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Änderungskündigung – mehrere unbestimmte Änderungsangebote


Landesarbeitsgericht Hamm

Az: 4 Sa 423/07

Urteil vom 07.09.2007


Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 30.01.2007 – 1 Ca 822/06 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 31.05.2006 sozial nicht gerechtfertigt ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

Der am 16.05.1955 geborene Kläger, der verheiratet und zwei Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist, ist seit dem 01.08.1970 bei der Beklagten beschäftigt. Nach einer Ausbildung zum Büromaschinenmechaniker absolvierte er die Meisterprüfung als Büroinformationselektroniker und als Informationstechniker. Er ist bei der Beklagten als Leiter des technischen Kundendienstes in der 37,5-Stunden-Woche tätig gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.245,12 EUR, welches sich zusammensetzt aus einem Grundgehalt i.H.v. 2.621,35 EUR, einer Zulage i.H.v. 610,48 EUR und vermögenswirksamen Leistungen i.H.v. 13,29 EUR. Wegen der ihm als Leiter des technischen Kundendienstes übertragenen Aufgabenfelder wird auf die vom Kläger im Jahr 2004 gefertigte Aufstellung (Aktenblatt 34) Bezug genommen.

Die Beklagte beschäftigt insgesamt etwa 280 Arbeitnehmer; sie ist u.a. Herausgeberin des „M2 Tageblatts“. Ein weiteres Geschäftsfeld ist das „Bürozentrum“, in dem ihre Aktivitäten auf dem Gebiet des Einzelhandels für Bürobedarfsartikel, dem Verkauf von Büromöbeln und dem Vertrieb und der Reparatur von Büromaschinen zusammengefasst sind. Im Jahr 2006 waren im Bürozentrum 22 Arbeitnehmer beschäftigt, darunter im technischen Kundendienst neben dem Kläger ursprünglich vier weitere Mitarbeiter sowie ein Auszubildender. Einem der Techniker, dem Mitarbeiter S3, wurden im Verlauf des Jahres 2006 Verkaufstätigkeiten übertragen, ein weiterer Techniker schied aufgrund eigener Kündigung zum 31.03.2007 aus. Beide Stellen wurden nicht wieder besetzt.

Die Beklagte hat sich im Laufe des Jahres 2006 entschlossen, in ihrem Bürozentrum eine Umorganisation vorzunehmen. U.a. hat sie die vom Kläger wahrgenommene Leitungsfunktion im technischen Kundendienst gestrichen. Am 18.05.2006 hörte sie den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat zu einer beabsichtigten Änderungskündigung des Klägers wie folgt an:

„Unterrichtung des Betriebsrates vor beabsichtigter Kündigung gemäß § 102 BetrVG

Sehr geehrter Herr F2,

wir beabsichtigen unserer Mitarbeiter

Herrn H1-J1 Z1, K1 S4. 12, 45678 M1

geboren am 16. Mai 1955 in M1

Familienstand verheiratet

bei uns beschäftigt seit dem 1. August 1970

zuletzt tätig als Abteilungsleiter des technischen Kundendienstes im Unternehmensbereich Bürocentrum mit einem monatlichen Gehalt in Höhe von brutto 3.175,48 EUR

eine ordentliche, betriebsbedingte, fristgerechte Änderungskündigung zum nächstzulässigen Termin, dem 31. Dezember 2006, auszusprechen. Sie ist aus folgenden Gründen erforderlich:

Bezug nehmend auf unser Gespräch vom gestrigen Tag dürfen wir den wesentlichen Inhalt wie folgt zusammenfassen.

Der Unternehmensbereich Bürocentrum ist defizitär. Im Geschäftsjahr 2005 fiel dort ein Verlust in Höhe von 230 TEUR an. Auch im ersten Quartal 2006 beliefen sich die Verluste des Bürocentrums auf eine Höhe von 37TEUR. Vor diesem Hintergrund wurde die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Hierarchie-Ebenen im Bürocentrum deutlich zu straffen. Deshalb ist beabsichtigt, die Position des Abteilungsleiters im technischen Kundendienst ersatzlos zu streichen. Die Abteilung wird zukünftig durch den Bereichsleiter, Herrn O2, direkt geführt.

Aus diesem Grunde beabsichtigen wir, das mit Herrn Z1 bestehende Arbeitsverhältnis zu kündigen. Gleichzeitig bieten wir Herrn Z1 die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Büroinformationselektroniker im technischen Kundendienst mit einem monatlichen Gehalt in Höhe von brutto 2.311,- EUR an. Alternativ dazu bieten wir Herrn Z1 die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Außendienstmitarbeiter für den Bereich Büromaschinen mit einer erfolgsabhängigen Vergütung bestehend aus Fixum und Provision ab dem 1.1.2007 an.

Wir bitten um fristgerechte Stellungnahme.“

Mit Schreiben vom 31.05.2006 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung mit folgendem Wortlaut:

„Betr. Änderungskündigung

Sehr geehrter Herr Z1,

die Ihnen bekannten Gründe veranlassen uns, das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis in seinem Vertragsinhalt umzugestalten. Aus diesem Anlass sehen wir uns leider gezwungen, das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2006 zu kündigen. Gleichzeitig bieten wir Ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter folgender Änderung der Arbeitsbedingungen an:

Alternative 1:

Einsatz als Büroinformationselektroniker im technischen Kundendienst mit einem monatlichen Gehalt in Höhe von insgesamt brutto 2311,- EUR.

Alternative 2:

Einsatz als Außendienstmitarbeiter für den Bereich Büromaschinen mit einer erfolgsabhängigen Vergütung bestehend aus Fixum und Provision.

Der Betriebsrat ist vor Ausspruch dieser Änderungskündigung ordnungsgemäß angehört worden.

Bitte lassen Sie uns möglichst bald, spätestens bis zum 23. Juni 2006 wissen, ob Sie das Arbeitsverhältnis unter den neuen Bedingungen fortzusetzen wünschen.

Zur Aufrechterhaltung ungekürzter Ansprüche auf Arbeitslosengeld sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich nach Erhalt der Kündigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Weiterhin sind Sie verpflichtet, aktiv nach einer Beschäftigung zu suchen.

Hochachtungsvoll“

Das Kündigungsschreiben wurde noch am 31.05.2006 gegen 15.30 Uhr von einem Mitarbeiter der Beklagten in den Hausbriefkasten des Klägers geworfen. Dieser hat das Schreiben erst am nächsten Tag zur Kenntnis genommen. Durch Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 14.06.2006 nahm der Kläger das Änderungsangebot der Beklagten unter Vorbehalt an und präzisierte durch Schriftsatz vom 19.06.2006 die Annahme dahingehend, dass diese sich auf die erste Alternative des Kündigungsschreibens beziehe. Das dem Kläger dafür angebotene Gehalt i.H.v. 2.311,00 EUR entspricht dem des Mitarbeiters S3.

Seit Januar 2007 übt der Kläger keine Leitungsfunktionen mehr aus. In einem Gespräch am 12.01.2007 wurde ihm mitgeteilt, dass er keine Kontroll- und Koordinationsfunktionen mehr wahrnehmen solle. Die Mitarbeiter des technischen Kundendienstes wurden im Rahmen einer Besprechung am 15.01.2007 hierüber unterrichtet. Die Aufgaben und Tätigkeitsbereiche des Klägers ab dem 01.01.2007 teilte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 22.01.2007 mit. Wegen der Einzelheiten wird auf Aktenblatt 201 und 202 Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, eine defizitäre Umsatzentwicklung im Bürozentrum der Beklagten werde bestritten. Durch die von der Beklagten behauptete Umstrukturierung würden die davon betroffenen Mitarbeiter zu überobligatorischen Leistungen verpflichtet. Schon bisher leisteten diese Überstunden, die sich danach weiter erhöhen würden. Er gehe davon aus, dass die vorgetragene Umstrukturierung tatsächlich gar nicht durchgeführt werde. Jedenfalls seien ihm aber die in der Änderungskündigung enthaltenen Arbeitsangebote nicht zuzumuten. Das erste Angebot der Beklagten bedeute für ihn eine Reduzierung seines Gehalts um 934,12 EUR zzgl. der Minderung beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die zweite Alternative stelle gar kein ordnungsgemäßes Angebot dar. Es sei dort weder aufgeführt, wie hoch das Fixum sein solle, noch wie die Provisionsvergütungsstaffel aussehe. Schließlich werde bestritten, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden sei. Im Anhörungsschreiben seien weder seine beiden Kinder erwähnt, noch werde sein aktuelles Gehalt mitgeteilt. Der von der Beklagten vorgetragene Sanierungsplan sei mit dem Betriebsratsvorsitzenden nicht im Einzelnen erörtert worden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass sich der Sache nach die ausgesprochene Änderungskündigung als eine solche zur Lohnkostensenkung darstelle. Auch dazu sei der Betriebsrat nicht angehört worden. Das Kündigungsschreiben sei ihm erst am 01.06.2006 zugegangen, so dass die Beklagte die siebenmonatige Kündigungsfrist nicht eingehalten habe.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 31.05.2006 rechtsunwirksam sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erstinstanzlich vorgetragen, ihr Unternehmensbereich Bürozentrum sei seit Jahren defizitär. Allein im Geschäftsjahr 2005 seien Verluste i.H.v. 230.000,00 EUR angefallen, trotz eingeleiteter Sanierungsmaßnahmen im ersten Quartal 2006 weitere 37.000,00 EUR. Vor diesem Hintergrund habe sie das Bürozentrum organisatorisch straffen müssen, damit dieser Unternehmensbereich überhaupt überlebensfähig bleibe. Als eine von diversen Maßnahmen habe sie beschlossen, die Hierarchieebenen im Bürozentrum deutlich zu straffen. In diesem Zusammenhang sei die Position des Klägers komplett wegrationalisiert worden. Die bisher von ihm durchgeführten Arbeiten seien auf andere Mitarbeiter umverteilt worden. Die Koordination der gesamten Arbeitseinsätze werde vom Bereichsleiter O2 übernommen, der diese in enger Abstimmung mit seinem Stellvertreter S5 vornehme. Weitere Aufgaben werde der technische Verkäufer S3 erledigen, oder sie würden von den anderen Technikern wahrgenommen bzw. nach außen verlagert. Auszubildende würden künftig im Bereich des technischen Kundendienstes nicht mehr beschäftigt werden. Die vorgesehene Umorganisation der Abteilung Bürozentrum und speziell des Bereichs Technischer Kundendienst sei ohne weiteres möglich. Eine Überlastung der anderen Mitarbeiter sei nicht zu besorgen. Infolge der veränderten Organisationsstrukturen entstünden im Bereich des technischen Kundendienstes Freiräume. Aufgrund des immer größer werdenden Auftragseingangs via Internet ergäben sich deutliche Zeiteinsparungen in der Auftragsabwicklung. Darüber hinaus würden ihr erteilte Aufträge heute größtenteils über ein externes Logistikzentrum abgewickelt. Die Mitarbeiterin S6 sei dadurch in der Lage, den zentralen Einkauf und die Reklamationsbearbeitung zu entlasten. Dadurch geschaffene Freiräume würden im verstärkten Maß für die Abteilung Technischer Kundendienst genutzt, insbesondere für den Bereich der Bestellung, Kalkulation und Nachkalkulation von Zubehör, Toner und Tinte sowie der Reklamationsbearbeitung von Kleingeräten. Der Verkauf von Kleinmaschinen werde verlagert in ihr Büromagazin. Dieses diene zunehmend auch als Reparaturannahmestelle. Die Mitarbeiterin G1-S7 sei seit dem 01.03.2006 nicht mehr mit der Auftragsannahme befasst und verwende die sich daraus ergebenden freien Zeitkapazitäten darauf, sich in die neuen vom Kläger zu übernehmenden Aufgaben einzuarbeiten. Im Übrigen sei das Arbeitsaufkommen bezüglich der Koordination des Technikereinsatzes wegen der weggefallenen Stellen deutlich reduziert. Schließlich sei geplant, einen weiteren Außendienstmitarbeiter einzustellen, der den bisherigen Außendienstbezirk des stellvertretenden Bereichsleiters S5 übernehmen werde, woraus eine massive zeitliche Entlastung für diesen resultiere. Der Mitarbeiter S5 könne dadurch in Zukunft problemlos die direkte Steuerung der Abteilung Technischer Kundendienst ausüben. Die Aufgaben des Klägers seien teilweise ersatzlos weggefallen, weil insbesondere Koordinationsaufgaben künftig nicht mehr anfielen. Dadurch sei sie nicht mehr in der Lage, das bisherige Gehalt des Klägers weiter zu zahlen. Die künftige Vergütung des Klägers liege um rund 300,00 EUR über dem Tariflohn und außerdem über der der anderen Mitarbeiter des Technischen Kundendienstes. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Das Anhörungsschreiben vom 18.05.2006 stelle, wie auch sonst üblich, nur eine kurze Zusammenfassung der ausführlichen mündlichen Erörterungen vom Vortag dar. Der Betriebsratsvorsitzende sei in einem persönlichen Gespräch umfassend informiert worden. Im Übrigen sei der Betriebsrat schon am 16.02.2006 über die gesamtwirtschaftliche Lage des Bürozentrums unterrichtet worden. Die geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen einschließlich der Freisetzung und Umsetzung von Mitarbeitern sei ausführlich diskutiert worden. Danach sei der Betriebsratsvorsitzende nahezu wöchentlich über den Stand der Rationalisierungsmaßnahmen informiert worden. Dadurch sei der Betriebsrat auch schon vor der Anhörung Mitte Mai 2006 über den Gesamtkomplex bestens im Bilde gewesen. Auch die Unterhaltspflichten des Klägers und dessen aktuelles Bruttogehalt seien dem Betriebsratsvorsitzenden bestens bekannt gewesen.

Das Arbeitsgericht Minden hat durch Urteil vom 30.01.2007 die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Beklagte könne ihre Änderungskündigung auf betriebsbedingte Gründe stützen. Sie habe aufgrund der von ihr geschilderten wirtschaftlichen Schwierigkeiten beschlossen, die Organisationsstruktur im Bürozentrum umzugestalten und das bisherige Anforderungsprofil an die Tätigkeit des Klägers dahingehend zu senken, dass ihm seine bisherige Leitungs- und Koordinationsfunktionen entzogen und auf andere Mitarbeiter übertragen worden seien. Ihm verblieben die von ihm auch bisher schon zu etwa 50 bis 60% ausgeübten Tätigkeiten eines Technikers. Der Wegfall der Teilverantwortlichkeiten für Kontrolle und Koordination sowie weitere prozentual weniger bedeutsame Teiltätigkeiten rechtfertigten die Senkung seiner Vergütung. Die Beklagte habe nachvollziehbar und weitgehend vom Kläger auch gar nicht bestreitbar geschildert, wodurch bei anderen Mitarbeitern Arbeitskapazitäten frei geworden seien. Die vom Kläger gerügte Überlastung im Sinne der Anforderung von überobligatorischen Tätigkeiten könne nicht festgestellt werden. Das Konzept der Beklagten sei nachvollziehbar. Anzeichen für eine missbräuchliche oder willkürliche Gestaltung habe der insoweit darlegungspflichtige Kläger nicht aufzeigen können. Die neuen Arbeitsbedingungen seien für ihn auch nicht unzumutbar. Die Beklagte habe sich mit ihrem Änderungsangebot darauf beschränkt, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Kläger billigerweise hinnehmen müsse. Nach Entzug bzw. Wegfall der bisherigen Koordinations- und Kontrollaufgaben habe die Beklagte das Entgelt dem eines normalen Technikers angepasst. Der Betriebsrat der Beklagten sei ordnungsgemäß angehört worden. Soweit der Kläger anfangs gerügt habe, sein Gehalt sei unrichtig angegeben worden, und es fehle ein Hinweis auf seine Unterhaltspflichten gegenüber seinen beiden Kindern, habe die Beklagte nachfolgend unbestritten vorgetragen, dass dies dem Betriebsratsvorsitzenden bekannt gewesen sei. Schließlich sei die Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende eingehalten, weil die Kündigung vom 31.05.2006 dem Kläger noch an diesem Tag zugegangen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils, Aktenblatt 108-114 Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 09.02.2007 zugestellte Urteil hat dieser mit am 06.03.2007 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.05.2007 mit am 02.05.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Sachvortrag und trägt vor, das angefochtene Urteil leide an einer fehlerhafter Aufklärung des Sachverhalts insbesondere hinsichtlich des angeblichen organisatorischen Konzepts der Beklagten. Es werde weiterhin bestritten, dass und wodurch bei anderen Mitarbeitern Arbeitskapazitäten frei würden. Tatsächlich sei es so, dass nach seiner Beobachtung andere Arbeitnehmer nun in erheblichem Umfang früher kämen und länger blieben. Die Mitarbeiter P1 und S3 und auch er selbst hätten seit 01.01.2007 in erheblichem Umfang Überstunden aufgebaut. Der von der Beklagten vorgetragene Umsatzrückgang sei wesentlich geringer, weshalb ihr auch nicht zu glauben sei, dass ein entsprechender Arbeitsrückgang zu verzeichnen sei. Angesichts des Umstandes, dass ihm auch nach Durchführung der Maßnahme weiterhin mehr als die Hälfte seiner bisherigen Tätigkeit verblieben sei, müsse die vorgenommene Umgruppierung geprüft werden. Da er überwiegend Arbeiten erledige, die er auch bisher schon erledigt habe, entbehre die Änderungskündigung jeglicher rechtlicher Grundlage. Es habe sich nichts Entscheidendes an seinem Arbeitsplatz geändert. Letztlich sei auch seine bisherige Funktion als Leiter des Technischer Kundendienst nicht weggefallen, sondern werde nunmehr von dem Mitarbeiter S3 ausgeübt. Dieser sei ein früher ihm untergeordneter Techniker, der danach Außendienstler geworden sei. Herr S3 sei am 30.03.1960 geboren, seit dem 01.08.1975 betriebszugehörig, verheiratet und habe ein Kind. Damit sei der Arbeitnehmer S3 als nunmehr in seiner Aufgabenstellung mit ihm vergleichbarer Arbeitnehmer sozial erheblich stärker. Klärungsbedürftig sei auch, weshalb ein dringender betrieblicher Grund für den Wegfall der übertariflichen Zulage gegeben sein solle. Streitig sei die Anwendbarkeit eines Tarifschemas. Der Hinweis darauf, dass andere Techniker einen geringeren Endbetrag bekämen, überzeuge nicht. Er habe als einziger die einschlägige Meisterqualifikation, die aufgrund der Vorschriften der Handwerksordnung zur Ausbildung benötigt werde. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats bleibe bestritten. Das angefochtene Urteil habe dies überhaupt nicht berücksichtigt. Angegriffen werde schließlich die Rechtsauffassung im angefochtenen Urteil, wonach von einem Zugang des Kündigungsschreibens am 31.05.2006 auszugehen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 30.01.2007 – 1 Ca 822/06 – abzuändern und festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 31.05.2006 rechtsunwirksam sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt ergänzend vor, Grundlage für die im Streit stehende Änderungskündigung sei eine innerbetriebliche Organisationsmaßnahme, die spätestens bis Ende 2006 durchgeführt worden sei. Die Umorganisation in der Büromaschinenabteilung habe dazu geführt, dass die Aufgaben des Klägers weitgehend auf andere Personen verlagert worden seien. Der Kläger übe im Gegensatz zu früher keine Leitungsfunktion mehr aus. Er sei auch nicht mehr mit der Ausbildung befasst. Seit Jahresbeginn 2007 beschränke sich seine Tätigkeit auf die Reparatur von Büromaschinen. Der geringer gewordene Arbeitsanfall beim Kläger ergebe sich im Übrigen auch aus der zurückgegangenen Anzahl der zu betreuenden Kunden und der in diesem Zusammenhang abgeschlossenen Wartungsverträge. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung der technischen Geräte habe außerdem über die Jahre der Reparaturaufwand stetig abgenommen. Der Wartungszeitpunkt habe sich erheblich verschoben. Schließlich sei auch der zeitliche Aufwand pro Reparatur mit steigender Digitalisierung deutlich rückläufig. Es würden immer mehr Komponenten nur getauscht, statt sie zeitaufwändig zu reparieren. Dass die Umorganisation nicht zu einer unzumutbaren Arbeitsbelastung der betroffenen Mitarbeiter geführt habe, ergebe die tägliche Praxis seit Jahresbeginn 2007. Die vom Kläger vorgetragenen Überstunden der Mitarbeiter P1 und S3 würden bestritten.

In der mündlichen Verhandlung am 07.09.2007 ist mit den Parteien die Frage erörtert worden, ob das in der Änderungskündigung vom 31.05.2006 enthaltene Änderungsangebot hinreichend bestimmt war. Auf Befragen hat der Personalleiter der Beklagten erklärt, das Fixum für die Funktion des Außendienstmitarbeiters hätte 800,00 EUR betragen sollen. Dies sei allen Mitarbeitern aufgrund einer betriebsinternen Stellenausschreibung bekannt gewesen. Hinsichtlich der Provisionssätze sei man wegen der bereits seit längerem bestehenden Vakanz flexibel gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die zu Protokoll genommenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Berufung ist auch begründet. Die Änderungskündigung vom 31.05.2006 erweist sich als unwirksam, weil das darin enthaltene Änderungsangebot nicht ausreichend bestimmt ist. Die Kündigung bewirkte daher keine Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers. Nachdem die Unwirksamkeit der Änderungskündigung vom 31.05.2006 schon aus der fehlenden Bestimmtheit des Änderungsangebots folgt, kann dahin stehen, ob die Kündigung am 31.05.2006 als zugegangen gilt, ob dringende betriebliche Erfordernisse i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial rechtfertigten und ob die Beklagte sich darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Kläger billigerweise hinnehmen musste. Auch die Frage, ob der im Betrieb der Beklagten gebildete Betriebsrat gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG ordnungsgemäß angehört wurde, bedurfte keiner Entscheidung. Im Einzelnen hat die Kammer die nachfolgenden Erwägungen angestellt:

Eine Änderungskündigung ist nach der Legaldefinition des § 2 Satz 1 KSchG ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen hinzukommen. Das Änderungsangebot muss wie jedes Angebot i.S.v. § 145 BGB eindeutig bestimmt bzw. bestimmbar sein. Das angestrebte Rechtsgeschäft muss vom Empfängerhorizont aus beurteilt in sich verständlich und geschlossen sein. Dem gekündigten Arbeitnehmer muss ersichtlich sein, welche (wesentlichen) Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen und welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis künftig haben soll. Nur so kann der Arbeitnehmer seine Entscheidung über das Angebot in Kenntnis aller wesentlichen Vertragsbedingungen bzw. -änderungen treffen. Dabei genügt eine Bestimmbarkeit des Angebots. Der Inhalt der Offerte ist nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu interpretieren und zu bestimmen. Ist danach das Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar, so führt dies zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung (BAG, Urteil vom 16.09.2004 – 2 AZR 628/03 = NZA 2005, 635 ff.; BAG, Urteil vom 17.05.2001 – 2 AZR 460/00 = EzA § 620 BGB Kündigung Nr. 3; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.03.2002 – 3 Sa 1098/01 = NZA-RR 2002, 670 ff.; KR-Rost, 8. Aufl. 2007, § 2 KSchG Rdnr. 28b; APS-Künzl, Kündigungsrecht, 3. Aufl. 2007, § 2 KSchG Rdnr. 17; ErfK/Ascheid/Oetker, 7. Aufl. 2007, § 2 KSchG Rdnr. 9).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte im Rahmen ihrer Änderungskündigung vom 31.05.2006 zwei Alternativangebote unterbreitet und dem Kläger die Wahl überlassen. Der teilweise vertretenen Auffassung, bereits dies begründe die Unwirksamkeit des Änderungsangebots (ArbG Düsseldorf, Urteil vom 18.10.2005 – 6 Ca 2685/05 = NZA-RR 2006, 21 ff.; ErfK a.a.O.), folgt die Kammer nicht. Der Bestimmtheit eines Vertragsangebots steht es nicht entgegen, wenn der Antragende die Festlegung einzelner Vertragspunkte dem Erklärungsempfänger überlässt (MK/Kramer, BGB, 5. Auflage 2006, § 145 Rn. 5; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage 2007, § 145 Rn. 1). Schutzwürdige Interessen des Arbeitnehmers werden dadurch nicht berührt, denn es hängt in solchen Fällen allein von seiner Entscheidung ab, ob und welches der Alternativangebote er annimmt. Es mag im Regelfall sogar vorteilhaft für den Arbeitnehmer sein, wenn ihm die Wahl überlassen bleibt, welches von mehreren Weiterbeschäftigungsangeboten er aus seiner subjektiven Sicht heraus vorziehen möchte (für die Zulässigkeit von Alternativangeboten, jedoch ohne Begründung auch BAG, Urteil vom 28.10.1999 – 2 AZR 437/98 = NZA 2000, 825 f.; von Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 14. Auflage 2007, § 2 Rn. 19).

Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass dann, wenn der Arbeitgeber sich entschließt, dem Arbeitnehmer im Rahmen einer Änderungskündigung Alternativangebote zu unterbreiten, jedes dieser Angebote für sich genommen hinreichend bestimmt sein muss. Geschieht dies nicht, hat der Arbeitnehmer in Wahrheit keine Entscheidungsfreiheit. Wenn er in Erwägung zieht, sich eventuell für das unbestimmte Angebot zu entscheiden, kann er naturgemäß nicht wissen, welchen zukünftigen Inhalt sein Arbeitsverhältnis haben wird. Dadurch wird er entweder gezwungen sein, von sich aus Vertragsverhandlungen mit dem Arbeitgeber aufzunehmen oder er wird von dem unbestimmten Angebot Abstand nehmen. So liegt es hier. Zwar ist das erste Alternativangebot der Beklagten zweifelsfrei hinreichend bestimmt, denn es beschreibt konkret den Inhalt der wechselseitigen Hauptleistungspflichten, nämlich die Weiterbeschäftigung des Klägers als Büroinformationselektroniker gegen Zahlung eines Monatsgehalts i.H.v. 2.311,00 EUR. Demgegenüber ist das zweite Alternativangebot unbestimmt und auch nicht bestimmbar. Schon die Beschreibung der darin vorgesehenen Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter lässt zahlreiche Fragen offen, etwa die künftige Arbeitszeit, die konkreten Aufgaben und das Reisegebiet. Jedenfalls folgt die fehlende Bestimmtheit aber daraus, dass die Beklagte zur Höhe des künftigen Arbeitsentgelts im zweiten Alternativangebot keine konkrete Aussage trifft. Es wird dem Kläger lediglich mitgeteilt, die Vergütung bestehe „aus Fixum und Provision“. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten annimmt, dass hinsichtlich des Fixums – nach ihren Angaben 800,00 EUR entsprechend einer innerbetrieblichen Ausschreibung – Bestimmbarkeit gegeben ist, so gilt dies jedenfalls nicht für die Provision. Die Höhe der Provision war hier weder bestimmt noch bestimmbar. Zu einschlägigen tarifvertraglichen Vorschriften oder betriebsüblichen Provisionssätzen hat die Beklagte nicht vorgetragen; solche sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat sie angegeben, hinsichtlich der Höhe der Provisionssätze sei sie flexibel gewesen. Mit anderen Worten, die Höhe der Provisionssätze war Verhandlungssache und damit gerade nicht Gegenstand des Änderungsangebots. Gerade bei einem vergleichsweise geringen Fixum, welches gemessen an dem bisherigen Gehalt des Klägers lediglich etwa ein Viertel ausmachen sollte, wäre die Höhe der erzielbaren Provision für ihn von ausschlaggebender Bedeutung dafür gewesen, ob er ernsthaft in Betracht ziehen wollte, das zweite Änderungsangebot anzunehmen. Nach alle dem fehlt es hinsichtlich der zweiten Alternative an einem hinreichend bestimmten oder bestimmbaren Angebot, so dass dieses unwirksam ist.

Die Unwirksamkeit eines Alternativangebots führt nach Auffassung der Kammer zugleich zur Unwirksamkeit des Änderungsangebots insgesamt und damit auch zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung als solcher. Die Kammer hat erwogen, ob in solchen Fällen die Änderungskündigung unter Wegfall des mangels Bestimmtheit unwirksamen Änderungsangebots in einer Art geltungserhaltenden Reduktion mit dem Inhalt des oder der bestimmten Alternativangebote aufrecht zu erhalten ist. Dies ließe sich jedoch nicht mit dem im Kündigungsrecht waltenden Bestimmtheitsgrundsatz (vgl. APS/Preis, a.a.O., Grundlagen D, Rn. 19) in Einklang bringen. Die vom Arbeitgeber zu vertretende Ungewissheit über die Wirksamkeit eines Änderungsangebots ginge dann letztlich zu Lasten des Arbeitnehmers, dem damit auferlegt werden würde, zu erkennen, ob und welche Alternativangebote wegen fehlender Bestimmtheit keine Gültigkeit haben. Diese Risikoverlagerung steht nach Auffassung der Kammer einer Aufrechterhaltung des bestimmten Teils des Änderungsangebots entgegen.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Kläger sich durch Erklärung vom 19.06.2006 letztlich entschieden hat, das andere – bestimmte – Änderungsangebot unter Vorbehalt anzunehmen. War die streitgegenständliche Änderungskündigung mit Zugang der Willenserklärung unwirksam, dann kann sie nicht nachträglich dadurch Wirksamkeit erlangen, dass der Arbeitnehmer – notgedrungen – sich dazu entschließt, von mehreren Alternativangeboten statt des unbestimmten Änderungsangebots das hinreichend Bestimmte anzunehmen. Eine nachträgliche Heilung der Unwirksamkeitsfolge lässt sich dadurch nicht bewirken.

Nach alledem hat die Änderungsschutzklage des Klägers schon aus formalen Gründen Erfolg, so dass das erstinstanzliche Urteil dementsprechend abzuändern war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist, ob bei Alternativangeboten im Rahmen einer Änderungskündigung die fehlende Bestimmtheit eines der Alternativangebote zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung insgesamt führt.

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