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Ehelichkeitsanfechtungsprozess und Prozeßkostenhilfe

Oberlandesgericht Köln

Az: 16 W 8/96

Beschluss vom 09.02.1996

Vorinstanz: Amtsgericht Aachen – Az.: 24 C 16/95


Das OLG Köln hat am 09.02.1996 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des Amtsgerichts Aachen vom 28.11.1995 – 24 C 16/95 – aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Aachen zurückverwiesen. Das Amtsgericht wird angewiesen, den Antrag des Beklagten, ihm Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu bewilligen, nicht mangels Erfolgsaussichten zurückzuweisen.

G r ü n d e

Die gemäß §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 1. Alt. ZPO zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung.

Das Amtsgericht hat den Prozeßkostenhilfeantrag des Beklagten zu Unrecht zurückgewiesen, weil dieser dem Klageantrag auf Feststellung der Nichtehelichkeit des Klägers nicht entgegengetreten ist.

Die Tatsache, daß der Beklagte auch nach seinem Vorbringen nicht der Vater des Klägers ist und angekündigt hat, den Klageantrag anzuerkennen, führt nicht dazu, daß ihm die Prozeßkostenhilfe zu versagen ist.

Anders als die im Zivilprozeß oder auch die auf Feststellung der Vaterschaft verklagte Partei kann sich der Beklagte vorliegend nämlich dem Prozeß, in dem er bei Erfolg des Klägers nach § 93c ZPO mit Kosten belastet wird, nicht durch Anerkenntnis bzw. Vaterschaftsanerkennung entziehen (vgl. für die Klage auf Feststellung der Vaterschaft: OLG Köln DAVorm 1989, 791).

Der Beklagte hat insoweit keine prozessuale Gestaltungsmöglichkeit; denn für das Verfahren gilt der – eingeschränkte – Untersuchungsgrundsatz, §§ 640 Abs. 1, 616 Abs. 1, 640d ZPO. Es wäre ein Widerspruch der Rechtsordnung in sich selbst, einerseits die Partei, auch wenn sie sich nicht wehren will, in einen Abstammungsprozeß hineinzuziehen, ihr andererseits aber die Wahrnehmung ihrer Rechte mangels Erfolgsaussicht zu versagen (vgl. OLG Karlsruhe DAVorm 1989 708; Zöller/Philippi, 19. Aufl. 1995 § 114 Rdnr. 53).

So ist auch für die vergleichbare Fallkonstellation, daß das Kind im Ehelichkeitsanfechtungsprozess des Vaters beklagt ist, in der Rechtsprechung überwiegend anerkannt, daß diesem auch dann Prozeßkostenhilfe zu bewilligen ist, wenn es dem Klagebegehren nicht entgegentritt (vgl. OLG Celle FamRZ 1983, 735; OLG Frankfurt DAVorm 1983, 306; OLG Nürnberg JurBüro 1993, 231; OLG München DAVorm 85, 1034; OLG Karlsruhe DAVorm 1989, 92; FamRZ 1992, 221; anders etwa OLG Hamm FamRZ 1992, 454; weitere Nachweise bei Zöller/Philippi, a.a.O., § 114 Rdnr. 53).

Ist nach allem die Vaterschaft des Beklagten und damit der Erfolg der Ehelichkeitsanfechtungsklage – ungeachtet des prozessualen Verhaltens des Beklagten – zweifelhaft und eine Beweisaufnahme erforderlich, ist diesem, wenn darüber hinaus die Voraussetzungen des § 115 ZPO vorliegen, Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu bewilligen. Erfolgsaussichten bestehen nämlich für beide Parteien; die Vertretung durch einen Rechtsanwalt stellt sich, da es sich angesichts der Notwendigkeit einer Beweisaufnahme – u.a. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens – nicht um einen besonders einfach gelagerten Fall handelt, als Teil einer zweckentsprechenden Rechtswahrung dar.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Das Amtsgericht hat zu Recht – ungeachtet des angekündigten Anerkenntnisses des Beklagten – Beweis durch Vernehmung eines Zeugen erhoben und im Hinblick auf das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme, nach der der Zeuge M. und der Beklagte als Vater des Klägers in Betracht kommen, beschlossen, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Vaterschaft einzuholen.

Es war dem Senat nicht möglich, auf der Grundlage des bisherigen Erklärung des Beklagten zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen über dessen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zu entscheiden. Der Beklagte hat angegeben, durch „Gelegenheitsjobs … monatlich ca. 1.000,00 DM “ zu verdienen. Diese Erklärung wird er zu präzisieren und ergänzend – etwa durch Bescheinigung seines Arbeitgebers – glaubhaft zu machen haben. Der Beklagte hat alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert anzugeben. Bei einem schwankenden Einkommen ist auf der Basis des Jahresgehaltes (so etwa OLG Köln Rpfl. 1993, 408) oder jedenfalls auf der Basis des Durchschnittseinkommens der letzten Monate (OLG Köln FamRZ 1983, 635) abzurechnen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt.

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