Die Ehefrau eines Darlehensnehmers haftet nicht für die Rückzahlung eines Darlehens, wenn ihr Ehemann den Vertrag ohne ihre Vertretungsmacht abgeschlossen hat. Die komplizierte Verflechtung von familienrechtlichen und zivilrechtlichen Aspekten führt nicht zu einer automatischen Verpflichtung der Ehefrau.
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Übersicht:
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Darlehensvertrag: Haftet die Ehefrau mit?
- Der Fall vor dem Landgericht Köln im Detail
- ✔ FAQ zum Thema: Darlehensaufnahme durch Ehepartner
- Was ist eine Gesamtschuldnerschaft und wie betrifft sie Ehegatten bei Darlehensverträgen?
- Unter welchen Bedingungen kann ein Ehepartner im Namen des anderen handeln?
- Was versteht man unter einer konkludenten Genehmigung und wie wirkt sie sich auf Verträge aus?
- In welchen Fällen kommt ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung in Betracht?
- Welche rechtlichen Schritte sind möglich, wenn ein Darlehensvertrag als unwirksam angesehen wird?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ➜ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Köln
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Die Beklagte ist nicht zur Rückzahlung des Darlehens von 100.000 EUR verpflichtet, da sie keinen Darlehensvertrag mit dem Kläger abgeschlossen hat.
- Der geschiedene Ehemann der Beklagten hat das Darlehen nicht im Namen und mit Vertretungsmacht der Beklagten aufgenommen.
- Die Beklagte wurde durch ihr Wissen über die Herkunft des Geldes nicht konkludent zur Mitdarlehensnehmerin.
- Der geschiedene Ehemann war nicht gemäß § 1357 BGB ermächtigt, die Beklagte zu einer Darlehensverpflichtung zu binden.
- Der Kläger hat keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Beklagte, da die Leistung zunächst gegenüber dem Ehemann erfolgte.
- Eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmungen wurde als unzulässiger Ausforschungsbeweis abgelehnt.
- Die Klage gegen die Beklagte auf Rückzahlung des Darlehens wurde abgewiesen.
Darlehensvertrag: Haftet die Ehefrau mit?
Darlehensverträge sind ein wichtiger Teil des Alltags und der Finanzplanung vieler Menschen. Sei es für den Erwerb einer Immobilie, die Finanzierung eines Geschäfts oder die Überbrückung von Liquiditätsengpässen – Kredite spielen in den meisten Lebenssituationen eine Rolle. Dabei stehen nicht nur die Vertragspartner, also Darlehensnehmer und Darlehensgeber, im Fokus, sondern auch die Frage, wer genau als Vertragspartner auftritt und welche Rechte und Pflichten daraus entstehen.
Im vorliegenden Fall geht es um die rechtlichen Folgen, wenn ein Darlehen zwar gemeinsam aufgenommen wird, aber nur einer der Ehepartner formal als Darlehensnehmer auftritt. Wann kann in solch einer Konstellation auch der andere Ehepartner zur Rückzahlung verpflichtet sein? Welche Rolle spielt hier das Prinzip der Gesamtschuld zwischen Ehepartnern? Diese Fragen werden im folgenden Urteilskommentar näher beleuchtet.
Der Fall vor dem Landgericht Köln im Detail
Mitverpflichtung der Ehefrau bei Darlehensaufnahme für Immobilienerwerb im Alleineigentum
Der vorliegende Fall befasst sich mit der Frage, ob und unter welchen Umständen die Ehefrau eines Darlehensnehmers zur Rückzahlung eines Darlehens verpflichtet werden kann, welches zur Finanzierung einer Immobilie aufgenommen wurde, die im Alleineigentum der Ehefrau steht. Die Komplexität des Falls ergibt sich aus der Verflechtung von familienrechtlichen und zivilrechtlichen Aspekten, insbesondere der Gesamtschuldnerschaft von Ehegatten und den Voraussetzungen für das Bestehen eines Darlehensvertrages.
Im Jahr 2015 erwarb die Beklagte eine Immobilie zum Alleineigentum. Zur Finanzierung nahm sie gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann bei Herrn R. ein Darlehen auf. Ein Teilbetrag wurde noch im gleichen Jahr getilgt, für den Restbetrag schlossen Herr R. und die Eheleute D. einen schriftlichen Darlehensvertrag. Im Jahr 2017 forderte Herr R. die Rückzahlung des restlichen Betrages. Die Beklagte zahlte die ausstehenden Zinsen an Herrn R. Im Jahr 2022 ließen sich die Beklagte und ihr Ehemann scheiden.
Der Kläger, der Onkel des geschiedenen Ehemanns, behauptet, er habe seiner Schwester, der Mutter des geschiedenen Ehemanns, Geldbeträge überwiesen, die diese wiederum an Herrn R. zur Tilgung des Darlehens weitergeleitet habe. Er fordert nun von der Beklagten die Rückzahlung der 100.000,00 EUR als Darlehen, hilfsweise aus ungerechtfertigter Bereicherung. Die Beklagte bestreitet die Behauptungen des Klägers und lehnt die Rückzahlung ab.
Keine Darlehensverpflichtung der Ehefrau
Das Landgericht Köln wies die Klage des Klägers ab. Zentraler Punkt der Entscheidung war, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Darlehensvertrag zustande gekommen war. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger im Vorfeld der Überweisungen nur mit dem geschiedenen Ehemann der Beklagten kommuniziert hatte. Ein von diesem abgeschlossener Darlehensvertrag wäre nur dann für und gegen die Beklagte wirksam, wenn der Ehemann im Namen und mit Vertretungsmacht der Beklagten gehandelt hätte. Dies konnte der Kläger jedoch nicht darlegen.
Keine konkludente Genehmigung oder gesetzliche Vertretungsmacht
Auch eine konkludente Genehmigung eines ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Vertrages durch die Beklagte konnte das Gericht nicht erkennen. Selbst wenn die Beklagte von der Herkunft des Geldes wusste, bedeutet dies nicht automatisch, dass sie sich selbst zur Rückzahlung verpflichten wollte. Weiterhin war der geschiedene Ehemann nicht gem. § 1357 BGB ermächtigt, die Beklagte mit zu verpflichten. Diese Vorschrift gilt nur für Rechtsgeschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie. Da es sich bei der Finanzierung der Immobilie jedoch nicht um ein solches Geschäft handelte, war eine vorherige Verständigung der Eheleute erforderlich.
Kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung
Schließlich scheiterte auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Zwar kann beim Tilgen fremder Schulden ein solcher Anspruch entstehen. Da die Zahlung an Herrn R. jedoch auf einer Leistung im Verhältnis zum Ehemann der Beklagten beruhte, ist der Kläger auf den Rückgriff bei diesem beschränkt.
✔ FAQ zum Thema: Darlehensaufnahme durch Ehepartner
Was ist eine Gesamtschuldnerschaft und wie betrifft sie Ehegatten bei Darlehensverträgen?
Eine Gesamtschuldnerschaft liegt vor, wenn mehrere Personen gemeinsam einen Kredit aufnehmen und gegenüber der Bank für die vollständige Rückzahlung des Darlehens haften. Dies ist häufig der Fall, wenn Ehegatten gemeinsam einen Darlehensvertrag unterschreiben, beispielsweise für den Kauf einer Immobilie.
In einer solchen Konstellation sind die Ehegatten Gesamtschuldner gegenüber der Bank. Das bedeutet, die Bank kann von jedem der beiden Ehepartner die vollständige Rückzahlung des Kredits verlangen . Die Haftung ist nicht auf einen Teilbetrag begrenzt.
Entscheidend ist dabei nicht, wer von den Ehegatten die Darlehensvaluta tatsächlich erhalten und verwendet hat. Maßgeblich ist allein, dass beide Ehepartner den Darlehensvertrag als Darlehensnehmer unterzeichnet haben .
Für die Bank spielt es keine Rolle, ob die Ehegatten intern eine abweichende Vereinbarung über die Tilgung getroffen haben. Eine solche Absprache entfaltet nur im Innenverhältnis der Eheleute Wirkung, nicht jedoch gegenüber der Bank als Gläubigerin .
Nach der Scheidung bleibt die gesamtschuldnerische Haftung der Ex-Ehepartner gegenüber der Bank bestehen, solange der Kredit nicht vollständig zurückgezahlt ist . Eine Scheidungsvereinbarung oder -entscheidung kann die Außenhaftung gegenüber der Bank nicht aufheben.
Im Innenverhältnis der geschiedenen Ehegatten untereinander gilt hingegen die gesetzliche Regelhaftung nach § 426 BGB, wonach Gesamtschuldner zu gleichen Teilen haften . Von dieser Regelhaftung kann nur durch eine ausdrückliche Vereinbarung abgewichen werden.
Unter welchen Bedingungen kann ein Ehepartner im Namen des anderen handeln?
Ein Ehepartner kann den anderen grundsätzlich nur in sehr begrenztem Umfang vertreten und für ihn Verträge abschließen. Die wichtigsten Regeln sind:
- Geschäfte zur Deckung des Familienbedarfs (§ 1357 BGB): Jeder Ehegatte ist berechtigt, Verträge zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie für den anderen Ehegatten abzuschließen. Hierunter fallen alltägliche Geschäfte wie der Kauf von Lebensmitteln, Kleidung oder Haushaltsgegenständen . Größere Anschaffungen wie Immobilien, Kraftfahrzeuge oder Darlehensverträge sind davon aber nicht umfasst .
- Getrenntleben der Ehegatten: Die Vertretungsmacht nach § 1357 BGB entfällt, wenn die Ehegatten getrennt leben im Sinne von § 1567 BGB, also die häusliche Gemeinschaft aufgehoben haben .
- Vorliegen einer Vollmacht: Ein Ehegatte kann den anderen nur dann in größeren Angelegenheiten vertreten, wenn er dafür eine ausdrückliche Vollmacht des anderen Ehegatten hat . Eine stillschweigende Vollmacht reicht nicht aus.
- Handeln unter fremdem Namen ist unwirksam: Handelt ein Ehegatte unter dem Namen des anderen, ohne von diesem bevollmächtigt zu sein, so ist dieses Handeln unwirksam . Der Ehegatte muss stets unter seinem eigenen Namen mit einem Vertretungszusatz wie „i.V.“ handeln.
Insbesondere bei größeren finanziellen Verpflichtungen wie Darlehensverträgen ist die Mitverpflichtung des anderen Ehegatten ohne dessen Zustimmung nicht möglich . Beide Ehegatten haften dann als Gesamtschuldner gegenüber dem Gläubiger .
Was versteht man unter einer konkludenten Genehmigung und wie wirkt sie sich auf Verträge aus?
Eine konkludente Genehmigung liegt vor, wenn eine Person durch schlüssiges Verhalten, also ohne ausdrückliche Willenserklärung, einen zunächst unwirksamen Vertrag nachträglich billigt und damit genehmigt. Die Wirkungen sind:
- Rückwirkende Genehmigung (§ 184 Abs. 1 BGB): Durch die konkludente Genehmigung wird der Vertrag von Anfang an als wirksam behandelt. Die Genehmigung beseitigt den vorherigen Schwebezustand rückwirkend zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsschlusses .
- Keine Formerfordernisse: Die konkludente Genehmigung kann formlos erfolgen, also ohne bestimmte Förmlichkeiten einzuhalten . Entscheidend ist das Verhalten, aus dem sich die Billigung des Vertrags zweifelsfrei ergibt.
- Anwendungsfall Vertretung ohne Vertretungsmacht (§ 177 BGB): Häufig ist die konkludente Genehmigung relevant, wenn jemand ohne Vertretungsmacht für einen anderen einen Vertrag abschließt. Durch die nachträgliche konkludente Genehmigung des Vertretenen wird der Vertrag dann vollwirksam .
- Anwendungsfall beschränkt Geschäftsfähige (§ 108 BGB): Schließt ein beschränkt Geschäftsfähiger (z.B. Minderjähriger) einen Vertrag ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, hängt die Wirksamkeit von der Genehmigung des Vertreters ab. Diese kann auch konkludent erfolgen .
Entscheidend für eine konkludente Genehmigung ist stets das Verhalten der Person, aus dem sich zweifelsfrei ihre Billigung des Vertrags ergibt. Bloßes Schweigen reicht dafür in der Regel nicht aus .
In welchen Fällen kommt ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung in Betracht?
Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach den §§ 812 ff. BGB kommt in Betracht, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Vermögensverschiebung: Es muss eine Vermögensverschiebung von einer Person (Entreicherte) zu einer anderen Person (Bereicherte) stattgefunden haben .
- Ohne Rechtsgrund: Die Vermögensverschiebung erfolgte ohne rechtlichen Grund, also ohne einen die Leistung rechtfertigenden Vertrag, Gesetz oder sonstigen Rechtsgrund .
- Auf Kosten des Entreicherten: Die Bereicherung des einen muss auf Kosten des anderen, also zu dessen Lasten, erfolgt sein .
Typische Fälle, in denen ein Bereicherungsanspruch in Betracht kommt, sind:
- Nichtiger Vertrag: Wurde aufgrund eines nichtigen Vertrags geleistet, kann die Leistung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückgefordert werden .
- Leistung ohne Rechtsgrund: Wurde ohne jeden rechtlichen Grund geleistet, beispielsweise durch Überweisung auf ein falsches Konto, liegt eine Leistungskondiktion vor (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) .
- Zweck weggefallen: Wurde aus einem Grund geleistet, der später weggefallen ist, kann nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB die Rückforderung verlangt werden .
- Unberechtigter Eingriff: Greift jemand in fremdes Vermögen ein, beispielsweise durch Diebstahl oder unbefugte Nutzung, liegt eine Eingriffskondiktion vor (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB) .
Der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung dient dazu, ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen und den vorherigen rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen .
Welche rechtlichen Schritte sind möglich, wenn ein Darlehensvertrag als unwirksam angesehen wird?
Wenn ein Darlehensvertrag als unwirksam angesehen wird, stehen den Betroffenen verschiedene rechtliche Schritte zur Verfügung, um die Situation zu adressieren. Die Unwirksamkeit eines Darlehensvertrags kann aus verschiedenen Gründen resultieren, darunter Formmängel, fehlende Vertretungsmacht oder Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften. Hier sind die möglichen rechtlichen Schritte:
- Rückabwicklung des Vertrags: Bei Unwirksamkeit des Vertrags aufgrund von Formmängeln oder anderen Gründen, wie etwa Sittenwidrigkeit oder fehlender Vertretungsmacht, kann eine Rückabwicklung des Vertrags erfolgen. Dies bedeutet, dass die bereits erbrachten Leistungen zwischen den Parteien rückgängig gemacht werden müssen. Die Parteien sind verpflichtet, einander die jeweils empfangenen Leistungen zurückzugewähren.
- Geltendmachung von Schadensersatz: Wenn durch die Unwirksamkeit des Vertrags einer Partei ein Schaden entstanden ist, kann diese unter Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Partei auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut und dadurch Nachteile erlitten hat.
- Inanspruchnahme rechtlicher Beratung: Es ist ratsam, bei Verdacht auf Unwirksamkeit eines Darlehensvertrages rechtlichen Rat einzuholen. Ein Rechtsanwalt kann die Situation prüfen und beraten, welche spezifischen Schritte in der jeweiligen Situation am besten geeignet sind.
- Widerruf des Vertrags: Unter bestimmten Umständen, insbesondere bei Verbraucherdarlehensverträgen, besteht die Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn der Vertrag nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Informationspflichten oder die Widerrufsbelehrung genügt.
- Gerichtliche Klärung: In Fällen, in denen keine Einigung zwischen den Parteien erzielt werden kann oder die rechtliche Lage komplex ist, kann eine gerichtliche Klärung der Rechtslage erforderlich sein. Hierbei kann das Gericht feststellen, ob der Vertrag tatsächlich unwirksam ist und welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben.
Diese Schritte sollten auf der Grundlage einer sorgfältigen Prüfung der spezifischen Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung aller relevanten rechtlichen Bestimmungen erfolgen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 488 Abs. 1 S. 2 BGB: Regelt den Darlehensvertrag und die Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Rückzahlung. Im vorliegenden Fall ist relevant, dass kein Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande kam, da die Kommunikation nur mit dem geschiedenen Ehemann erfolgte.
- § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB: Beschäftigt sich mit der ungerechtfertigten Bereicherung und ist hier relevant für den Anspruch des Klägers, der Zahlungen im Namen eines Dritten geleistet hat, aber keinen direkten Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung etablieren konnte.
- § 1357 BGB: Ermöglicht einem Ehegatten, Geschäfte zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs der Familie zu tätigen, die den anderen Ehegatten mitverpflichten. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass diese Regelung nicht anwendbar ist, da die Finanzierung der Immobilie nicht dem Lebensbedarf zugeordnet werden kann.
- §§ 91, 709 S. 2 ZPO: Regelungen zu den Kosten eines Rechtsstreits und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit eines Urteils. Diese Paragraphen sind relevant für die Entscheidung über die Kostenverteilung und die Vollstreckbarkeit des Urteils gegen Sicherheitsleistung.
- Leistungskondiktion und Eingriffskondiktion: Teil des Bereicherungsrechts, die bestimmen, unter welchen Umständen eine Rückforderung von Leistungen möglich ist. Im Fall wurde entschieden, dass der Kläger seine Forderung gegen den Ehemann der Beklagten durchsetzen muss, da die Zahlungen im Verhältnis zum Ehemann erfolgten.
➜ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Köln
LG Köln – Az.: 8 O 232/22 – Urteil vom 19.10.2023
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Beklagte erwarb im Jahr 2015 eine Immobilie in O. zum Alleineigentum. Zur Finanzierung eines Teils von 250.000,00 EUR nahm sie gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Herrn F. D. bei Herrn C. R. ein Darlehen auf. Ein Teilbetrag von 150.000,00 EUR wurde noch im gleichen Jahr aus dem Veräußerungserlös einer anderen Immobilie an Herrn R. zurückgezahlt. Über den restlichen Betrag von 100.000,00 EUR schlossen Herr R. und die Eheleute D. einen schriftlichen Darlehensvertrag (Bl. 58 f. d.A.).
Im Jahr 2017 forderte Herr R. die Rückzahlung des Betrages von 100.000,00 EUR. Die Beklagte zahlte im Dezember 2017 die ausstehende Zinsforderung vom 07.10.2015 bis zum 01.12.2017 in Höhe von 4.300,00 EUR an Herrn R..
Im Jahr 2022 ließen sich die Beklagte und ihr Ehemann scheiden.
Mit E-Mail vom 22.08.2022 informierte der Kläger die Beklagte, dass er die 100.000,00 EUR von ihr als Eigentümerin der Immobilie und Darlehensschuldnerin zurückfordere. Er schlug ihr vor, eine monatliche Rate von 750,00 EUR an ihn zu zahlen und übersandte ihr am 24.08.2022 einen Darlehensvertrag. Am 01.09.2022 forderte er sie erneut auf, sein Angebot anzunehmen. Am 13.09.2022 forderte der Kläger die Beklagte anwaltlich vertreten auf, die Darlehensforderung vollständig zu begleichen, was diese ablehnte.
Der Kläger begehrt die Rückzahlung des Betrages als Darlehen, hilfsweise aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Der Kläger behauptet, er habe am 26.10.2017, 08.11.2017, 15.11.2017 und 20.11.2017 je 25.000,00 EUR mit den Verwendungszwecken „bekannt“, „2. Teilbetrag Darlehen“, „bekannt“ und „4. Teilbetrag“ an seine Schwester, Frau A. D. die Mutter des geschiedenen Ehemannes der Beklagten gezahlt, die am 30.11.2017 100.000,00 EUR mit dem Verwendungszweck „Rückzahlung Darlehen“ an Herrn R. überwiesen habe, was die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet.
Der Kläger ist der Ansicht, er habe der Beklagten ein zinsloses Darlehen gewährt. Er habe die innerfamiliäre Kommunikation nur mit seinem Neffen geführt, solange die Ehe bestanden habe. Die Beklagte habe von ihrem Mann von der Herkunft des Geldes erfahren und hiergegen keine Einwände erhoben Jedenfalls habe die Beklagte wissen müssen, dass der Kläger als Onkel des Ehemannes die Tilgung vorläufig übernommen habe und habe mangels anderweitiger Abreden davon ausgehen müssen, dass er das Geld in der Zukunft zurückfordern werde. Inwieweit die Eheleute oder aber auch die Mutter des Ehemannes mit der Beklagte gesprochen haben, vermöge er nicht zu sagen, es könne jedoch nicht sein, dass die Beklagte nicht gewusst habe, dass es sein Geld gewesen sei. Ursprünglich sei geplant gewesen, dass der geschiedene Ehemann der Beklagten Miteigentümer der finanzierten Immobilie werden solle. Hiervon wolle die Beklagte jedoch seit der Scheidung nichts mehr wissen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 100.000,00 EUR sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 2.584,09 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheids zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, ihr Ehemann habe ihr 2017 im Rahmen eines Versöhnungsversuchs versprochen, persönlich die Rückführung der Schuld in die Hand zu nehmen. Mit ihr habe vor der Rückzahlung des Darlehens niemand gesprochen. Offenkundig habe sie bewusst nicht involviert werden sollen. Sie habe lediglich von ihrem Mann die Information erhalten, dass das Darlehen zurückgezahlt sei und habe dann die Zinszahlung vorgenommen. Sie behauptet, der Kläger habe ihrem Mann den Betrag geschenkt, denn es sei nicht vereinbart gewesen, dass er das Geld zurückzahlen solle.
Hilfsweise beruft sie sich auf Verjährung.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung von 100.000,00 EUR aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, weil er mit der Beklagten keinen Darlehensvertrag geschlossen hat.
Nach dem Vorbringen des Klägers hat der Kläger im Vorfeld der Überweisungen nur mit dem geschiedenen Ehemann der Beklagten gesprochen. Ein von diesem abgeschlossener Darlehensvertrag wirkt nur für und gegen die Beklagte, wenn der geschiedene Ehemann namens und mit Vertretungsmacht der Beklagten gehandelt hat. Dass dieser das Darlehen nicht im eigenen Namen sondern im Namen und mit Vollmacht der Beklagten abgeschlossen haben soll, lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen. Der geschiedene Ehemann der Beklagten hat nach dem Vortrag des Klägers nicht ausdrücklich erklärt, er wolle die Beklagte zur Rückzahlung mitverpflichten. Dies könnte zwar aus dem Umstand geschlossen werden, dass die Eheleute gesamtschuldnerisch zur Rückführung verpflichtet waren. Diese Auslegung ist jedoch nicht zwingend. Da nach den damaligen Annahmen sowohl des Klägers als auch des geschiedenen Ehemannes der Beklagten letzterer Miteigentümer der Immobilie werden sollte, hatte er auch ein starkes Eigeninteresse an der Rückführung des Kredites, weshalb auch eine alleinige Darlehensaufnahme möglich gewesen wäre. Die Frage, in wessen Namen der geschiedene Ehemann der Beklagten gehandelt hat, kann jedoch dahinstehen, weil jedenfalls nicht dargelegt ist, dass er mit Vertretungsmacht der Beklagten handelte. Auch wenn die Beklagte wusste, dass der Betrag von dem Kläger zur Verfügung gestellt wurde, wurde sie dadurch nicht durch konkludente Genehmigung eines ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Vertrages zur Mitdarlehensnehmerin, weil allein das Gewährenlassen einer Zahlung durch Dritte nicht die konkludente Erklärung beinhaltet, sich selbst zur Rückzahlung verpflichten zu wollen.
Der geschiedene Ehemann war auch nicht gem. § 1357 BGB ermächtigt, die Beklagte mit zu verpflichten. § 1357 BGB gilt nur für Rechtsgeschäfte, die ihrer Art nach der Deckung des Lebensbedarfs dienen, also einen Bezug zur familiären Konsumgemeinschaft aufweisen (Palandt/Siede, BGB, 82. Aufl. 2023, § 1357 Rn. 11, 12). Bei der Umschichtung einer Finanzierung eines Ferienhauses handelt es sich jedoch nicht um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie sondern um ein Geschäft, bei dem eine vorherige Verständigung der Eheleute notwendig erscheint.
Die von dem Kläger benannten Zeugen F. D., C. R. und A. D. sind nicht zu hören. Es handelt sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag, weil nicht konkret vorgetragen ist, was diese bekunden sollen, vielmehr der Kläger selbst darlegt, er wisse nicht, welchen Informationsaustausch die Beklagte mit ihrem Ehemann oder der Schwester des Klägers konkret hatte (Bl. 120 d.A.).
II. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 100.000,00 EUR gem. § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB. Zwar kommt beim Tilgen fremder Schulden ein Anspruch aus Eingriffskondiktion in Betracht. Da nach dem Vorbringen des Klägers der Zahlung an Herrn R. aber jedenfalls eine Leistung im Verhältnis zum Ehemann der Beklagten zu Grunde lag, ist der Kläger wegen des Vorrangs der Leistungskondiktion auf den Rückgriff bei ihrem Ehemann beschränkt, der seinerseits bei der Beklagten im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichsanspruchs Regress nehmen könnte.
III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 2 ZPO.
Streitwert: 100.000,00 EUR