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Änderung Pachtverhältnisses – Schriftformerfordernis

AG Schwerin – Az.: 19 XV 2/18 – Urteil vom 28.09.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 9.300,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Herausgabe der gepachteten Flurstücke in der Gemarkung B., Flur 2.

Die Klägerin ist Eigentümerin der streitgegenständlichen Flurstücke. Über diese Flurstücke wurde zwischen dem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann der Klägerin, Herrn A. E., und der G.  Agrargesellschaft mbH P. ein Pachtvertrag geschlossen. Die Klägerin ist die alleinige Erbin des Herrn E..

Die Parteien vereinbarten eine Pachtzeit vom 01.10.2003 bis 30.09.2033 und einen jährlichen Pachtzins in Höhe von insgesamt 8.300,00 €. In § 4 Abs. 2, § 5 sowie § 17 Abs. 3 des Pachtvertrages vereinbarten die Parteien die Möglichkeit einer Neuverhandlung des Pachtzinses bei Vorliegen der dort benannten Umstände.

Im Jahre 2011 wurde über das Vermögen der Pächterin vor dem Amtsgericht Schwerin, Insolvenzgericht, zu Az. … das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte als Insolvenzverwalter eingesetzt.

Im September 2014 wandte sich die Klägerin schriftlich an den Beklagten um über die Anpassung des Pachtzinses ab dem 01.10.2014 zu verhandeln. Die Parteien tauschten sich in den Folgemonaten schriftlich und telefonisch hinsichtlich der Anpassungsmöglichkeiten aus. Zuletzt erklärte sich die Klägerin mit Telefaxschreiben vom 16.06.2015 mit einer Erhöhung des Pachtzinses auf insgesamt 9.300,00 € jährlich ab dem 01.09.2015 einverstanden. Der Beklagte antwortete auf dieses Schreiben nicht. Seit dem 01.09.2015 wird der Pachtzins in Höhe von 9.300,00 € entrichtet.

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Mit Schriftsatz an den Beklagten vom 25.09.2017 kündigte die Klägerin das Pachtverhältnis zum 30.09.2019.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, bei der Pachtzinsanpassung handele es sich um eine wesentliche Änderung des Pachtverhältnisses, die der Schriftform bedürfe. Diese sei durch die stillschweigende Zahlung des erhöhten Pachtzinses ab dem 01.09.2015 nicht eingehalten.

Die Klägerin beantragt:

Der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der  G. Agrargesellschaft mbH P. wird verurteilt, mit Ablauf des 30.09.2019 folgende in der Gemarkung B., Flur 2, belegenen Flurstücke herauszugeben: Flurstücke 3, 4, 19/8, 19/9, 19/10, 41, 42/1, 42/2 (sämtliche Ackerland/ Grünland; in der diesem Urteilstenor anliegenden Skizze im Gebiet der rot umrandeten Fläche gelb gemarkert), Flurstücke 16/8, 16/9 sowie 16/10, 22/5, 22/6, 24, 25, 26, 28/1, 28/2 und 28/3, 35; Flurstücke 9/1 und 9/2, 14/1, 20/1, 20/2, 21/1 und 21/2 sowie 33, 39, 10 und 11 (Unland zu je 1/4).

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Pachtzinsanpassung sei ausschließlich für die Klägerin vorteilhaft.

Entscheidungsgründe

Änderung Pachtverhältnisses - Schriftformerfordernis
(Symbolfoto: Von Monster Ztudio/Shutterstock.com)

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Herausgabe der Flurstücke mit Ablauf des 30.09.2019 aus § 596 Abs. 1 BGB zu.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die streitgegenständlichen Flurstücke mit Ablauf des 30.09.2019 zurückzugeben, weil die Kündigung der Klägerin vom 25.09.2017 das Pachtverhältnis nicht zum 30.09.2019 beendet hat, §§ 594 Satz 1, 594a Abs.1 BGB.

Ein solches Kündigungsrecht steht der Klägerin nicht zu. Der Pachtvertrag ist auf die Dauer von dreißig Jahren in schriftlicher Form abgeschlossen worden und besteht weiterhin fort. Die Klägerin kann sich nicht gemäß § 585a BGB darauf berufen, dass der Vertrag die gebotene Form nicht mehr aufweise und daher als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelte, weil die Vertragsparteien unter Nichtbeachtung der gesetzlichen Schriftform eine Abänderungsvereinbarung getroffen hätten.

Die in der konkludent vereinbarten Erhöhung des Pachtzins liegende wesentliche Änderung des Vertrages hätte grundsätzlich der Schriftform bedurft (BGH, Urteil vom 11.04.2018, Az. XII ZR 43/17).

Die Klägerin kann sich jedoch nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB auf den Mangel der Schriftform nicht berufen, da die vorgenommene Änderung der Pachtzinserhöhung ausschließlich zu ihren Gunsten erfolgte (BGH, Urteil vom 25.11.2015, Az. XII ZR 114/14 und Urteil vom 27.09.2017, Az. XII ZR 114/16).

Zwar hat der Beklagte der Pachterhöhung nicht aus purem Entgegenkommen zugestimmt, sondern weil er gem. § 593 a BGB zur Anpassung verpflichtet war.

Die Auffassung der Klägerin, hieraus folge eine andere Bewertung für die Anwendung des § 242 BGB, teilt das Gericht nicht (OLG München, Urteil vom 20.10.1995, Az. 21 U 4893/94). Auf vertragliche Verpflichtungen kommt es insofern nicht an, da es mit § 593 a BGB bereits eine gesetzliche Verpflichtung zur Pachtanpassung gibt, aus der auch das OLG München keinen rechtlichen Vorteil des Pächters bei einer Pachterhöhung abgeleitet hat. Die Befreiung von der Verbindlichkeit, einer Pachtzinserhöhung zuzustimmen, hat für den Pächter keinen positiven Wert. Auch der BGH stellt in seiner Entscheidung vom 27.09.2017 ausschließlich auf realistische, wirtschaftliche Betrachtungen ab.

Für eine rein wirtschaftliche Bewertung der Position des Verpächters spricht entscheidend der Zweck des Schriftformerfordernisses, da ein Erwerber in dieser Konstellation nicht schutzwürdig wäre, da er statt des vertraglich vereinbarten Pachtzinses mit 9.300,00 € tatsächlich mehr erhielte. Eine Kündigung eines Erwerbers letztlich mit dem Argument, dass er mehr als den schriftlich vereinbarten Preis erhält, ist ersichtlich treuwidrig. Daher kommt es aus Sicht des Gerichts ausschließlich auf die wirtschaftliche Verbesserung der Position des Verpächters an, nicht auf Erwägungen zu rechtlichen Vorteilen des Pächters. Dies gälte selbst dann, wenn die Pachtzinsanpassung 2015 unter einem Rechtsanspruch der Klägerin gem. § 593 a BGB geblieben wäre.

Dies ist jedoch nicht einmal der Fall, da der aufgrund der konkludenten Erhöhung nunmehr gezahlte Pachtpreis nach Einschätzung insbesondere der ehrenamtlichen Richter der aktuellen ortsüblichen Pacht entspricht. Dass die Klägerin im Jahr 2015 mit einem Antrag auf Pachtzinsanpassung beim Amtsgericht eine höhere Pacht hätte erreichen können, ist nicht ersichtlich. Hierfür spricht auch, dass die Klägerin nach Ablauf der gesetzlichen Sperre von zwei Jahren, § 593 a Abs. 2 BGB, keine weitere Pachtzinserhöhung verlangt hat.

Dies hätte, sofern sei von einer nicht ausreichenden Pachtanpassung 2015 ausgegangen wäre, eher nahegelegen, als die ausgesprochene Kündigung

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO und §709 Satz 1, 2 ZPO.

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