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AGB-Klauseln abmahnfähig?


Oberlandesgericht Köln

Az.: 6 U 26/08

Teil-Anerkenntnis- und Schlussurteil vom 16.05.2008

Vorinstanz: Landgericht Bonn, Az.: 12 O 176/07


I. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 3.1.2008 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn – 12 O 176/07 – teilweise abgeändert.

1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in seinem Online-Shop entgegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, §§ 4 ff BDSG gegenüber Verbrauchern die folgende oder eine sinngemäße Klausel zu verwenden:

„Motorenteile F behält sich vor, anderen Unternehmen in zulässiger Weise Kundendaten zur Versendung von Informationsmaterial zu überlassen und diese auch zu eigenen Werbezwecken zu nutzen.“

2. Dem Antragsgegner wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot zu Ziffer 1) ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten angedroht.

3. Im übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen haben zu 4/5 die Antragstellerin und zu 1/5 der Antragsgegner zu tragen.

Begründung:

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung ist zulässig, aber nur hinsichtlich des mit dem Berufungsantrag zu II e) verfolgten Begehrens begründet. Insoweit ist die beantragte einstweilige Verfügung auf das in der Berufungsverhandlung erklärte Anerkenntnis des Antragsgegners gem. §§ 307 S.1, 525 ZPO zu erlassen. Demgegenüber bleibt dem weitergehenden Antrag der Antragstellerin auch im Berufungsverfahren der Erfolg versagt.

Dem von dem Landgericht gegen den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin erhobenen Missbrauchsvorwurf dürfte entgegenstehen, dass nach dem – auch erstinstanzlich – unstreitigen Vortrag beider Parteien zunächst der Ehemann der Geschäftsführerin der Antragstellerin den Antragsgegner angerufen und ihn auf die von ihm angenommenen verfahrensgegenständlichen Verstöße hingewiesen hat und erst nach Ablauf einer Woche von dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin eine förmliche Abmahnung ausgesprochen worden ist. Das kann aber ebenso auf sich beruhen, wie der Umstand, dass die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG entgegen der Auffassung des Landgerichts auch für Verstöße im Internet greift.

Denn die nach dem Teilanerkenntnis des Antragsgegners noch aufrechterhaltenen Anträge sind sämtlich unbegründet.

1.)

Mit den Anträgen zu II a – c beanstandet die Antragstellerin drei von dem Antragsgegner verwendete allgemeine Vertragsbedingungen mit der Begründung, diese wichen in unzulässiger Weise von den AGB ab, die von dem Plattformbetreiber eBay vorgegeben seien. Ob das der Fall ist, hat der Senat nicht zu untersuchen, weil ein Anspruch auch dann nicht besteht, wenn diese Frage zu bejahen sein sollte.

a) Ein hierauf gestützter Unterlassungsanspruch bestünde nicht aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG i.V.m. §§ 307 ff BGB. Ein solcher Anspruch würde den Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift voraussetzen, die auch dazu bestimmt ist, das Marktverhalten zu regeln. Zu solchen gesetzlichen Regelungen gehören die AGB des Betreibers der Internet Plattform indes nicht. Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt keine Rechtsnormqualität zu (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 4 Rn. 11.29).

b) Ein Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG. Die Antragstellerin hat nicht etwa vorgetragen, die AGB von eBay seien nicht abänderbar und hierüber führe der Antragsgegner die angesprochenen Verbraucher durch die Verwendung eigener Klauseln im Sinne des § 5 UWG relevant in die Irre. Ihrer erstmals im Berufungsverfahren geäußerten Auffassung, eine Irreführung der Verbraucher entstehe allein schon dadurch, dass der Antragsgegner die eBay-Plattform sich einerseits „zu Eigen mache“, dann aber inhaltlich selbständige AGB benutze, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

2.)

Mit dem Antrag zu II d) rügt die Antragstellerin die von dem Antragsgegner in seinem Internetauftritt verwendete Klausel: „Offensichtliche Mängel sind sofort nach Erhalt der Ware schriftlich anzuzeigen.“ Auch dieser mit der Begründung auf §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG i.V.m. § 307 Abs.1 BGB gestützte Antrag, die Klausel verstoße gegen eine gesetzliche Regelung, die dazu bestimmt sei, das Marktverhalten zu regeln, ist unbegründet.

Nach der Rechtsprechung des Senats (WRP 07, 1111 mit ausführlicher Begründung, auf die verwiesen wird) stellen die Bestimmungen der §§ 305 ff BGB in der Regel keine Marktverhaltensregeln dar, weil sie nicht speziell Belange der Verbraucher zum Gegenstand haben, sondern ohne konkreten Bezug zum Marktverhalten lediglich die wechselseitigen Rechte und Pflichten bei der künftigen Abwicklung der abzuschließenden Verträge gestalten. Um einen solchen Fall handelt es sich auch hier. Die beanstandete Klausel mag den Vertragspartner von der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Mängeln der gekauften Ware abhalten können, wenn er diese nicht sofort nach Erhalt der Ware schriftlich gerügt hat. Von der Regelung betroffen ist auf diese Weise aber ausschließlich eine gewährleistungsrechtliche und damit eine Frage der Abwicklung und nicht des Abschlusses des Kaufvertrages.

Ohne Erfolg vertritt die Antragstellerin die Auffassung, der geltendgemachte Anspruch stehe ihr auf der Grundlage der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (nachfolgend „RL UGP“) zu.

Die Anwendung der RL UGP kommt nicht in Betracht, weil die verfahrensgegenständlichen etwaigen Verstöße sämtlich vor dem 12.12.2007 erfolgt sind. Art. 19 RL UGP sieht zwar die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht bis zum 12.6.2007 vor, ordnet aber zugleich für den Fall, dass diese Zeitvorgabe nicht erreicht wird, an, dass die Vorschriften der Richtlinie ab dem 12.12.2007 anzuwenden seien. Diese Regelung wäre gegenstandslos, wenn die RL UGP auch ungeachtet ihrer Umsetzung in nationales Recht schon ab dem 12.6.2007 angewendet werden müsste. Aus diesem Grund kann auch nicht im Wege richtlinienkonformer Auslegung ein Rügerecht begründet werden, der sich aus dem geltenden nationalen Recht nicht ergibt. Der Senat hat aus diesem Grunde nicht zu entscheiden, ob die Verwendung der angegriffenen Klausel auf der Grundlage der RL UGP angegriffen werden könnte.

Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 5.5.2008 eine Vorlage an den EuGH gem. Art 234 EGV anregt, kommt dies nicht nur wegen der Eindeutigkeit der Rechtslage sondern vor allem auch deswegen nicht in Betracht, weil ein solches zeitaufwändiges Procedere mit dem Charakter des von der Antragstellerin gewählten Eilverfahrens nicht zu vereinbaren wäre (vgl. z.B. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Auflage, Kap. 55 Rz 21 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 7.500 €.

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