Forderungsabtretung – Übertragung einer Forderung eines Gläubigers auf einen neuen Gläubiger
Es kommt in der gängigen Praxis überhaupt nicht selten vor, dass ein Gläubiger sich mit einer Forderung eines anderen Gläubigers konfrontiert sieht und gegenüber dieser dritten Person als Schuldner auftritt. Die Forderung des Gläubigers gegenüber dem eigenen Schuldner ist hiervon überhaupt nicht betroffen. Es gibt jedoch die Möglichkeit, die entsprechende Forderung im Rahmen einer sogenannten Abtretungserklärung an den eigenen Gläubiger abzutreten.
Übersicht:
- Forderungsabtretung – Übertragung einer Forderung eines Gläubigers auf einen neuen Gläubiger
- Die rechtlichen Hintergründe
- In welchen Fällen ist die Abtretungserklärung überhaupt möglich?
- Die Fälle, bei denen die Forderungsabtretung ausgeschlossen ist
- Diese Forderungen gelten als unpfändbar
- Die Problematik mit der stillen Zession
- Gibt es eine Möglichkeit zum Widerruf der Abtretungserklärung?
- In diesen Fällen erleidet der Schuldner einen wirtschaftlichen Nachteil durch die Abtretungserklärung
- Fazit
Die Abtretungserklärung hat rechtlich zur Folge, dass ein Gläubigerwechsel stattfindet. Dies bedeutet, dass die Forderung des einen Gläubigers auf einen anderen Gläubiger übergeht. An der Forderung an sich ändert sich aus Sicht des Schuldners nichts, die Forderung muss lediglich gegenüber dem neuen Gläubiger beglichen werden.
Sollte ein Gläubigerwechsel ohne das Wissen des Schuldners stattfindet, so wird dies als stille Zession bezeichnet. Eine stille Zession setzt allerdings voraus, dass diese nicht durch die Vertragsparteien im Zuge des Vertrages ausgeschlossen wurde. Dem reinen Grundsatz nach jedoch kommt die Abtretungserklärung an sich ohne die Mitwirkung von dem Schuldner zustande. Der Schuldner besitzt, sofern die Abtretung nicht ausgeschlossen wurde, auch ausdrücklich keine Berechtigung zu einem Veto gegen den Gläubigerwechsel.
Die rechtlichen Hintergründe
Die Abtretungserklärung wird all gemeinhin als Zession bezeichnet. Diejenige Partei, welche durch die Abtretungserklärung die eigenen Forderungen gegenüber einem Schuldner an einen neuen Gläubiger abtritt, wird dabei als Zedent bezeichnet. Dem neuen Gläubiger kommt dabei die Bezeichnung des Zessionär zugute. Die Abtretungserklärung ist dabei die absolute Grundlage für den Vorgang der Zession. Hierbei handelt es sich um einen rechtsgültigen Vertrag, der seine rechtliche Grundlage in dem § 398 fort folgende Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat. In der gängigen Praxis kommt die Abtretungserklärung dann zum Einsatz, wenn Sicherheiten von einer Partei auf die andere Partei übereignet werden sollen. Dies ist beispielsweise bei dem Übergang der Lebensversicherungen von einer Gesellschaft auf die nächste Gesellschaft so der Fall.
Für Privatpersonen ist die Abtretungserklärung in erster Linie dann interessant, wenn Verkehrsunfälle geschehen sind und diese Verkehrsunfälle im Zuge der Schadensabwicklung reguliert werden sollen. Die geschädigte Person des Verkehrsunfalls tritt die Ansprüche an die Versicherung des Unfallverursachers an die Autowerkstatt ab. Die Autowerkstatt ist in diesem Fall dann der Gläubiger und kann die Ansprüche gegenüber der Versicherung des Unfallverursachers geltend machen. Auch im Zusammenhang mit dem Online-Shopping ist die Abtretungserklärung nicht gerade selten. Sollte ein Kunde gegenüber dem Anbieter seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen ,so tritt der Anbieter die eigenen Forderungen gegenüber dem Kunden an ein Factoring- bzw. Inkassounternehmen ab.
In welchen Fällen ist die Abtretungserklärung überhaupt möglich?
Der Gesetzgeber hat an die Abtretungserklärung dem reinen Grundsatz nur sehr wenige Voraussetzungen geknüpft. Diese wenigen Voraussetzungen müssen dafür jedoch zwingend als erfüllt anzusehen sein. Diese Voraussetzungen beziehen sich sowohl auf formelle Mindestanforderungen als auch die Art der Forderung. Als formelle Mindestanforderungen gelten dabei sowohl der Name nebst der Anschrift des Gläubigers als auch der Name nebst der Anschrift des Schuldners inklusive der präzisen Benennung von den Forderungen, die aktuell bestehen.
Neben den aktuell bestehenden Forderungen können im Rahmen einer Forderungsabtretung auch künftig zu erwartende Forderungen abgetreten werden.
Wichtig im Zusammenhang mit der Abtretungserklärung ist auch der § 399 BGB. Dieser Paragraf definiert die Fälle, bei denen die Forderungsabtretung nicht möglich ist bzw. als ausgeschlossen gilt.
Die Fälle, bei denen die Forderungsabtretung ausgeschlossen ist
- die Forderungsabtretung wurde im Rahmen einer Vereinbarung gem. § 399 Abs. 2 BGB ausgeschlossen
- durch die Forderungsabtretung wird der Forderungsinhalt verhindert
- die Forderung gilt gem. § 400 BGB respektive § 850 fort folgende ZPO als unpfändbar.
Diese Forderungen gelten als unpfändbar
- das Arbeitseinkommen bis hin zu der gesetzlich festgelegten Pfändungsfreigrenze / des Selbstbehalts
- die Versorgungsrente
- die Leistungen von einem Sozialversicherungsträger
- Lebensversicherungen, welche auf Rentenzahlung umgestellt wurden
Die Forderungsabtretung ist ferner dann nicht möglich, wenn sich aus gesetzlichen Regelungen heraus das Abtretungsverbot ergibt. In derartigen Fällen kann ein Gläubiger mit einem neuen Gläubiger keinen rechtlich wirksamen Vertrag abschließen.
Die Problematik mit der stillen Zession
Für gewöhnlich ist die Forderungsabtretung überaus unproblematisch. Es kann jedoch im Zusammenhang mit der stillen Zession zu gewissen Problematiken kommen, wenn der Schuldner aus der Unkenntnis des Gläubigerwechsels heraus eine Leistung an denjenigen Gläubiger leistet, welcher die Forderung an einen anderen Gläubiger abgetreten hat. Gem. § 407 Abs. 1 BGB hat dies eine Forderungsbefreiung für den Schuldner zur Folge.
Vielmehr erlangt der Zessionär gem. § 816 Abs. 2 BGB einen Anspruch gegenüber dem Zedenten im Zusammenhang mit der erfüllten Forderung. Gerade dann, wenn es zu Mehrfachabtretungen von Forderungen kommt und diese Mehrfachabtretung als stille Zession durchgeführt wird, kann ein Schuldner sehr schnell den Überblick darüber verlieren, wem gegenüber die Schuld aktuell besteht.
Gibt es eine Möglichkeit zum Widerruf der Abtretungserklärung?
Die Abtretung ist ein juristischer Vorgang, welcher dem reinen Grundsatz nach keinen Widerruf zulässt. Dementsprechend sind die beiden Vertragspartner an diesen Vorgang auch rechtlich gebunden. Der Gesetzgeber bietet den Vertragsparteien lediglich die Möglichkeit dazu, eine Abtretungserklärung anzufechten. Für eine Rückführung der Forderung an den ursprünglichen Schuldner ist allerdings zwingend eine vollständig neue Vereinbarung zur Abtretung erforderlich. Obgleich der Schuldner von dem Gesetzgeber im Zuge des Schuldnerschutzes durchaus einen gewissen Schutz genießt, so gibt es keine Möglichkeit für einen Schuldner, sich gegen die Abtretungsvereinbarung des Gläubigers an einen neuen Gläubiger zur Wehr zu setzen.
In der gängigen Praxis kann es durchaus dazu kommen, dass ein Schuldner nicht mit einem neuen Gläubiger einverstanden ist. Dieser Umstand begründet jedoch rechtlich betrachtet ausdrücklich kein Schutzbedürfnis des Schuldners, aus dem heraus ein Vetorecht abgeleitet werden könnte. Vielmehr kommt dem Schuldner im Rahmen der Abtretungserklärung des Gläubigers eher eine sehr untergeordnete Rolle zu. Die gesetzlichen Vorschriften des BGB machen sowohl die aktive Mitwirkung des Schuldners sowie die Kenntnis entbehrlich.
Der Schuldnerschutz gem. § 406 fort folgende BGB ist jedoch im Zuge der Forderungsabtretung überaus wichtig. Der Schuldner darf durch die Abtretungserklärung keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden.
In diesen Fällen erleidet der Schuldner einen wirtschaftlichen Nachteil durch die Abtretungserklärung
- die Gesamtforderung erhöht sich
- die Ratenhöhe erhöht sich
- die Laufzeit im Zusammenhang mit der Rückzahlung des Schuldners verringert sich
- eventuell bestehende Sonderrechte des Schuldners entfallen durch die Forderungsabtretung.
In der gängigen Praxis ist es jedoch so, dass durch eine Abtretungserklärung für den Schuldner keinerlei Nachteile entstehen. Die bestehende Forderung wird einfach nur 1:1 von einem Gläubiger an den nächsten Gläubiger übertragen. Überdies informiert der neue Gläubiger den Schuldner in der Regel auch dahingehend, dass die Forderung nunmehr an den neuen Gläubiger zu leisten ist. Für gewöhnlich geht mit dieser Information auch eine genaue Information der Forderung einher, damit der Schuldner die Gelegenheit zur Forderungsbegleichung erhält.
Ein neuer Gläubiger hat ja schlussendlich auch ein berechtigtes Interesse daran, dass die Forderung seitens des Schuldners beglichen wird. Aus diesem Grund ist die sogenannte stille Zession eine absolute Seltenheit und bezieht sich lediglich auf diejenigen Fälle, in denen vonseiten des Gläubigers keine schnelle Rückzahlung der Forderung erwartet wird.
Fazit
Mit der Abtretungserklärung bietet sich dem Gläubiger eine interessante Möglichkeit, seine Forderungen an einen Dritten zu übertragen und so sein finanzielles Interesse zu schützen. Zwar ist eine Abtretungserklärung formfrei gestaltbar, dennoch kann es nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgreich durchgeführt werden. Wir raten daher jedem dazu, sich vor der Abgabe einer solchen Erklärung ausreichend zu informieren und sicherzustellen, dass alles rechtlich korrekt abläuft. Gerne unterstützen wir Sie dabei und überprüfen Ihre Abtretungserklärung auf Richtigkeit. Ebenso können wir Sie bei der Erstellung eines Abtretungsvertrages beratend zur Seite stehen, um das Risiko für den Gläubiger weiter zu minimieren. Unser Ziel ist es, Ihnen dabei zu helfen, Ihre finanzielle Situation effektiv und rechtssicher zu schützen. Natürlich helfen wir auch bei der Beitreibung von Forderungen, mit einer effizienten und seriösen Geltendmachung Ihrer Forderung durch unsere Rechtsanwälte. Sprechen Sie uns an, wir helfen Ihnen weiter.