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Änderungskündigung gegenüber einem Schwerbehinderten


Arbeitsgericht Frankfurt am Main

Az.: 7 Ca 261/00

Verkündet am 13. September 2000


Das Arbeitsgericht in Frankfurt am Main – Kammer 7 – hat auf die mündliche Verhandlung vom 13.09.2000 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf DM 12.600,- festgesetzt.

TATBESTAND

Der 43-jährige, verheiratete Kläger ist zu 50 % schwerbehindert. Er ist marokkanischer Staatsbürger und seit September 1989 im Betrieb der Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt durchschnittlich DM 4.200,– beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien finden die Vorschriften des TV ARB-DBP Anwendung.

Mit Schreiben vom 27.12.1999, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 4 d. A.), hat die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung ausgesprochen.

Mit Schreiben vom 12.01.2000 hat der Kläger die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt angenommen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt sind. Die Schwerbehindertenvertretung der Niederlassung Frankfurt der Beklagten wurde vor Ausspruch der Änderungskündigung angehört. Mit Schreiben vom 13.07.1999 teilte die Schwerbehindertenvertretung mit, die Änderungskündigung nochmals zu überdenken. Sie könne deshalb vorerst nicht zustimmen. Mit Bescheid vom 10.12.1999 hat die Hauptfürsorgestelle, der beabsichtigten Änderungskündigung zugestimmt.

Mit Bescheid vom 08.06.2000 hat die Hauptfürsorgestelle den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 21.12.1999 wurde dem Betriebsrat der Beklagten die beabsichtigte Änderungskündigung mitgeteilt und um Stellungnahme gebeten. Mit Schreiben vom 22.12.1999 widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Änderungskündigung.

Mit Schreiben vom 27.12.1999, dem Kläger zugegangen am 29.12.1999, hat die Beklagte eine Änderungskündigung ausgesprochen.

Mit seiner Klage vom 13.01.2000, bei Gericht am 13.01.2000 eingegangen, wendet sich der Kläger gegen die ausgesprochene Änderungskündigung.

Der Kläger ist der Meinung, die Änderungskündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Die von der Beklagten zur Änderungskündigung herangezogene Begründung, wonach im Lager, in dem der Kläger nunmehr beschäftigt sei, grundsätzlich nur nach der Vergütungsgruppe V BAT eingruppiert werden könne, sei unzutreffend. In der Abteilung 32 arbeiteten eine Vielzahl Beschäftigter mit vergleichbarer Tätigkeit des Klägers, die ebenfalls in der Vergütungsgruppe IV a BAT eingruppiert seien.

Das Recht zur Entgeltkürzung komme nur in Betracht, wenn sonst der Betrieb der Beklagten stillgelegt werden oder die Belegschaft reduziert werden müsse.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 27.12.1999, dem Kläger zugegangen am 29.12.1999, sozial ungerechtfertigt ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch ihre Änderungskündigung vom 27.12.1999, dem Kläger zugegangen am 29.12.1999, sozial gerechtfertigt sei.

Seit dem 01.04.1997 sei der Kläger in der Abteilung Verkehr als Kraftfahrer eingesetzt worden. Am 24.06.1997 habe der Kläger erklärt, dass er sich gesundheitlich nicht mehr in der Lage fühle, nachts mit dem Kraftfahrzeug Autobahnen zu befahren. Am 01.07.1997 sei der Kläger betriebsärztlich untersucht worden, bei der bestätigt worden sei, dass der Kläger wegen gesundheitlicher Bedenken für nächtliche Überlandfahrten nicht geeignet sei.

Trotzdem sei der Kläger seinem Gesundheitszustand entsprechend weiterhin als Kraftfahrer eingesetzt worden. Ab dem 25.09.1997 sei der Kläger langfristig bis Februar 1998 erkrankt. Am 21.01.1998 sei die Einsatzfähigkeit des Klägers für die bisher von ihm geschuldete Tätigkeit erneut betriebsärztlich untersucht worden. Ab dem 25.02.1998 sei der Kläger wieder gesundgeschrieben worden. Am 13.03.1998 sei durch eine weitere betriebsärztliche Untersuchung festgestellt worden, dass der Kläger im Kraftfahrtdienst und im Nachtdienst für die Dauer von weiteren sechs Monaten ausgeschlossen sei.

Ab dem 06.05.1998 sei der Kläger entsprechend seiner Einsatzeinschränkung im Lager beschäftigt worden.

Am 07.09.1998 sei der Kläger medizinisch nachuntersucht worden. Hierbei sei keine abschließende medizinische Beurteilung erfolgt. Am 23.02.1999 sei eine weitere Nachuntersuchung erfolgt. Hierbei sei als Ergebnis festzuhalten gewesen, dass die Einsatzbeschränkungen aufrechterhalten wurden. Der Medizinische Dienst der Beklagten habe in seinem Gutachten eine erneute Nachuntersuchung in zwölf Monaten empfohlen.

Die gesundheitlichen Einsatzbeschränkungen beruhten nicht auf einem Arbeitsunfall. Sie beruhten auch nicht auf seiner bisherigen Tätigkeit bei der Beklagten. Die Beklagte habe versucht, den Kläger auf einem seinem Gesundheitszustand entsprechenden Arbeitsplatz unterzubringen. Allerdings sei dies nicht möglich gewesen. Für die Tätigkeit im Lager sei allerdings eine maximale Entlohnung nach der Lohngruppe V BAT möglich. Diese Herabgruppierung des Klägers in die Lohngruppe V BAT habe eine finanzielle Einbuße des Klägers von DM 138,– netto pro Monat zur Folge.

Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen, die durch ihre Änderungskündigung herbeigeführt worden sei, sozial gerechtfertigt sei. Sie sei nicht in der Lage, den Kläger auf einem Arbeitsplatz zu beschäftigt in der Lohngruppe IV BAT. Der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, die von ihm bisher gemäß Arbeitsvertrag zu leistende Tätigkeit zu erbringen.

Da sie, die Beklagte, in keiner Weise verantwortlich sei, dass der Kläger die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen könne, sei die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt. Die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrates sei ordnungsgemäß erfolgt.

Ihre Kündigung sei personenbedingt aus gesundheitlichen Gründen des Klägers, für die sie, die Beklagte, keine Verantwortung trage.

Auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz könne keine andere Beurteilung rechtfertigen, denn die fünf Mitarbeiter im Betrieb des Lagers seien ausschließlich aufgrund tarifvertraglicher Schutzvorschriften oder einschlägiger beamtenrechtlicher Vorschriften in Höhe von Lohn- bzw. Besoldungsgruppen eingestuft. Dies treffe für den Kläger nicht zu.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrages wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zweifellos zulässige Klage des Klägers musste als unbegründet abgewiesen werden, denn die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Änderungskündigung der Beklagten vom 27.12.1999 ist sozial gerechtfertigt.

Auch ein anderer vernünftig und verständig denkender Arbeitgeber hätte sich unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Entwicklung des Klägers dazu entschlossen, die Änderungskündigung auszusprechen.

Es steht zwischen den Parteien unstreitig fest, dass der Kläger aufgrund seiner gesundheitlichen Konstitution manifest nicht mehr als Kraftfahrer auf längeren Strecken und im Schichtdienst eingesetzt werden kann. Demgemäß behauptet der Kläger auch nicht, dass er weiterhin bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt werden kann.

Die Beklagte hat nun keine Beendigungskündigung gegenüber dem Kläger ausgesprochen, sondern eine Änderungskündigung, indem sie ihn in ihrem Lager beschäftigt, allerdings in einer Lohngruppe, die eine Differenz von DM 138,– netto zu Ungunsten des Klägers ausweist.

Die Tätigkeit des Klägers im Lager hatte tarifvertraglich notwendig zur Folge, dass der Kläger eine Tätigkeit verrichtet, die lediglich nach der Lohngruppe V BAT zu vergüten ist. Die neue Tätigkeit des Klägers im Lager entspricht der Lohngruppe V BAT.

Die Tatsache, dass im Lager auch fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden, die in höheren Lohngruppen eingruppiert sind, verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, denn diese fünf Arbeitnehmer genießen tariflich abgesicherten Sonderkündigungsschutz. Insoweit ist der Kläger mit diesen Arbeitnehmern nicht vergleichbar, da er deren tarifvertraglichen Schutz nicht genießt.

Der Kläger kann sich auch nicht auf die Entscheidung des BAG, abgedruckt in NZA 1990, S. 607, und der Entscheidung des BAG, abgedruckt in NZA 1995, S. 626, berufen, denn in diesen Entscheidungen des BAG ging es um betriebsbedingte Kündigungen, während es im vorliegenden Fall um eine personenbedingte Kündigung geht.

Der Kläger möge bedenken, dass wegen seiner gesundheitlichen Einschränkung und der daraus folgenden Unmöglichkeit seines Einsatzes als Kraftfahrer durchaus eine Beendigungskündigung in Betracht gekommen wäre.

Es wäre Sache des Klägers gewesen darzulegen, dass ein Arbeitsplatz im Betrieb der Beklagten frei und vorhanden gewesen sei, auf dem er einsetzbar gewesen sei, der seinen gesundheitlichen Einschränkungen. entsprochen hätte und in der Lohngruppe VI BAT angesiedelt gewesen sei.

Die Beklagte hat dies substantiiert bestritten und der Kläger hat dagegen keine Vorstellungen erhoben.

Das Gericht muss daher davon ausgehen, dass lediglich eine Tätigkeit für den Kläger im Lager vorhanden gewesen ist, die allerdings in der Lohngruppe V BAT angesiedelt ist.

Sowohl die Schwerbehindertenvertretung als auch der Betriebsrat sind vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört worden. Die Hauptfürsorgestelle hat der Kündigung zugestimmt.

Daher musste das Gericht erkennen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten sozial gerechtfertigt sind.

Die Klage musste daher mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abgewiesen werden.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes folgt aus den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 12 Abs. 7 ArbGG unter Berücksichtigung von drei Bruttomonatsgehältern des Klägers.

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