Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Zivilprozessrecht: Bedeutung von Vergleich und Anerkenntnisurteil im Konfliktlösungsprozess
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich bei mangelhaft ausgeführten Handwerkerleistungen?
- Wie kann ich Schadensersatzansprüche gegen einen Handwerker durchsetzen?
- Was bedeutet Aufrechnung im Handwerkerstreit und wie funktioniert sie?
- Welche Bedeutung hat ein Vorbehaltsurteil bei Handwerkerstreitigkeiten?
- Wann lohnt sich der Gang zum Anwalt bei Streitigkeiten mit Handwerkern?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Kammergericht Berlin
- Datum: 20.11.2024
- Aktenzeichen: 7 U 53/24
- Verfahrensart: Berufungsverfahren im Zivilrechtsstreit
- Rechtsbereiche: Vertragsrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Die Klägerin ist eine Partei, die Restvergütungsansprüche geltend gemacht hat. Sie hat den geänderten Berufungsantrag der Beklagten zuletzt anerkannt.
- Beklagte: Die Beklagte wurde zur Zahlung von 6.417,48 Euro verurteilt und versuchte, mit Schadensersatzforderungen und weiteren Gegenforderungen aufzurechnen aufgrund von Mängeln bei Bau- und Installationsarbeiten.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Parteien streiten über Restvergütungsansprüche der Klägerin. Die Beklagte wurde mit einem Versäumnisurteil zur Zahlung einer Summe verurteilt und wollte diese Zahlung durch Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen verhindern, die sich aus Mängeln in der Bauausführung ergaben.
- Kern des Rechtsstreits: Kann die Beklagte mit Schadensersatzforderungen aufrechnen, die durch Mängel und Planungsfehler bei Bauarbeiten entstanden sind, um die Klageforderung zu beseitigen?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Vorbehaltsurteil abgeändert und das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Die Entscheidung über die Aufrechnung der Schadensersatzforderungen der Beklagten wurde dem Nachverfahren vorbehalten.
- Begründung: Die Klägerin hat den geänderten Berufungsantrag der Beklagten anerkannt, was dazu führte, dass keine mündliche Verhandlung mehr nötig war. Der Senat prüfte nicht die Berechtigung des Berufungsantrags in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht, da ein Anerkenntnis vorlag.
- Folgen: Das Anerkenntnis der Klägerin führt zur Beendigung des Verfahrens in dieser Instanz, wobei die Entscheidung über die genannten Gegenforderungen erst im Nachverfahren geklärt wird. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden gegeneinander aufgehoben. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Zivilprozessrecht: Bedeutung von Vergleich und Anerkenntnisurteil im Konfliktlösungsprozess
Im Zivilprozessrecht spielen gerichtliche Vergleiche und Verfahrensabläufe eine zentrale Rolle bei der Streitigkeitsvermeidung und Konfliktlösung. Komplexe rechtliche Situationen erfordern oft kreative Lösungsansätze, die sowohl die Interessen der Parteien als auch die prozessrechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen.
Die Zivilprozessordnung bietet verschiedene Instrumente wie das Anerkenntnisurteil, Rechtsmittelanträge und gerichtliche Vergleichsvereinbarungen, um Rechtsstreitigkeiten effizient und einvernehmlich zu klären. Diese Mechanismen ermöglichen es den Beteiligten, schneller und kostengünstiger zu einer Lösung zu gelangen, als einen langwierigen Gerichtsprozess zu führen.
Der folgende Fall zeigt eine interessante rechtliche Konstellation, bei der die Zulässigkeit eines Anerkenntnisurteils nach bereits gestelltem Rechtsmittelantrag im Mittelpunkt steht.
Der Fall vor Gericht
Streit um Restvergütung und Schadensersatz bei mangelhafter Kücheninstallation

Im Rechtsstreit um ausstehende Vergütungszahlungen für Kücheninstallationen hat das Kammergericht Berlin eine wichtige Entscheidung getroffen. Die beklagte Partei wurde durch ein Versäumnisurteil vom 9. November 2023 zunächst zur Zahlung von 6.417,48 Euro verpflichtet. Nach Einspruch der Beklagten kam es zu einem komplexen Verfahren, bei dem mehrere Schadensersatzforderungen zur Aufrechnung gestellt wurden.
Mehrfache Mängel bei der Küchenplanung und Installation
Die beklagte Partei machte verschiedene Mängel bei der Ausführung der Arbeiten geltend. Zu den beanstandeten Punkten gehörten nicht verbaute Quooker-Systeme, ungeeignete Armaturen sowie fehlerhafte Planungen bei Lüftungsauslässen und Umluftabzugshauben. Weitere Kritikpunkte betrafen die fehlerhafte Platzierung eines Waschmaschinenplatzes in der Wohnung WE DG-08 und die Überbauung von Revisionsklappen durch Hochschränke in der Wohnung WE GG-03.
Gerichtliche Prüfung der Aufrechnungsforderungen
Das Landgericht Berlin II hatte in seinem Vorbehaltsurteil vom 5. Juli 2024 zunächst nur die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen wegen der nicht verbauten Quooker-Systeme zum Nachverfahren zugelassen. Im Berufungsverfahren erweiterte die Beklagte ihre Aufrechnungsforderungen. Sie machte nun insgesamt fünf verschiedene Schadensersatzansprüche geltend, die jeweils maximal 6.417,48 Euro netto betragen.
Erweiterter Prüfungsvorbehalt durch das Kammergericht
Das Kammergericht Berlin änderte das Vorbehaltsurteil des Landgerichts ab und erweiterte den Prüfungsvorbehalt auf alle von der Beklagten geltend gemachten Gegenforderungen. Diese umfassen Schadensersatzansprüche für ungeeignete Armaturen, fehlerhafte Lüftungsinstallationen, mangelhafte Umluftabzugshauben in mehreren Wohnungen des Objekts C-allee sowie Planungsfehler bei einem Waschmaschinenplatz und der Überbauung von Revisionsklappen. Die Klägerin hat diesen erweiterten Berufungsantrag anerkannt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zwischen den Parteien aufgehoben. Das Urteil sowie das Vorbehaltsurteil des Landgerichts Berlin II sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die endgültige Entscheidung über die Berechtigung der Schadensersatzforderungen bleibt dem Nachverfahren vorbehalten.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil zeigt, dass mehrere Gegenforderungen (Aufrechnungen) in einem Gerichtsverfahren möglich sind, wenn diese klar definiert und in einer bestimmten Reihenfolge geltend gemacht werden. Die Entscheidung verdeutlicht auch, dass ein Vorbehaltsurteil erlassen werden kann, bei dem die Prüfung der Gegenforderungen einem späteren Nachverfahren vorbehalten bleibt. Das Gericht bestätigt zudem, dass bei einem Anerkenntnis der Gegenseite keine weitere inhaltliche Prüfung der Ansprüche erfolgen muss.“
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Auftraggeber Mängel an Bauarbeiten oder Installationen feststellen, können Sie verschiedene Schadensersatzansprüche geltend machen und diese auch gegen Zahlungsforderungen des Handwerkers aufrechnen. Sie müssen dabei Ihre Forderungen genau beziffern und können mehrere mögliche Mängel als alternative Gegenforderungen anführen. Besonders wichtig ist, dass Sie die Mängel konkret beschreiben und die jeweiligen Kosten für die Beseitigung nachweisen können. Ein Gericht kann dann zunächst über die Hauptforderung entscheiden und die Prüfung Ihrer Gegenforderungen einem späteren Verfahren vorbehalten.
Benötigen Sie Hilfe?
Mängel an Ihrer Küche? Wir helfen Ihnen.
Der Ärger über eine mangelhafte Kücheninstallation ist groß. Oftmals sind aufwendige Nachbesserungen nötig und es entstehen zusätzliche Kosten. Die Durchsetzung Ihrer Rechte gegenüber Handwerkern kann sich als schwierig gestalten.
Wir unterstützen Sie bei der Geltendmachung Ihrer Ansprüche. Unsere Rechtsanwälte prüfen Ihre Situation und helfen Ihnen, die richtigen Schritte einzuleiten. Dabei beraten wir Sie verständlich und transparent über Ihre Möglichkeiten, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Sprechen Sie uns an und lassen Sie uns gemeinsam eine Lösung für Ihr Anliegen finden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich bei mangelhaft ausgeführten Handwerkerleistungen?
Bei mangelhaft ausgeführten Handwerkerleistungen haben Sie als Auftraggeber umfassende gesetzliche Gewährleistungsrechte. Die Gewährleistungsfrist beträgt zwei Jahre bei einfachen Reparaturen und Wartungsarbeiten sowie fünf Jahre bei Arbeiten an der Bausubstanz.
Nachbesserungsrecht als primärer Anspruch
Wenn Sie Mängel feststellen, müssen Sie dem Handwerker zunächst die Möglichkeit zur Nachbesserung geben. Dafür setzen Sie eine angemessene Frist von etwa zehn Tagen zur Beseitigung der Mängel. Die Aufforderung zur Nachbesserung sollten Sie schriftlich und per Einschreiben übermitteln und die Mängel dabei möglichst genau beschreiben.
Weitere Rechte nach erfolgloser Nachbesserung
Wenn der Handwerker die Nachbesserung verweigert oder sie misslingt, stehen Ihnen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Minderung des Werklohns zur Kompensation des Mangels
- Rücktritt vom Vertrag bei erheblichen Mängeln
- Selbstvornahme der Mängelbeseitigung durch einen anderen Handwerker auf Kosten des ursprünglichen Auftragnehmers
- Schadensersatz bei schuldhaft verursachten Mängeln oder Folgeschäden
Dokumentation und Beweissicherung
Für die erfolgreiche Durchsetzung Ihrer Ansprüche ist eine sorgfältige Dokumentation entscheidend. Fotografieren oder filmen Sie die Mängel und sammeln Sie alle relevanten Unterlagen wie Verträge, Rechnungen und den Schriftverkehr mit dem Handwerker.
Zurückbehaltungsrecht
Sie können einen angemessenen Teil der Vergütung zurückbehalten, bis die Mängel beseitigt sind. Als Richtwert gilt hier das Zwei- bis Dreifache der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten.
Vorgehen bei Verweigerung
Weigert sich der Handwerker, die Mängel zu beseitigen, können Sie nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Nachbesserungsfrist einen anderen Handwerker mit der Mängelbeseitigung beauftragen. Die Kosten dafür können Sie dann dem ursprünglichen Handwerker in Rechnung stellen.
Wie kann ich Schadensersatzansprüche gegen einen Handwerker durchsetzen?
Bei mangelhaften Handwerkerleistungen oder Schäden durch Handwerker müssen Sie systematisch vorgehen, um Ihre Schadensersatzansprüche erfolgreich durchzusetzen.
Dokumentation und Mängelrüge
Dokumentieren Sie den Schaden umgehend und umfassend durch Fotos, Videos und schriftliche Beschreibungen. Eine detaillierte Beweissicherung ist für die spätere Durchsetzung von Ansprüchen entscheidend.
Verfassen Sie eine schriftliche Mängelrüge an den Handwerker. Diese muss den Schaden präzise beschreiben und eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzen. Die Frist sollte mindestens zwei Wochen betragen.
Nachbesserungsrecht beachten
Der Handwerker hat grundsätzlich ein Recht auf Nachbesserung. Erst wenn diese scheitert oder verweigert wird, können Sie weitere Schritte einleiten. Bei einem reinen Schaden – im Gegensatz zu einem Mangel – können Sie jedoch sofort Schadensersatz fordern.
Durchsetzung der Ansprüche
Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach den tatsächlichen Kosten der Schadensbehebung. Wenn Sie den Schaden durch einen anderen Handwerker beseitigen lassen, können Sie die konkreten Reparaturkosten als Schadensersatz geltend machen.
Bei der Berechnung des Schadens wird unterschieden:
- Mangelbeseitigungskosten: Wenn Sie den Mangel tatsächlich beseitigen lassen
- Minderwert: Wenn Sie den Mangel nicht beseitigen lassen
Fristen und Verjährung
Die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche beträgt drei Jahre. Bei Bauwerken gilt eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren ab Abnahme. Innerhalb dieser Fristen müssen Sie Ihre Ansprüche geltend machen.
Wenn der Handwerker nicht reagiert, können Sie einen Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung verlangen oder die Arbeiten durch einen anderen Handwerker ausführen lassen. Die entstandenen Kosten können Sie dann vom ursprünglichen Handwerker zurückfordern.
Was bedeutet Aufrechnung im Handwerkerstreit und wie funktioniert sie?
Die Aufrechnung ist ein rechtliches Instrument, mit dem Sie als Auftraggeber Ihre Forderungen gegen die Werklohnforderung des Handwerkers verrechnen können. Wenn Sie beispielsweise einem Handwerker noch 5.000 Euro Werklohn schulden, aber durch mangelhafte Arbeit Schäden in Höhe von 3.000 Euro entstanden sind, können Sie durch Aufrechnung Ihre Zahlung auf 2.000 Euro reduzieren.
Voraussetzungen für eine wirksame Aufrechnung
Eine wirksame Aufrechnung setzt voraus, dass beide Forderungen gleichartig sind und sich gegenüberstehen. Bei Handwerkerstreitigkeiten bedeutet dies, dass sowohl der Werklohnanspruch als auch Ihr Schadensersatzanspruch auf Geldzahlung gerichtet sein müssen.
Durchführung der Aufrechnung
Um aufzurechnen, müssen Sie dem Handwerker gegenüber eine Aufrechnungserklärung abgeben. Diese Erklärung muss eindeutig sein und klar machen, welche Forderung Sie zur Aufrechnung stellen. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben, aus Beweisgründen empfiehlt sich jedoch die Schriftform.
Besonderheiten bei Mängeln
Wenn Sie wegen Mängeln aufrechnen möchten, müssen Sie dem Handwerker grundsätzlich zunächst die Chance zur Nachbesserung geben. Erst wenn diese scheitert oder der Handwerker sie verweigert, können Sie mit den Mängelbeseitigungskosten aufrechnen.
Grenzen der Aufrechnung
Ein Aufrechnungsverbot in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Handwerkers ist in der Regel unwirksam. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass solche Klauseln eine unbillige Benachteiligung darstellen, da Sie als Auftraggeber sonst gezwungen wären, eine mangelhafte Leistung vollständig zu bezahlen.
Wenn Sie mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen möchten, müssen diese bereits entstanden sein. Eine Aufrechnung mit bloß erwarteten zukünftigen Schäden ist nicht möglich. Die Aufrechnung bewirkt, dass beide Forderungen in Höhe des sich deckenden Betrags als erloschen gelten.
Welche Bedeutung hat ein Vorbehaltsurteil bei Handwerkerstreitigkeiten?
Ein Vorbehaltsurteil bietet Handwerkern die Möglichkeit, ihre fälligen Zahlungsansprüche schnell durchzusetzen, auch wenn der Auftraggeber Gegenforderungen geltend macht.
Praktische Bedeutung
Wenn Sie als Handwerker eine Rechnung gestellt haben und der Kunde Mängel einwendet, können Sie dennoch zeitnah einen vollstreckbaren Titel erhalten. Das Gericht kann Ihre Forderung durch ein Vorbehaltsurteil zusprechen, während die behaupteten Mängel erst später geprüft werden.
Voraussetzungen
Das Vorbehaltsurteil kommt in zwei typischen Situationen zum Tragen:
Im Urkundenprozess: Wenn Sie Ihre Forderung durch Urkunden (wie Rechnungen oder Auftragsbestätigungen) belegen können, ist ein Vorbehaltsurteil möglich.
Bei Aufrechnung: Wenn der Kunde mit Gegenforderungen (wie Mängelbeseitigungskosten) aufrechnet, die noch nicht entscheidungsreif sind.
Risiken und Chancen
Vollstreckbarkeit: Sie können aus dem Vorbehaltsurteil sofort die Zwangsvollstreckung betreiben. Bei Beträgen bis 1.250 Euro ist keine Sicherheitsleistung erforderlich.
Haftungsrisiko: Stellt sich im späteren Nachverfahren heraus, dass die Gegenforderungen des Kunden berechtigt waren, müssen Sie den vollstreckten Betrag zurückzahlen und eventuell Schadensersatz leisten.
Das Vorbehaltsurteil dient der Abwehr einer Prozessverschleppung und ermöglicht eine schnelle Titulierung. Seit der Gesetzesänderung im Jahr 2000 wurde die Möglichkeit zum Erlass eines Vorbehaltsurteils erweitert, um dem Missstand zu begegnen, dass Besteller mit unberechtigten Gegenforderungen die frühzeitige Titulierung einer Werklohnforderung von Bauunternehmern verhindern.
Wann lohnt sich der Gang zum Anwalt bei Streitigkeiten mit Handwerkern?
Grundsätzliche Vorgehensweise
Bei Streitigkeiten mit Handwerkern sollten Sie zunächst eine schriftliche Mängelrüge mit einer angemessenen Frist zur Nachbesserung an den Handwerker richten. Dokumentieren Sie dabei alle Mängel sorgfältig, am besten mit Fotos oder Videos.
Konkrete Situationen für rechtliche Unterstützung
Der Gang zum Anwalt ist besonders in folgenden Situationen sinnvoll:
- Wenn der Handwerker die Mängel nicht innerhalb der gesetzten Frist beseitigt
- Bei Streitigkeiten über erhebliche Mehrkosten oder unerwartete Zusatzkosten
- Wenn der Handwerker die Arbeiten nicht zu Ende führt oder abbricht
- Bei Streitigkeiten über die Qualität der ausgeführten Arbeiten, die nicht einvernehmlich gelöst werden können
Alternative Streitbeilegung prüfen
Vor einem Rechtsstreit können Sie sich an die Schlichtungsstelle der Handwerkskammer wenden. Diese bietet eine kostenlose Vermittlung an und kann in vielen Fällen eine einvernehmliche Lösung herbeiführen. Die Teilnahme beider Parteien ist freiwillig.
Kostenaspekte beachten
Die Anwaltskosten richten sich nach dem Streitwert. Eine Rechtsschutzversicherung kann die Kosten für Anwalt, Gericht und notwendige Gutachten übernehmen. Bei Neu- und Umbauten ist jedoch eine spezielle Bauherren-Rechtsschutzversicherung erforderlich.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anerkenntnisurteil
Ein Anerkenntnisurteil ist eine besondere Form der gerichtlichen Entscheidung, bei der der Beklagte den Anspruch des Klägers vollständig anerkennt. Das Gericht prüft dann nur noch die formellen Voraussetzungen und erlässt ohne weitere inhaltliche Prüfung ein Urteil entsprechend dem Anerkenntnis. Geregelt ist dies in § 307 ZPO. Beispiel: Der Beklagte erkennt an, dass er dem Kläger den eingeklagten Betrag schuldet – das Gericht erlässt daraufhin ein Anerkenntnisurteil über diesen Betrag. Dies führt zu einer schnellen Beendigung des Verfahrens und spart Prozesskosten.
Vorbehaltsurteil
Ein Vorbehaltsurteil ist eine vorläufige Gerichtsentscheidung, bei der zunächst über den Hauptanspruch entschieden wird, während die Prüfung von Gegenansprüchen (z.B. Aufrechnung) einem separaten Nachverfahren vorbehalten bleibt. Grundlage ist § 302 ZPO. Beispiel: Das Gericht verurteilt den Beklagten zur Zahlung, behält aber die Prüfung seiner Schadensersatzforderungen einem späteren Verfahren vor. Dies ermöglicht eine schnellere Durchsetzung des Hauptanspruchs, während komplexe Gegenforderungen später geklärt werden.
Aufrechnung
Die Aufrechnung ist eine Form der Schuldtilgung, bei der gegenseitige Forderungen verrechnet werden. Geregelt in §§ 387 ff. BGB. Beide Forderungen müssen gleichartig sein (meist Geldforderungen) und sich gegenüberstehen. Beispiel: Ein Kunde schuldet einem Handwerker 1.000 € für Reparaturen, hat aber selbst einen Schadensersatzanspruch von 500 € wegen mangelhafter Arbeit. Durch Aufrechnung reduziert sich die Zahlungspflicht auf 500 €. Die Aufrechnung muss ausdrücklich erklärt werden.
Versäumnisurteil
Ein Versäumnisurteil ergeht, wenn eine Partei in der mündlichen Verhandlung nicht erscheint oder nicht verhandelt. Das Gericht entscheidet dann gemäß § 331 ZPO zugunsten der anwesenden Partei, ohne die Sache inhaltlich zu prüfen. Die säumige Partei kann binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Beispiel: Erscheint der Beklagte nicht zum Termin, werden die Tatsachenbehauptungen des Klägers als zugestanden behandelt und ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten erlassen.
Schadensersatzanspruch
Ein Schadensersatzanspruch ist das Recht, den Ausgleich eines erlittenen Schadens zu verlangen. Grundlage können Vertragsverletzungen (§§ 280 ff. BGB) oder unerlaubte Handlungen (§§ 823 ff. BGB) sein. Der Schaden muss konkret beziffert und nachgewiesen werden. Beispiel: Ein mangelhaft installierter Wasserhahn verursacht einen Wasserschaden – der Kunde kann vom Installateur Ersatz der Reparaturkosten verlangen. Der Anspruch umfasst alle unmittelbaren und mittelbaren Schäden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 280 BGB: Dieser Paragraph regelt den Anspruch auf Schadensersatz bei Verletzung vertraglicher Pflichten. Wenn eine Vertragspartei ihre Verpflichtungen nicht erfüllt, kann die andere Partei Schadensersatz verlangen. Im vorliegenden Fall hat das Bauunternehmen mangelhafte Leistungen erbracht, wodurch dem Auftraggeber finanzielle Schäden entstanden sind.
- § 634 BGB: Dieser Paragraph beschreibt die Rechte des Auftraggebers bei Mängeln der erbrachten Leistung. Der Besteller kann Nacherfüllung verlangen, den Vertrag rückgängig machen oder den Preis mindern. In diesem Fall wurden verschiedene Baumängel festgestellt, für die der Auftraggeber entsprechende Rechte geltend machen kann.
- § 637 BGB: Dieser Paragraph ermöglicht es dem Auftraggeber, Schadensersatz statt der Leistung zu fordern, wenn eine Nachbesserung nicht möglich oder unzumutbar ist. Angesichts der mehrfachen Mängel in den Bauleistungen kann der Auftraggeber anstelle der Nachbesserung den entstandenen Schaden ersetzt verlangen.
- § 371 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen der Aufrechnung im Zivilprozess. Parteien können gegenseitige Forderungen miteinander verrechnen, sofern sie gleichartig sind. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte gegen die ursprüngliche Schadensersatzforderung eigene Gegenforderungen aufgerechnet, was durch § 371 ZPO ermöglicht wird.
- § 331 ZPO: Dieser Paragraph behandelt das Versäumnisurteil, das erlassen wird, wenn eine Partei nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint. Das Landgericht hat ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte aufrechterhalten, da diese möglicherweise nicht fristgerecht auf die Klage reagiert hat.
Das vorliegende Urteil
KG – Az.: 7 U 53/24 – Urteil vom 20.11.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.