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Änderungskündigung – Arbeitsplatzangebot


LAG Mecklenburg-Vorpommern

Az: 2 Sa 225/09

Urteil vom 27.01.2010


I. Die Berufung der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswidrigkeit einer Kündigung. Hierzu heißt es in dem Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 09.06.2009 – 5 Ca 1937/08 – u. a. wie folgt:

Die 1967 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 12.02.2007 beschäftigt. Das letzte monatliche Bruttogehalt betrug durchschnittlich 2.500,00 Euro. Nach dem Arbeitsvertrag (Blatt 9 der Akte) wurde die Klägerin als Buchhalterin eingestellt. Es findet sich unter § 1.4 die folgende Regelung:

„Die Arbeitnehmerin verpflichtet sich, die während ihrer Tätigkeit auf sie zukommenden Aufgaben gewissenhaft und nach bestem Vermögen zu erfüllen, in jeder Hinsicht die Interessen des Arbeitgebers zu wahren und ihre ganze Arbeitskraft dem Arbeitgeber zu widmen. Sie verpflichtet sich weiterhin, bei Bedarf auch andere Arbeiten, die ihrer Qualifikation entsprechen, zu übernehmen, sich in andere Abteilungen des Betriebes oder andere Niederlassungen des Arbeitgebers versetzen zu lassen.“

Unter dem 17.07.2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung.

Die Beklagte betreibt insgesamt 18 Hotels. In dem Büro in ….., in welchem auch die Klägerin eingesetzt war, wurden für die gesamte Hotelkette Buchführungsarbeiten erledigt. Im IV. Quartal des Jahres 2007 übertrug der seinerzeitige Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten, Herr …, sämtliche GmbH-Geschäftsanteile an eine andere Gesellschaft. Die neue Geschäftsführerin der Beklagten entschied, die gesamten Buchhaltungsaufgaben an eine Drittfirma, die Firma …. & Partner in …., zu vergeben und im Anschluss daran die Betriebsstätte … zu schließen und sämtlichen dort beschäftigten Mitarbeitern betriebsbedingt zu kündigen. Diese Entscheidung wurde im Juni/Juli 2008 getroffen. Im September 2008 übernahm die Firma … & Partner die Buchführung sowie die sonstigen steuerrechtlichen Angelegenheiten der Beklagten. In welchem konkreten Umfang, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Unter dem 28.07.2008, der Klägerin zugegangen am 01.08.2008, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2008. Mit ihr gemeinsam wurden sämtliche weitere Mitarbeiter der Betriebsstätte … gekündigt.

Eingestellt wurden für eine Tätigkeit in Berlin von der Beklagten Herr … als Chief financial officer (CFO) sowie Frau … als persönliche Assistentin des Herrn …. Sie erledigt allgemeine Verwaltungsaufgaben für Herrn …. Weiter wurden neu eingestellt Frau …, welche in … für die Postannahme, Telefonanlage und interne Administration zuständig ist sowie auch Frau …, welche in … als Assistentin des Geschäftsführers tätig wird. Weiter ist angestellt worden ein Herr J., welcher im Verkauf tätig ist.

Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung der Beklagten vom 28.07.2008 zum 31.08.2008 nicht beendet worden ist.

In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Kündigung sei unwirksam, weil die Klägerin gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b KSchG an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden könne. Diese gesetzliche Bestimmung sei Ausfluss des Ultima-Ratio-Prinzips. Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin vor Ausspruch der Beendigungskündigung im Wege der Änderungskündigung eine Weiterbeschäftigung in … anzubieten. In … hätte ein derartiger Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Jedenfalls die Tätigkeiten von Frau … und Frau … hätten von der Klägerin übernommen werden können. Hierzu sei die Beklagte auch im Hinblick auf die Regelung des § 1 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages und der darin aufgeführten Versetzungsmöglichkeiten in andere Niederlassungen verpflichtet gewesen. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 22.07.2009 zugestellt worden. Sie hat dagegen Berufung eingelegt, die am 05.08.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Nachdem auf Grund eines fristgerecht eingegangenen Antrages die Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.10.2009 verlängert worden ist, ist die Berufungsbegründung am 22.10.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

Die Beklagte ist der Auffassung, im vorliegenden Fall hätte keine Änderungskündigung erfolgen müssen. Die Klägerin habe ausdrücklich vor der streitigen Beendigungskündigung eine entsprechende Änderungskündigung in Form einer Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz abgelehnt. Bei einem Gespräch im Februar 2009 mit Herrn … habe die Klägerin erklärt, sie sei keinesfalls bereit, ihren Arbeitsplatz nach … zu verlegen. Auch läge einer der sogenannten Extremfälle vor, weil die Klägerin durch widersprüchliches Verhaltens einerseits ihre Tätigkeit mit Herrn … vergleiche und andererseits sich auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einen Arbeitsplatz in den Räumen in … berufe. Mit Frau … könne die Klägerin sich schon deshalb nicht vergleichen, weil Frau … deutlich höhere Ausbildungsanforderungen habe.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin – 5 Ca 1937/08 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin tritt der angefochtenen Entscheidung bei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht Schwerin hat mit zutreffender Begründung der Klage stattgegeben.

Zu den Angriffen der Berufung gilt Folgendes:

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin im Februar 2008 in einem Gespräch mit Herrn … eine Verlegung ihres Arbeitsplatzes nach … abgelehnt habe. Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht Schwerin darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer grundsätzlich eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen anbieten muss. Eine Änderungskündigung darf nur in Extremfällen unterbleiben, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit einer Annahme des neuen Vertragsangebotes durch den Arbeitnehmer rechnen konnte und ein derartiges Angebot vielmehr beleidigenden Charakter gehabt hätte. Grundsätzlich soll der Arbeitnehmer selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter erheblich verschlechterten Arbeitsbedingungen für zumutbar hält oder nicht (BAG vom 21.09.2006, 2 AZR 607/05).

Allein der Umstand, dass die Klägerin erklärt habe, sie sei bereit nach …., nicht aber nach … zu gehen, rechtfertigt nicht die Annahme einer „Extremsituation“. Es ist nämlich durchaus möglich, dass die Klägerin bei Erhalt einer Änderungskündigung ihren Entschluss noch einmal überdacht hätte und das Angebot, nach … zu gehen – jedenfalls unter dem Vorbehalt der Überprüfung gemäß § 2 KSchG – angenommen hätte.

Das Angebot eines neuen Arbeitsplatzes in … hätte auch keinen beleidigenden Charakter gehabt. Unwidersprochen hat die Klägerin vor dem Wechsel des Gesellschafters und Geschäftsführers … bei der Beklagten über eine herausgehobene Stellung verfügt. So ist die Beklagte auch nicht der Behauptung der Klägerin entgegengetreten, ihr sei im April 2007 neben der Leitung der gesamten Buchhaltung auch die Leitung der gesamten Verwaltung übertragen worden (Blatt 2 des Schriftsatzes der Klägerin vom 01.04.2009). Ferner sei sie auch für das gesamte Rechnungswesen, das Controlling und den Zahlungsverkehr zuständig gewesen.

Die Entscheidung, die gesamte Buchführung und alle damit im Zusammenhang stehenden Aufgaben an ein anderes Unternehmen zu vergeben, soll im Juni/Juli 2008 getroffen worden sein. Somit stand zu diesem Zeitpunkt fest, dass zumindest ein Teil der Aufgaben der Klägerin wegfallen würden. Warum dann zu diesem Zeitpunkt Herr … von der Beklagten eingestellt wurde und ihm gleichzeitig eine Assistentin Frau … zur Seite gestellt worden ist, ohne die Klägerin mit Aufgaben zu betrauen, die von diesen beiden Personen wahrgenommen werden sollten, ist nicht ersichtlich.

Die Beklagte trägt vor, dass Herr … ein sogenannter „Chief financial officer“ (CFO) bei der Beklagten ist. Eine Änderung des Zuschnitts der Beklagten ist von dieser nicht vorgetragen worden. Allein der Titel „CFO“ und die Angabe, dass die Tätigkeit ein abgeschlossenes fachbezogenes Hochschulstudium voraussetzt (wobei unklar bleibt, ob Herr … über ein solches verfügt), reicht noch nicht aus, um darzulegen, dass die Klägerin mit derartigen Aufgaben nicht hätte betraut werden können.

Die Beklagte hat weder vorgetragen, dass vor dem Gesellschafterwechsel bei der Beklagten Personen tätig gewesen seien, die der Klägerin übergeordnet gewesen waren und die für die Finanzangelegenheiten zuständig gewesen wären. Auch hat sie nicht vorgetragen, dass die Klägerin ihre Aufgaben nicht zufriedenstellend erfüllt hat.

Entsprechendes gilt hinsichtlich des Arbeitsplatzes von Frau …, die Herrn … als Assistentin zur Seite gestellt worden sei. Auch wenn diese mit allgemeinen Verwaltungsaufgaben betraut worden ist, sind solche unbestritten auch von der Klägerin wahrgenommen worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO.

Zur Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG bestand kein Anlass.

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