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Drohung mit Amoklauf auf Facebook – Strafbarkeit


Amtsgericht Wolfratshausen

Az: 2 Cs 11 Js 27699/12

Urteil vom 25.03.2013


Tenor

In dem Strafverfahren gegen

D. Angeklagte …, (übrige Personalien wie erhoben),

wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.


Gründe

Dem Angeklagten lag folgender Sachverhalt zur Last:

Am 17.08.2012 veröffentlichte der Angeklagte auf seinem Facebook-Account, der für eine Vielzahl von als Freunden verlinkten Personen sichtbar ist, folgenden Eintrag:

„So, jetzt bin ich bewaffnet u ich werde jetzt mit jedem der mir auch nur ein bisschen weh getan hat, gnadenlos abrechnen. Ich weis jetzt noch nicht wie das ausgeht, aber es wird mir, wenn man mich nicht selbst zur Strecke bringt, besser gehen. Obwohl ich dann auf der Flucht sein werde, aber ich habe genug Munition um mir den Weg frei zu halten … Jetzt sind alle dran und ich werde der sein, der der es getan hat. Das was er dachte umgesetzt u keine Gefangenen gemacht hat … Es wird viel rotes Zeug fließen u alle werden sich an mich erinnern u es wird eine Sauerei sein von sondergleichen. Ich werde mich befreien von dem Frust u Lust an meiner Rache empfinden die orgastische Züge annehmen wird. Jetzt ist Schluß mit Lustig!!!“

(Rechtschreibung wurde unverändert übernommen)

Wie der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm, gerieten mehrere Leser des Postings in Angst und Schrecken und verständigen aus Sorge vor einem Amoklauf die Polizei.

Dieser Sachverhalt konnte dem Angeklagten aus rechtlichen Gründen nicht mit einer zur Verurteilung erforderlichen Sicherheit vorgeworfen werden.

Der Angeklagte selbst räumt objektiv ein, den Inhalt der besagten Einstellung in den Facebook-Account gefertigt zu haben. Hierbei habe es sich aber nur um einen für ihn typischen Scherz gehandelt. Zudem sei der Inhalt des Accounts nur für seine engsten Freunde (ca. 25 bis 35 Personen) bestimmt gewesen.

Alleine aus der Tatsache, dass er den von ihm verfassten „Text“ mit einer „Kiste Tomaten“ versehen habe, signalisiere deutlich, dass es sich lediglich um einen Scherz gehandelt habe. Seine Freunde hätten dies auch so „verstanden“.

Er, der Angeklagte, sei der Meinung, dass man durch den Inhalt des Facebook-Accounts und dessen Mitteilung an die ermittelnden Behörden ihm habe vor allen Dingen geschäftlich schaden wollen.

Der Zeuge K, Polizeibeamter der P berichtete über den Gang der polizeilichen Ermittlungen.

Die Zeugin M gab im Rahmen ihrer Einvernahme an, dass sie nach lesen des besagten Textes Angst um ihr Familie gehabt habe. Ein Foto mit abgebildeten Tomaten habe sie nicht wahrgenommen. Nach fehlgeschlagenen Versuchen, die getrenntlebende Ehefrau des Angeklagten zu erreichen, habe sie die Polizeiinspektion in … verständig. Später habe sie zur getrennt lebenden Ehefrau des Angeklagten Kontakt aufbauen können, welche die Angelegenheit als „Scherz“ abgetan habe.

Die Zeugen B und M, beide Freunde des Angeklagten, berichteten, dass ihnen der Text ebenfalls zugänglich gemacht worden sei und sie es für einen typischen Scherz des Angeklagten angesehen haben.

Der Angeklagte sei ein „sehr lustiger Mensch“, der zu Scherzen dieser Art neige. Beide Zeugen hätten den Eintrag selbst ebenfalls als „lustig“ aufgefasst.

Blatt 7 der Akte (Facebook-Account des Angeklagten) sowie der SMS-Chat zwischen dem Angeklagten und seiner getrennt lebenden Ehefrau (Blatt 16 ff. der Akte) wurden in Augenschein genommen.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme war zweifelsfrei festzustellen, dass die vom Angeklagten in seinen Facebook-Account eingestellte Ankündigung grundsätzlich geeignet ist, den öffentlichen Frieden im Sinne des § 126 StGB zu stören.


 Anmerkung des Bearbeiters

§ 126 des Strafgesetzbuches lautet:

§ 126 StGB – Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten

Absatz 1:
Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. einen der in § 125a Satz 2 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Fälle des Landfriedensbruchs,
2. einen Mord (§ 211), Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder ein Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches),
3. eine schwere Körperverletzung (§ 226),
4. eine Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Abs. 3, 4 oder Abs. 5, des § 233 Abs. 3, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b,
5. einen Raub oder eine räuberische Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255),
6. ein gemeingefährliches Verbrechen in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3, des § 316a Abs. 1 oder 3, des § 316c Abs. 1 oder 3 oder des § 318 Abs. 3 oder 4 oder
7. ein gemeingefährliches Vergehen in den Fällen des § 309 Abs. 6, des § 311 Abs. 1, des § 316b Abs. 1, des § 317 Abs. 1 oder des § 318 Abs. 1 androht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Absatz 2:
Ebenso wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wider besseres Wissen vortäuscht, die Verwirklichung einer der in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Taten stehe bevor.

Eine Störung des öffentlichen Friedens im Sinne der genannten Vorschrift liegt jedoch nur dann vor, wenn eine allgemeine Beunruhigung der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, mindestens aber innerhalb einer nicht unerheblichen Personenzahl, eintritt.

Dieser entsprechende Tatvorsatz konnte dem Angeklagten nicht nachgewiesen werden.

Er gab unwiderlegbar an, dass er davon ausgegangen sei, dass nur maximal sein Freundeskreis, bestehend aus 25 bis 35 Personen, diesen Facebook-Account lesen würden.

Dem Angeklagten konnte somit der notwendige Tatvorsatz bezüglich des Tatbestandsmerkmals „Störung des öffentlichen Friedens“ nicht nachgewiesen werden, obwohl das Gericht seine Meinung dahingehend nicht verhehlen kann, dass der von Angeklagten an den Tag gelegte „Humor“ nicht einmal ansatzweise nachvollzogen bzw. toleriert werden kann.

Der Angeklagte war daher aus rechtlichen Gründen freizusprechen.

Kostenentscheidung: §§ 467 StPO


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