Kammergericht Berlin
Az: 12 U 57/04
Urteil vom 26.09.2005
In Sachen hat der 12. Zivilsenat des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. September 2005 für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 14. Januar 2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des Landgerichts Berlin – 24 O 386/02 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil der Zivilkammer 24 des Landgerichts Berlin vom 15. Januar 2003 wird teilweise aufgehoben und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.127,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. März 2002 zu zahlen. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
Der Kläger trägt vorab die Kosten seiner Säumnis im Termin vom 15. Januar 2003. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Die zulässige Berufung hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Die Beklagten sind dem Kläger gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 StVG a. F.; 823 BGB, § 3 Nr. 1, Nr. 2 Pflichtversicherungsgesetz zum Ersatz aller Schäden verpflichtet, die ihm aufgrund des streitigen Schadensereignisses vom 12. Januar 2002 auf der Britzer Straße in Berlin entstanden ist.
1. Die Berechtigung des Klägers Ersatzansprüche wegen der Beschädigung des Pkw Honda Accord mit dem amtlichen Kennzeichen n -nnnn geltend zu machen, ergibt sich aus § 1006 BGB. Nach der Aussage des Zeugen Rnnn Bnnn sowie nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beklagten zu 1) gegenüber dem Landgericht und dem Inhalt der bei der Beiakte befindlichen Verkehrsunfallmeldung war der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt Fahrer und damit Besitzer des streitgegenständlichen Pkws. Mithin streitet für ihn die Vermutung aus § 1006 BGB, auch Eigentümer dieses Fahrzeugs gewesen zu sein.
2. Dem Landgericht kann nicht darin gefolgt werden, wenn es ausführt, aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. Snnn stünde fest, dass die geltend gemachten Schäden an dem Honda Accord in ihrer Gesamtheit nicht auf einen Zusammenstoß mit dem bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten Ford Fiesta zurückzuführen seien.
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten auf Seite 26 ausgeführt, die Kompatibilität für die an dem Unfall beteiligten Fahrzeugen festgestellten Schäden sei geometrisch, von der Schadensausbildung her und in Bezug auf den erforderlichen Energieaustausch gegeben. Als nicht beweisbar hat er lediglich eine Beschädigung des rechten Außenspiegels des klägerischen Fahrzeugs angesehen. Bei seiner ergänzenden Anhörung im Berufungsverfahren hat der Sachverständige ausgeführt, die Schäden seien eindeutig kompatibel. Er gehe mit Sicherheit davon aus, dass die beiden Fahrzeuge miteinander kollidiert seien, doch habe der Ford Fiesta zum fraglichen Zeitpunkt gestanden. Auf eine ergänzende Nachfrage hat er ausgeführt, es sei auch denkbar, dass der Ford Fiesta mit geringer Geschwindigkeit von vielleicht 1 km/h rückwärts gefahren und durch die Kollision zum Stillstand gekommen sei. Bei einer Geschwindigkeit des Ford Fiesta von 5 km/h seien die Schäden demgegenüber nicht mehr denkbar. Weiter hat der Sachverständige auf Befragen des Beklagtenvertreters erklärt, die Fahrmanöver der beteiligten Fahrzeuge seien eindeutig nachvollziehbar. Auch die Kollisionsstellung sei nachvollziehbar.
Es stellt sich daher die Frage, ob ein Anspruch auf Schadensersatz aus Verkehrsunfall bereits deshalb entfällt, weil der Anspruchsteller, hier der Kläger, das Unfallgeschehen nicht in allen Einzelheiten exakt vorträgt, sondern sich im Rahmen einer Beweisaufnahme Abweichungen zwischen dem behaupteten und dem tatsächlichen bzw. nach Beweisaufnahme feststehenden Hergang des Schadensereignisses ergeben. Nach Auffassung des Gerichts ist dies nicht der Fall. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den Anforderungen an die Darlegungslast (Substantiierung), wonach ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit erheblich ist, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen und nähere Einzelheiten nur dann erforderlich sind, wenn diese für die Rechtsfolge von Bedeutung sind (BGH NJW 1991, 2707, 2709; BGH NJW-RR 1999, 361, ständige Rechtsprechung), können Abweichungen im Sachvortrag des Klägers vom Ergebnis der Beweisaufnahme nur dann zur Klageabweisung führen, wenn diese Abweichungen für die in Anspruch genommene Rechtsfolge von Bedeutung sind.
Dies ist hier nicht der Fall. Fährt ein Kraftfahrer mit seinem Pkw rückwärts von einem anderen Straßenteil aus in die Fahrbahn ein, so spricht gegen ihn grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins. Dieser Beweis des ersten Anscheins würde nicht bereits dadurch entkräftet, dass der rückwärts Einfahrende beweist, dass sein Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision – möglicherweise nur für Sekundenbruchteile – bereits zum Stillstand gekommen ist, sondern erst wenn feststünde, dass sein Fahrzeug bereits so lange gestanden hat, dass der auf der Fahrbahn fahrende Kraftfahrer bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt dazu in der Lage gewesen wäre, unfallverhütend zu reagieren (vgl. Senat, Urteil vom 1. Oktober 1989 – 12 U 5185/97 -, ständige Rechtsprechung).
Dementsprechend wird in der ständigen Rechtsprechung der Berliner Verkehrsgerichte derartigen Abweichungen zwischen der klägerischen Sachverhaltsdarstellung und dem tatsächlich erwiesenen Unfallhergang in Fällen, in denen die in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung nicht den Einwand erhebt, es handele sich um ein manipuliertes Unfallereignis, keinerlei Beachtung geschenkt. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, derartige Abweichungen in der Unfalldarstellung in Fällen der vorliegenden Art anders zu beurteilen, ist nicht ersichtlich. Es würden sich auch kaum lösbare Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben. Behauptet etwa der Kläger eine Ausgangsgeschwindigkeit des Beklagtenfahrzeugs von 80 km/h und ermittelt ein Sachverständiger später eine Ausgangsgeschwindigkeit von lediglich 70 bis 75 km/h, so stellt sich die Frage, ob dies auf der Grundlage der vom Landgericht vertretenen Rechtsansicht bereits zur Klageabweisung führen soll, oder erst dann, wenn die Abweichung der tatsächlich festgestellten von der behaupteten Ausgangsgeschwindigkeit größer ist. Gleiches gilt etwa, wenn der Kläger einen Kollisionswinkel von ca. 90° behauptet, ein Sachverständiger aber später den Kollisionswinkel mit 85° oder 80° ermittelt.
Nach Auffassung des Gerichts können etwaige Widersprüche/Ungereimtheiten bei der Unfalldarstellung durch den Anspruchsteller, wenn sie ansonsten für die in Anspruch genommene Rechtsfolge ohne Bedeutung sind, erst bei der Prüfung der Frage von Bedeutung sein, ob aufgrund einer ungewöhnlichen Häufung von Indizien eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für ein manipuliertes Unfallereignis spricht (vgl. dazu unten 5.).
3. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte zu 3) auf die Entscheidung des OLG Köln in NZV 1996, 241, wonach die Klage dann abzuweisen ist, wenn durch Sachverständigengutachten festgestellt wird, dass die vom Anspruchsteller nach einem Verkehrsunfall geltend gemachten Unfallschäden keinesfalls alle auf das Unfallereignis zurückgeführt werden können und der Anspruchsteller dennoch jeglichen Vorschaden bestreitet. Denn ein derartiger Sachverhalt kann hier nicht festgestellt werden. Zum einen hat der Sachverständige Snnn nicht etwa erklärt, die vom Kläger auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Annnn geltend gemachte Beschädigung des rechten Außenspiegels des Honda Accord könne nicht auf den streitgegenständlichen Unfall zurückgeführt werden. Vielmehr hat der Sachverständige Snnn auf Seite 26 lediglich ausgeführt, anhand der vorgelegten Lichtbilder sei eine Beschädigung des rechten Außenspiegels nicht beweisbar. Es kann also keinesfalls festgestellt werden, dass der Kläger, wie der Anspruchsteller im vom OLG Köln entschiedenen Fall, versucht hat, Schäden abzurechnen, die nicht auf den Unfall zurückzuführen sind. Vielmehr kann lediglich festgestellt werden, dass dem Kläger aufgrund unzureichender Dokumentation durch den Sachverständigen Annnn der – mögliche – Nachweis einer Beschädigung des rechten Außenspiegels nicht gelungen ist. Im Übrigen hat der Kläger, anders als der Anspruchsteller in dem vom OLG Köln entschiedenen Fall – kurz nach Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen Snnn die Klage hinsichtlich der von diesem als nicht nachweisbar angesehenen Schadenspositionen zurückgenommen. Es kann daher dahinstehen, ob der vom OLG Köln vertretenen Rechtsansicht zu folgen ist.
4. Das Gericht hat erwogen, ob entsprechend einer Entscheidung des OLG Hamm (in MDR 2005, 924) die Klage abzuweisen ist, wenn sich der Unfall nicht so ereignet haben kann, wie in der Schadensanzeige dargestellt. Die Entscheidung des OLG Hamm passt auf den vorliegenden Fall jedoch schon deshalb nicht, weil die dort beschriebenen Abweichungen zwischen Unfallmeldung und tatsächlichem Schadenshergang wesentlich gravierender sind, als im vorliegenden Fall. Es kommt hinzu, dass die zitierte Entscheidung das Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer einer Kaskoversicherung und der Versicherungsgesellschaft betrifft, für das grundsätzlich andere Regelungen gelten als für den Haftpflichtprozess.
5. Nach Auffassung des Gerichts liegen auch nicht ausreichend Anhaltspunkte für einen sogenannten gestellten Unfall vor. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 3), wonach es Sache des Klägers sei, darzulegen und zu beweisen, dass es sich bei dem schädigenden Ereignis um einen Unfall handelte, braucht der Kläger nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nur die Verursachung des Schadens durch das bei der Beklagten versicherte Kraftfahrzeug darzutun und zu beweisen (Senat, Urteile vom 7. Mai 1998 – 12 U 2685/97; vom 15. Januar 1998 – 12 U 378/97). Ferner hat der Geschädigte das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen.
Die Haftung entfällt dann, wenn in ausreichendem Maße Umstände vorliegen, die die Feststellung gestatten, dass es sich bei dem Schadensereignis um einen verabredeten Unfall gehandelt hat. In diesem Fall scheitert ein Ersatzanspruch an der Einwilligung des Geschädigten, ohne dass auf § 152 VVG abzustellen wäre. Den Nachweis dafür, dass ein vorgetäuschter Unfall vorliegt, hat grundsätzlich der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung zu führen. Doch genügt der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten. Die ungewöhnliche Häufung von Beweisanzeichen, die für eine Manipulation spricht, gestatten eine entsprechende Feststellung (BGHZ 71, 339; BGH VersR 1979, 514; OLG Hamm, NJW-RR 1987, 1239; OLG Saarbrücken, DAR 1989, 64, Senat VerkMitt 1995, 84; 1996, 51).
Im vorliegenden Fall reichen die von der Beklagten zu 3) vorgetragenen Indizien, soweit sie unstreitig bzw. bewiesen sind, nicht dazu aus, um eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen gestellten Unfall zu begründen.
Für einen gestellten Unfall kann sprechen, dass der Kläger in der Schadensanzeige die – reparierten – Vorschäden nicht angegeben hat.
Auch erscheint das klägerische Fahrzeug, ein Honda Accord, als geeignet für einen gestellten Unfall. Allerdings handelt es sich lediglich um ein Fahrzeug der Mittelkasse, nicht dagegen um ein älteres Fahrzeug der Luxusklasse, bei dem schon wegen der hohen Unterhaltskosten ein Motiv für das Fingieren eines Verkehrsunfalls nahe liegt.
Soweit die Beklagte zu 3) geltend macht, die Schäden an den Fahrzeugen würden nicht korrespondieren und der vom Kläger behauptete Schadenshergang sei nicht plausibel, ist dies durch das Gutachten des Sachverständigen Snnn widerlegt worden. Der Sachverständige hat bei seiner ergänzenden Befragung durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2005 ausgeführt, die am Fahrzeug des Klägers festgestellten Schäden seien eindeutig auf eine Kollision mit dem bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten Ford Fiesta zurückzuführen. Auch sei der Schadenshergang plausibel. Einwendungen hiergegen hat die Beklagte zu 3) nicht erhoben.
Ihre Behauptung, der Kläger einerseits und die Beklagten zu 1) und 2) andererseits hätten sich vor dem Unfall gekannt, hat die Beklagte zu 3) weder hinreichend dargetan noch unter Beweis gestellt. Sie hat lediglich beweislos behauptet, ein Neffe des Klägers hätte mit dem Beklagten zu 1) bzw. dem Beklagten zu 2) vorübergehend in derselben Wohnung gewohnt. Selbst wenn dies zuträfe, was die Beklagte zu 3) nicht bewiesen hat, stünde damit noch nicht fest, dass sich der Kläger und die Beklagten zu 1) und 2) vor dem Unfall gekannt haben. Soweit die Beklagte zu 3) behauptet, der Beklagte zu 1) habe kein Motiv für seine Fahrt nach Berlin angeben können, trifft dies so nicht zu. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 15. Januar 2003 hat der Beklagte zu 1) auf die entsprechende Anfrage geantwortet, er sei „einfach so nach Berlin gekommen“. Dass Menschen nicht nur aus geschäftlichen Gründen oder um Verwandte zu besuchen, sondern auch „einfach so“, also offenbar aus touristischen Gründen, nach Berlin kommen, deutet aus Sicht des Gerichts noch nicht auf einen gestellten Unfall hin.
Die auf Antrag der Beklagten zu 3) beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bnnn – n Ju Js nn /n (vormals Staatsanwaltschaft Dnnnnn n Js nn /n ) – enthalten keine weiteren Indizien, die auf einen gestellten Unfall schließen lassen. Das entsprechende Verfahren ist auf eine Strafanzeige der Beklagten zu 3) hin aufgenommen worden. Der Inhalt der Ermittlungsakten deckt sich im Wesentlichen mit demjenigen der hiesigen Akten. Im Übrigen beschränkt sich die Ermittlungsakte hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorfalls lediglich auf die Einschätzung, es bestünde „der begründete Verdacht, dass das Geschehen vorher abgesprochen wurde“ (Beiakte Bl. 49), ohne dass zusätzliche Anhaltspunkte für diese Einschätzung mitgeteilt werden.
Ein – wenn auch schwaches – Indiz für einen gestellten Unfall ist darin zu sehen, dass der Kläger auf Gutachtenbasis abrechnet.
Soweit die Beklagte zu 3) auch aus vermeintlichen Widersprüchen des Klägers, des Beklagten zu 1) und des Zeugen Bnnn hinsichtlich des Schadenshergangs auf einen gestellten Unfall schließen will, vermag das Gericht dem für den vorliegenden Fall nicht zu folgen.
Die Widersprüchlichkeit beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dass die genannten Personen bei ihrer Befragung durch das Landgericht angegeben hatten, das Beklagtenfahrzeug sei in Bewegung gewesen, während der Sachverständige Snnn überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt hat, das Beklagtenfahrzeug müsse zum Zeitpunkt der Kollision gestanden haben oder könne sich allenfalls sehr langsam mit etwa 1 km/h rückwärts bewegt haben. Es ist indessen zu berücksichtigen, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden die Beteiligten, die auf das Unfallgeschehen – wenn es denn nicht abgesprochen war – nicht vorbereitet sind, oftmals nur Bruchteile von Sekunden zur Verfügung haben, um den Schadenshergang zu erfassen. Wahrnehmungsexperimente mit Richtern und Staatsanwälten haben ergeben, dass in einer derartigen Situation auch „unverdächtige“ Zeugen ein ihnen gezeigtes Unfallgeschehen nicht nur im Randbereich, sondern im Kerngeschehen unzutreffend wiedergegeben haben (Kirchhoff, Richter als Zeugen – Bericht über ein Wahrnehmungsexperiment, MDR 2001, 661, 664).
Wenn der Kläger und der Zeuge Bnnn daher meinten, das Fahrzeug des Beklagten zu 1) sei noch in Bewegung gewesen, so lässt sich dies ohne weiteres auch mit einem Fehler in der Wahrnehmung oder mit einem Erinnerungsfehler erklären und muss nicht auf einen gestellten Unfall hindeuten. Dafür spricht auch, dass der Kläger einschränkend gesagt hat, der Vorgang sei „sehr schnell“ abgelaufen. Im Übrigen trifft es auch nicht zu, dass die Aussage des Zeugen Bnnn keinen Anhaltspunkt dafür enthielte, dass das Beklagtenfahrzeug im Zeitpunkt der Kollision bereits gestanden hat. Denn der Zeuge Bnnn hat gegenüber dem Landgericht bekundet, er habe einen Rückfahrscheinwerfer am Beklagtenfahrzeug nicht wahrgenommen.
Gegen einen gestellten Unfall spricht andererseits, dass das unfallverursachende Fahrzeug nicht typisch für einen gestellten Unfall ist, wie der Sachverständige Snnnn auf Seite 22 seines Gutachtens überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt hat. Wie auch dem Gericht, das geschäftsplanmäßig mit der Bearbeitung von Verkehrsunfallsachen und damit auch von sogenannten „gestellten Unfällen“ zuständig ist, bekannt ist, werden in derartigen Fällen häufig Mietfahrzeuge, gestohlene Fahrzeuge oder stark vorbeschädigte bzw. minderwertige Fahrzeuge als Schadensverursacher verwand.
Gegen einen gestellten Unfall spricht zudem, dass die Straße an der Unfallörtlichkeit in beiden Fahrtrichtungen stark frequentiert ist und dass der Kläger, wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, einen Zeitpunkt abwarten musste, zu dem kein Gegenverkehr herrschte, da andernfalls die Gefahr bestand, durch die Kollision in die linke Fahrspur abgelenkt zu werden. Auch herrscht nach den Ausführungen des Sachverständigen am Unfallort, der in einem Wohngebiet liegt, zur fraglichen Zeit (früher Nachmittag) in der Regel Fußgängerverkehr.
Weiter hätte aufgrund der relativ schmalen Fahrbahn der Britzer Straße und der rechts- und linksseitig befindlichen Barrieren im Fall eines Ausbrechens des klägerischen Fahrzeugs eine erhebliche Verletzungsgefahr bestanden. Schließlich bestand zur fraglichen Zeit die Gefahr, dass ungewünschte Zeugen auftauchen konnten.
Unter Abwägung all dieser Umstände vermag das Gericht eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen gestellten Unfall nicht zu erkennen.
6. Der Höhe nach ergibt sich der dem Kläger entstandene Schaden mit den sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Snnn ergebenden Einschränkungen hinsichtlich des rechten Außenspiegels aus dem Gutachten des Sachverständigen Annnn . Substantiierte Einwendungen gegen das Gutachten des Sachverständigen Snnn hat die Beklagte zu 3) nicht erhoben. Hinsichtlich derjenigen Schadenspositionen, bezüglich der der Sachverständige Snnn einen Nachweis der Verursachung durch den Unfall nicht als geführt angesehen hat, hat der Kläger die Klage zurückgenommen. Allerdings hat er bei der teilweisen Klagerücknahme lediglich die Nettobeträge (zusammen 175,95 EUR) zugrunde gelegt, die hierauf anfallende Mehrwertsteuer von 16 % (zusammen 28,15 EUR) jedoch unberücksichtigt gelassen. Mithin ergibt sich folgende Berechnung:
Reparaturkosten brutto 5.587,81 EUR
Sachverständigenkosten 524,32 EUR
Nebenkostenpauschale 15,00 EUR
insgesamt 6.127,13 EUR.
Ob der Kläger den Sachverständigen Annnn bereits bezahlt hat kann dahinstehen. Entscheidend ist, dass der Kläger mit einer entsprechenden Verbindlichkeit belastet ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Auflage, § 257 Rdnr. 2 a. E.).
7. Eine Aussetzung des hiesigen Verfahrens im Hinblick auf das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren erscheint schon deshalb als nicht sachgerecht, weil sich aus einem Vermerk in der Ermittlungsakte vom 20. Juni 2005 (dort Bl. 104) ergibt, dass die Staatsanwaltschaft vor weiteren Ermittlungen den Ausgang des hiesigen Verfahrens abwarten will (vgl. auch BGH MDR 2005, 947). Im Übrigen erscheinen die schutzwürdigen Belange der Beklagten zu 3) durch die Vorschriften des § 580 Nr. 3 und 4 ZPO hinreichend geschützt.
8. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
9. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 344, 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 28 Nr. 6 EGZPO.