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Altes Recht – Widerruf – Entschädigungsleistungen – hier Staurecht

BUNDESGERICHTSHOF

Az: III ZR 341/04

Beschluss vom 24.02.2005


Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Februar 2005 beschlossen:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 24. Juni 2004 – 4 U 105/03 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 61.529,88 Euro.

Gründe:

I.
Die Kläger waren als Erben des am 25. Dezember 1987 verstorbenen W. W. sen. Inhaber eines in das Wasserbuch eingetragenen alten Rechts, das Wasser der H. zum Betrieb einer Mühle anzustauen. Der Erblasser hatte das Staurecht seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr ausgenutzt, sondern es mit Vertrag vom 5. Dezember 1958 langfristig gegen Gewährung eines zinslosen Darlehens von 120.000 DM an den beklagten Wasser- und Bodenverband „verpachtet“. Der Beklagte bezweckte mit diesem Vertrag – erklärtermaßen -, die Ausübung des Staurechts über einen längeren Zeitraum zu verhindern, um in seinem Gebiet Entwässerungsmaßnahmen mit dem Ziel der besseren landwirtschaftlichen Nutzung der Grundstücke seiner Mitglieder durchführen zu können. Durch bestandskräftigen Bescheid vom 22. November 1990 widerrief der Landkreis S. das alte Recht gemäß § 33 Abs. 1 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) gegen Entschädigung, deren Höhe in einem gesonderten Verfahren ermittelt werden sollte.

Mit Bescheid vom 7. September 2000 hat der Landkreis die – u.a. von dem Beklagten als dem durch den Widerruf unmittelbar Begünstigten zu zahlende – Entschädigung auf 45.000 DM nebst Zinsen seit dem 23. November 1990 festgesetzt. Im vorliegenden Prozeß haben – soweit hier von Interesse – die Kläger eine höhere Entschädigung (als Teilbetrag geltend gemachte 150.000 DM) verlangt, wogegen der Beklagte mit der Widerklage die Verurteilung der Kläger zur Zahlung von Darlehensraten aus dem 1958 gewährten Darlehen beantragt hat. Das Landgericht hat den Entschädigungsbetrag um 12.666,44 Euro (= 24.773,40 DM) angehoben, das Oberlandesgericht hat ihn nochmals – um insgesamt 39.705,92 Euro (= 77.658,03 DM) – erhöht. Der Widerklage des Beklagten haben das Landgericht in Höhe von 6.135 Euro (= 12.000 DM) und das Oberlandesgericht in Höhe von 12.271,01 Euro (= 24.000 DM) nebst Zinsen stattgegeben, unter Zurückweisung einer hilfsweise geltend gemachten Aufrechungsforderung der Kläger wegen Unterlassung vertraglich übernommener Unterhaltungsarbeiten.

II.
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht ist unbegründet. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

1. In Bezug auf die Klageforderung (Entschädigungsanspruch) ist auszuführen:

a) Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 NWG kann die Wasserbehörde alte Rechte und alte Befugnisse gegen Entschädigung widerrufen, soweit von der Fortsetzung der Benutzung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist. Daß den Klägern eine solche Entschädigung – dem Grunde nach – zu gewähren ist, ergibt sich aus dem bestandskräftigen Bescheid des Landkreises vom 23. November 1990. Bei diesem Akt handelt es sich um eine Enteignung (vgl. BVerfGE 101, 239, 259; 102, 1, 15 f), nämlich die Entziehung einer konkreten subjektiven, durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechtsposition zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben (vgl. auch Czychowski/Reinhardt WHG 8. Aufl. § 15 Rn. 13; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht 3. Aufl. Rn. 339; Dahme, in Zeitler WHG § 15 Rn. 26). Jedenfalls ist der Entschädigungsanspruch im Gesetz (§ 55 Abs. 1 Satz 1 NWG) wie eine Enteignungsentschädigung konzipiert; die Entschädigung hat „den eintretenden Vermögensschaden angemessen auszugleichen“. Bei Anlegung enteignungsrechtlicher Grundsätze heißt dies, daß beim Entzug einer wasserrechtlichen Befugnis zum Wohl der Allgemeinheit die Entschädigung sich nach der „Substanz“ des Genommenen zu richten hat, also nach dem Verkehrswert dieses Rechts (vgl. § 95 Abs. 1, § 194 BauGB). Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der zum Stichtag im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Gegenstandes, jedoch ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, zu erzielen wäre.

b) Im Streitfall war danach der Verkehrswert des Rechts, das Wasser der H. zum Betrieb einer Mühle anzustauen, zu ermitteln, mithin derjenige Wert, der sich aus der Nutzung bzw. aus den naheliegenden – sich nicht nur als Chancen darstellenden – Nutzungsmöglichkeiten ergab. Zur „Nutzung“ des Anstaurechts gehörte aber (nur) der Gebrauch dieses Rechts, die Abflußverhältnisse zum Betrieb einer Mühle zu regulieren. Nicht gehörten dazu Einkünfte oder Einkunftsmöglichkeiten, die sich für den Inhaber des Rechts nur daraus ergaben, daß er die Ausübung des Staurechts – gegen Entgelt – unterließ. Derartige Geldzahlungen, die zum Hintergrund hatten, daß die Landwirte in der Umgebung die Beeinträchtigung der Abflußverhältnisse ihrer Ländereien durch das Anstauen der H. vermeiden wollten, gehörten nicht zur „Substanz“ des Staurechts. Es handelte sich um Gegenleistungen aus ganz besonderen persönlichen Interessen der Betroffenen, also gerade nicht um solche Gegenleistungen, die „jedermann“ für das Staurecht als Vermögenswert zu zahlen bereit war.

Ausgehend hiervon erweist sich der Standpunkt der Tatsacheninstanzen, als „Nutzung“ des alten Staurechts sei der Vermögensvorteil zu bewerten, den der Rechtsvorgänger der Kläger dadurch erlangt hat, daß ihm für die Nichtausübung ein Darlehen in Höhe von 120.000 DM zinslos zur Verfügung gestellt wurde, als nicht richtig. Da andererseits die Kläger sich eine Entschädigung im Sinne eines Ausgleichs für entgangene (positive) Nutzung des Staurechts selbst nicht ausrechnen (wie sich insbesondere aus dem von ihnen vorgelegten Gutachten ergibt), haben sie jedenfalls keine höhere Entschädigung zu beanspruchen als den Betrag, der ihnen bereits zugesprochen worden ist.

2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO).

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