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Altersteilzeitvertrag – Nacharbeitung von Ausfallzeiten

Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az: 14 Sa 811/09 – Urteil vom 02.11.2009

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 02.06.2009 – 7 Ca 515/09 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Klausel eines Altersteilzeitvertrages, die den Kläger verpflichtet, während der Arbeitsphase eintretende Arbeitsunfähigkeitszeiten mit Krankengeldbezug zur Hälfte nachzuarbeiten.

Der am 26.01.1953 geborene Kläger, der keiner Gewerkschaft angehört, ist seit ca. 25 Jahren bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte ist eine Rechtsschutzversicherung mit Sitz in Düsseldorf. Die Parteien schlossen am 18.12.2006 eine Altersteilzeitvereinbarung für den Zeitraum vom 01.02.2008 bis zum 31.01.2013 auf der Grundlage des sog. Blockmodells. Es war eine Arbeitsphase von zweieinhalb Jahren und eine anschließende Freistellungsphase von gleicher Dauer vorgesehen. Während der Altersteilzeit sollte der Kläger – bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden in der Arbeitsphase – eine monatliche Vergütung in Höhe von 50 % seines bisherigen Bruttoarbeitsentgelts und zusätzlich eine Aufstockungszahlung erhalten. Die Altersteilzeit des Klägers begann dann entgegen der vertraglichen Regelung erst am 01.03.2008.

In der Altersteilzeitvereinbarung heißt es in dem hier interessierenden Teil wie folgt:

„§ 6 Regelung für den Fall der Krankheit

1. Im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit leistet die ARAG Entgeltfortzahlung nach den für das Arbeitsverhältnis jeweils geltenden Bestimmungen (§ 2 Abs. 7 ATzA).

2. Bei einer länger als 6 Wochen andauernden Arbeitsunfähigkeit während der Arbeitsphase muss der Zeitraum des Krankengeldbezuges grundsätzlich zur Hälfte nachgearbeitet werden. Dadurch verschiebt sich der Beginn der Freistellungsphase nach hinten. Das vereinbarte Ende des Altersteilzeitverhältnisses bleibt hiervon unberührt.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Ausfertigung des Vertrages verwiesen (Bl. 4 ff. d.A.).

Nach Beginn der Altersteilzeit bezog der Kläger während längerer Krankheitszeiten vom 14.04. bis 20.06.2008, vom 14.07. bis 31.10.2008, vom 02.12. 2008 bis 13.01.2009 und vom 02.02. bis 30.09.2009 Krankengeld von der für ihn zuständigen Krankenkasse. Daraus ergibt sich nach der Berechnung der Beklagten eine Verlängerung der Arbeitsphase um insgesamt 158 Arbeitstage.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, § 6 Abs. 2 des Altersteilzeitvertrages sei wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Regelung verstoße gegen den gesetzlichen Grundgedanken der Altersteilzeit. Es sei nicht einzusehen, weshalb im Sechs-Wochen-Zeitraum einer Arbeitsunfähigkeit ein Wertguthaben angespart werden könne, in der Zeit danach aber nicht mehr.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass sich seine Arbeitsphase bei einer mehr als sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit nicht um die Hälfte des Zeitraums des Krankengeldbezugs verlängert.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, die vertragliche Regelung sei nicht zu beanstanden. Das Wertguthaben, das Voraussetzung für die bezahlte Freistellungsphase sei, müsse durch eine entsprechende Arbeitsleistung in der ersten Phase der Altersteilzeit aufgebaut werden. Die Vereinbarung einer Nacharbeit bei längerer Krankheit sei zulässig, wenn nicht sogar geboten. Der Aufbau des Wertguthabens während des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums ergebe sich aus den gesetzlichen Bestimmungen.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 02.06.2009, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, abgewiesen. Gegen das ihm am 14.07.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.08.2009 Berufung eingelegt und diese am 11.09.2008 begründet.

Der Kläger wendet sich mit rechtlichen Erwägungen gegen die erstinstanzliche Entscheidung, wobei er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Er ist zudem der Ansicht, dass jedenfalls im gesamten Dezember 2008 ein Wertguthaben aufgebaut worden sei, da er am ersten Tag dieses Monats gearbeitet habe. Insoweit gelte zu seinen Gunsten ein „Monatsprinzip“, wonach ein angebrochener Monat als voller Monat zu berücksichtigen sei.

Der Kläger beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und festzustellen, dass sich seine Arbeitsphase nicht wegen der Krankheitszeiten ohne Lohnfortzahlung in dem Zeitraum vom 14.04.2008 bis 30.09.2009 um insgesamt 158 Arbeitstage verlängert.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Von einer weiteren Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Arbeitsphase der Altersteilzeit des Klägers verlängert sich gemäß § 6 Abs. 2 der Altersteilzeitvereinbarung wegen der Ausfallzeiten mit Krankengeldbezug um den von der Beklagten angeführten Zeitraum.

I. Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine allgemeine Feststellungsklage sich nicht notwendig auf das gesamte Rechtsverhältnis erstrecken muss. Sie kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. BAG, Urteil vom 25.05.2005, AP Nr. 165 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten; BAG, Urteil vom 18.03.2008 – 9 AZR 72/07- juris). Die Parteien streiten hier wegen der Vertragsklausel zur Nacharbeit über die Dauer der Arbeitsphase der zwischen ihnen vereinbarten Altersteilzeit im Blockmodell. Der Streit betrifft nicht nur eine abstrakte Rechtsfrage. Beim Kläger sind bereits beträchtliche Ausfallzeiten mit Krankengeldbezug angefallen, die nach der Vertragsbestimmung zu einer Verlängerung der Arbeitsphase führen würden. Der Kläger hat den Feststellungsantrag im zweiten Rechtszug insoweit konkretisiert, sodass umso weniger prozessuale Bedenken bestehen können.

2.Der Kläger hat auch ein Interesse an alsbaldiger Feststellung im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Es besteht eine gegenwärtige Unsicherheit hinsichtlich der Arbeitspflichten des Klägers im Rahmen des Altersteilzeitverhältnisses. Dem Kläger kann nicht zugemutet werden, mit der gerichtlichen Klärung noch abzuwarten.

II.Die Klage ist aber unbegründet. Die Arbeitsphase der Altersteilzeit des Klägers verlängert sich gemäß § 6 Abs. 2 der Altersteilzeitvereinbarung der Parteien wegen der Zeiten des Krankengeldbezugs um die Hälfte der ausgefallenen Arbeitszeit. Die Nacharbeitsklausel ist wirksam. Sie hält einer Kontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305 ff. BGB) stand.

1. Bei der Nacharbeitsklausel unter § 6 Abs. 2 der Altersteilzeitvereinbarung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Gemäß § 305 Abs. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (vgl. BAG, Urteil vom 01.03.2006, AP Nr. 3 zu § 308 BGB; BAG, Urteil vom 28.05.2009 – 8 AZR 896/07 – juris). Die hier vorliegende Altersteilzeitvereinbarung enthält einen von der Beklagten vorformulierten Vertragstext, der dem Kläger damit fraglos gestellt worden ist Die Beklagte hat auch nicht in Abrede gestellt, den formularmäßigen Vertrag bei einer Vielzahl anderer Arbeitnehmer verwendet zu haben. Dass die Altersteilzeitvereinbarung Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält und dies insbesondere auf die Nacharbeitsklausel zutrifft, steht zwischen den Parteien auch gar nicht im Streit.

2. Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB steht der Wirksamkeit von § 6 Abs. 2 des Altersteilzeitvertrages nicht entgegen.

a) Nach dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Vertragsregeln müssen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel verletzt das Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie – im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren – vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (vgl. BAG, Urteil vom 14.08.2007, AP Nr. 28 zu § 307 BGB; BAG, Urteil vom 28.05.2009, a.a.O.).

b) Die Vertragsklausel des Altersteilzeitvertrages der Parteien ist klar und unmissverständlich. Sie bietet der Beklagten keinen ungerechtfertigten Spielraum, der die Gefahr einer Benachteiligung des Klägers beinhalten könnte. Die Vertragsbestimmung legt präzise fest, in welchem Fall sich die Arbeitsphase durch die Pflicht zur Nacharbeit verlängert. Sie regelt ferner exakt den Umfang der Nacharbeitszeitraums, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich dadurch zwar der vorgesehene Beginn der Freistellungsphase nach hinten verschiebt, das vereinbarte Ende des Altersteilzeitverhältnisses aber hiervon unberührt bleibt. Die Auffassung des Klägers, es sei vollkommen unklar, ob sich die auf fünf Jahre vereinbarte Altersteilzeit um die Zeit einer mehr als sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit verlängere oder aber sich die Passivphase/Freistellungsphase um diesen Zeitraum verkürze, wird durch den Vertragstext eindeutig widerlegt.

3. Die Berufungskammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Nacharbeitsklausel des Altersteilzeitvertrages den Kläger auch ansonsten nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. In Auseinandersetzung mit den Angriffen der Berufung ist ergänzend lediglich Folgendes festzustellen:

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a) Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die den Umfang der Arbeitspflichten des Klägers in der Altersteilzeit regelnde Nacharbeitsklausel in § 6 Abs. 2 der Altersteilzeitvereinbarung überhaupt einer weitergehenden Inhaltskontrolle unterliegt. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterliegen Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird, sind gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bei einem Verstoß gegen das Transparenzgebot unwirksam. Dieser lediglich eingeschränkten Kontrolle unterliegen Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Arbeitsleistung festlegen. Im Arbeitsverhältnis sind das vor allem die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt (vgl. BAG, Urteil vom 14.03.2007, AP Nr. 45 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; dazu auch Stoffels, ZfA 2009, 861, 867). Der inhaltlichen Überprüfung entzogen ist der Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht angenommen werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 27.07.2005, AP Nr. 6 zu § 307 BGB; BAG, Urteil vom 14.03.2007, a.a.O.). Die Nacharbeitsklausel des Altersteilzeitvertrages verhält sich zum Umfang der vom Kläger im Vorgriff auf die spätere Freistellung zu erbringende Arbeitsleistung, sie betrifft damit die Hauptleistungspflicht des Klägers während des Altersteilzeitverhältnisses. Da die Bestimmung nicht von einer gesetzlichen Vorschrift abweicht, liegt es durchaus nahe, sie nicht für kontrollfähig zu halten. Die Berufungskammer kann dies allerdings letztlich offenlassen, da auch eine Inhaltskontrolle dem Kläger nicht zum Erfolg verhelfen würde.

b) Der Kläger wird jedenfalls durch die in § 6 Abs. 2 der Altersteilzeitvereinbarung bestimmte Pflicht zur Nacharbeit im Falle von Ausfallzeiten mit Krankengeldbezug nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben in unangemessener Weise benachteiligt. Die Vertragsklausel enthält vielmehr eine den Interessen der Vertragsparteien in jeder Hinsicht gerecht werdende Regelung für den Fall, dass ein Arbeitnehmer in der Arbeitsphase des Blockmodells wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht imstande ist, zeitanteilig ein Wertguthaben für die Freistellungsphase aufzubauen.

aa) Der Altersteilzeitarbeitnehmer soll nach dem Grundgedanken des sog. Blockmodells in der Arbeitsphase ein Guthaben erarbeiten, welches in der Freistellungsphase dann zur Auszahlung kommen soll. Er erhält in der Arbeitsphase trotz zeitlich nicht reduzierter Arbeit nur eine der Halbierung der Wochenarbeitszeit entsprechende Teilzeitvergütung zuzüglich Aufstockungsleistungen. Die ihm zustehende restliche Vergütung wird zum Zwecke der Sicherung des Lebensstandards in der Freistellungsphase ausgezahlt. Im Blockmodell der Altersteilzeit tritt der Arbeitnehmer in diesem Sinne während der Arbeitsphase mit seinen vollen Arbeitsleistungen im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase in Vorleistung (vgl. BAG, Urteil vom 24.06.2003, AP Nr. 1 zu § 4 ATG; BAG, Urteil vom 19.10.2004, AP Nr. 5 zu § 55 InsO; BAG, Urteil vom 19.10.2004, NZA 2005, 527 ff.; BAG, Urteil vom 04.10.2005, AP Nr. 16 zu § 3 ATG). Das während der Freistellungsphase auszuzahlende Entgelt ist daher Gegenleistung für die bereits während der Arbeitsphase geleistete, über die verringerte Arbeitszeit hinausgehende Vollarbeit (vgl. BAG, Urteile vom 19.10.2004, a.a.O.; BAG, Urteil vom 04.10.2005, a.a.O.; Zwanziger, RdA 2005, 226, 230). Dabei wird die in der Freistellungsphase gezahlte Vergütung jeweils „spiegelbildlich“ für die entsprechenden Monate der Arbeitsphase gezahlt. Bei der Bemessung der Grundvergütung wird an die Lohn- bzw. Gehaltsgruppe und Lohn- bzw. Gehaltsstufe angeknüpft, die der Arbeitnehmer zur Zeit der Arbeitsphase hatte (vgl. BAG, Urteil vom 24.06.2003, a.a.O.; BAG, Urteil vom 04.10.2005, a.a.O.). Dass der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase Vergütungsansprüche erwirbt, die später zur Auszahlung kommen, ergibt sich auch aus § 7 Abs. 1 a SGB IV, § 8 a ATG. Wertguthaben in diesem Sinne ist derjenige Teil des Regelarbeitsentgelts, den der Arbeitnehmer mit seiner Arbeitsleistung erarbeitet, aber nicht sogleich ausbezahlt erhält, sondern für die Phase reduzierter Arbeitsleistung oder völliger Freistellung von der Arbeitsleistung anspart (Entgeltguthaben). Da der Arbeitnehmer während der Altersteilzeit insgesamt nur die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit erbringt (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ATG), im Blockmodell aber während der ersten Hälfte im unveränderten Umfang weiter arbeitet, beläuft sich das Wertguthaben exakt auf die Hälfte des für die Arbeit verdienten Regelarbeitsentgelts (vgl. BAG, Urteil vom 04.10.2005, a.a.O.; Rolfs NZS 2004, 561, 563).

bb) Beim Blockmodell der Altersteilzeit tritt bei krankheitsbedingten Ausfallzeiten während der Arbeitsphase, die den sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraum gemäß § 3 Abs. 1 EFZG überschreiten, eine Störung ein, da wegen der fehlenden Arbeitsleistung kein Wertguthaben angespart wird, das im Sinne der Spiegelbildtheorie in dem entsprechenden Zeitraum der Freistellungsphase zur Auszahlung kommen kann. Während aus dem Lohn- bzw. Entgeltausfallprinzip des EFZG abgeleitet werden kann, dass der Arbeitnehmer, ohne seine Arbeitsleistung nachleisten zu müssen, so gestellt werden muss, als habe er seine Arbeitsleistung in vollem Umfang erbracht, fehlt für Ausfallzeiten mit Krankengeldbezug eine gesetzliche Regelung, die als Grundlage für den Aufbau eines entsprechenden Wertguthabens angesehen werden könnte. (zutr. Leisbrock, Altersteilzeitarbeit, S. 211 f.). Es bedarf daher im Blockmodell der Altersteilzeit einer vertraglichen Regelung, wie im Falle von Krankheitsfehlzeiten, für die Lohnersatzleistungen gezahlt werden, zu verfahren ist. Übernimmt der Arbeitgeber nicht aus freien Stücken die notwendige Auffüllung des Wertguthabens, bleibt als sachgerechter Weg allein die Vereinbarung einer Nacharbeit durch den Arbeitnehmer. Dies ist auch deshalb erforderlich, weil ansonsten in dem spiegelbildlich entsprechenden Zeitraum der Freistellungsphase ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gemäß § 7 Abs. 1 a SGB IV nicht vorliegt (vgl. Rittweger in Rolfs u.a.; Arbeitsrecht, § 10 ATG Rn. 15). Es bestehen dabei keine Bedenken dagegen, dass der Arbeitnehmer, wie hier vereinbart, zu Beginn der eigentlichen Freistellungsphase die Hälfte der in der Arbeitsphase aufgrund von Arbeitsunfähigkeit außerhalb des gesetzlichen Entgeltfortzahlungszeitraums ausgefallenen Arbeitszeit in Vollzeitarbeit nacharbeitet. Denn durch diese Nacharbeit wird für die andere Hälfte (Freistellungsphase) die notwendige neue Vorarbeit geleistet. Das entspricht, soweit ersichtlich, nahezu einhelliger Auffassung im Schrifttum (vgl. Debler, NZA 2001, 1286; Ahlbrecht/Ickenroth, BB 2002, 2446; Hoß, ArbRB 2002, 28 f.; Nimscholz/Oppermann/Ostrowicz, Altersteilzeit, 6. Aufl., S. 284; Rittweger in Rolfs u.a., a.a.O., Rn. 16 f.; Bantle in Kittner/Zwanziger, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 111 Rn. 118; Schulte in Tschöpe, Arbeitsrecht, 6. Aufl., Teil 7 B Rn. 64; teilw. abweichend Leisbrock, a.a.O., S. 213 f., der bei der Nacharbeit für eine hälftige Arbeitsleistung über einen entsprechend längeren Zeitraum plädiert). Eine der vorliegenden Vertragsgestaltung entsprechende Verlängerung der Arbeitsphase der Altersteilzeit bei Ausfallzeiten mit Krankengeldbezug ist auch in verschiedenen Tarifverträgen vorgesehen, auf die bereits die Vorinstanz in ihrer Entscheidung hingewiesen hat. Auch diese tarifliche Praxis dürfte einer Unangemessenheit der Vertragsklausel der Altersteilzeitvereinbarung der Parteien entgegenstehen (vgl. neben den bereits angesprochenen Tarifverträgen auch § 15 Abs. 4 des Tarifvertrages zur Altersteilzeit der Metall- und Elektroindustrie NRW vom 15.10.2004 nebst Protokollnotiz zur Vereinbarung von Nacharbeit durch freiwillige Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag).

cc) Die vom Kläger gegen die Verlängerung der Arbeitsphase der Altersteilzeit angeführten Gründe sind sämtlich nicht geeignet, die Vertragsbestimmung als unangemessene Benachteiligung anzusehen.

(1) Die vereinbarte Nacharbeit im Falle länger andauernder Arbeitsunfähigkeit während der Arbeitsphase verstößt nicht gegen den „gesetzlichen Grundgedanken der Altersteilzeit“ bzw. die „Intention des Blockmodells“. Es ist zwar richtig, dass die Arbeitsvertragsparteien bei der Vereinbarung einer Altersteilzeit im Blockmodell im Ausgangspunkt von einer gleich langen Arbeits- und Freistellungsphase ausgehen. Da das Blockmodell aber darauf beruht, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitstage der aktiven Phase ein Wertguthaben für die zweite Hälfte der Altersteilzeit anspart, erscheint es sach- und interessengerecht, die Arbeitsphase entsprechend zu verlängern, wenn es zu Unterbrechungen im Aufbau dieses Wertguthabens kommt. Dies entspricht gerade dem Blockmodell, da der Arbeitnehmer darin in Hinblick auf die spätere Freistellungsphase eine Vorleistung zu erbringen hat. Der Hinweis des Klägers auf den Fixschuldcharakter der Arbeitsleistung führt in diesem Zusammenhang nicht weiter, da er keine Begründung für eine Auffüllung des für die Freistellungsphase erforderlichen Wertguthabens liefert (vgl. dazu Leisbrock, a.a.O., S. 209 ff.). Dass sich bei Ausfallzeiten mit Krankengeldbezug während der Arbeitsphase der an sich vorgesehene Zeitraum der bezahlten Freistellung verkürzt, fügt sich somit nahtlos in das System der verblockten Altersteilzeit ein.

(2) Der Kläger kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, dass möglicherweise auch während der Freistellungsphase längere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit auftreten könnten. Der Arbeitnehmer erhält während der Freistellungsphase des Blockmodells aufgrund seiner vorgeleisteten Arbeit das Altersteilzeitentgelt und die Aufstockungszahlung. Arbeitsunfähigkeit im arbeitsrechtlichen Sinn kann in diesem Zeitraum nicht eintreten. Eine solche liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer wegen der Krankheit außerstande ist, die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit zu verrichten. Beim Blockmodell besteht aber während der Freistellungsphase nach der Vereinbarung der Vertragsparteien gerade keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Die Bezahlung erfolgt aus dem vom Arbeitnehmer in der ersten Hälfte des Altersteilzeitverhältnisses durch die Vorleistung angesparten Wert- bzw. Entgeltguthaben. Die Auffassung des Klägers, in Anwendung des Gleichheitssatzes müsse jedenfalls im Gegenzug auch in der Freistellungsphase ein Wertguthaben angespart werden können, ist unzutreffend. Das Wertguthaben wird beim Blockmodell in der Arbeitsphase angespart. In der Freistellungsphase kann kein Ansparvorgang stattfinden. In diesem Zeitraum liegt keine Arbeitsleistung vor. Es wird lediglich das zuvor von dem Arbeitnehmer erworbene Wertguthaben ausgezahlt.

(3) Dem Kläger kann auch nicht gefolgt werden, wenn er sich darauf beruft, ein Anspruch auf Urlaubsgewährung werde ebenfalls durch Zeiten längerer Arbeitsunfähigkeit im Arbeitsverhältnis nicht geschmälert. Der Vergleich mit der rechtlichen Situation beim Urlaubsanspruch ist verfehlt. Der bezahlte Jahresurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz verfolgt andere Zwecke als die Freistellungsphase der Altersteilzeit. Er dient der Erhaltung der Gesundheit des Arbeitnehmers, dem ermöglicht werden soll, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers ist deshalb auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht von einer tatsächlichen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers abhängig (vgl. EuGH, Urteil vom 20.01.2009, AP Nr. 1 zu Richtlinie 2003/88/EG; ErfK/Dörner, 10. Aufl., § 1 BUrlG Rn. 4 ff., m.w.N.). Im Blockmodell der Altersteilzeit erarbeitet sich dagegen der Arbeitnehmer im Umfange seiner Vorleistungen die Vergütungzahlung im späteren Freistellungszeitraum.

4. Die Dauer der Verlängerung der Arbeitsphase der Altersteilzeit wegen der bisherigen Fehlzeiten mit Krankengeldbezug wird vom Kläger in rechnerischer Hinsicht nicht in Frage gestellt. Soweit der Kläger meint, der Monat Dezember 2008 sei hinsichtlich des Wertguthabens als voll gearbeiteter Monat zu berücksichtigen, auch wenn er lediglich an einem Tag in diesem Monat gearbeitet habe, kann dem nicht beigetreten werden. Die Regelung des Altersteilzeitvertrages bietet keinerlei Anhalt für ein solches „Monatsprinzip“. Es existiert auch kein wie immer geartetes Rundungsprinzip, sodass jeder Ausfalltag mit Krankgeldbezug zu berücksichtigen ist (vgl. zu einer gleich lautenden Tarifvorschrift: Langenbrinck/Litzka/Kulok, Altersteilzeit im öffentlichen Dienst für Tarifbeschäftigte, 5. Aufl., § 8 TV ATZ Erl. 3 a.E.).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgerichts gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

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