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Alkoholfahrt – Verurteilung – Formerfordernisse des Urteils

Oberlandesgericht Brandenburg

Az: 2 Ss (OWi) 228 B/06

Beschluss vom 31.01.2007


In dem Bußgeldverfahren wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs trotz Alkoholisierung hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts als Senat für Bußgeldsachen am 31. Januar 2007 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 5. April 2006 und die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung aus jenem Urteil werden als unbegründet verworfen.

Der Betroffene trägt die Kosten seiner Rechtsmittel.

Gründe:

I.
Das Amtsgericht Strausberg hat den Betroffenen mit Urteil vom 5. April 2006 wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs trotz Alkoholisierung zu einer Geldbuße von 250,00 Euro verurteilt, gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt und ihm die Kosten und Auslagen des Verfahrens auferlegt.

Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene am 11. Dezember 2005 kurz vor 1.30 Uhr mit einem Pkw den … Weg in H…, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft hatte. Der um 1.50 Uhr auf der Polizeiwache durchgeführte Test mit dem Drägergerät Evidential 7110 ARMM-0113 ergab bei der Messung 1 einen Wert von 0,377 mg/l und bei der Messung 2 einen Wert von 0,376 mg/l. Eine zuvor gegen 1.30 Uhr mit dem Atemalkoholtestgerät Dräger ARTK 0193 bei ihm vorgenommene Messung hatte eine Atemalkoholkonzentration von 0,64 Promille ergeben. Der Betroffene hat eingeräumt, am Abend bis gegen Mitternacht Alkohol getrunken zu haben. Zweifel an dem Messergebnis hat er nicht geäußert, sondern im Bußgeldverfahren eine geringere Sanktion erstrebt.

Der Betroffene hat gegen die Kostenentscheidung die sofortige Beschwerde erhoben.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts und wendet sich gegen die Verwertung des Messprotokolls zur Atemalkoholmessung sowie die bezüglich des zeitlichen Abstands beider Messungen seiner Ansicht nach ungenügenden Angaben im Urteil.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 5. April 2006 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Strausberg zurückzuverweisen.

Die zulässige Rechtsbeschwerde und die sofortige Beschwerde haben keinen Erfolg.

II.
Die auf die Rechtsbeschwerde erfolgte Nachprüfung des amtsgerichtlichen Urteils hat keine Rechtsfehler ergeben.

1. Die formelle Rüge ist nicht zulässig erhoben und zudem unbegründet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu ausgeführt:

„Die Verfahrensrüge, das Urteil sei unter Verletzung der Vorschrift des § 261 StPO zustande gekommen, weil das Gericht das Messprotokoll nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt habe, ist nicht zulässig erhoben.

Diese ist entsprechend den Formerfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorzubringen (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. Mai 1995 – 2 Ss (OWi) 44 B/95 -). Danach müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau wiedergegeben werden, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Begründungsschrift ohne Rückgriff auf die Akten prüfen kann, ob der geltend gemachte Verfahrensverstoß vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden […]. In der Beschwerdebegründung müssen daher der vollständige Inhalt der Urkunde und die Behauptung dargelegt werden, dass die Urkunde nicht verlesen worden ist, wobei der Beschwerdeführer die ihm nachteiligen Tatsachen nicht übergehen darf. Den Beweis dafür liefert das Protokoll der Hauptverhandlung, dem zu entnehmen ist, ob eine Urkunde tatsächlich verlesen worden ist. Zudem ist auch die Darlegung erforderlich, dass der Inhalt der Urkunde nicht in einer sonst zulässigen Art und Weise eingeführt worden ist (vgl. OLG Düsseldorf StV 1995, 120).

Diesen Formerfordernissen genügt das Rügevorbringen nicht. Weder trägt der Beschwerdeführer den Inhalt des Messprotokolls, noch das Protokoll der Hauptverhandlung über die behauptete Nichtverlesung vor. Zudem fehlt die Darlegung, dass ausweislich des Protokolls die Vorsitzende das Messprotokoll Bl. 4 d.A. inhaltlich wiedergegeben hat.

Sie ist im Übrigen auch unbegründet.

§ 261 StPO ist verletzt, wenn eine Urkunde Urteilsgrundlage geworden ist, die nicht verlesen und deren Inhalt auch nicht durch substantiierten Vorhalt in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Nicht nur – wie bereits dargelegt – aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung, sondern auch aus dem vorliegenden Urteil des Amtsgerichts Strausberg ergibt sich, dass das Messprotokoll vorgetragen worden ist. Der Betroffene hat nach den Feststellungen des Urteils die Richtigkeit des Messergebnisses bestätigt.“

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

2. Auch die materielle Rüge bleibt ohne Erfolg.

Die Urteilsgründe in Bußgeldsachen unterliegen keinen hohen Anforderungen, müssen gleichwohl so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht zur Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung entnehmen kann, welche Feststellungen der Bußgeldrichter getroffen hat und welche tatrichterlichen Erwägungen der Bemessung der Geldbuße und der Anordnung oder dem Absehen von Nebenfolgen zu Grunde liegen.

a. Die Feststellungen des Urteils tragen den Schuldspruch. Entgegen dem Revisionsvorbringen sind die Feststellungen des Amtsgerichts bezüglich der Angaben zum Messverfahren hier ausreichend.

Es trifft zwar zu, dass die Messung der Atemalkoholkonzentration mithilfe eines bauartzugelassenen und geeichten Atemalkoholtestgerätes unter Beachtung der Verfahrensbestimmungen (Wartezeit von mindestens 20 Minuten seit Trinkende, Kontrollzeit von 10 Minuten vor der Messung, Doppelmessung im Zeitabstand von maximal 5 Minuten und Einhaltung der zulässigen Variationsbreite zwischen den Einzelwerten) zu erfolgen hat (BGHSt 46, 358).

Bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 24 a Abs. 1 StVG, dem eine Atemalkoholmessung mit einem standardisierten Messverfahren (hier: Dräger Alcotest 7110 Evidential) zu Grunde liegt, muss der Tatrichter im Urteil jedoch keine weiteren Einzelheiten zur Messmethode darlegen, wenn nicht vom Betroffenen konkrete Messfehler behauptet werden.

Danach bedarf es neben der Mitteilung des Mittelwertes zwar regelmäßig der Nennung der Einzelwerte, aus denen sich der Mittelwert errechnet (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 10. März 2004 – 1 Ss (OWi) 37 B/04 -; vom 28. Juli 2005 – 2 Ss (OWi) 136 B/05 -; vom 8. Februar 2006 – 2 Ss (OWi) 22 B/06; OLG Celle NStZ 2004, 323).

Angaben zu den weiteren Erfordernissen des Messverfahrens wie die Einhaltung der Wartezeit von 20 Minuten vor Trinkende, der Kontrollzeit von 10 Minuten vor Messbeginn, des zeitlichen Abstandes für die erforderliche Doppelmessung sind nur erforderlich, wenn einer der Verfahrensbeteiligten die ordnungsgemäße Durchführung der Messung bezweifelt oder sich sonst Anhaltspunkte für eine Abweichung von den einzuhaltenden Messbedingungen bieten (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 24. Oktober 2005 – 1 Ss (OWi) 237 B/05 -; Beschluss vom 10. März 2004 – 1 Ss (OWi) 37 B/04; OLG Hamm, 3. Senat, VRS 102, 115 f.; jetzt auch OLG Hamm, 2. Senat, DAR 2004, 713; BayObLG NJW 2003, 1752; NZV 2005, 53; HansOLG NZV 2004, 269; OLG Dresden NStZ-RR 2005, 117; ThürOLG VRS 110, 443; Janiszewski/Jagow/Burmann, Straßenverkehrsrecht, 19. Auflage, § 24 a StVG Rdnr. 4c; a.A. OLG Zweibrücken, DAR 2002, 279). Denn bei standardisierten Messverfahren wie demjenigen unter Einsatz eines Atemalkoholmessgeräts des Typs Alcotest 7110 Evidential richtet sich der Umfang der Urteilsausführungen nach der jeweiligen Beweislage.

Werden deshalb – wie im vorliegenden Fall – weder konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler ersichtlich noch von den Verfahrensbeteiligten behauptet, muss der Tatrichter nicht feststellen, dass die Bedingungen für ein ordnungsgemäßes Messverfahren gewahrt worden sind.

Das angefochtene Urteil enthält ausreichende Angaben zum Zeitpunkt der Messung und nennt die beiden Einzelwerte, aus denen der Mittelwert gebildet wurde. Angesichts der fast identischen Ergebnisse sind Anhaltspunkte für einen fehlerhaften zeitlichen Abstand der beiden Messungen nicht ersichtlich. Die Werte lassen sich mit der vorangegangenen Messung in Einklang bringen und liegen im Übrigen deutlich über dem gesetzlichen Grenzwert, so dass der Senat Anhaltspunkte für Messfehler, die sich zu Lasten des Betroffenen ausgewirkt haben könnten, nicht erkennen kann.

b. Die Darlegungen des Amtsgerichts zur subjektiven Tatbestand weisen keine Rechtsfehler auf.

Das Urteil hält auch der Überprüfung hinsichtlich der Rechtsfolgen stand. Das Amtsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise die Verhängung der Regelgeldbuße und des Regelfahrverbots begründet.

III.

Die nicht näher ausgeführte sofortige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung ist zulässig, aber unbegründet.

Dass der verurteilte Betroffene die Kosten des Verfahrens und – soweit entstanden – auch die besonderen Auslagen der Staatskasse sowie seine eigenen notwendigen Auslagen zu tragen hat, ergibt sich aus § 46 OWiG i.V.m. §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StPO.

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IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

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