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Alleinhaftung beim Linksabbiegen in Grundstück

Landgericht Hamburg – Az.: 331 O 340/20 – Urteil vom 24.03.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleitung von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger beansprucht von der Beklagten die Zahlung von weiteren Schadensersatz auf Grund eines Verkehrsunfalles am 18.04.2020 auf derin Hamburg.

Am Unfalltag befuhr der Zeugemit dem Taxifahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen des Klägers die Straße

Er beabsichtigte, nach links in eine Einfahrt einzubiegen. Hierbei kam es zur Kollision mit dem bei der Beklagten versicherten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen              ‚, welcher am

Unfalltag von dem Zeugen         gesteuert wurde, als dieser versuchte, das Taxi zu

überholen.

Die weiteren Einzelheiten des Unfallhergangs sind zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 06.05.2020 an die Beklagte (Anlage K 2) berechnete der Kläger seinen Schaden wie folgt:

Reparaturkosten Wertminderung Nutzungsaufall Kostenpauschale Sachverständigenkosten

  • € 8.424,48
  • € 200,00
  • € 660,00
  • €25,00
  • € 931,46.

Die Beklagte zahlte an den Kläger, ausgehend von einer Haftungsquote von 30 %, einen Betrag von € 2.478,72.

Die Beklagte berechnete diesen Betrag wie folgt:

  • Wiederbeschaffungswert           € 3.075,63
  • Sachverständigenkosten            € 279,44
  • Kostenpauschale            €            6,00
  • Zwischensumme            €3.361,07
  • abzüglich Restwert        – € 882,35
  • Gesamt € 2.478,72.

Die Beklagte wies in dem Schreiben vom 18.04.2020 ( Anlage K4) darauf hin, dass die Zahlung ohne Anerkennung einer Ersatzpflicht und unter Rückforderungsvorbehalt für den Fall, dass im Rahmen einer von einem der Unfallbeteiligten veranlassten Zivilklage das Gericht einen geringeren Haftungsanteil zu Lasten unseres Versicherungsnehmers feststellt,erfolgt.

Der Kläger beansprucht mit der vorliegenden Klage den Differenzbetrag von € 7.662,22 nebst Zinsen.

Der Kläger trägt vor, der Zeuge sei mit dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug

von hinten auf die Taxe aufgefahren. Der Zeuge sei langsam am Penny Markt in den eingefahren. Im Kreuzungsbereich sei er vorsichtig langsamergefahren.

Zu diesem Zeitpunkt sei das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug noch geschätzte drei Sekunden vom Kollisionsort entfernt gewesen und habe von Tempo 20 auf Tempo 58 beschleunigt. Der Zeuge sei langsam geradeaus gefahren, habe leicht gebremst, den Blinker gesetzt, um nach links in einer Einfahrt abzubiegen. Bei einem Blick in den Rückspiegel sei kein Fahrzeug zu sehen gewesen. Vor dem eigentlichen Abbiegevorgang habe der Zeuge bemerkt, dass es sich um eine Feuerwehreinfahrt handelt und habe sich entschieden, weiter geradeaus zu fahren. Der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeuges habe auf Grund unangepasster Geschwindigkeit und eines falsch eingeleiteten Überholvorganges den Unfall verursacht.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 7.662,22 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 11.09.2020 sowie nicht anrechenbare vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 402,60 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte stellt den von dem Kläger geschilderten Unfallhergang in Abrede und trägt vor, der Zeuge habe mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen die Straßebefahren. Vor ihm sei das Taxi des

Klägers gefahren. Kurz vor dem Asbrookdamm habe der Fahrer das Taxi abgebremst und sei nur noch gerollt, ohne den Blinker zu setzen. An der bezeichneten Einmündung könne nur nach rechts abgebogen werden und das Taxi sei nach rechts gelenkt worden. Der Zeuge habe dann den linken Blinker gesetzt und sei ausgeschert. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass aus dem rückwärtigen gleichgerichteten Verkehr keine Gefahr drohe und der Gegenverkehr im Übrigen frei gewesen sei, habe er zum Überholen angesetzt. Genau in diesem Moment habe der Fahrer des Taxis, ohne zu blinken, plötzlich nach links gezogen, um ein Wendemanöver zu vollziehen. Der Zeuge habe eine Vollbremsung vorgenommen und auch das Taxi sei stehen geblieben. In dieser Weise sei es zur Kollision an der linken hinteren Ecke des Taxis gekommen.

Hinsichtlich der abgetretenen Gutachterkosten fehle es an einer Aktivlegitimation des Klägers.

Eine Wertminderung sei an dem Fahrzeug nicht eingetreten, da nach dem Parteigutachten das Fahrzeug bereits nicht reparierte Vorschäden gehabt habe. Der Schaden sei auf Totalschadensabrechnung abzurechnen.

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger das Fahrzeug sechs Monate nach dem Unfallereignis noch gehalten habe.

Aus der Anlage B 2 sei ersichtlich, dass die Netto-Reparaturkosten sich allenfalls auf € 7.199,32 beliefen. Der Kläger könne lediglich eine Kostenpauschale von € 20,00 beanspruchen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2022 wird Bezug genommen. Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe:

Alleinhaftung beim Linksabbiegen in Grundstück
(Symbolfoto: chalermphon_tiam/Shutterstock.com)

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz auf Grund des streitgegenständlichen Unfallgeschehens am 18.04.2020 gemäß §§7,17,18 StVG, 823 BGB, 115 WG.

Da sich der Unfall bei dem Betrieb zweier Kraftfahrzeuge ereignet hat, richtet sich die Haftung nach § 17 StVG. Hiernach sind neben den jeweiligen Betriebsgefahren der Fahrzeuge die Verursachungsbeiträge der Fahrzeugführer gegeneinander abzuwägen. Bei dieser Abwägung können nur feststehende, daher entweder unstreitig oder bewiesene Tatsachen zu Grunde gelegt werden.

Im vorliegenden Fall steht fest das der Zeuge “ gegen die besondere Sorgfaltspflicht des § 9 Abs5 StVO ,wonach er beim Abbiegen in ein Grundstück sich hätte vergewissern müssen, das eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, verstoßen hat.

Der Zeuge hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung eingeräumt, das er sein Fahrzeug nach links gezogen hat.

Der Zeuge hat ersichtlich gegen die doppelte Rückschaupflicht des § 9 Abs. 1Satz4 StVO verstoßen. Diese schreibt vor, dass zunächst auf den nachfolgenden Verkehr vor dem Einordnen zum Zweck des Abbiegens zu achten ist und nach dem Einordnen und kurz vor dem Abbiegen erneut auf den nachfolgenden Verkehr grundsätzlich zu achten ist. Dies hat der Zeuge ersichtlich nicht getan. Hätte er der doppelten Rückschaupflicht genügt, so hätte er das von hinten herannahende Fahrzeug des Klägers erkennen können und vom Abbiegen in diesem Moment absehen müssen Aus der von dem Kläger zur Akte gereichten DVD ist ersichtlich, dass der Zeuge r das Abbiegevorhaben auch nicht durch Setzen des linken Blinkers angekündigt hat.

Den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht entkräften können, noch hat er ein Mitverschulden des Fahrers des bei der Beklagten versicherten Fahrzeuges bewiesen.

Der Kläger hat nicht bewiesen, dass der Zeuge ; vorliegend mit überhöhter

Geschwindigkeit gefahren ist. Der Vortrag diesbezüglich ist unsubstantiiert geblieben. Des

Weiteren hat der Kläger vorliegend nicht bewiesen, dass der Zeuge bei einer unklaren Verkehrslage überholt hat.

Eine unklare Verkehrslage gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholmanöver nicht rechnen darf. Die Verkehrslage muss unübersichtlich bzw. ihre Entwicklung nach objektiven Umständen nicht zu beurteilen sein. Dabei ist bei einer Verlangsamung der Geschwindigkeit des Vorausfahrenden die konkrete Verkehrssituation und die Örtlichkeit mitzuberücksichtigen. Eine unklare Verkehrslage ist nicht bereits dann gegeben, wenn das vorausfahrende Fahrzeug verlangsamt. Hieraus ergibt sich bei der erforderlichen objektiven Betrachtung noch nicht der Schluss, der Vorausfahrende werde alsbald ohne Rücksicht auf den nachfolgenden Verkehr nach links abbiegen, ohne dies vorher ordnungsgemäß und rechtzeitig anzuzeigen (vgl. Kammergericht Berlin, NZV 2003, 89, 90; NJW RR 1987 1251, 1252).Da vorliegend der Zeuge keinen Blicker gesetzt musste der Zeuge ; mit einem plötzlichen Abbiegen des Fahrzeuges des Klägers nicht rechnen.

Ein schuldhafter Pflichtverstoß des Zeugen lässt sich demzufolge nicht feststellen.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass ausschließlich den Zeugen, ein unfallursächliches Verschulden trifft. Hinter dem Verschulden des Zeugen tritt die zu Lasten der Beklagten lediglich verbliebene Betriebsgefahr des Fahrzeuges im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1,2 StVG zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

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