). Für die Sicherstellung und Verwahrung können ebenfalls Verwaltungsgebühren vorgesehen werden, die durch feste Sätze oder Rahmensätze zu bestimmen sind (§ 77 Abs. 2 S. 10 VwVG NRW). In den Fällen der Ersatzvornahme, der Sicherstellung und der Verwahrung berücksichtigen die Gebührensätze den durchschnittlichen Verwaltungsaufwand (§ 77 Abs. 3 S. 2 VwVG NRW).

b) Die Ermächtigungsgrundlage des § 77 Abs. 2 Sätze 1, 2, 5, 6, 10 und Abs. 3 S. 2 VwVG NRW verstößt entgegen verschiedentlich geäußerten Bedenken nicht gegen höherrangiges Recht.

aa) Die für Ersatzvornahmen und Sicherstellungen vorgesehene Gebühr widerspricht nicht dem verfassungs- und bundesrechtlichen Abgabensystem. Der Begriff der Gebühr ist weder bundesgesetzlich vorgegeben noch verfassungsrechtlich abschließend geprägt. Unter Gebühren werden allgemein öffentlich-rechtliche Geldleistungen verstanden, die – in Abgrenzung zur Steuer – aus Anlass individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kostenganz oder teilweise zu decken. Dem Gebührengesetzgeber steht ein weiter Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zu, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen und welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen will.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6.2.1979 – 2 BvL 5/76 -, BVerfGE 50, 217, 225 f. m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 12.10.1994 – 1 BvL 19/90 -, BVerfGE 91, 207, 223.

Die gebührenpflichtige Leistung muss allerdings an eine besondere Verantwortlichkeit der in Anspruch genommenen Personen anknüpfen; diese Verantwortlichkeit muss aus der Sache selbst ableitbar sein.

BVerfG, Urteil vom 12.10.1994, a.a.O.

Die Verwaltungsgebühr für Ersatzvornahmen und Sicherstellungen genügt diesen Anforderungen an eine Gebühr. Die Gebührenpflicht knüpft an die Pflicht zur Gefahrenbeseitigung der polizeirechtlich Verantwortlichen an (vgl. §§ 4 und 5 PolG NRW i.V.m. §§ 52 Abs. 2 S. 1, 50 Abs. 2, 46 Abs. 3 S. 1 PolG NRW). Dem Begriff der Gebühr widerspricht es nicht, dass die Leistung, die die Behörde sich „entgelten“ lassen will, der Beseitigung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dient und damit in erster Linie im öffentlichen Interesse erbracht wird. Es genügt, wenn eine Verwaltungstätigkeit dem Gebührenschuldner „individuell zurechenbar“ ist, unabhängig davon, ob sie für den Betroffenen konkret nützlich ist oder, nicht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.8.1991 – 8 C 37.90 -, NJW 1992, 2243, 2244, Urteil vom 22.10.1992 – 3 C 2.90 -, Buchholz 442.16 § 29 d StVZO Nr. 3, Urteil vom 3.3.1994 — 4 C 1.93 -, BVerwGE 95, 188; 200 f .

bb) Die Ermächtigungsgrundlage des § 77 VwVG NRW entspricht auch den sich aus Art. 70 LV NRW ergebenden Anforderungen. Der Gesetzgeber hat insbesondere Zweck, Inhalt und Ausmaß dieser Ermächtigung selbst bestimmt und insoweit Tendenz und Programm der Rechtsverordnung umrissen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.3.1989 – 1 BvR 1033/82 und 174/84 -, BVerfGE 80, 1, 20 f., Beschluss vom 7.11.1991 – 1 BvR 1469/86 -, BVerfGE 85, 97, 104 f.

Es genügt, dass Zweck, Inhalt und Ausmaß der gesetzlichen Ermächtigung durch Auslegung zu ermitteln sind.

BVerfG, Beschluss vom 12.11.1958 – 2 BvL 4/56 u. a. -, BVerfGE 8, 274, 307 ff.; BVerwG, Urteil vom 6.10.1967 – 7 C 142.66 -, BVerwGE 28, 36, 45, Urteil vom 3:3.1994 – 4 C 1.93 -, BVerwGE 95, 188, 198, Urteil vom 1.3.1996 – 8 C 29.94 -, BVerwGE 100, 323, 326.

Das ist hier der Fall. Der Umfang der gesetzlichen Ermächtigung ist hinreichend bestimmt. Es sollen Gebühren für Amtshandlungen im Zusammenhang mit einer Ersatzvornahme erhoben werden können. Die bewusst weit gefasste Formulierung „für Amtshandlungen in Zusammenhang mit“ (§ 77 Abs. 2 S. 5 VwVG NRW) soll es ermöglichen, sämtliche Kosten, die bei der Ersatzvornahme entstehen, in die Gebühr einzubeziehen.

Vgl. LT-Drs. 12/1449, S. 16.

Dazu gehören neben den Kosten der Androhung und Festsetzung der Ersatzvornahme auch die Personal- und üblichen Sachkosten für den administrativen Aufwand im Innendienst bei der Anwendung der Ersatzvornahme. Die Begründung zum Regierungsentwurf er wähnt beispielhaft die Kosten für das Einholen von Angeboten, für die Bearbeitung der Angebote, für die Entscheidung, für die Auftragserteilung, für die Erstellung des Leistungsbescheids und für die Vor-Ort-Tätigkeit der Bediensteten bei der Durchführung der Ersatzvornahme. Für die Sicherstellung gilt Entsprechendes. Zwar wiederholt § 77 Abs. 2 S. 10 VwVG NRW für die Sicherstellung nicht ausdrücklich die Formulierung „für Amtshandlungen in Zusammenhang mit“, verweist aber auf die Regelungen für die Ersatzvornahme durch die Bezugnahme „ebenfalls“. Ein sachlicher Grund, bei der Sicherstellung nicht gleichfalls alle im Zusammenhang mit der Sicherstellung entstehenden Kosten zu berücksichtigen, ist nicht ersichtlich. Die Begründung zum Regierungsentwurf spricht daher auch von einer „entsprechenden“ gesetzlichen Legitimation.

Vgl. LT-Drs. 12/1449, S. 16.

Darüber hinaus sieht § 77 Abs. 3 S. 2 VwVG NRW für die Gebührensätze in den Fällen der Ersatzvornahme und der Sicherstellung als einheitlichen Maßstab vor, dass der durchschnittliche Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen ist.

Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, die Gebührenhöhe oder einen Gebührenrahmen zahlenmäßig festzulegen. Hiervon darf er sich gerade bei Angabe näherer Berechnungskriterien entlasten. Das Bestimmtheitsgebot soll nicht gleichsam pfenniggenaue Vorausberechenbarkeit der Gebühren gewährleisten, sondern hat lediglich die Funktion, Gebührentatbestände auszuschließen, die infolge ihrer Unbestimmtheit den Behörden die Möglichkeit einer rechtlich nicht hinreichend überprüfbaren willkürlichen Handhabung eröffnen. Die dem Sachbereich des Gebührenrechts anhaftende Eigenart – u. a. Erfordernis für flexible und häufige Anpassungen der Gebührensätze rechtfertigt darüber hinaus zusätzlich, die Festlegung der Gebührenhöhe im Einzelnen dem Verordnungsgeber bzw. innerhalb eines bestimmten Rahmens der zuständigen Behörde zu überlassen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 2.7.1969 – 4 C 68.67 -, Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 6, Urteil vom 1.3.1996 – 8 C 29.94 -, BVerwGE 100, 323, 326 f.

Der Verordnungsgeber ist auf Grund der in §77 VwVG NRW normierten Maßstäbe ohne Weiteres in der Lage, den ihm vorgegebenen und erkennbaren gesetzgeberischen Willen sinnvoll zu konkretisieren.

cc) Von dieser Ermächtigung haben das Innenministerium und das Finanzministerium durch Erlass der Kostenordnung NRW Gebrauch gemacht. Die Regelungen des § 7 a Abs. 1 Nr. 7 und § 7 a Abs. 2 Buchst. a) Kost0 NRW halten sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage.

2. Die Gebühr gemäß § 7 a Abs. 1 Nr. 7 a bzw. § 7 Abs. 2 Buchst. a) Kost0 NRW ist zu erheben, wenn eine rechtmäßige Ersatzvornahme bzw. eine rechtmäßige Sicherstellung vorliegt. Das VG hat die Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme im Ergebnis zutreffend bejaht.

Die Abschleppmaßnahme hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 8 Abs. 1, 50 Abs. 2, 51 Abs. 1 Nr. 1, 52 PolG NRW bzw. § 43 Nr. 1 PolG NRW.

Entgegen der Auffassung des VG hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 77 VwVG NRW durch Gesetz vom 18.3.1997 (GV.NRW., S. 50) keine Regelung des Inhalts getroffen, dass Abschleppmaßnahmen

(ausschließlich) im Wege der Ersatzvornahme und nicht (auch) als Sicherstellung durchgeführt werden können. § 77 VwVG NRW enthält lediglich eine allgemeine Ermächtigung an die Exekutive, eine Rechtsverordnung mit Gebührenregelungen für Ersatzvornahmen und Sicherstellungen zu erlassen, ohne zu normieren, unter welchen Voraussetzungen oder in welchen Fällen eine Ersatzvornahme oder eine Sicherstellung vorliegt. Als gebührenrechtliche Ermächtigungsnorm wäre § 77 VwVG NRW hierfür auch der systematisch falsche Standort. Das Gebührenrecht knüpft lediglich kostenrechtliche Konsequenzen an die nach dem Polizei- bzw. Verwaltungsvollstreckungsrecht zu beurteilenden Amtshandlungen. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des § 77 VwVG NRW ergibt sich nichts anderes. Die Gesetzesbegründung erwähnt lediglich das „Abschleppen von Kraftfahrzeugen“ als ein Beispiel für massenhaft vorkommende Ersatzvornahmen,

LT-Drs. 12/1449, S. 1,

ohne auszuschließen, dass Abschleppmaßnahmen auch als Sicherstellungen zu qualifizieren sein könnten. Der Gesetzesbegründung sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die vom erkennenden-. Senat bislang offen gelassene Frage der rechtlichen Einordnung von Abschleppmaßnahmen entschieden werden sollte. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass in der Kostenordnung NRW das Abschleppen von Kraftfahrzeugen zwar im Rahmen der Gebührensätze für Ersatzvornahmen als eigenständiger Gebührentatbestand aufgeführt wird, nicht hingegen bei der Sicherstellung von Sachen. Abgesehen davon, dass dieser Unterschied gebührenrechtlich nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung ist (dazu noch unten), fehlt. dem (lediglich) zu einer Gebührenregelung ermächtigten Verordnungsgeber die Regelungsbefugnis, die gesetzlich normierten Voraussetzungen für Ersatzvornahmen und Sicherstellungen zu ändern bzw. festzulegen, welche Fallgruppen als Ersatzvornahme oder Sicherstellung zu qualifizieren sind.

Ob die hier in Rede stehende Abschleppmaßnahme als Sicherstellung nach § 43 Nr. 1 PolG NRW oder als Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel (§§ 8 Abs. 1, 50 Abs. 2, 51 Abs. 1 Nr. 1, 52 PolG NRW) anzusehen ist; bedarf unter polizeirechtlichem Gesichtspunkt keiner Entscheidung; denn die Abschleppanordnung ist nach beiden Alternativen rechtmäßig. Die in den vorgenannten Vorschriften vorausgesetzte gegenwärtige bzw. konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Im Zeitpunkt des Einschreitens des Beklagten lag ein Verstoß gegen § 12 Abs. 4 S. 1 StVO vor, weil der Kläger sein Fahrzeug – unter Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer – auf dem Geh- bzw. Radweg abgestellt hatte. Das VG hat im Einzelnen zutreffend dargelegt, dass sowohl Rad- als auch Gehweg hinreichend deutlich erkennbar waren und dass die Anordnung der Entfernung des Fahrzeugs auch verhältnismäßig war. Auf diese Ausführungen, die durch das zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers nicht entkräftet worden sind, kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden (§ 130 b VwGO).

3. Die Höhe der erhobenen Verwaltungsgebühr für das Abschleppen des Fahrzeugs des Klägers ist rechtlich nur insoweit zu beanstanden, als sie den Betrag von 148,– DM (120,– DM Personalkosten und 28,– DM Sachkosten) übersteigt.

a) Die Bemessung der für das Abschleppen des Fahrzeugs zu erhebenden Gebühr liegt im nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Ermessen der Behörde.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30.11.1988, – 9 A 1129/88 -.

Auch für die Gebührenbemessung ist unerheblich, ob das Abschleppen im Wege der Ersatzvornahme oder als Sicherstellung erfolgte. Für das Abschleppen von zugelassenen Fahrzeugen im Wege der Ersatzvornahme ist eine Rahmengebühr von 50,– bis 300,– DM vorgesehen, für die Sicherstellung von Sachen eine Rahmengebühr von 10,– bis 500,– DM. Ist eine Abschleppmaßnahme als Sicherstellung zu qualifizieren, wird sich die Behörde ebenfalls an dem engeren, speziell auf das Abschleppen von Kraftfahrzeugen zugeschnittenen Gebührenrahmen von 50,-bis 300,– DM zu orientieren haben. Denn es besteht mit Blick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG kein sachlicher Grund dafür, für den gleichen durchschnittlichen Verwaltungsaufwand beim Abschleppen eines Kraftfahrzeuges eine unterschiedliche Gebühr je nach zu Grunde liegender Rechtsgrundlage zu erheben.

Gemäß § 77 Abs. 3 S. 2 VwVG NRW haben die Gebührensätze in den Fällen der Ersatzvornahme und der Sicherstellung den durchschnittlichen Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen. Diese Regelung ist nicht nur Maßstab für den Verordnungsgeber bei der Festlegung des Gebührenrahmens, sondern muss – folgerichtig auch bei der Ausfüllung des Gebührenrahmens der Gebührenbemessung zu Grunde gelegt werden.

Zur Pauschalierung nach Durchschnittswerten vgl. auch BVerwG, Urteil vom 19.10.1966 – 4 C 99.65 -, BVerwGE 25, 147, 148.

Der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand muss nicht genau ermittelt, sondern nur „berücksichtigt“ werden. Der Gesetzgeber hat mit der Wahl des Wortes „berücksichtigen“ zum Ausdruck gebracht, dass eine exakte Berechnung des Verwaltungsaufwands nicht erforderlich ist

LT-Drs. 12/1449, S. 17.

Der Verwaltungsaufwand kann deshalb – wie hier – von der Behörde auch geschätzt werden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22.,9.1992 – 9 A 1932/00 -.

b) Berücksichtigungsfähig sind alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Abschleppen von Kraftfahrzeugen im Wege der Ersatzvornahme oder Sicherstellung entstehen, mit Ausnahme der von § 11 Abs. 2 Nr. 7 bzw. Nr. 8 Kost0 NRW erfassten Auslagen. Allerdings ist § 7 a Abs. 1 Kost0 NRW sprachlich ungenau formuliert. Einerseits werden Verwaltungsgebühren „für die nachfolgend aufgeführten Amtshandlungen der Vollzugsbehörden im Zusammenhang mit der Ersatzvornahme“ erhoben (S. 1); andererseits greift die, anschließende Tabelle in § 7 a Abs. 1 KostO NRW in der Überschrift nicht den Begriff „Amtshandlung“ auf, sondern spricht vom „Gegenstand“ der Ersatzvornahme. Entsprechend wird auch mit dem unter Nr. 7 aufgeführten „Abschleppen eines zugelassenen Kraftfahrzeuges“, das im Regelfall ein privater, Unternehmer durchführt, nicht eine Amtshandlung bezeichnet, sondern der Ge genstand der Ersatzvornahme umschrieben. Trotz des sprachlich missglückten Bezugs der Worte „nachfolgend aufgeführten“ in § 7 a Abs. 1 S. 1 KostO NRW ist aber eindeutig erkennbar, was der Verordnungsgeber zum Ausdruck bringen wollte. Nach § 7 a Abs. 1 KostO NRW wird – insoweit in Übereinstimmung mit der gleich lautenden Ermächtigungsgrundlage des § 77 Abs. 2 S. 5 VwVG NRW – für alle „Amtshandlungen im Zusammenhang mit einer Ersatzvornahme“ eine Verwaltungsgebühr erhoben, soweit sich die Ersatzvornahme auf einen der Gegenstände in der nachfolgend aufgeführten Tabelle bezieht. Für den Umfang der berücksichtigungsfähigen Kosten im Rahmen der Gebührenerhebung bei der Sicherstellung von Kraftfahrzeugen gilt nach dem oben Ausgeführten nichts anderes. Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten zählen daher nicht nur die Kosten für die Anordnung und Überwachung der Ersatzvornahme bzw. Sicherstellung vor Ort, sondern auch die Personal- und üblichen Sachkosten für den Verwaltungsaufwand im Innendienst bei der Anwendung der Ersatzvornahme bzw. Sicherstellung und bei der Erstellung des Leistungsbescheids.

c) Gegen den der Gebührenbemessung zugrundegelegten durchschnittlichen zeitlichen Verwaltungsaufwand bestehen keine Bedenken. Der Beklagte hat im Einzelnen nachvollziehbar und plausibel die regelmäßige zeitliche Inanspruchnahme der Bediensteten vor Ort, in der Leitstelle und im Innen-/Schreibdienst dargelegt. Der Beklagte war im Rahmen seines Ermessens berechtigt, für die Verwaltungstätigkeit vor Ort einen durchschnittlichen Personalaufwand von 1,5 Personen zu berücksichtigen, weil bei Abschleppmaßnahmen teils 2 Bedienstete eingesetzt sind, teils nur 1 Bediensteter (z.B. Einzelstreife, Kradfahrer). Dieser Zeitansatz berücksichtigt entsprechend § 77 Abs. 3 S. 2 VwVG NRW den durchschnittlichen Verwaltungsaufwand und dient der Verwaltungsvereinfachung. Dass die Gebührenbemessung auch den Verwaltungsaufwand für die Erstellung des Leistungsbescheids berücksichtigt, steht – wie dargelegt – mit § 7 a Abs. 1 Nr. 7 a bzw. § 7 Abs. 2 Buchst. a) KostO NRW im Einklang.

Fehlerhaft ist hingegen der einheitlich zugrundegelegte Stundensatz für den gehobenen Dienst in Höhe von 93,00 DM. Nach den Angaben des Beklagten im Berufungsverfahren entfallen durchschnittlich rund 35 Minuten (etwa 20 Minuten vor Ort und etwa 15 Minuten im Innen-/Schreibdienst) des gesamten Zeitaufwandes von 85 Minuten auf Tätigkeiten des mittleren Dienstes, während die restliche Zeit auf Tätigkeiten des gehobenen Dienstes entfällt. Bei einem Anteil des mittleren Dienstes von somit rund 40 % am gesamten Personalaufwand darf auf der Grundlage des vom Beklagten selbst gewählten Berechnungssystems nicht insgesamt der (höhere) Stundensatz für den gehobenen Dienst zugrundegelegt werden. Ausgehend von den eigenen Prämissen des Beklagten ist vielmehr jeweils anteilig ein Stundensatz von 73,– DM für den mittleren Dienst und ein Stundensatz von 93,– DM für den gehobenen Dienst (Runderlass des Innenministeriums NRW in der hier maßgeblichen Fassung vom 23.7.1997, MBl. NRW. S. 994) anzusetzen. Bei anteiliger Zugrundelegung der vorgenannten Stundensätze betragen die durchschnittlichen Kosten für den Personalaufwand insgesamt rund 120,– DM (50/60 Minuten x 93,– DM = 77,50 DM; 35/60 Minuten x 73,– DM = 42,58 DM; Summe: rund 120,– DM). Der vom Beklagten angesetzte Betrag von 132,– DM für den Personalaufwand ist mithin nach den eigenen Berechnungsgrundlagen um 12,– DM übersetzt.

Der Ansatz für die Sachkosten in Höhe von 28,– DM begegnet keinen Bedenken. Zwar enthalten die Stundensätze für den Personalaufwand bereits einen Sachkostenanteil in Höhe von 9,15 DM für allgemeine Arbeitsplatzkosten.

Vgl. MBl. NRW. 1997- S. 994 f.

Die angesetzten Sachkosten in Höhe von 28,– DM berücksichtigen jedoch die darüber hinaus gehenden Kosten für den Einsatz von technischen Hilfsmitteln (z.B. Kosten für Fahrzeughaltung und -Wartung, Treibstoff, Computer, Drucker, Funkgeräte, Telefon).

Anhaltspunkte, dass der Sachkostenansatz überhöht wäre, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

d) Es verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz, dass der Beklagte für so genannte Leerfahrten dieselbe Regelgebühr wie für „normale“ Abschleppmaßnahmen erhebt. Die Behörde darf grundsätzlich bei der Gebührenbemessung für typische Fallgruppen Regelgebührentarife bilden. Es ist ihr gestattet, Regelfälle eines Sachbereichs zu erfassen und sie als so genannte typische Fälle gleichartig zu behandeln. Eine solche Typisierung ist aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Gewährleistung gleichartiger Bewertungsmaßstäbe gerechtfertigt. Sie kommt insbesondere bei häufig vorkommenden und gleichartigen Vorgängen – wie etwa dem Abschleppen von Fahrzeugen – in Betracht. Betroffene, die wegen der Typisierung ungleich behandelt werden, weil die Umstände ihres Einzelfalles nicht denen der Typenfälle entsprechen, können sich nicht auf eine Verletzung des Gleichheitssatzes berufen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.10.1966 – 4 C 99.65 -, BVerwGE 25, 147, 148 f.; OVG NRW, Urteil vom 22.9.1992 – 9 A 1932/90 -.

Im vorliegenden Fall gibt es hinreichende sachliche Gründe dafür, dass der Beklagte für Leerfahrten und „normale“ Abschleppfahrten grundsätzlich dieselbe Regelgebühr vorsieht. Der Beklagte hat überzeugend dargelegt, dass der Verwaltungsaufwand für Leerfahrten im Regelfall nicht nennenswert geringer ist als für „normale“ Abschleppmaßnahmen, vielmehr im Einzelfall sogar höher. Habe das Abschleppunternehmen das Fahrzeug noch nicht aufgeladen, entfalle zwar die Überwachung des Aufladevorgangs. Ein vergleichbarer zeitlicher Verwaltungsaufwand entstehe aber dadurch, dass bei Rückkehr des Fahrers zu seinem Fahrzeug der einschreitende Beamte die Abschleppmaßnahme und deren Konsequenzen vor Ort erläutern müsse. Der bei einer Leerfahrt entstehende weitere durchschnittliche Verwaltungsaufwand auf der Leitstelle (Auftragserteilung und Stornierung) und im Innendienst (Erstellung des Leistungsbescheids und Überwachung der Zahlungseingänge) unterscheide sich im Ergebnis nicht von dem Aufwand bei einem „normalen“ Abschleppfall. Diese nachvollziehbaren Ermessenserwägungen sind mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit vereinbar. Für die Plausibilität der Erwägungen des Beklagten spricht auch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Fahrer vor Beendigung der Abschleppmaßnahme zu seinem Fahrzeug zurückkehrt, umso höher ist, je länger die Bediensteten auf das Abschleppfahrzeug warten müssen und je höher damit der zeitliche Verwaltungsaufwand vor Ort ist. Der Maßstab des durchschnittlichen Verwaltungsaufwands fordert jedoch weder eine Differenzierung zwischen langen und kurzen Anfahrtswegen des Abschleppunternehmers noch zwischen „vollendeten“ und „unvollendeten“ Abschleppmaßnahmen.

Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht verletzt. Die erhobene Gebühr steht in keinem Missverhältnis zu der vom Beklagten erbrachten Leistung.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.10.1966 – 2 BvR 179, 476, 477%64 -, BVerfGE 20, 257, 270.

4. Die angefochtene Gebührenfestsetzung verstößt nicht gegen § 7 a Abs. 4 KostO NRW. Nach dieser Vorschrift kann von der Gebührenerhebung abgesehen werden, wenn der Vollzug eingestellt wird. Eine Einstellung des Vollzugs lag hier vor. Der Kläger kehrte vor Beginn des eigentlichen Abschleppvorgangs zu seinem Fahrzeug zurück und entfernte es selbst mit der Folge, dass die Abschleppmaßnahme nicht fortgeführt wurde. Die bei Leerfahrten wie der vorliegenden mithin notwendige Ermessensentscheidung hat der Beklagte generalisierend dahin getroffen, dass grundsätzlich auch für Leerfahrten die für „normale“ Abschleppfälle vorgesehene Regelgebühr zu erheben ist. Dies ist angesichts des dargelegten durchschnittlichen Verwaltungsaufwands bei Leerfahrten nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des VG bedarf es über diese Ermessensrichtlinie hinaus keiner einzelfallbezogenen Ermessensentscheidung, sofern nicht eine atypische Falllage vorliegt. Eine solch atypische Konstellation könnte etwa gegeben sein, wenn das Abschleppfahrzeug so rechtzeitig abbestellt wird, dass noch keine Abschleppkosten entstanden sind. Für eine atypische Fallgestaltung ist hier nichts ersichtlich.

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