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Abwehransprüche gegen Einwirkungen durch wild abfließendes Wasser auf Nachbargrundstück

Nachbarstreit um wildes Wasser: Muss man den Abfluss vom Hanggrundstück einfach hinnehmen? Das Oberlandesgericht Bamberg verhandelt einen Fall, in dem Starkregen vom höher gelegenen Grundstück eines Nachbarn immer wieder zu Schäden an Garage und Wohnhaus führt. Dürfen die Betroffenen Schutzmaßnahmen verlangen oder müssen sie die Wassermassen einfach dulden? Das Gericht prüft, ob es sich um natürlichen oder künstlich verstärkten Abfluss handelt.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Kläger wollen eine Unterlassung und Ausgleichzahlungen wegen Wasser, das von einem Nachbargrundstück eindringt.
  • Das Gericht befasst sich mit der Einordnung des abfließenden Wassers als natürlich oder künstlich.
  • Die Schwierigkeit liegt darin, festzustellen, ob menschliche Eingriffe die Wasserführung beeinflusst haben.
  • Das Gericht entschied, dass die Berufung der Kläger zurückgewiesen wird.
  • Die Entscheidung basiert darauf, dass das Wasser als natürliche Abflussverhältnisse angesehen wurde.
  • Die Kläger haben kein Recht auf Unterlassung oder Ausgleichszahlungen, wenn der Wasserabfluss natürlich ist.
  • Diese Entscheidung bestätigt den Schutz natürlicher Abflussverhältnisse und schränkt die Haftung des Nachbarn ein.
  • Grundstückseigentümer müssen die natürlichen Gegebenheiten hinnehmen, sofern keine künstlichen Eingriffe vorliegen.
  • Die Rechte der Eigentümer enden dort, wo naturgegebene Umstände beginnen, es sei denn, es gibt nachweisbare menschliche Veränderungen.
  • Betroffene müssen klare Beweise für künstliche Eingriffe erbringen, um Abwehransprüche geltend zu machen.

Gerichtsurteil: Wer haftet für Schäden durch wild abfließendes Wasser?

Wild abfließendes Wasser kann zu einem echten Problem für Grundstückseigentümer werden. Wenn Wasser von einem Grundstück auf ein anderes fließt und dabei Schäden verursacht, stellt sich die Frage, wer für diese Schäden haftet und welche Rechte der betroffene Nachbar hat. Dabei kommt es darauf an, ob das abfließende Wasser als „natürliche“ oder „künstliche“ Wasserabführung anzusehen ist. Natürliche Abflussverhältnisse sind durch die natürliche Beschaffenheit des Geländes gegeben und dürfen in der Regel nicht beeinträchtigt werden. Künstliche Abflussverhältnisse hingegen wurden vom Menschen geschaffen, etwa durch die Installation von Drainagen oder durch bauliche Veränderungen am Gelände.

Ist die Abwasserführung künstlich, können dem betroffenen Nachbarn Abwehransprüche zustehen, da der Eigentümer des „oben liegenden“ Grundstücks für die Folgen der künstlichen Wasserabführung verantwortlich ist. Diese Ansprüche erstrecken sich nicht nur auf die Beseitigung entstandener Schäden, sondern auch auf die Unterlassung weiterer schädlicher Einwirkungen. Für die Beurteilung der konkreten Situation ist es wichtig, den genauen Sachverhalt und die jeweiligen Rechtsnormen zu berücksichtigen. In einem aktuellen Gerichtsurteil wurde nun ein Fall behandelt, der die Anwendung dieser Rechtsprinzipien aufzeigt.

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Der Fall vor Gericht


Abwehransprüche gegen Einwirkungen durch wild abfließendes Wasser auf Nachbargrundstück

Das Oberlandesgericht Bamberg hat in einem Beschluss vom 6. Februar 2024 (Az. 10 U 61/23) über Abwehransprüche wegen Wassereinwirkungen zwischen Nachbargrundstücken entschieden.

Sachverhalt: Wassereinwirkungen zwischen benachbarten Grundstücken

Die Kläger sind Eigentümer bzw. Nießbrauchsberechtigter eines Grundstücks, auf dem sich Garagen und ein Wohnhaus befinden. Das angrenzende Grundstück des Beklagten liegt höher und fällt zum Grundstück der Kläger hin ab. Bei starken Regenfällen fließt Wasser vom Grundstück des Beklagten auf das tiefer gelegene Grundstück der Kläger. Dadurch kam es in der Vergangenheit zu Wassereinbrüchen und Feuchtigkeitsschäden an den Gebäuden der Kläger.

Die Kläger forderten vom Beklagten, Maßnahmen zu ergreifen, um das Eindringen von Wasser auf ihr Grundstück zu verhindern. Zudem verlangten sie Schadensersatz für bereits entstandene Schäden. Das Landgericht Coburg wies die Klage ab, woraufhin die Kläger Berufung zum Oberlandesgericht Bamberg einlegten.

Entscheidung des OLG: Keine Abwehransprüche bei natürlichem Wasserabfluss

Das Oberlandesgericht Bamberg beabsichtigt, die Berufung der Kläger zurückzuweisen. Nach Auffassung des Senats bestehen keine Ansprüche der Kläger gegen den Beklagten auf Unterlassung der Wasserzuführung oder Schadensersatz.

Entscheidend ist dabei die Unterscheidung zwischen natürlichem und künstlichem Wasserabfluss:

  • Bei einem natürlichen Gefälle muss der Eigentümer des tiefer gelegenen Grundstücks den Zufluss von Wasser vom höher gelegenen Grundstück grundsätzlich dulden. Er hat keinen Anspruch auf Unterlassung oder Schadensersatz.
  • Nur wenn der Eigentümer des höher gelegenen Grundstücks den natürlichen Wasserabfluss künstlich verstärkt, kann der Nachbar Abwehrmaßnahmen verlangen.

Im vorliegenden Fall sah das Gericht keine künstliche Verstärkung des Wasserabflusses durch den Beklagten. Das Wasser fließt aufgrund des natürlichen Gefälles vom höher gelegenen Grundstück des Beklagten auf das Grundstück der Kläger. Der Beklagte hat weder bauliche Veränderungen vorgenommen noch andere Maßnahmen ergriffen, die den Wasserabfluss verstärken würden.

Konsequenzen für Grundstückseigentümer

Die Entscheidung verdeutlicht die unterschiedliche rechtliche Behandlung von natürlichem und künstlichem Wasserabfluss zwischen Nachbargrundstücken:

  • Der natürliche Wasserabfluss aufgrund eines Gefälles ist vom Eigentümer des tiefer liegenden Grundstücks grundsätzlich zu dulden. Er kann keine Abwehrmaßnahmen oder Schadensersatz verlangen.
  • Nur bei einer künstlichen Verstärkung des Wasserabflusses durch den Eigentümer des höher gelegenen Grundstücks bestehen Abwehransprüche.

Grundstückseigentümer müssen daher bei der Bebauung und Nutzung ihres Grundstücks die natürlichen Gegebenheiten berücksichtigen. Insbesondere bei Hanglage oder Gefälle zum Nachbargrundstück sind geeignete Schutzmaßnahmen gegen eindringendes Wasser zu treffen. Ein Anspruch gegen den Nachbarn besteht in der Regel nicht.

Rechtliche Grundlagen und Abwägung des Gerichts

Das Gericht stützt seine Entscheidung auf verschiedene gesetzliche Grundlagen:

  • Nach § 906 BGB muss der Eigentümer eines Grundstücks Einwirkungen von einem anderen Grundstück dulden, soweit diese den Gebrauch seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen oder durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt werden.
  • § 37 Abs. 1 WHG regelt speziell für Wassereinwirkungen, dass der Eigentümer eines Grundstücks den Zufluss von Wasser, das von einem höher gelegenen Grundstück natürlich abfließt, nicht verhindern darf.

Das Gericht sah im konkreten Fall keine wesentliche Beeinträchtigung der Kläger durch den natürlichen Wasserabfluss. Zudem sei der Wasserabfluss vom höher gelegenen Grundstück des Beklagten aufgrund der Topografie unvermeidbar und entspreche der ortsüblichen Situation.

Bei der Abwägung der Interessen berücksichtigte das Gericht auch, dass die Kläger bei der Bebauung ihres Grundstücks die Hanglage und das damit verbundene Risiko von Wassereinwirkungen hätten berücksichtigen und geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen müssen. Ein Anspruch auf Schutzmaßnahmen durch den Nachbarn besteht in solchen Fällen grundsätzlich nicht.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung bekräftigt den Grundsatz, dass natürlicher Wasserabfluss zwischen Nachbargrundstücken zu dulden ist. Eigentümer tiefer gelegener Grundstücke haben keine Abwehransprüche gegen natürliches Oberflächenwasser von höher gelegenen Grundstücken. Nur bei künstlicher Verstärkung des Abflusses bestehen Ansprüche. Grundstückseigentümer müssen bei Bebauung die topografischen Gegebenheiten berücksichtigen und eigenverantwortlich Schutzmaßnahmen ergreifen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Grundstückseigentümer sollten Sie wissen, dass nicht jeder Wasserschaden vom Nachbarn automatisch zu einem Anspruch auf Schadensersatz oder Unterlassung führt. Entscheidend ist, ob das Wasser aufgrund der natürlichen Gegebenheiten Ihres Grundstücks abfließt oder ob Ihr Nachbar den Abfluss künstlich verändert hat.

Natürlicher Abfluss: Fließt das Wasser aufgrund der natürlichen Hanglage auf Ihr Grundstück, müssen Sie dies in der Regel dulden. Das heißt, Ihr Nachbar ist nicht verpflichtet, etwas dagegen zu unternehmen, und Sie können keinen Schadensersatz verlangen. Sie sollten daher bereits bei der Planung Ihres Grundstücks entsprechende Schutzmaßnahmen gegen eindringendes Wasser berücksichtigen.

Künstlicher Abfluss: Hat Ihr Nachbar jedoch Veränderungen vorgenommen, die den Wasserabfluss verstärken oder auf Ihr Grundstück lenken – beispielsweise durch bauliche Maßnahmen oder Drainagen – können Sie unter Umständen Ansprüche geltend machen. Dazu zählen sowohl die Beseitigung der Schäden als auch die Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen.

Im Zweifel: Bei unklaren Situationen oder Streitigkeiten mit Ihrem Nachbarn sollten Sie sich rechtlichen Rat einholen, um Ihre Rechte und Pflichten genau zu kennen und die für Sie beste Vorgehensweise zu finden.


FAQ – Häufige Fragen

Wasser ist ein Lebenselixier, doch es kann auch zum Problem werden – insbesondere, wenn es von einem Grundstück zum anderen fließt. Natürlicher und künstlicher Wasserabfluss sind komplexe Themen, die verschiedene rechtliche Fragen aufwerfen. Finden Sie Antworten auf Ihre Fragen rund um dieses Thema in unserer FAQ Rubrik und erfahren Sie mehr über Ihre Rechte und Pflichten als Eigentümer.


Welche Rechte habe ich, wenn Wasser von einem Nachbargrundstück auf mein Grundstück fließt?

Die Rechte eines Grundstückseigentümers bei Wassereinwirkungen vom Nachbargrundstück hängen von der Art des zufließenden Wassers ab. Bei wild abfließendem Wasser, das natürlich über ein Gefälle auf das tiefer liegende Grundstück fließt, besteht in der Regel kein Abwehranspruch. Der Eigentümer des tiefer liegenden Grundstücks muss diesen natürlichen Wasserzufluss grundsätzlich dulden.

Anders verhält es sich bei Traufwasser, also Niederschlagswasser, das von Dächern oder anderen baulichen Anlagen des Nachbarn abfließt. Hier hat der betroffene Grundstückseigentümer einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB. Der Nachbar muss dafür sorgen, dass Traufwasser nicht auf das angrenzende Grundstück gelangt, sondern auf dem eigenen Grundstück versickert oder abgeleitet wird.

Ein Abwehranspruch kann auch bestehen, wenn der Nachbar durch bauliche Veränderungen den natürlichen Wasserablauf verstärkt oder verändert hat. Dies wäre etwa der Fall, wenn er sein Grundstück aufschüttet und dadurch mehr Wasser zum Nachbarn fließt. Der betroffene Eigentümer kann dann verlangen, dass der Nachbar geeignete Schutzmaßnahmen ergreift, um den verstärkten Wasserabfluss zu verhindern.

Bei Schäden durch eindringendes Wasser vom Nachbargrundstück kommt unter Umständen ein Schadensersatzanspruch in Betracht. Voraussetzung ist, dass der Nachbar seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, etwa indem er Entwässerungsanlagen nicht ordnungsgemäß wartet. Der Geschädigte muss dann nachweisen, dass der Schaden auf einem schuldhaften Verhalten des Nachbarn beruht.

In Streitfällen empfiehlt es sich, zunächst das Gespräch mit dem Nachbarn zu suchen und eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Oft lassen sich Probleme durch gemeinsame Maßnahmen wie die Anlage von Drainagen oder Versickerungsmulden beheben. Führt dies nicht zum Erfolg, kann ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden, um die rechtlichen Möglichkeiten im konkreten Fall zu prüfen.

Bei Unklarheiten über die Rechtslage kann auch das zuständige Bauamt oder die Wasserbehörde um Rat gefragt werden. Diese können beurteilen, ob bauliche Veränderungen des Nachbarn genehmigungspflichtig waren und ob dabei wasserrechtliche Vorschriften eingehalten wurden.

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Was ist der Unterschied zwischen natürlichem und künstlichem Wasserabfluss?

Der natürliche Wasserabfluss erfolgt ohne menschliches Zutun aufgrund der Schwerkraft und der Geländebeschaffenheit. Regenwasser oder Schmelzwasser fließt dabei entsprechend dem natürlichen Gefälle von höher gelegenen zu tiefer gelegenen Grundstücken ab. Dies wird auch als wild abfließendes Wasser bezeichnet. Der Eigentümer des tiefer liegenden Grundstücks muss diesen natürlichen Wasserabfluss grundsätzlich dulden.

Ein künstlicher Wasserabfluss entsteht dagegen durch bauliche Maßnahmen oder Veränderungen des Geländes durch den Menschen. Dazu gehören beispielsweise das Anlegen von Drainagen, die Versiegelung von Flächen oder die Errichtung von Dächern und Regenrinnen. Durch solche Eingriffe wird der natürliche Wasserabfluss verändert oder verstärkt.

Der entscheidende rechtliche Unterschied liegt darin, dass der Eigentümer des höher gelegenen Grundstücks den natürlichen Wasserabfluss nicht zum Nachteil des Nachbarn verändern darf. Er darf also keine Maßnahmen ergreifen, die zu einem verstärkten Wasserabfluss auf das Nachbargrundstück führen. Tut er dies dennoch, kann der betroffene Nachbar Abwehransprüche geltend machen.

Bei einem rein natürlichen Wasserabfluss bestehen dagegen in der Regel keine Abwehransprüche des tiefer liegenden Grundstückseigentümers. Er muss das von oben kommende Wasser hinnehmen, solange es nicht durch künstliche Eingriffe vermehrt wurde. Dies ergibt sich aus § 37 des Wasserhaushaltsgesetzes.

Ein Beispiel verdeutlicht den Unterschied: Fließt Regenwasser aufgrund des natürlichen Gefälles vom Grundstück des Nachbarn A auf das tiefer liegende Grundstück von B, muss B dies dulden. Legt A jedoch eine gepflasterte Terrasse an, von der das Regenwasser verstärkt auf B’s Grundstück fließt, kann B dagegen vorgehen. Der künstliche Eingriff hat hier zu einer unzulässigen Veränderung des natürlichen Wasserabflusses geführt.

Die Abgrenzung zwischen natürlichem und künstlichem Wasserabfluss ist in der Praxis oft schwierig. Entscheidend ist, ob durch menschliches Handeln der Wasserabfluss zum Nachteil des Nachbarn verändert wurde. Nur dann bestehen Abwehransprüche gegen den Verursacher. Bei rein natürlichem Abfluss muss der tiefer liegende Nachbar das Wasser grundsätzlich hinnehmen.

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Muss ich Wasserabfluss vom Nachbargrundstück generell dulden?

Die Duldungspflicht für Wasserabfluss vom Nachbargrundstück hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich muss der Eigentümer eines tiefer gelegenen Grundstücks den natürlichen Abfluss von wild abfließendem Wasser vom höher gelegenen Nachbargrundstück dulden. Dies gilt für Niederschlagswasser, das unmittelbar als Regen oder Schnee auf das Grundstück fällt und aufgrund des natürlichen Gefälles abfließt. Der Oberlieger darf diesen natürlichen Wasserablauf jedoch nicht zum Nachteil des Unterliegers künstlich verstärken oder verändern.

Eine Duldungspflicht besteht nicht für Wasser, das durch bauliche Anlagen oder andere künstliche Veränderungen auf dem Nachbargrundstück vermehrt oder gezielt abgeleitet wird. Hierzu zählt insbesondere Traufwasser von Dächern oder Abwasser von befestigten Flächen. Der Eigentümer muss dafür sorgen, dass solches Wasser nicht auf das Nachbargrundstück gelangt.

Entscheidend für die Beurteilung ist der natürliche Abflusszustand zum Zeitpunkt der Geltendmachung von Abwehransprüchen. Auch wenn der ursprüngliche Zustand in der Vergangenheit durch künstliche Eingriffe verändert wurde, gilt dies als natürlicher Ablauf, sofern die Veränderung mit Einwilligung erfolgte oder über längere Zeit widerspruchslos hingenommen wurde.

Bei einer Verstärkung des Wasserabflusses durch veränderte Nutzung, etwa den Wechsel von Grünland zu Maisanbau, besteht in der Regel keine Abwehrpflicht des Oberliegers. Anders verhält es sich bei baulichen Maßnahmen wie Geländeaufschüttungen oder Versiegelungen, die den Wasserablauf erheblich verändern. In solchen Fällen kann der beeinträchtigte Nachbar Schutzmaßnahmen oder die Beseitigung der Störungsquelle verlangen.

Für Straßenanlieger gilt, dass sie ein gewisses Maß an Spritzwasser von der Fahrbahn dulden müssen. Ein vollständiger Schutz vor jeglichem Spritzwasser kann nicht verlangt werden.

Bei Grenzbebauung trägt grundsätzlich der Bauherr die Verantwortung, sein Bauwerk gegen Einwirkungen von wild abfließendem Regenwasser zu schützen. Er kann sich nicht darauf berufen, dass zum Zeitpunkt der Errichtung bestimmte Schutzmaßnahmen noch nicht üblich waren.

In Zweifelsfällen empfiehlt sich eine genaue Prüfung der örtlichen Gegebenheiten und der konkreten Ursachen für den Wasserzufluss. Oft können einvernehmliche Lösungen mit dem Nachbarn gefunden werden, um Wasserprobleme zu beheben. Bei anhaltenden Streitigkeiten kann eine rechtliche Beratung oder ein Sachverständigengutachten hilfreich sein, um die Rechtslage im Einzelfall zu klären.

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Welche Maßnahmen kann ich ergreifen, um mein Grundstück vor Wasserabfluss zu schützen?

Grundstückseigentümer können verschiedene Maßnahmen ergreifen, um ihr Grundstück vor Wasserabfluss zu schützen. Eine wichtige bauliche Vorkehrung ist die Anpassung des Geländeprofils. Durch gezielte Aufschüttungen und Modellierungen lässt sich erreichen, dass Oberflächenwasser vom Gebäude weggeleitet wird. Besonders effektiv ist die Anlage eines leichten Gefälles, das von den Gebäudewänden wegführt.

Die Errichtung von Mauern oder Erdwällen an gefährdeten Stellen des Grundstücks kann ebenfalls wirksam sein, um eindringendes Wasser abzuhalten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese Schutzmaßnahmen nicht dazu führen dürfen, dass Wasser auf Nachbargrundstücke umgeleitet wird. Der natürliche Wasserabfluss darf nicht zum Nachteil anderer verändert werden.

Eine Verbesserung der Versickerungsfähigkeit des Bodens trägt wesentlich zum Schutz bei. Die Entsiegelung befestigter Flächen und der Einsatz wasserdurchlässiger Beläge ermöglichen es dem Regenwasser, schneller im Boden zu versickern. Auch die Anlage von Rigolen oder Sickermulden kann die Aufnahmefähigkeit des Grundstücks für Niederschlagswasser deutlich erhöhen.

Für Gebäude empfiehlt sich der Einbau von Rückstausicherungen in der Kanalisation. Diese verhindern, dass bei Starkregen Wasser aus überlasteten Abwasserleitungen in Keller eindringt. Kellerfenster und -eingänge sollten zudem mit wasserdichten Abdeckungen oder Barrieren geschützt werden. Eine fachgerechte Abdichtung der Gebäudehülle gegen drückendes Wasser ist ebenfalls ratsam.

Die Dachbegrünung stellt eine weitere effektive Maßnahme dar. Begrünte Dächer können große Mengen Regenwasser aufnehmen und zeitverzögert abgeben. Dies entlastet die Entwässerungssysteme bei Starkregenereignissen erheblich.

Eine regelmäßige Wartung und Reinigung von Dachrinnen, Fallrohren und Entwässerungseinrichtungen auf dem Grundstück ist unerlässlich. Verstopfungen können schnell zu Überlastungen und unkontrolliertem Wasserabfluss führen.

Bei der Gartengestaltung sollte auf eine standortgerechte Bepflanzung geachtet werden. Tiefwurzelnde Pflanzen und Bäume lockern den Boden auf und verbessern dessen Wasserspeicherfähigkeit. Mulchschichten auf Beeten können ebenfalls dazu beitragen, dass Regenwasser langsamer abfließt und besser versickert.

Die Installation von Regenwasserspeichern oder unterirdischen Zisternen ermöglicht es, überschüssiges Niederschlagswasser aufzufangen und später zur Gartenbewässerung zu nutzen. Dies entlastet nicht nur die Entwässerungssysteme, sondern spart auch Trinkwasser.

Grundstückseigentümer sollten sich über die örtlichen Gegebenheiten und potenzielle Gefährdungen durch Oberflächenwasser informieren. Viele Kommunen stellen inzwischen detaillierte Starkregengefahrenkarten zur Verfügung, die wertvolle Hinweise für individuelle Schutzkonzepte liefern können.

Bei der Planung und Umsetzung von Schutzmaßnahmen ist es ratsam, Fachleute wie Architekten oder Bauingenieure hinzuzuziehen. Sie können die spezifische Situation vor Ort beurteilen und maßgeschneiderte Lösungen entwickeln, die sowohl wirksam als auch rechtlich unbedenklich sind.

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Wann und wie kann ich Schadensersatz für Wasserschäden vom Nachbarn verlangen?

Schadensersatzansprüche für Wasserschäden gegen den Nachbarn können unter bestimmten Voraussetzungen geltend gemacht werden. Grundsätzlich haftet der Verursacher eines Wasserschadens für die entstandenen Schäden. Dies gilt auch im nachbarschaftlichen Verhältnis.

Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht, wenn der Nachbar den Wasserschaden schuldhaft verursacht hat. Schuldhaftes Handeln liegt vor, wenn der Nachbar vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Fahrlässigkeit bedeutet, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn er eine defekte Waschmaschine nicht repariert oder einen undichten Wasserhahn nicht abdichtet.

Der Geschädigte muss den Schaden und die Verursachung durch den Nachbarn nachweisen. Hierfür sind Beweise wie Fotos, Zeugenaussagen oder Gutachten hilfreich. Auch die Schadenshöhe muss belegt werden, etwa durch Rechnungen oder Kostenvoranschläge für die Reparatur.

Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erfolgt zunächst außergerichtlich durch ein Aufforderungsschreiben an den Nachbarn. Darin wird der Sachverhalt geschildert, der Schaden beziffert und eine Frist zur Zahlung gesetzt. Reagiert der Nachbar nicht oder lehnt er die Zahlung ab, kann der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden.

Bei der gerichtlichen Durchsetzung ist zu beachten, dass Schadensersatzansprüche innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist geltend gemacht werden müssen. Diese beträgt in der Regel drei Jahre ab Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen.

Häufig ist der Nachbar gegen solche Schäden haftpflichtversichert. In diesem Fall kann der Geschädigte den Schaden direkt bei der Versicherung des Nachbarn anmelden. Die Versicherung prüft dann den Anspruch und reguliert bei berechtigten Forderungen den Schaden.

Bei Streitigkeiten über die Schadensursache oder -höhe kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens sinnvoll sein. Die Kosten hierfür trägt zunächst der Auftraggeber, sie können aber bei erfolgreicher Durchsetzung des Anspruchs vom Schädiger erstattet verlangt werden.

Zu beachten ist, dass nicht jeder Wasserschaden vom Nachbarn zu ersetzen ist. Für natürlich abfließendes Oberflächenwasser, das aufgrund der Geländeneigung auf das tiefer liegende Grundstück fließt, muss der Nachbar grundsätzlich nicht haften. Anders kann es sein, wenn er durch bauliche Maßnahmen den natürlichen Wasserablauf zum Nachteil des Nachbarn verändert hat.

Bei Zweifeln über die Erfolgsaussichten einer Schadensersatzforderung oder Schwierigkeiten bei der Durchsetzung empfiehlt sich die Konsultation eines Rechtsanwalts. Dieser kann die Rechtslage im Einzelfall prüfen und bei der Geltendmachung der Ansprüche unterstützen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Abwehransprüche: Dies sind Rechte eines Grundstückseigentümers, Einwirkungen von einem Nachbargrundstück abzuwehren. Sie können Unterlassung, Beseitigung oder Schadensersatz umfassen. Abwehransprüche setzen eine wesentliche Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung voraus. Bei natürlichem Wasserabfluss bestehen in der Regel keine Abwehransprüche, da dieser zu dulden ist. Anders bei künstlichen Veränderungen: Verstärkt ein Nachbar den Wasserabfluss durch bauliche Maßnahmen, können Abwehransprüche gerechtfertigt sein. Die Durchsetzung erfolgt meist gerichtlich, wenn eine außergerichtliche Einigung scheitert.
  • Natürlicher Wasserabfluss: Dieser bezeichnet die Bewegung von Oberflächenwasser aufgrund natürlicher Geländegegebenheiten wie Gefälle oder Hanglage. Er erfolgt ohne menschlichen Eingriff allein durch Schwerkraft und topografische Verhältnisse. Natürlicher Wasserabfluss muss vom Eigentümer des tiefer gelegenen Grundstücks grundsätzlich geduldet werden, auch wenn er zu Beeinträchtigungen führt. Dies basiert auf dem Grundsatz, dass natürliche Gegebenheiten hinzunehmen sind. Nur bei wesentlicher Beeinträchtigung oder ortsunüblicher Nutzung können ausnahmsweise Abwehransprüche bestehen. Eigentümer müssen natürlichen Wasserabfluss bei der Grundstücksplanung berücksichtigen.
  • Künstlicher Wasserabfluss: Im Gegensatz zum natürlichen Abfluss entsteht dieser durch menschliche Eingriffe in die Geländestruktur oder Wasserführung. Beispiele sind Drainagen, Dachrinnen oder Geländemodellierungen. Künstlicher Wasserabfluss kann den natürlichen Abfluss verstärken oder umleiten. Führt er zu Schäden oder wesentlichen Beeinträchtigungen auf Nachbargrundstücken, können Abwehransprüche bestehen. Der verursachende Eigentümer ist dann verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu ergreifen oder Schäden zu ersetzen. Die Zulässigkeit künstlicher Veränderungen hängt von ihrer Intensität und den örtlichen Gegebenheiten ab.
  • Duldungspflicht: Sie verpflichtet Grundstückseigentümer, bestimmte Einwirkungen von Nachbargrundstücken zu ertragen. Bei Wasserabfluss besteht eine Duldungspflicht für natürliche Abflussverhältnisse, nicht aber für künstliche Verstärkungen. Die Duldungspflicht findet ihre Grenzen in wesentlichen Beeinträchtigungen oder ortsunüblichen Nutzungen. Sie basiert auf dem Gedanken nachbarlicher Rücksichtnahme und dem Ausgleich widerstreitender Interessen. Eigentümer müssen im Rahmen der Duldungspflicht oft eigene Schutzmaßnahmen ergreifen. Die genauen Grenzen der Duldungspflicht sind oft Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen.
  • Wesentliche Beeinträchtigung: Dieser unbestimmte Rechtsbegriff ist entscheidend für die Frage, ob Einwirkungen vom Nachbargrundstück geduldet werden müssen. Eine wesentliche Beeinträchtigung liegt vor, wenn die Nutzung des Grundstücks erheblich eingeschränkt wird. Die Beurteilung erfolgt objektiv nach der Verkehrsanschauung, nicht nach dem subjektiven Empfinden des Eigentümers. Relevante Faktoren sind Intensität, Dauer und Häufigkeit der Einwirkung sowie die Ortsüblichkeit. Bei Wassereinwirkungen können regelmäßige Überschwemmungen oder dauerhafte Durchfeuchtungen wesentliche Beeinträchtigungen darstellen. Die Wesentlichkeitsschwelle ist im Einzelfall zu bestimmen und oft Gegenstand gerichtlicher Würdigung.
  • Schutzmaßnahmen: Dies sind bauliche oder technische Vorkehrungen, die Grundstückseigentümer treffen, um ihr Eigentum vor Schäden durch Wassereinwirkungen zu schützen. Bei Hanglage oder Gefälle zum Nachbargrundstück sind sie besonders wichtig. Mögliche Schutzmaßnahmen umfassen Drainagesysteme, Stützmauern, Terrainmodellierungen oder wasserdichte Kellerisolierungen. Die Verantwortung für solche Maßnahmen liegt primär beim Eigentümer des gefährdeten Grundstücks, nicht beim Nachbarn. Bei der Planung sind sowohl die natürlichen Gegebenheiten als auch mögliche künftige Entwicklungen zu berücksichtigen. Fachkundige Beratung ist oft ratsam, um effektive und rechtskonforme Lösungen zu finden.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 906 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Duldungspflicht von Grundstückseigentümern gegenüber Einwirkungen von Nachbargrundstücken. Im konkreten Fall prüfte das Gericht, ob die Wassereinwirkungen vom höher gelegenen Grundstück die Nutzung des unteren Grundstücks wesentlich beeinträchtigten, was nicht der Fall war.
  • § 37 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG): Dieser Paragraph besagt, dass der Eigentümer eines Grundstücks den natürlichen Abfluss von Wasser auf ein tiefer gelegenes Grundstück nicht verhindern darf. Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass der Wasserabfluss aufgrund des natürlichen Gefälles erfolgte und somit nicht verhindert werden durfte.
  • Unterscheidung zwischen natürlichem und künstlichem Wasserabfluss: Diese Unterscheidung ist entscheidend für die Frage, ob Abwehransprüche gegen den Nachbarn bestehen. Im konkreten Fall wurde festgestellt, dass es sich um einen natürlichen Wasserabfluss handelte, weshalb keine Ansprüche auf Unterlassung oder Schadensersatz bestanden.
  • Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten bei Bebauung und Nutzung: Grundstückseigentümer müssen bei der Planung ihrer Grundstücke die natürlichen Gegebenheiten wie Hanglage oder Gefälle berücksichtigen und gegebenenfalls Schutzmaßnahmen ergreifen. Im vorliegenden Fall hätte der Eigentümer des unteren Grundstücks das Risiko von Wassereinwirkungen bei der Bebauung seines Grundstücks berücksichtigen müssen.
  • § 522 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO): Dieser Paragraph ermöglicht ein beschleunigtes Berufungsverfahren durch Beschluss, wenn das Gericht der Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg einräumt. Im konkreten Fall beabsichtigte das Oberlandesgericht Bamberg, die Berufung der Kläger in einem solchen Beschlussverfahren zurückzuweisen.

Das vorliegende Urteil

OLG Bamberg – Az.: 10 U 61/23 – Beschluss vom 06.02.2024

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 25.10.2023 im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 66.435,84 Euro festzusetzen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis längstens 27.02.2024.

Gründe:

I.

Die Kläger verlangen vom Beklagten Unterlassung und Ausgleichzahlungen wegen vom Grundstück des Beklagten auf das Grundstück der Klägerin eindringendem Wasser.

Die Klägerin zu 1) (im Folgenden nur Klägerin) ist Eigentümerin des Grundstücks mit der Flur-Nr. xx/001 der Gemarkung A. (Grundbuch des Amtsgerichts … von A., Blatt …) mit der Anschrift Z-weg 01, 02, 03, 04, …. Dem Kläger zu 2) (im Folgenden nur Kläger) räumte die Klägerin mit notariellen Überlassungsvertrages vom 23.11.2016 (Anlage K 1) ein Nießbrauchsrecht an dem vorgenannten Grundstück ein. Die Grundstücke 02, 03, 04 sind teilweise mit Garagen bebaut, vor denen sich als Einfahrt eine gepflasterte Fläche befindet.

Das Anwesen Z-weg 01 ist mit einem Wohnhaus bebaut.
[…]

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Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks mit der Flur-Nr. xx/002 der Gemarkung A. mit der Anschrift D., …, das unmittelbar an das Grundstück der Klägerin angrenzt. Das Anwesen „D.“ liegt an einem nach Nordwesten zur Talaue der X. hin geneigten Hanggelände. Am Fuß des Hangbereichs verläuft der Z-weg, an dessen südlichem Ende sich das Grundstück der Klägerin befindet. Der Höhenunterschied zwischen dem Gebäude „D. “ und dem Garagenhof auf dem Grundstück der Klägerin beträgt etwa zehn Meter. Westlich des Grundstücks der Klägerin fließt der Fluß „X.“ von Nord nach Süd. Auf dem Grundstück des Beklagten befindet sich – nach dem vom Beklagten bestrittenen Vortrag der Kläger – eine „Quellstube“. Die „Quellstube“ wird derzeit nicht genutzt und ist – nach dem Vortrag der Kläger – nicht mehr funktionstüchtig. Das Quellwasser fließt daher derzeit über den Rand des Entnahmebeckens in einem betonierten, fliesenverkleideten Gerinne als Haupteinspeicherung in einem auf dem Grundstück des Beklagten befindlichen Gartenteich. Vom Teich wird es in einen verrohrten Ablauf geleitet, welcher an das Abwasserableitungssystem des Nachbargrundstücks angeschlossen ist.

Die Kläger haben in erster Instanz vorgetragen, das Grundstück der Klägerin werde „durch dauernden Hangwasserandrang erheblich geschädigt/beeinträchtigt“ (S. 9 der Klageschrift ). Ursprung des Hangwasserandrangs sei die „Quellstube“ (S. 10 K, S. 10 der Replik ; S. 5 SS KV 14.07.21, S. 3 SS KV 07.09.21). Dies sei vom Privatsachverständigen T. u. a. aufgrund wasserchemischer Untersuchungen festgestellt worden (Anlage K 2). Die nicht vorgenommene Ertüchtigung und entsprechende Umbauten im Bereich der Teichanlage und der Quellstube stellten einen Eingriff in die natürliche Eigenart des Grundstücks dar, wonach sich eine mittelbare Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks „aufgrund des wild abfließenden Oberflächenwassers“ ergebe (S. 24 K, S. 6 Re; vgl. auch S. 5 SS KV 03.11.21). Anfang des Jahres 2018 sei es zu Absenkungen auf dem Grundstück der Klägerin gekommen. Im April 2018 sei „Wasser aus der Böschung gelaufen“. Ab diesem Zeitpunkt habe sich der Schotter hinter den Garagen 5 bis 8 immer mehr abgesenkt und auch im Hof des Anwesens Z-weg 02, 03 und 04 sei es zu Absenkungen gekommen. Der Kläger habe versucht, dass „aus der Böschung austretende Wasser“ mit Schottersteinen und einem ca. 1 Meter langen Rohr zu kanalisieren. Er habe dabei ab dieser Zeit eine Wassermenge von ca. 18 bis 21 ³/Tag Wasser festgestellt. Das „aus der Böschung austretende Wasser“ stamme vom Nachbargrundstück des Beklagten (S. 17 K). Seit Jahren komme es nun zu einem „täglichen oberflächlichen Wassereingang“ von ca. 20-25 ³ Wasser vom Grundstück des Beklagten kommend auf das Grundstück der Klägerin (S. 3 SS BV 14.07.21).

Dem Kläger seien zur Beseitigung der durch das Wasser entstandenen Schäden an dem Grundstück und durch die Beauftragung des Privatsachverständigen Aufwendungen in einer Gesamthöhe von 47.148,29 Euro entstanden (Anlagen K 10 bis K 17, K 24 bis K 35). Das Pflaster habe sich gesetzt. Die gesamten Pflasterstellen hätten ertüchtigt und neu befestigt werden müssen, weil durch den Wasserandrang sich der gesamte Boden gesenkt und bewegt habe. Zudem habe der Kläger Eigenleistungen im Wert von 3.700,00 Euro erbracht. Es sei Mutterboden gekauft, das Pflaster ausgebaut, seitlich gelagert, neuer Boden eingebaut und verdichtet worden.

Die Kläger haben in erster Instanz zuletzt – nach dem Tod der ehemaligen Klägerin zu 3), die vom Kläger allein beerbt wurde – beantragt,

I. Der Beklagte wird verurteilt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, durch welche verhindert wird, dass unkontrolliertes Oberflächenwasser / Quellwasser vom Grundstück des Beklagten (D.) auf das Grundstück der Klägerin zu 1.), Z-weg 01, 02, 03, 04, …, eindringt / einsickert.

II. Der Beklagte wird ferner verurteilt EUR 56.435,84 an den Kläger zu 2.) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten p. a. über den Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.

Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Auf das Klagevorbringen hat er im Wesentlichen erwidert, das angeblich schadensursächliche Wasser erreiche das klägerische Grundstück unterirdisch in einer Tiefe von ca. 2,5 m bis 4 m unter der Geländeoberfläche. Es sei völlig unklar, wo jenes Wasser seinen Ursprung und welchen Weg es unterwegs genommen habe. An dem gesamten Hang fließe über zahlreiche Grundstücke Wasser. Die Stadtwerke hätten im Herbst 2018 eigens das Schöpfbecken der Quellstube ausgepumpt, um festzustellen, ob dem klägerischen Grundstück über die vorhandene Abflussleitung Quellwasser zugeführt werde. Trotz dieses Abschöpfens hätten sich keinerlei Änderungen des Wasserflusses hinter den klägerischen Garagen in Richtung Gewässer gezeigt (vgl. Anlage B 1). Wie die Kläger selbst einräumten, träten die behaupteten Beeinträchtigungen durch Wasser nicht seit jeher auf, obwohl Quelle und Teich seit jeher vorhanden seien. Vielmehr räumten die Kläger jedenfalls mittelbar ein, dass die Schäden erst aufgetreten seien, nachdem auf dem klägerischen Grundstück und sonst wo, jedenfalls nicht auf dem Grundstück des Beklagten und auch nicht von ihm veranlasst, Eingriffe und Arbeiten durchgeführt worden seien.

Das sachverständig beratene Landgericht die Klage mit Endurteil vom 25.10.2023 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Ein Anspruch auf Ergreifung geeigneter Maßnahmen durch welche verhindert wird, dass unkontrolliertes Oberflächenwasser/Quellwasser vom Grundstück des Beklagten auf das Grundstück der Klägerin eindringt/einsickert, bestehe nicht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätten die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass aus der „Quellstube des Beklagten“ abfließendes Wasser in das klägerische Grundstück eindringe oder einsickere.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen fließe das Wasser aus der „Quellstube“ kontrolliert über ein offenes Gerinne in eine Gartenteichanlage und vom dortigen Auslauf in einer Rohrleitung bis zu einem Schacht auf dem klägerischen Grundstück („Schacht 2“). Die Wassermenge, welche aus der Quellstube über den Ablaufgraben in den Teich fließt, entspreche in etwa der Wassermenge im Bereich des Auslaufs.

Denn das Wasser in dem „Schacht 2“ fließe nur mit geringer Intensität und dürfte in etwa dem Abfluss aus der Teichanlage entsprechen. Hinweise auf ein unkontrolliertes Eindringen oder Einsickern von Wasser aus der Quellstube in das klägerische Grundstück hätten sich nicht ergeben. Zwischen der Teichanlage und dem klägerischen Grundstück seien an keiner Stelle des einsehbaren Hangbereichs Wasseraustritte zu beobachten gewesen und es hätten sich auch keine Hinweise oder Spuren von oberflächlich abfließenden größeren Wassermengen (z.B. Ausspülungen oder Erosionsrinnen) gezeigt. Auch eine Versickerung von Wasser aus der Teichanlage sei auszuschließen. Die auf dem klägerischen Grundstück aus dem „Auslauf 1“ austretende Wassermenge sei um ein Vielfaches höher als die am Auslauf der Teichanlage und im „Schacht 2“ festgestellte Wassermenge. Es sei daher „offensichtlich“, dass im Bereich des klägerischen Grundstücks unterirdisch Wasser anderer Herkunft als aus der „Quellstube des Beklagten“ auf dem Grundstück der Klägerin zufließen müsse.

Das Landgericht schließe sich den widerspruchsfreien und von hoher Sachkunde getragenen Ausführungen des gerichtsbekannt sehr erfahrenen Sachverständigen, die dieser auf Grundlage einer Auswertung der ihm vorgelegten Gerichtsakte einschließlich der schriftlichen Stellungnahmen des klägerseits beauftragen Privatsachverständigen und der im Rahmen der Ortstermine getroffenen Feststellungen und Messungen erstattete, vollumfänglich an. Auch „in Auseinandersetzung mit den widersprechenden Ausführungen des Privatgutachters“ sei der Sachverständige nachvollziehbar bei seiner gutachterlichen Einschätzung im schriftlichen Gutachten verblieben.

Die Voraussetzungen für ein Obergutachten lägen nicht vor, denn dafür fehle „es bereits am Vorliegen mehrerer Gutachten“. Soweit die Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 20.10.2023 und damit nach Ablauf der mit Verfügung vom 25.10.2022 und mit Beschluss vom 20.09.2023 gesetzten Fristen weitere Einwendungen gegen das Gutachten erhoben haben, handele es sich um verspätetes Vorbringen, das nach §§ 411 Abs. 4 Satz 2, 296 Abs. 1, Abs. 4 ZPO nicht zu berücksichtigen sei. Doch auch im Falle ihrer Berücksichtigung könnten diese Ausführungen keine Zweifel am Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen und dessen Sachkunde zu wecken.

Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz im Übrigen wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angegriffenen Ersturteil (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

Gegen das vorgenannte Endurteil richtet sich die Berufung der Kläger, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vortragen:

Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei falsch. Es habe die Klageabweisung ausschließlich auf das Gutachten des Sachverständigen R. gestützt und dieses zu Unrecht als schlüssig und widerspruchsfrei erachtet. Das Landgericht habe dabei nicht einmal, wie geboten, abgefragt, ob der Sachverständige R. private und/oder geschäftliche Beziehungen zu den Prozessbeteiligten unterhalte, obwohl dies „zwingend sei“. Zudem habe das Landgericht nicht bereits vor Beauftragung abgefragt, ob der Sachverständige R. überhaupt fachlich geeignet ist. Zudem habe der Sachverständige die in dem Schriftsatz vom 05.12.2022 gestellten ergänzenden Fragen in seiner mündlichen Anhörung vom 20.09.2023 nicht beantwortet. Das Landgericht hätte schließlich hinsichtlich der „dezidierten Ergänzungsfragen“ im Schriftsatz vom 04.10.2023 nicht aus eigener Sachkunde heraus annehmen dürfen, dass es sich lediglich um eine Wiederholung und Vertiefung des bisherigen Vortrages zum schriftlichen Sachverständigengutachten gehandelt habe.

Das Gutachten des Sachverständigen R. sei unrichtig. Bereits die Tatsachenfeststellung durch den Gutachter R. sei fehlerhaft. Das Gutachten sei „äußerst rudimentär“. Die Tatsachenfeststellung des Sachverständigen beschränke sich auf Sichtprüfungen und Wassermengenmessungen, die der Sachverständige „ausgerechnet in einem Jahrhundertsommer und ausgerechnet noch in einer sommerlichen Trockenperiode und auch an einem ausgesprochenen Trockentag“ vorgenommen habe. Da seien Messungen teilweise nicht möglich gewesen. Erforderlich gewesen seien „verifizierte Messungen“ wie durch den Privatsachverständigen, sowohl „geologisch als auch die Wasserchemie betreffend“. Ein „Färbeversuch“ bzw. „Farbuntersuchungen“ seien ebenfalls nicht durchgeführt worden. Der Sachverständige habe auch „die sich aufdrängende Auffälligkeit“ übersehen, dass die Senkung auf dem klägerischen Grundstück in exakter gerader Flucht zum Grundstück des Beklagten hangaufwärts verlaufe und dort exakt in Richtung Quellstube münde. Weiter habe sich der Sachverständige nicht zu dem Erhaltungszustand der Quellstube des Beklagten erklärt, auch nicht zum Zustand des Ablaufgrabens zwischen Quellstube und Teich, obwohl diese jeweils objektiv sanierungsbedürftig seien. Das Gutachten sei zudem auch fachlich falsch. Es setze sich nicht mit den Feststellungen des Privatsachverständigen und den Analysen des Institutes S. und des Chemisches Labor E. auseinander, die eindeutig die Identität des Quellwassers aus der Quellstube zu dem austretenden Wasser im klägerischen Anwesen festgestellt hätten. Es sei inhaltlich auch widersprüchlich. Die gerichtliche Beweisfrage verneine der Sachverständige zwar, gebe aber anderseits in Widerspruch hierzu an, dass überschüssiges Wasser von der Quellstube in die Teichanlage und von der Teichanlage in einen Gully fließe und von dort über eine Rohrleitung zum Grundstück des Klägers gelange.

Das Landgericht habe auch Art. 103 Abs. 1 GG verletzt und gegen das Willkürverbot verstoßen:

Zunächst habe das Landgericht bezüglich des Klageantrages zu I verkannt und übergangen, dass unstreitig vom Grundstück des Beklagten Wasser in erheblichen Mengen durch eine Rohrleitung mit zwei Kontrollschächten auf den klägerischen Grundstück Wasser vom Grundstück des Beklagten auf das Grundstück der Klägerseite geleitet werde. Dies allein begründe den Unterlassungsanspruch „des Klägers“, da eine dingliche Sicherung dieser Rohrleitung nicht bestehe.

Das Landgericht habe zudem die mit Schriftsatz vom 20.10.2023 erhobenen Einwände („Fragen“, „Beweisfragen“) gegen das Gutachten des Sachverständigen R. zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen.

Noch innerhalb der im Termin vom 20.09.2023 gesetzten Stellungnahmefrist zum Ergebnis der Beweisaufnahme bis zum 04.10.2023 sei am 27.09.2023 ein Anwaltswechsel erfolgt, wobei unverzüglich Akteneinsicht beantragt worden sei. Das Passwort zur Einsichtnahme in die elektronisch übersandte Akte sei beim Prozessbevollmächtigten der Kläger allerdings erst am 05.10.2023 eingegangen, sodass eine fristgerechte Stellungnahme unmöglich gewesen sei. Mit Schriftsatz vom 17.10.2023 sei daher Fristverlängerung bis zum 30.11.2023 beantragt worden. Angesichts der Dauer des Rechtsstreits und des Umfangs der Akte habe der Prozessbevollmächtigte der Kläger davon ausgehen können, dass seinem Antrag entsprochen werde. Nachdem der Verkündungstermin erst für den 25.10.2023 bestimmt gewesen sei, könne „denknotwendig“ durch die Beantwortung der „Beweisfragen“ im Schriftsatz vom 20.10.2023 keine Verfahrensverzögerung eintreten, zumal neuer Sachvortrag gerade nicht getätigt worden sei.

Da das Landgericht ungeachtet des Schriftsatzfristverlängerungsantrages des Klägervertreters vom 17.10.2023 und ungeachtet dessen Schriftsatzes vom 20.10.2023 aber auch ungeachtet des fristgerecht eingegangenen Schriftsatzes der Rechtsanwälte L. vom 04.10.2023 am 25.10.2023 entschieden habe, spreche ferner viel dafür, dass das Landgericht sein Endurteil „fertig erstellt“ oder „vorgefertigt“ gehabt und es sich „ein rechtswidriges Stuhlurteil“ gehandelt habe.

Die Kläger beantragen im Berufungsverfahren:

I. Unter Abänderung des Endurteils des Landgerichtes Coburg vom 25.10.2023, Az. 12 O 725/20, zugestellt am 31.10.2023, wird der Beklagte verurteilt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, durch welche verhindert wird, dass unkontrolliertes Oberflächen-/Quellwasser vom Grundstück des Beklagten (D.) auf das Grundstück der Klägerin zu 1, Z-weg 01, 02, 03, 04 in … eindringt/einsickert.

II. Unter Abänderung des Endurteils des Landgerichtes Coburg vom 25.10.2023, Az. 12 O 725/20, zugestellt am 31.10.2023, wird der Beklagte verurteilt, 56.435,84 Euro an den Kläger zu 2 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz jährlich seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen.

II.

Nach der einstimmigen Auffassung des Senats ist die Berufung der Kläger offensichtlich unbegründet, so dass das Rechtsmittel keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinn des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO bietet. Das Landgericht hat die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Im Ansatzpunkt noch zutreffend geht die Klägerin davon aus, dass sich die Rechtsbeziehungen zwischen ihr und dem Beklagten nach §§ 903 ff., 1004 BGB i.V.m. § 37 WHG beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 – III ZR 388/17, NJW-RR 2019, 1035 Rn. 12; Urteil vom 20. April 2023 – III ZR 92/22, MDR 2023, 837 Rn. 11).

a) § 37 WHG regelt das wasserrechtliche Nachbarrecht (BGH, Urteil vom 12. Juni 2015 – V ZR 168/14, NJW-RR 2016, 24 Rn. 7; Urteil vom 20. April 2023 – III ZR 92/22, MDR 2023, 837 Rn. 29). § 37 Abs. 1 Satz 2 WHG bestimmt, dass der natürliche Ablauf wild abfließenden Wassers nicht zum Nachteil eines tiefer gelegenen Grundstücks verstärkt oder auf andere Weise verändert werden darf. Dies bedeutet, dass durch die veränderten Abflussverhältnisse keine „Belästigung“ für den betroffenen Grundstückseigentümer entstehen darf, die von einigem Gewicht und spürbar ist, wodurch das Grundstück erheblich beeinträchtigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 – III ZR 388/17, NJW-RR 2019, 1035, Rn. 21; Urteil vom 20. April 2023 – III ZR 92/22, MDR 2023, 837 Rn. 11). Wild abfließendes Wasser ist gemäß § 37 Abs. 1 und 4 WHG solches, das außerhalb von Betten abfließt und aus Hochwasser, Quellen oder Niederschlägen stammen kann, mithin zum Wasserschatz der Natur gehört und auf unversiegelte Flächen trifft. Durch § 37 Abs. 1 WHG sind die früheren landesrechtlichen Vorschriften verdrängt worden (Art. 72 Abs. 1 GG), denn bei § 37 WHG handelt es sich um eine vollständige und aus sich heraus vollzugsfähige Regelung mit abschließendem Charakter (BGH, Urteil vom 20. April 2023 – III ZR 92/22, MDR 2023, 837 Rn. 12).

aa) Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 WHG ist die – künstliche (BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 – III ZR 388/17, NJW-RR 2019, 1035 Rn. 20) – Veränderung des natürlichen Ablaufs, der sich nach den vorhandenen Boden- und Geländeverhältnissen richtet, zwar verboten. Nach den naturgesetzlichen Gegebenheiten fließt Wasser allerdings nun einmal bergab, was der Unterlieger grundsätzlich hinzunehmen hat (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2019 – III ZR 64/18, MDR 2020, 97 Rn. 15; Urteil vom 20. April 2023 – III ZR 92/22, MDR 2023, 837 Rn. 25). Der Oberlieger ist mithin insoweit privilegiert, als er den Unterlieger vor dem natürlichen Zufluss des abfließenden Oberflächenwassers nicht bewahren muss, sondern der Unterlieger selbst etwaige Vorkehrungen zu treffen hat. Zweck des § 37 Abs. 1 WHG ist es demnach lediglich, Eingriffe in das natürliche Abflussverhalten zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2023 – III ZR 92/22, MDR 2023, 837 Rn. 25).

bb) Der Eigentümer eines Grundstücks kann sich gegen Einwirkungen hierauf durch wild abfließendes Wasser, die von einem Nachbargrundstück ausgehen und sein Eigentum beeinträchtigen, grundsätzlich mit dem auf Unterlassung gerichteten Abwehranspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB zur Wehr setzen (BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 – III ZR 388/17, NJW-RR 2019, 1035 Rn. 13). Lässt sich die drohende Beeinträchtigung nicht anders verhindern, kann unter Umständen auch ein aktives Eingreifen des Anspruchsgegners in Form „geeigneter Maßnahmen“ – wie von der Klägerin beantragt – geboten sein (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juni 2015 – V ZR 168/14, NJW-RR 2016, 24 Rn. 27; Urteil vom 9. Mai 2019 – III ZR 388/17, NJW-RR 2019, 1035 Rn. 13).

b) Nach diesen auch für den Streitfall maßgeblichen Grundsätzen hat die Klägerin die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nicht ausreichend dargelegt (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2019 – III ZR 64/18, MDR 2020, 97 Rn. 21 f.).

aa) Nach dem Vortrag der Klägerin bleibt bereits offen, ob der Anwendungsbereich von § 37 WHG überhaupt eröffnet ist. Wild abfließendes Wasser ist zwar auch das aus Quellen zutage tretende Wasser sowie in der Regel auch sog. Hangdruckwasser (Knopp, in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, Werkstand: 58. EL August 2023, § 37 WHG Rn. 14). Die Klägerin hat indes – jedenfalls zeitweise – auch vorgetragen, das auf ihr Grundstück eindringende Wasser sei „Grundwasser“ (vgl. Schriftsatz vom 14.07.2021, dort Seite 3). Dies korrespondiert mit den Ausführungen des Privatsachverständigen, der in seiner Stellungnahme vom 22.12.2019 (Anlage K 2) von einer „Anströmtiefe, die zwischen 2,5 und 4 Meter unter Gelände schwankt“ ausgeht (Seite 3 der Stellungnahme). Grundwasser unterfällt indes nicht § 37 WHG.

Ebenfalls vom Anwendungsbereich der Vorschrift nicht erfasst ist Wasser, das nicht zum natürlichen Wasserkreislauf zählt, wie beispielsweise Wasser, das aus geborstenen Leitungen (Czychowski/Reinhardt, WHG, 13. Aufl. 2023, § 37 Rn. 12) oder sonst aus einem geschlossenen System unkontrolliert austritt (Riedel, in: BeckOK-Umweltrecht, 68. Edition Stand: 01.04.2022, § 37 WHG Rn. 6). Gerade letzteres scheint die Klägerin indes gerade zum Gegenstand ihrer Klage machen zu wollen.

bb) Weiter ist darzulegen, von welchem natürlichen Abflusszustand auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 – III ZR 465/15; Urteil vom 31. Oktober 2019 – III ZR 64/18, MDR 2020, 97 Rn. 16; vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 – III ZR 388/17, NJW-RR 2019, 1035 Rn. 20) und zu welcher Veränderung des Wasserabflusses es gekommen ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 – III ZR 465/15).

(1) Dem umfangreichen Vortrag der Parteien lässt sich der natürliche Abschlusszustand allerdings nicht entnehmen. Auch fehlt jeglicher Vortrag insbesondere der Klägerin, ob und wie der natürliche Wasserabschluss sich verändert hat. Nach den tatsächlichen Gegebenheiten erscheint naheliegend, dass etwaig vom Grundstück des Beklagten abfließendes Wasser auch ohne Zutun eines Dritten „den naturgesetzlichen Gegebenheiten“ folgend (BGH, Urteil vom 20. April 2023 – III ZR 92/22, MDR 2023, 837 Rn. 25) bergab und mithin auf das klägerische Grundstück fließt.

(2) Der natürliche Abflusszustand ist zudem nach den Rechtsverhältnissen zu beurteilen, die im Zeitpunkt der Geltendmachung von Abwehransprüchen des Nachbarn bestehen (BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 – III ZR 465/15). Dabei ist nicht allein auf den im engen Sinn natürlichen Ursprungszustand, sondern auch darauf abzustellen, ob der vorhandene Zustand in seiner Gesamtheit rechtmäßig besteht und damit zugleich den Zustand des natürlichen Gefälles mitbestimmt. Im Falle eines zeitlich lang zurückliegenden Eingriffs in die natürlichen Verhältnisse kann der daraus folgende Zustand selbst im Rechtssinne zum natürlichen Zustand werden, wenn dieser Eingriff mit Zustimmung des Betroffenen erfolgt ist oder er ihn für einen längeren Zeitraum unwidersprochen hingenommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 – III ZR 465/15; Urteil vom 31. Oktober 2019 – III ZR 64/18, MDR 2020, 97 Rn. 16).

Nach den Ausführungen des Privatsachverständigen wurde die Quellstube „vor 120 bis 150 Jahren installiert“ (Seite 13 der Anlage K 2). Nach dem Vortrag des Beklagten ist die Teichanlage ähnlich alt. Dies wird von der Klägerin jeweils nicht in Zweifel gezogen. Mangels abweichenden Vortrags der Klägerin wäre folglich der Ist-Zustand als der natürliche Abflusszustand anzusehen.

cc) Schließlich hat die Klägerin darzulegen, welche Veränderungen am natürlichen Wasserabfluss zu Beeinträchtigungen ihres Grundstücks geführt haben (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2019 – III ZR 64/18, MDR 2020, 97 Rn. 22). Ein Unterlassungsanspruch ist nur bei einem Verstoß gegen das Veränderungsverbot anzunehmen (BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 – III ZR 388/17, NJW-RR 2019, 1035 Rn. 24; Urteil vom 20. April 2023 – III ZR 92/22, MDR 2023, 837 Rn. 33), sodass dieser darzulegen und zu konkretisieren ist. Dass die Klägerin dem Beklagten letztlich Untätigkeit vorwirft, also die Beibehaltung des Ist-Zustands, ist vor diesem Hintergrund zur Darlegung des Unterlassungsanspruchs offenkundig kein ausreichender Sachvortrag. Eine gezielte Veränderung des natürlichen Wasserabschlusses, gar durch den Beklagten selbst, lässt sich dem Klagevorbringen jedoch nicht entnehmen.

c) Angesichts dieser Darlegungsmängel kommt es nicht auf die von der Klägerin behauptete Unrichtigkeit des Sachverständigengutachtens an. Das – durchaus knappe – Gutachten ist allerdings auch nach Auffassung des Senats im Ergebnis nachvollziehbar. Es begegnet daher keinen grundsätzlichen Bedenken, wenn das Landgericht sich dieses Gutachten zu Eigen gemacht hat.

Ergänzend ist anzumerken, dass der Sachverständige vor seiner Beauftragung standardmäßig vom Landgericht ein Anschreiben erhalten hat – hier ein Anschreiben vom 25.04.2022 (Bl. 145 ff. der eAkte) – in dem es unter anderem heißt:

„Prüfen Sie bitte unverzüglich, ob der Auftrag in Ihr Sachgebiet fällt und ohne die Hinzuziehung weiterer Sachverständiger sowie innerhalb der oben gesetzten Frist erledigt werden kann. Ist dies nicht der Fall, so verständigen Sie das Gericht unverzüglich.

Nach § 408 Abs. 1 i.V. mit §§ 383, 384 ZPO kann ein Sachverständiger berechtigt sein, die Erstattung des Gutachtens zu verweigern. Ebenso kann nach § 406 Abs. 1 i.V. mit §§ 41, 42 ZPO ein Sachverständiger abgelehnt werden. Auf die im Merkblatt A abgedruckten gesetzlichen Bestimmungen wird Bezug genommen. Bitte prüfen Sie unverzüglich, ob ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen Ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Ist dies der Fall, so haben Sie dem Gericht solche Gründe unverzüglich mitzuteilen. Unterlassen Sie dies, kann gegen Sie ein Ordnungsgeld festgesetzt werden.“

Entgegen der Behauptung in der Berufungsbegründung hat das Landgericht folglich sehr wohl „abgefragt, ob der Sachverständige R. private und/oder geschäftliche Beziehungen zu den Prozessbeteiligten unterhalte“ und, „ob der Sachverständige R. überhaupt fachlich geeignet ist“.

2. Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog ist ebenfalls nicht schlüssig dargelegt.

a) Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch setzt voraus, dass von einem Grundstück rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gemäß § 1004 Abs. 1 BGB unterbinden kann (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2015 – V ZR 55/15, NJW-RR 2016, 588 Rn. 20; Urteil vom 27. Oktober 2017 – V ZR 8/17, NJW 2018, 1010 Rn. 11). Im Streitfall behauptet nicht einmal der Kläger selbst, dass er den Wassereintritt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen zu dulden habe. Dass der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch bislang nicht substantiiert dargelegt ist, steht dem nicht entgegen.

b) Zudem übersieht der Kläger, dass nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht Schadensersatz, sondern lediglich ein nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu bestimmender Ausgleich verlangt werden kann, wonach nur der unzumutbare Teil der Beeinträchtigung auszugleichen ist (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2013 – V ZR 230/12, NJW 2014, 458 Rn. 24). Der Kläger hat allerdings zur Begründung seines Anspruchs nur von ihm getätigte Aufwendungen an Drittfirmen sowie Eigenaufwand beziffert und seinen Anspruch somit wie einen Schadensersatzanspruch berechnet.

III.

Die Berufungsangriffe erfordern keine Erörterung in mündlicher Verhandlung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Verfahren wie in der Klageschrift dargelegt festzusetzen, mithin den nur von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch mit 10.000,00 Euro und den nur vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruch mit 56.435,84 Euro zu bewerten (vgl. Seiten 3 und 30 der Klageschrift).

Der Senat regt daher – unbeschadet der Möglichkeit zur Stellungnahme – die kostengünstigere Rücknahme der Berufung an, die zwei Gerichtsgebühren spart (vgl. Nr. 1220, 1222 Kostenverzeichnis GKG).


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