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Anerkennung der Covid-19-Erkrankung als Dienstunfall

Lehrerin klagt auf Anerkennung von Corona-Infektion als Dienstunfall

Eine Lehrerin einer Grundschule in Bayern fordert die Anerkennung ihrer Corona-Infektion als Dienstunfall. Im Januar 2021 betreute sie Schüler der Notbetreuung, darunter auch infizierte Kinder. Die Klägerin wurde ebenfalls positiv auf Covid-19 getestet und war laut Arzt bis auf weiteres dienstunfähig. Sie hatte einen Antrag auf Anerkennung der Infektion als Dienstunfall gestellt, welcher jedoch abgelehnt wurde. Das Landesamt für Finanzen begründete dies damit, dass es sich bei der Corona-Pandemie um eine Allgemeingefahr handele, die kein Unfallereignis sein könne. Die Klägerin widersprach dem Bescheid, welcher jedoch ebenfalls abgelehnt wurde. Daraufhin erhob sie Klage. Die Klägerin argumentiert, dass sie sich aufgrund ihrer Tätigkeit in der Notbetreuung in einer besonderen Infektionsgefahr befunden habe, die über die Allgemeingefahr hinausgegangen sei. Eine Beweislasterleichterung sei notwendig, um dienstunfallrechtliche Ansprüche durchsetzen zu können.

Das Landesamt für Finanzen beantragt, die Klage wegen Covid-19 als Folge eines Dienstunfalls abzuweisen. Es bestehen erhebliche Zweifel an einem Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Körperschaden. Die Klägerin hat angegeben, sich bei der Pausenaufsicht im Freien bei einem Schüler infiziert zu haben. Das Robert-Koch-Institut und eine Literaturstudie der Universität Berkeley belegen, dass Übertragungen im Freien selten sind. Außerdem hätte die Klägerin den Mindestabstand wahren können, da nur 14 Schüler anwesend waren. Die Infektion der Klägerin durch andere Schüler oder Lehrer ist ebenfalls nicht nachgewiesen. Der Klägerbevollmächtigte argumentiert, dass die Klägerin ausschließlich im Rahmen der Pausenaufsicht und der Notbetreuung Kontakt zu Infizierten hatte und sämtliche Kollegen erkrankten. Die Klägerin sei im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit einer Infektionsgefahr besonders ausgesetzt gewesen. […]

VG Bayreuth – Az.: B 5 K 21.909 – Urteil vom 04.10.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Anerkennung einer Corona-Infektion als Dienstunfall.

Anerkennung der Covid-19-Erkrankung als Dienstunfall
(Symbolfoto: Shyntartanya/Shutterstock.com)

Die Klägerin ist als Lehrerin an der Grundschule … tätig und betreute dort im Januar 2021 Schüler der ersten Klasse, die für die Notbetreuung angemeldet waren. Am Donnerstag, 28.01.2021, übernahm die Klägerin die Pausenaufsicht für alle Schüler der Notbetreuung. Am 29.01.2021 erhielt eine Kollegin der Klägerin, die die Notbetreuung für die dritte Klassenstufe übernommen hatte, ein positives Covid-19-Testergebnis per Schnelltest, das am Samstag, 30.01.2021, durch einen PCR-Test bestätigt wurde. Alle fünf Schüler, die in der Notbetreuung der dritten Klassenstufe waren, sowie eine Schülerin der vierten Klassenstufe erhielten einige Tage später ebenfalls ein positives PCR-Testergebnis. Diese Schüler waren während der Pausenaufsicht der Klägerin am 28.01.2021 anwesend. Die Klägerin führte am Sonntag, 31.01.2021, einen Schnelltest durch, der ein positives Ergebnis zeigte. Am Montag, 01.02.2021, ließen die Klägerin und ihre drei Kolleginnen der Notbetreuung beim Arzt einen PCR-Test durchführen, obwohl sie seitens des Gesundheitsamtes nicht als Kontaktpersonen eingestuft worden waren. Am Dienstag, 02.02.2021, erhielt die Klägerin – ebenso wie ihre Kolleginnen – ein positives PCR-Testergebnis. Die Schule wurde aufgrund des Ausbruchgeschehens vorübergehend geschlossen und die Lehrkräfte sowie die Schüler der Notbetreuung mussten sich in Quarantäne begeben. Die Klägerin litt an starken Symptomen und ist gemäß dem Befundbericht des behandelnden Arztes seit dem 01.02.2021 bis auf weiteres dienstunfähig gewesen.

Mit Formblatt vom 23.04.2021 beantragte die Klägerin die Anerkennung der Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 als Dienstunfall. Mit Bescheid vom 28.05.2021 lehnte das Landesamt für Finanzen – Dienststelle … die Anerkennung der Infektion als Dienstunfall ab. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass der für ein plötzliches Unfallereignis nachzuweisende genaue Unfall-/Infektionstag nicht bekannt sei und es sich bei der Corona-Pandemie zudem um eine Allgemeingefahr handele, die kein Unfallereignis sein könne. Eine Berufserkrankung komme aufgrund der fehlenden Tätigkeit im medizinischen Bereich nicht in Betracht.

Mit Schreiben vom 22.06.2021 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.05.2021 und führte zur Begründung aus, dass es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen im Rahmen der Notbetreuung an ihrer Schule zu einer größeren Anzahl von infektiösen Personen bei geringen Infektionszahlen außerhalb der Schule in einem begrenzten Zeitraum gekommen sei. Sie habe die Hygiene- und Schutzmaßnahmen eingehalten, Kontakte außerhalb der Familie, auch seitens des Ehegatten und des Kindes, hätten nicht stattgefunden. Eine Ansteckung im eigenen Haushalt sei ausgeschlossen, da die Familienmitglieder seit Dezember im Homeoffice/-schooling gewesen seien, keinerlei Kontakt zu anderen Personen außerhalb der Familie gehabt hätten und ein Selbsttest in der Familie negativ gewesen sei. Der Kausalzusammenhang zwischen Dienst und Infektion sei daher gegeben.

Mit Bescheid vom 28.07.2021 wies das Landesamt für Finanzen – Dienststelle … den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 durch die Weltgesundheitsorganisation zur Pandemie erklärt worden sei. Die Infektion mit diesem Virus stelle daher eine Allgemeingefahr dar. Vor diesem Hintergrund könne grundsätzlich nicht von einem dienstunfallrechtlich erforderlichen inneren Ursachenzusammenhang zwischen einem bestimmten Infektionsereignis und der dienstlichen Tätigkeit ausgegangen werden. Auch eine besondere, über die Allgemeingefahr einer Ansteckung hinausgehende Infektionsgefahr sei nicht ersichtlich. Die Betreuung von Schülern sei eine im Lehrerberuf übliche Arbeitssituation, wie sie in ähnlicher Form (mehrere Personen über einen längeren Zeitraum in einem Raum) aber auch in anderen Berufen auftrete. Eine Anerkennung eines Dienstunfalls nach Art. 46 Abs. 1 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) scheide zudem aus, da ein zeitlich bestimmbares Unfallereignis nicht vorliege. Die Anerkennung der Infektion als Berufskrankheit im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtV i.V.m. der Berufskrankheitenverordnung komme ebenfalls nicht in Betracht, da hierzu eine Dienstausübung notwendig gewesen wäre, bei der der Kontakt mit Coronavirus-Trägern nicht nur potentielle Begleiterscheinung, sondern maßgebliches Tätigkeitskriterium sei.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.08.2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt:

1. Der Bescheid des Beklagten vom 28.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2021 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass die Infektion der Klägerin mit SARS-CoV-2 als Dienstunfall im Sinne des Art. 46 BayBeamtVG anerkannt wird und beamtenrechtliche Unfallfürsorgeleistungen zu gewähren sind.

3. Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird für erforderlich erklärt.

Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 11.10.2021 ausgeführt, dass die Definition des Dienstunfalls gemäß Art. 46 BayBeamtVG im vorliegenden Fall erfüllt sei, insbesondere liege ein plötzliches Ereignis vor. Die Klägerin habe am Freitag, den 29.01.2021, ihre Schüler, die in der Notbetreuung angemeldet gewesen seien, betreut, wobei ihre Kollegin am selben Tag über ein positives Covid-19-Testergebnis informiert worden sei. Bereits am Sonntag, den 31.01.2021, habe die Covid-19-Infektion der Klägerin durch einen von ihr durchgeführten Schnelltest nachgewiesen werden können, was am darauffolgenden Montag, den 01.02.2021, beim Hausarzt durch einen positiven PCR-Test bestätigt worden sei. Da zugleich Krankheitssymptome eingesetzt hätten, sei eine anderweitige Infektion auszuschließen. Das plötzliche und massive Infektionsgeschehen habe in den Folgetagen dazu geführt, dass die gesamte Schule komplett geschlossen habe werden müssen und sämtliche Schüler einschließlich derjenigen der Notbetreuung – soweit sie nicht ohnehin bereits erkrankt gewesen seien – eine Quarantäneauflage erhalten hätten. Bei der Klägerin habe bereits aufgrund ihrer Tätigkeit in der Notbetreuung zu Zeiten deutlicher und massiver Einschränkungen von Sozialkontakten sowie des öffentlichen Lebens ein ganz besonderes Infektionsrisiko bestanden, die über die für Jedermann bestehende Allgemeingefahr hinausgegangen sei. Der Beweismaßstab der „an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ könne vorliegend nicht stringent angelegt werden. Vielmehr sei eine Beweiserleichterung für an Covid-19-erkrankte Beamtinnen und Beamte geboten. Ohne eine an dieser Stelle gebotene Beweislasterleichterung oder Beweislastumkehr bleibe eine Durchsetzung von dienstunfallrechtlichen Ansprüchen nur auf Einzelfälle beschränkt, was weder den Motiven des Gesetzgebers entspreche, noch dem Grundgedanken der beamtenrechtlichen Versorgung gerecht werde. Zudem seien vorliegend auch einzelfallbezogen die Voraussetzungen eines Dienstunfalls gegeben. Die Klägerin habe sichergestellt, dass die Infektion einzig und allein auf die versicherte Tätigkeit und ihre Eigenschaft als Lehrerin und Betreuerin der Notgruppe der Grundschule … zurückzuführen sei. Insoweit habe auch hinreichend intensiver Kontakt mit infektiösen Personen (Arbeitskolleginnen und Kindern) bestanden, wobei hinsichtlich des zeitlichen Fensters darauf abzustellen sei, dass spätestens innerhalb von zwei Wochen nach dem Kontakt die Erkrankung eingetreten bzw. der Nachweis der Ansteckung erfolgt sein müsse. Genau dies sei hier der Fall gewesen. Auch hätten intensive Kontakte nicht nur vornehmlich, sondern einzig und allein der Dauer und der örtlichen Nähe nach innerhalb der Notbetreuung stattgefunden. Die Klägerin habe bereits aufgrund einer bei ihr bestehenden Grunderkrankung Drittkontakte unterlassen: Zudem sei innerhalb der Familie kein anderer, früherer Corona-Fall eingetreten. Sämtliche Aspekte sprächen für eine Verursachung der Covid-19-Erkrankung durch die Diensttätigkeit. In einer Vielzahl völlig vergleichbarer Entscheidungen sei bereits zugunsten des Bediensteten eine Anerkennung der Infektion als Arbeits- bzw. Dienstunfall erfolgt. Im Übrigen sei bereits jetzt anerkannt, dass bestimmte Beamtengruppen, wie Polizeibeamte oder Lehrer, im dienstlichen Alltag den Infektionsrisiken durch das Virus allgemein und situativ stärker ausgesetzt seien als die Normalbevölkerung.

Mit Schriftsatz vom 09.11.2021 beantragt das Landesamt für Finanzen für den Beklagten, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass als Folgen eines Dienstunfalls gemäß Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG nur solche Schädigungen anerkannt werden könnten, bei denen ein Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem jeweiligen Körperschaden bestehe. Hier bestünden erhebliche Zweifel an der Kausalität des vorgetragenen Unfallgeschehens für die Covid-19-Erkrankung der Klägerin. Die Klägerin gebe an, sich am 28.01.2021 im Rahmen ihrer Pausenaufsicht bei einem der anwesenden Schüler der dritten oder vierten Jahrgangsstufe mit Covid-19 infiziert zu haben. Unterrichtspausen würden aber in der Regel im Freien verbracht. Eine Ausnahme von dieser Regel sei von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Laut Robert-Koch-Institut und einer umfassenden Literaturstudie der Universität Berkeley kämen Übertragungen des Coronavirus im Außenbereich insgesamt selten vor und hätten einen geringeren Anteil am gesamten Geschehen. Am betreffenden Tag seien insgesamt 14 Schüler in der Notbetreuung gewesen. Damit sei die Möglichkeit, auf dem Pausenhof ausreichend Abstand zu halten, gegeben gewesen. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass sie mit einem bestimmten Schüler oder einer bestimmten Schülerin auf dem Pausenhof habe kommunizieren müssen, ohne den Mindestabstand einhalten zu können. Eine Ansteckung der Klägerin im Rahmen der Notbetreuung ihrer Schüler der ersten Jahrgangsstufe sei ebenfalls nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Denn von den der Klägerin zur Notbetreuung zugewiesenen Schülerinnen und Schülern der ersten Jahrgangsstufe habe keine einzige/kein einziger ein positives Testergebnis erhalten. Das Infektionsgeschehen habe sich auf die Schülerschaft der dritten und vierten Jahrgangsstufe beschränkt. Eine Infektion der Klägerin durch die Kollegin, die die dritte Jahrgangsstufe betreut habe bzw. durch eine andere Kollegin, sei auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegt. Denn die Klägerin sei – wie ihre Kolleginnen – vom Gesundheitsamt nicht als Kontaktperson 1 der infizierten Kollegin eingestuft worden. Dies sei konsequent, denn gemäß Nr. 5 und Nr. 10 des Rahmenhygieneplans für Schulen des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus in der Fassung von Dezember 2020, der im Rahmen der Notbetreuung nach den Weihnachtsferien erst recht anzuwenden gewesen sei, habe auch zwischen den Lehrern die Vorgabe gegolten, Kontakte zu minimieren und den Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten. Angesichts des vorgetragenen Unfallgeschehens sei mithin kein Szenario denkbar, bei dem sich die Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angesteckt haben könnte. Die Covid-19-Erkrankung der Klägerin könne auch nicht gemäß Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG mit einem Dienstunfall gleichgestellt werden, weil die Klägerin der Gefahr der Erkrankung nach Art ihrer dienstlichen Tätigkeit nicht besonders ausgesetzt gewesen sei. Ausweislich der Rechtsprechung hänge die Infektionsgefahr zum einen vom Grad der Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes des Beamten und zum anderen von der Übertragungsgefahr bei der konkreten Tätigkeit ab. Vorliegend stelle sich daher die Frage nach dem Tätigkeitsumfeld der Klägerin. Die Klägerin habe die komplette Schule als ihr „Tätigkeitsumfeld“ angegeben. Nr. 5.4 Satz 2 des Rahmenhygieneplans für Schulen ziele aber darauf ab, den Tätigkeitsbereich der Lehrkräfte auf den konkreten Klassen- bzw. Lerngruppenverband zu beschränken. Der Klassenverband, für den die Klägerin zuständig gewesen sei, und damit das Tätigkeitsumfeld der Klägerin, habe aus Schülerinnen und Schülern der Notbetreuung der ersten Jahrgangsstufe bestanden. In dieser Jahrgangsstufe sei kein einziger Corona-Fall nachgewiesen worden. Von einer „Durchseuchung des Tätigkeitsumfelds der Klägerin“ könne deshalb nicht ausgegangen werden. Die Corona-Erkrankung der Klägerin könne selbst dann nicht als Berufskrankheit eingestuft werden, wenn man für die Zeit der Pausenaufsicht der Klägerin, die gesamte Schülerschaft der Notbetreuung als deren Tätigkeitsumfeld einstufen würde. Denn für die Annahme einer in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorliegenden Infektionsgefahr bedürfe es nicht nur eines gehäuften Auftretens der Infektionskrankheit im Tätigkeitsbereich des Beamten, sondern auch eines hohen Übertragungsrisikos der im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtungen. Die im Gefahrenbereich vorgenommene Verrichtung der Klägerin sei die Pausenaufsicht über 14 Schülerinnen und Schüler im Freien ohne besondere Vorkommnisse gewesen. Das Übertragungsrisiko im Freien sei nach wissenschaftlichen Erkenntnissen allerdings sehr gering.

In Erwiderung hierauf trägt der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 07.02.2022 ergänzend vor, dass sich der Kausalzusammenhang zwischen dem Ereignis und dem Körperschaden der Klägerin bereits daraus ergebe, dass diese jegliche andere Infektionsquelle als Ursache ausschließen könne, da sie einzig und allein im Rahmen der Pausenaufsicht der Notbetreuung und der Notbetreuung selbst in Kontakt mit anderen Infizierten gelangt sei. Umso auffälliger sei, dass nach der Pausenaufsicht vom 28.01.2021 und dem Ausbruchsgeschehen in der Notbetreuung nicht nur alle fünf Schüler der Notbetreuung sowie eine Schülerin der vierten Jahrgangsstufe eine Infektion erlitten hätten, sondern auch sämtliche Kolleginnen der Klägerin einschließlich ihrer selbst. Mithin sei das Dienstunfallgeschehen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Tätigkeit der Klägerin innerhalb der Notbetreuung zurückzuführen. Dass Pausen im Freien verbracht würden, ändere hieran nichts. Zudem müsse jede Lehrkraft vor der Pausenaufsicht selbstverständlich Zeiten im Schulhaus, in den Gängen, im Lehrerzimmer, in sonstigen Fach- und Klassenräumen verbringen und begegne dort bzw. trete in Kontakt mit anderen Lehrkräften und Schülern. Dass darüber hinaus in einer Grundschule in jeder Pause regelmäßig Kommunikation mit einer Vielzahl von Schülern stattfinde, liege ebenso auf der Hand. Nachvollziehbar sei weiterhin, wenn die Klägerin heute – über ein Jahr danach – nicht mehr angeben könne, welches Schulkind mit welcher Sorge in welcher der damaligen Pausen auf sie zugekommen sei. Ferner sei die Klägerin der festen Überzeugung, sich nicht bei einem von ihr betreuten Schulkind, sondern bei einer Kollegin angesteckt zu haben, die bereits einen Tag vor der Klägerin positiv auf das Coronavirus getestet worden sei. Die vorgenannten Umstände zeugten davon, dass die Klägerin im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit einer Infektionsgefahr besonders ausgesetzt gewesen sei, ebenso wie Personen, die im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig seien. Die Gefahr sich in einem Labor zu infizieren, liege angesichts der möglichen Schutzmaßnahmen weit ferner als am Einsatzort der Klägerin. Im Übrigen schienen Gesundheitspflege, Wohlfahrtspflege und Notbetreuung zu Lockdownzeiten einer Grundschule absolut vergleichbar, wenn nicht gar das Infektionsrisiko im schulischen Bereich noch höher sei. Zum Tätigkeitsumfeld der Klägerin zählten nicht nur die Schule als solches, sondern auch die gesamte Schüler- sowie Lehrerschaft. Daraus ergebe sich auch das hohe Übertragungsrisiko. Insoweit sei die Klägerin nach der Art ihrer dienstlichen Verrichtung in ganz erheblich höherem Maße der Gefahr einer Erkrankung ausgesetzt gewesen als die übrige Bevölkerung, da sie sich während des Lockdowns nicht ins Homeoffice habe begeben können.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der vorgelegten Behördenakte, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hinsichtlich des Verhandlungsverlaufs wird auf das Protokoll der Sitzung, in der die Prozessbeteiligten auf ihre bereits schriftsätzlich gestellten Anträge Bezug genommen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 28.05.2021 sowie der Widerspruchsbescheid vom 28.07.2021 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Anerkennung der durch PCR-Testergebnis vom 02.02.2021 nachgewiesenen Covid-19-Infektion als Dienstunfall nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Ein Anspruch der Klägerin auf Anerkennung der Infektion als Dienstunfall ergibt sich weder aus Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG (dazu unter 1) noch aus Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG (dazu unter 2).

1.

Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Dienstunfall nach Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG sind nicht erfüllt.

Nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.

Grundsätzlich kann auch die im Dienst erfolgte Ansteckung mit einer Infektionskrankheit einen Dienstunfall darstellen. Die Ansteckung mit einer Infektionskrankheit stellt keine Folge einer schädlichen Dauerbelastung dar, sondern bildet vielmehr ein plötzliches auf äußeren Einwirkungen beruhendes Ereignis (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 20; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 23). Zwar steigt das Risiko einer Ansteckung, je länger sich eine Person in einem mit Aerosolen belasteten Raum aufhält und je höher die entsprechende Viruslast in der Luft ist. Jedoch erfolgt die Ansteckung selbst zu einem bestimmten Zeitpunkt, in dem Viren beispielsweise durch respiratorische Aufnahme in den Körper des Betroffenen gelangen und sich dort vermehren (vgl. hierzu Robert-Koch-Institut, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19; Stand: 04.10.2022, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html;jsessionid=BDFC06A169AC4AC93912E5A39AC00D4D.internet081?nn=13490888#doc13776792bodyText2).

Der Anerkennung als Dienstunfall steht nicht bereits entgegen, dass sich in dem Schaden lediglich eine allgemeine, letztlich jeden treffende Gefahr realisiert habe. Zwar liegt dann kein Dienstunfall vor, wenn es sich um eine sog. „Gelegenheitsursache“ handelt, bei der zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Dies wird vor allem bei Fällen angenommen, in denen aufgrund einer krankhaften Veranlagung des Beamten oder eines anlagebedingten Leidens letztlich auch ein alltäglich vorkommendes Ereignis den Erfolg herbeigeführt hätte. Ein solches Grundleiden der Klägerin, welches sich lediglich bei Gelegenheit des Dienstes verwirklicht hat, lag hier jedoch nicht vor. Der Anerkennung als Dienstunfall kann auch nicht entgegengehalten werden, dass sich im Falle der Klägerin lediglich das in Zeiten der Pandemie bestehende allgemeine Ansteckungsrisiko realisiert habe und die Klägerin kein gegenüber dem normalen Bürger erhöhtes besonders Ansteckungsrisiko aufweise. Denn der Begriff des Dienstunfalls nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG setzt gerade nicht voraus, dass der Beamte bei seiner Tätigkeit einer höheren Gefährdung als die übrige Bevölkerung ausgesetzt ist oder sich in dem Körperschaden eine der konkreten dienstlichen Verrichtung innewohnende typische Gefahr realisiert hat (BVerwG, U.v. 25.2.2010 – 2 C 81/08 – juris, Rn. 11; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 21).

Vorliegend kommt eine Anerkennung als Dienstunfall nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG jedoch mangels örtlicher und zeitlicher Bestimmbarkeit der Ansteckung der Klägerin mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nicht in Betracht. Die Forderung eines örtlich und zeitlich bestimmbaren Ereignisses legt zum einen den Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge fest und dient zum anderen der Begrenzung des Risikos des Dienstherrn. Dieser soll nur für Schadensereignisse einstehen müssen, die einem Nachweis zugänglich sind (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.2010 – 2 C 81/08 – juris Rn. 14f.). Das Tatbestandsmerkmal der zeitlichen Bestimmbarkeit stellt regelmäßig das Hauptproblem bei der Anerkennung einer Infektionserkrankung als Dienstunfall dar, da sich typischerweise nicht genau feststellen lässt, zu welchem Zeitpunkt eine Ansteckung erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das Tatbestandsmerkmal „zeitlich bestimmbar“ die bloße Eingrenzbarkeit des Zeitraums der Infektion oder die abstrakte Bestimmbarkeit ihres Zeitpunktes nicht ausreichend. Insbesondere reicht bei Infektionen nicht aus, dass die Inkubationszeit und der Ort, an dem sich der Beamte während dieser Zeit aufgehalten hat, bekannt sind. Vielmehr müssen Ort und Zeitpunkt der Infektion feststehen (BVerwG, U.v. 25.2.2010 – 2 C 81/08 – juris, Rn. 15; BVerwG, B.v. 19.1.2006 – 2 B 46/05 – juris, Rn. 6; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 21; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 24).

Eine diesem Maßstab entsprechende, hinreichend genaue Bestimmung des Ortes und des Zeitpunktes der Ansteckung lässt sich im Fall der Klägerin nicht vornehmen. Die Klägerin führte am 31.01.2021 einen Schnelltest durch, der ein positives Ergebnis zeigte. Ein am 01.02.2021 durchgeführter PCR-Test lieferte am 02.02.2021 ein positives Ergebnis. Daraus lassen sich jedoch keine Rückschlüsse auf einen genauen Ansteckungszeitpunkt ziehen. Vielmehr kann die Ansteckung zu jedem beliebigen Zeitpunkt innerhalb der zwischen fünf und zwölf Tagen betragenden Inkubationszeit erfolgt sein (vgl. hierzu Robert-Koch-Institut, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Stand: 04.10.2022, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html;jsessionid=1E56790A8E017C282ED80C91BD587DAF.internet071?nn=13490888#doc13776792bodyText5 ).

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2.

Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Covid-19-Erkrankung der Klägerin als Dienstunfall gemäß Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG nicht vor.

Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber unter anderem den oben genannten, oftmals bestehenden Beweisschwierigkeiten mit Hinblick auf die erforderliche Genauigkeit bei der Bestimmung des Ansteckungszeitpunktes dadurch Rechnung getragen, dass die Krankheiten in Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) unter bestimmten Voraussetzungen als Dienstunfall anerkannt werden können (BVerwG, B.v. 19.1.2006 – 2 B 46/05 – juris, Rn. 6; VG Karlsruhe, U.v. 22.1.2014 – 4 K 1742/11 – juris, Rn. 25). Demnach gilt gem. Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG auch die Erkrankung an einer in Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) genannten Krankheit als Dienstunfall, wenn der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war. Die durch den Erreger SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung Covid-19 fällt als Infektionserkrankung unter Nr. 3101 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) (VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 25; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 25f.).

Nach Nr. 3101 der Anlage 1 BKV stellen Infektionskrankheiten dann eine Berufserkrankung dar, wenn die betroffene Person im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war. Die Regelung der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKVO wurde durch die Anlage 1 zur 7. BKVO vom 20.06.1968 (BGBl. I S. 721) geschaffen. Dabei wurde insbesondere die Alternative „durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt“ eingeführt. Zuvor war der sozialversicherungsrechtliche Unfallschutz bei Infektionskrankheiten an die Beschäftigung an bestimmten, in der Verordnung genannten Arbeitsplätzen gebunden (Nr. 37 der 6. BKVO vom 28.4.1961, BGBl I S. 505), was zum Teil zu unbilligen Härten führte. So erhielten beispielsweise Handwerker, die sich bei der Arbeit in einer Lungenheilanstalt mit Tuberkulose infiziert hatten, keine Leistungen aus der Unfallversicherung, weil sie nicht in einem Krankenhaus beschäftigt waren. Deshalb dehnte der Verordnungsgeber den Unfallschutz auf Personen aus, die zwar nicht einem mit besonderen Infektionsgefahren verbundenen Betrieb angehören, aber durch ihre Tätigkeit im Einzelfall einer Ansteckungsgefahr besonders ausgesetzt waren. Aus dieser Zielsetzung lässt sich ableiten, dass die genannte Alternative eine der spezifischen Tätigkeit innewohnende besondere Gefährdung voraussetzt. Der Betroffene muss durch seine Tätigkeit in einem Angehörigen des Gesundheitsdienstes oder der Wohlfahrtspflege vergleichbaren, erheblich höheren Maße als die übrige Bevölkerung einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt gewesen sein. Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich um ein derart erhöhtes Ansteckungsrisiko handelt, ist nicht die der Tätigkeit generell anhaftende Gefährdung, sondern die Umstände des jeweiligen Einzelfalls (VGH BW, U.v. 21.1.1986 – 4 S 2468/85; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 26). Weiterhin ist gerade nicht erforderlich, dass der Betroffene durch die Tätigkeit bestimmungsgemäß mit infizierten Personen in Kontakt kommt. Dies widerspräche zum einen der Zielsetzung der Vorschrift, unbillige Härten zu vermeiden, die sich früher daraus ergaben, dass eine Berufskrankheit nur bei Beschäftigungsverhältnissen in bestimmten Einrichtungen in Betracht kam. Überdies wäre dieses Kriterium, abgesehen von medizinischem Personal, das auf speziellen Covid-Stationen eingesetzt wird, auch bei Angehörigen des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege nicht zwingend immer erfüllt (VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 26).

Mit dem Merkmal des „besonderen Ausgesetztseins“ verlangt die Verordnung, dass die von dem Beamten ausgeübte dienstliche Tätigkeit erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung gerade an derjenigen Krankheit in sich birgt, an welcher der Beamte erkrankte. Aus der Verwendung des Begriffs „nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung“ wird auch gefolgert, dass die besondere Gefährdung für die dienstliche Verrichtung typisch sein muss. Ähnlich wie bei Nr. 3101 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung ist dabei nicht allgemein auf den generellen Inhalt der dienstlichen Verrichtung des Beamten abzustellen. Vielmehr kommt es auch hier darauf an, ob der Beamte durch die konkret von ihm auszuführende dienstliche Verrichtung unter den besonderen zu der fraglichen Zeit bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und Begleitumständen der Gefahr der betreffenden Erkrankung besonders ausgesetzt wurde (BVerwG, U.v. 4.9.1969 – II C 106.67 – juris; VGH BW, U.v. 21.1.1986 – 4 S 2468/85; VG Gießen, U.v.11.5.2000 – 5 E 1269/98 – juris, Rn. 28). Entscheidende Faktoren sind dabei vor allem der Grad der Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes des Beamten und die Übertragungsgefahr bei der konkreten Tätigkeit (Günther/Fischer, NWVBl 2020, 309 [313]; VG Karlsruhe, U.v. 22.1.2014 – 4 K 1742/11 – juris, Leitsatz). Maßgeblich ist daher nicht die Frage, ob die gesamte Lehrerschaft im Rahmen ihres Dienstes der Gefahr einer Erkrankung an Covid-19 ausgesetzt ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Klägerin bei ihrer konkreten Tätigkeit des Unterrichtens vor einer Gruppe der Notbetreuung, der Pausenaufsicht (unter Anwesenheit später infizierter Schülerinnen und Schüler) und dem Kontakt mit einer später positiv getesteten Kollegin einem solchen (gegenüber der Allgemeinbevölkerung) erhöhten Risiko ausgesetzt war (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 30; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 24).

In der (ober-)verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird von einer besonderen Ansteckungsgefahr und damit dem Vorliegen einer Berufserkrankung ausgegangen bei signifikant gehäuftem Auftreten einer Krankheit im Tätigkeitsbereich des Beamten. Vereinzelte Infektionsfälle reichen hingegen nicht, auch wenn es im privaten Umfeld des Beamten keine weiteren Infektionsfälle gab (vgl. hierzu VGH BW, U.v. 21.1.1986 – 4 S 2468/85: bejaht für einen an Tuberkulose erkrankten Lehrer, der eine Klasse mit drei Wochenstunden unterrichtet hatte, in der im Verlauf des Schuljahres 14 Tuberkulosefälle auftraten; HessVGH, U.v. 14.3.1973 – OS I 70/66: bejaht für einen an Gelbsucht erkrankten Lehrer, in dessen Klasse sechs Schüler erkrankt waren und der daneben noch weitere Klassen als Vertretungslehrer unterrichtet hatte; OVG NW, U.v. 8.11.1973 – VI A 1244/71: bejaht für eine an Röteln erkrankte Grundschullehrerin; VG Gießen, U.v.11.5.2000 – 5 E 1269/98: verneint für eine Lehrerin, die Unterricht in einer Klasse mit ein oder zwei an Mumps erkrankten Schülern gehalten hatte; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536: bejaht für einen an Covid-19 erkrankten Studiendirektor einer Wirtschaftsschule, der Unterricht in einer Klasse mit einer hohen Anzahl an infizierten Schülern gegeben hatte; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494: bejaht für einen an Covid-19 erkrankten Polizisten der an einem mehrtägigen Sportübungsleiterlehrgang mit massivem Infektionsgeschehen teilnahm; VG Aachen, U.v. 8.4.2022 – 1 K 450/21: verneint für einen an Covid-19 erkrankten Kriminalkommissar, der anlässlich einer Fahndung im Ausland vorgeblich das Taxi eines infizierten Fahrers genutzt hatte; VG Sigmaringen, U.v. 2.2.2022 – 5 K 1819/21: verneint für einen an Covid-19 erkrankten Lehrer, an dessen Schule im maßgeblichen Zeitpunkt kein massiv erhöhtes Infektionsgeschehen stattgefunden hatte).

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Maßstäbe war die Klägerin unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls bei der Verrichtung ihrer dienstlichen Tätigkeit der Gefahr einer Erkrankung an Covid-19 nicht besonders ausgesetzt. Zwar wies die Grundschule … im fraglichen Zeitraum Ende Januar 2021 ein erhöhtes Infektionsgeschehen auf, welches in der Folge zur zeitweisen Schulschließung führte. So erhielten fünf Schülerinnen und Schülern der Notbetreuung der dritten Jahrgangsstufe sowie eine Schülerin der vierten Klassenstufe im zeitlichen Zusammenhang positive PCR-Testergebnisse. Bereits am 29.01.2021 ergab der bei einer Kollegin der Klägerin, die für die Notbetreuung der dritten Klassenstufe zuständig war, durchgeführte Schnelltest ein positives Ergebnis, welches im Nachgang mittels PCR-Testung bestätigt wurde. Darüber hinaus führten weitere drei Kolleginnen der Klägerin zeitgleich mit ihr am 01.02.2021 PCR-Tests durch, die am 02.02.2021 ein positives Ergebnis lieferten. Allerdings befand sich unter den fünf bis sechs Schülerinnen und Schülern, die sich in der Notbetreuung der ersten Jahrgangsstufe, für die die Klägerin im fraglichen Zeitraum verantwortlich war (vgl. S. 2 des Protokolls vom 4.10.2022), im zeitlichen Zusammenhang keine Indexperson, so dass insoweit nicht von einem deutlich erhöhten Ansteckungsrisiko ausgegangen werden kann. Zwar waren im Rahmen der von der Klägerin am 28.01.2021 wahrgenommenen Pausenaufsicht über die insgesamt 14-köpfige Schülerschaft auch die vorgenannten, im unmittelbaren zeitlichen Umgriff mit dem Coronavirus infizierten Schülerinnen und Schüler anwesend. Jedoch fand die Pausenaufsicht im Freien statt und dauerte lediglich 15 Minuten. Nach den Ausführungen des Robert-Koch-Instituts kommen Übertragungen im Außenbereich insgesamt selten vor und haben einen geringen Anteil am gesamten Transmissionsgeschehen. Bei Wahrung des Mindestabstandes sei die Übertragungswahrscheinlichkeit im Außenbereich aufgrund der Luftbewegung sehr gering (vgl. hierzu Robert-Koch-Institut, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Stand: 04.10.2022, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn=13490888#doc13776792bodyText2 ). Mithin war auch mit der 15-minütigen Pausenaufsicht ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko für die Klägerin nicht verbunden. Soweit sich die Klägerin auf ein erhöhtes Ansteckungsrisiko infolge des Kontakts mit einer bereits am 29.01.2021 positiv auf das Coronavirus getesteten Kollegin beruft, kann sie damit ebenfalls nicht durchdringen. Denn dieser Kontakt mit der (vor-)infizierten Kollegin stellte sich für die Klägerin als Einzelbegegnung dar, die ihr Ansteckungsrisiko im Vergleich zu anderen Beamtinnen und Beamten, die im Rahmen ihrer Diensttätigkeit mit Kolleginnen und Kollegen sowie Parteiverkehr in Kontakt gelangen, nicht signifikant erhöhte. Hinzu kommt, dass die Lehrkräfte ausweislich der Vorgaben des Rahmenhygieneplans der Schulen vom 11.12.2020 zur Kontaktminimierung und Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln angehalten waren. Besprechungen sollten demnach ausschließlich als online-Formate stattfinden (vgl. Ziffer 10 des Rahmenhygieneplans der Schulen, GA Bl. 44).

Die Kammer verkennt insoweit nicht, dass mit der „im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtung“ – also der seitens der Klägerin ausübten Unterrichtstätigkeit – grundsätzlich durchaus ein gesteigertes Übertragungsrisiko einhergehen kann, das ebenfalls in die Gesamtbewertung mit einzubeziehen ist. Dass in mit mehreren Personen besetzten geschlossenen Räumen ein höheres Infektionsrisiko besteht als etwaig sonst im Alltag, ist offenkundig, weshalb schließlich gerade für den Schulbereich frühzeitig Sicherungsmaßnahmen getroffen worden waren (Maskenpflicht, regelmäßiges Lüften, Testungen, Absonderung bei Auftreten von Infektionen bzw. entsprechenden Symptomen). Nachdem aber im hier zu beurteilenden konkreten Einzelfall keine sonstige Ausbreitung des Virus in der seitens der Klägerin betreuten Notgruppe der ersten Jahrgangsstufe hat festgestellt werden können, kann bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung auch die etwas erhöhte Risikoträchtigkeit der Verrichtung die nur bei Kolleginnen und Schülern anderer Notbetreuungsgruppen festzustellende Infektionslage nicht kompensieren. Vielmehr zeigen die vorstehenden Ausführungen, dass sich dieses, der Lehrtätigkeit in stark besetzten geschlossenen Räumen unter Umständen innewohnende Infektionsrisiko im Fall der Klägerin gerade nicht realisiert hat bzw. mangels Virusträgern im relevanten Bereich nicht bestand.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach die Klägerin als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht.

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