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Anforderungen an die Schenkung eines Sparbuchs

Abtretung des Auszahlungsanspruchs

OLG Karlsruhe – Az.: 9 U 5/17 – Urteil vom 08.01.2019

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 09.12.2016 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 6.755,20 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent, maximal 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, ab dem 03.12.2015.

3. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsrechtszugs trägt die Klägerin.

IV. Die Kosten des Verfahrens vor dem Landgericht trägt die Klägerin.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien sind Schwestern. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung einer nach ihrer Meinung offenen Restdarlehensforderung. Die Beklagte verlangt im Wege der Widerklage von der Klägerin die Auszahlung eines Sparguthabens, welches nach dem Tod des Vaters der Beklagten, und nicht der Klägerin, zustehe.

Die Beklagte benötigte im Jahr 2003 für den Betrieb ihres Pflegedienstes ein Darlehen. Da die Beklagte von der Bank kein Darlehen erhielt, erklärte sich die Klägerin bereit, mit einer Darlehensaufnahme zu helfen. Die Klägerin schloss mit der Volksbank S. einen Darlehensvertrag über einen Betrag von 60.000,00 € ab, der bei einem effektiven Jahreszins von 4,99 % in monatlichen Raten zu jeweils 600,00 € zurückgezahlt werden sollte. Parallel zu diesem Vertrag schlossen die Klägerin und die Beklagte am 17.07.2003 einen Darlehensvertrag, in welchem die Klägerin der Beklagten die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 60.000,00 € versprach. Es war eine Verzinsung von 6 % jährlich vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden bei den Anlagen befindlichen Darlehensverträge verwiesen.

In Absprache mit der Klägerin zahlte die Volksbank S. das Bankdarlehen nicht an die Klägerin, sondern an die Beklagte aus. In der Folgezeit wurden Rückzahlungen auf das Bankdarlehen ausschließlich von der Beklagten erbracht. Die Parteien waren sich dabei darüber einig, dass die Zahlungen der Beklagten an die Bank gleichzeitig Rückzahlungen an die Klägerin im Rahmen des zwischen den Parteien vereinbarten Darlehens sein sollten. Am 29.05.2015 teilte die Volksbank S. der Klägerin mit, dass aus dem Bankdarlehen noch eine Restschuld von 10.244,80 € offen sei. Die Klägerin zahlte diesen Restbetrag an die Volksbank S.. Zwischen den Parteien besteht Streit, inwieweit aus dem zwischen ihnen vereinbarten Darlehensvertrag noch eine Restforderung der Klägerin gegen die Beklagte offen ist.

Der Vater der Parteien, H. S., richtete im Jahr 2012 bei der Postbank ein Sparbuch auf seinen Namen ein. Gegenüber der Postbank erteilte der Vater Einzelvollmachten für beide Parteien. Das Postsparbuch übergab der Vater der Klägerin, bei welcher er in einer eigenen Wohnung jeweils den überwiegenden Teil des Jahres lebte. Am 14.03.2014 verstarb der Vater. Die Beklagte ist seine testamentarische Alleinerbin.

Nach dem Tod des Vaters begaben sich beide Parteien gemeinsam zur Postbank. Es bestand Einigkeit, dass die Beerdigungskosten – entsprechend dem Willen des Vaters – vom Guthaben des Sparbuchs bezahlt werden sollten. Aufgrund der vom Vater zu Lebzeiten erteilten Vollmacht überwies die Postbank das Guthaben in Höhe von 23.000,00 € auf ein Bankkonto der Klägerin. Die Klägerin bezahlte von diesem Guthaben die Beerdigungskosten.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht einen Zahlungsanspruch in Höhe von 10.244,80 € geltend gemacht. Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin den Betrag, mit welchem diese das Bankdarlehen abgelöst hatte, zu erstatten. Denn der Betrag von 10.244,80 € sei gleichzeitig die Restschuld aus dem zwischen den Parteien vereinbarten Darlehensvertrag.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Im Verhältnis zwischen den Parteien sei nicht das Bankdarlehen der Klägerin maßgeblich, sondern allein der zwischen den Parteien abgeschlossene Darlehensvertrag. Die Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag habe die Beklagte vollständig bezahlt. Hilfsweise hat die Beklagte mit Gegenansprüchen aufgerechnet. Im Übrigen hat die Beklagte im Wege der Widerklage eine Zahlung in Höhe von 6.755,20 € nebst Zinsen verlangt. Das Guthaben auf dem Sparbuch des Vaters, welches von der Postbank an die Klägerin ausbezahlt wurde, stehe der Beklagten als Alleinerbin des Vaters zu. Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin bezahlten Beerdigungskosten habe diese an die Beklagte mindestens 6.755,20 € von dem Sparbuch-Guthaben an die Beklagte herauszugeben.

Anforderungen an die Schenkung eines Sparbuchs
(Symbolfoto: Von wing-wing/Shutterstock.com)

Die Klägerin hat gegenüber der Widerklage geltend gemacht, das Sparbuch-Guthaben stehe ihr zu, weil der Vater ihr das Sparbuch noch zu Lebzeiten geschenkt habe. Im Übrigen habe sie nach dem Tod des Vaters weitere Unkosten gehabt, die sie hilfsweise der Widerklage entgegensetzen könne.

Das Landgericht hat die Beklagte nach Durchführung einer Beweisaufnahme zur Zahlung in Höhe von 3.037,17 € nebst Zinsen verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Unter Berücksichtigung der von den Parteien vorgelegten Unterlagen stehe fest, dass aus dem Darlehen, welches die Klägern der Beklagten gewährt habe, noch ein Restbetrag in Höhe von 2.012,50 € zurückzuzahlen sei. Die Klägerin könne zudem Zinsen in Höhe von 1.024,67 € verlangen; in dieser Höhe seien die von der Klägerin geltend gemachten Zinsen nicht verjährt. Daraus ergebe sich die Zahlungsforderung in Höhe von 3.037,17 €. Die Widerklage sei nicht begründet. Denn nach der Vernehmung mehrerer Zeugen stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der verstorbene Vater bereits zu Lebzeiten das Sparbuch der Klägerin geschenkt habe. Der Vater habe der Klägerin das Sparbuch überlassen mit dem Hinweis, dass sie vom Sparbuch bei seinem Tod die Beerdigungskosten bezahlen solle. Im Übrigen habe der Vater gewollt, dass sie nach Bezahlung der Beerdigungskosten das restliche Guthaben auf dem Sparbuch behalten dürfe. Aus diesen Erklärungen ergebe sich rechtlich eine Schenkung, weshalb der Beklagten als Erbin kein Zahlungsanspruch gegen die Klägerin zustehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie hält an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen fest. Das Landgericht habe die Zahlungen der Beklagten auf das von der Klägerin gewährte Darlehen nur unzureichend berücksichtigt. Die Beklagte habe mehr zurückgezahlt, als sie nach dem Vertrag mit der Klägerin hätte zahlen müssen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts zu der von der Klägerin behaupteten Schenkung des Sparbuchs sei zudem fehlerhaft. In Wirklichkeit habe der verstorbene Vater nie den Willen gehabt, dass das Sparbuchguthaben nach seinem Tod der Klägerin zustehen solle. Da die Forderung aus dem Sparbuchguthaben gegen die Postbank der Beklagten als Erbin zugestanden habe, müsse die Klägerin – unter Berücksichtigung der bezahlten Beerdigungskosten – mindestens 6.755,20 € an die Beklagte zahlen.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des am 09.12.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Konstanz, Az: M 5 O 259/15, die Klage abzuweisen und die Klägerin/Widerbeklagte zu verurteilen, an die Beklagte/Widerklägerin 6.755,20 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen seit dem 10.12.2014 zu bezahlen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts. Die Beklagte habe auf das Darlehen nicht mehr zurückgezahlt, als das Landgericht im Urteil berücksichtigt habe. Da der Vater das Sparbuch der Klägerin geschenkt habe, dürfe sie nach Bezahlung der Beerdigungskosten das restliche Guthaben behalten. Die Schenkung sei mit der Übergabe des Sparbuchs an die Klägerin noch zu Lebzeiten des Vaters vollzogen worden. Im Übrigen habe die Klägerin für die Räumung und Renovierung der vom Vater in ihrem Haus bewohnten Wohnung erhebliche Unkosten gehabt. Hilfsweise könne sie diese Unkosten der Widerklage entgegenhalten.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung hat im Wesentlichen Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus dem Darlehensvertrag kein restlicher Zahlungsanspruch mehr zu. Die Widerklage ist – mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsen – begründet.

1. Die Klägerin hat der Beklagten ein Darlehen in Höhe von 60.000,00 € gewährt. Die Beklagte hat das Darlehen vollständig zurückgezahlt. Eine Restschuld in Höhe von 2.012,50 € besteht entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht.

a) Maßgeblich ist der Darlehensvertrag zwischen den Parteien vom 17.07.2003 (vgl. die Anlagen K). Den in diesem Vertrag genannten Betrag von 60.000,00 € hat die Beklagte erhalten. Für die erstinstanzlich von der Klägerin behauptete Auszahlung eines höheren Betrages (vgl. den Schriftsatz vom 30.05.2016, Seite 2) gibt es keinen Anhaltspunkt. Gegenstand der Darlehensabrechnung im Berufungsverfahren ist die Abrechnung der Hauptforderung in Höhe von 60.000,00 € nebst den vom Landgericht zuerkannten Zinsen in Höhe von 1.024,67 €. Darüber hinausgehende Zinsen (vgl. den Darlehensvertrag vom 17.07.2003) spielen für die Entscheidung des Senats keine Rolle, da weitergehende Zinsen vom Landgericht nicht zuerkannt wurden.

b) Das Darlehen wurde von der Beklagten vollständig zurückgezahlt, und zwar – wie zwischen den Parteien vereinbart – durch laufende Zahlungen der Beklagten an die Volksbank S. auf das Darlehen, welches die Bank der Klägerin gewährt hatte.

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aa) Aus den von der Klägerin vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich, dass das Bankdarlehen am 01.01.2006 noch mit 51.989,07 € valutierte. Bei einem Ursprungsbetrag von 60.000,00 € ergibt sich daraus, dass bis Ende 2005 auf den Bankkredit mindestens die Differenz zwischen 60.000,00 € und 51.989,07 €, also 8.010,93 €, zurückgezahlt wurden. Unstreitig wurden Rückzahlungen auf das Bankdarlehen ausschließlich von der Beklagten, und nicht von der Klägerin, geleistet. Damit steht fest, dass die Beklagte in der Zeit vor dem 01.01.2006 mindestens 8.010,83 € auf ihre Verpflichtung gegenüber der Klägerin geleistet hat.

bb) Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergeben sich im Übrigen für die Zeit von 2006 bis einschließlich 2014 Zahlungen der Beklagten in Höhe von insgesamt 54.400,00 €. (Vgl. hierzu den von den Parteien nicht angegriffenen Hinweis des Senats vom 08.10.2018 unter 3. b); der dort genannte Betrag von 57.400,00 € enthält neben den Zahlungen für die Zeit ab 2006 auch Zahlungen für das Jahr 2004 in Höhe von insgesamt 3.000,00 €.) Die Beklagte hat daher auf die Darlehensforderungen der Klägerin insgesamt mindestens 62.410,93 € gezahlt (8.010,93 € + 54.400,00 €). Das übersteigt die Hauptforderung von 60.000,00 € und die vom Landgericht zuerkannten Zinsen in Höhe von 1.024,67 €.

c) Der Senat verkennt nicht, dass bei dieser Abrechnung eine Differenz zwischen den Zahlungen an die Bank einerseits und den Darlehensverpflichtungen der Beklagten gegenüber der Klägerin verbleibt. Im Ergebnis hat die Klägerin für die Zinsen, welche sie an die Bank gezahlt hat, von der Beklagten teilweise keine Erstattung bekommen, obwohl die Klägerin das Darlehen bei der Bank ausschließlich im Interesse der Beklagten aufgenommen hat. Diese Differenz resultiert aus der Gestaltung des Darlehensvertrages zwischen den Parteien vom 17.07.2003 und aus dem Umstand, dass die in diesem Vertrag vorgesehenen Zinsen von der Klägerin nicht zeitnah geltend gemacht wurden.

d) Da die Darlehensforderung vollständig bezahlt ist, spielt die Hilfsaufrechnung der Beklagten keine Rolle.

2. Die Widerklage ist begründet. Der Beklagten steht ein Zahlungsanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 6.755,20 € aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. BGB) zu. Die Klägerin ist jedenfalls in Höhe der Widerklageforderung verpflichtet, das Guthaben auf dem Sparbuch des verstorbenen Vaters, welches die Postbank an sie ausgezahlt hat, an die Beklagte auszukehren.

a) Beim Tod des Vaters befand sich auf dem Sparbuch, welches auf den Namen des Vaters geführt wurde, ein Guthaben in Höhe von 23.000,00 €. Die Klägerin hat nach dem Tod des Vaters von der Vollmacht Gebrauch gemacht, welche der Vater ihr eingeräumt hatte. Auf diese Weise kam es zur Auszahlung des Guthabens durch die Postbank auf ein Konto der Klägerin. Die Sparbuchforderung stand nach dem Tod des Vaters jedoch nicht der Klägerin, sondern der Beklagten als Alleinerbin zu. Mit der Veranlassung einer Überweisung auf ein eigenes Konto hat die Klägerin in das Recht der Beklagten eingegriffen. Die Klägerin ist auf Kosten der Beklagten bereichert, weil die Postbank auf Grund der Vollmacht der Klägerin zur Auszahlung an diese verpflichtet war; die Beklagte, die als Erbin berechtigte Gläubigerin gegenüber der Postbank war, hat die ihr nach dem Tod des Vaters zustehende Forderung gegen die Postbank verloren. Damit liegen die Voraussetzungen eines Anspruchs der Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. BGB auf Grund einer sogenannten Eingriffskondiktion (vgl. dazu Palandt/Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 78. Auflage 2019, § 812 BGB Rn. 38 ff.) vor.

b) Das Landgericht hat angenommen, das Sparbuchguthaben sei der Klägerin vor dem Tod des Vaters von diesem geschenkt worden. Eine wirksame Schenkung wäre ein Rechtsgrund im Verhältnis zur Beklagten im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB; die Beklagte dürfe das von der Postbank ausgezahlte Guthaben behalten. Die Klägerin kann sich jedoch nicht auf eine Schenkung berufen, da die Schenkungsabrede – die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts unterstellt – unwirksam war. Auf die Einwendungen der Beklagten gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts kommt es daher nicht an. Die Widerklage ist aus Rechtsgründen auch dann begründet, wenn man als zutreffend unterstellt, der Vater habe gegenüber der Klägerin zu einem bestimmten Zeitpunkt vor seinem Tod verbindlich erklärt, sie solle vom Sparbuch bei seinem Tod die Beerdigungskosten bezahlen, und dürfe im Übrigen das Guthaben auf dem Sparbuch behalten.

aa) Wenn man die dem Sachvortrag der Klägerin entsprechenden Feststellungen des Landgerichts als richtig unterstellt, ist von einer mündlichen Schenkung des Sparguthabens auszugehen, verbunden mit der Auflage, dass von dem Guthaben Beerdigungskosten bezahlt werden. Es kommt entweder eine Schenkung unter Lebenden in Betracht (wovon wohl das Landgericht ausgegangen ist) oder ein Schenkungsversprechen von Todes wegen (§ 2301 BGB). Die rechtliche Differenzierung kann dahinstehen, da die Schenkung in jedem Fall unwirksam war.

bb) Ein Schenkungsversprechen erfordert nach den Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch eine bestimmte Form. Bei einer Schenkung unter Lebenden ist eine notarielle Beurkundung erforderlich (§ 518 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch ein Schenkungsversprechen von Todes wegen setzt eine notarielle Form voraus (§§ 2301 Abs. 1, 2276 Abs. 1 BGB). Ein Versprechen in notarieller Form liegt nicht vor. Die mündliche Schenkung ist nicht wirksam.

cc) Eine mündlich vereinbarte Schenkung ist – oder wird – trotz des Formmangels wirksam, wenn sie vollzogen (“bewirkt“) wird (§§ 518 Abs. 2, 2301 Abs. 2 BGB). Die Schenkung des Sparbuchguthabens wurde vom Vater der Parteien jedoch nicht vollzogen.

aaa) Bei beweglichen Sachen (beispielsweise bei einem Buch, aber auch bei wertvollem Schmuck oder einem wertvollen Kunstgegenstand) hängt in aller Regel die Wirksamkeit der Schenkung nicht von einem notariellen Vertrag ab. Denn die Schenkung eines beweglichen Gegenstandes wird in aller Regel sofort „vollzogen“. Wer ein Buch mit der Erklärung „das darfst Du behalten“ übergibt, erklärt damit nicht nur die Schenkung (vereinbarte Unentgeltlichkeit der Leistung), sondern überträgt gleichzeitig mit der Übergabe das Eigentum am Buch. Dies ist für einen Vollzug und damit für eine wirksame Schenkung gemäß § 518 Abs. 2 BGB ausreichend.

Bei einem Sparbuch reicht die Übergabe hingegen zum Vollzug der Schenkung nicht aus. Das Sparbuch verbrieft eine Forderung gegen die Bank. Die Forderung gegen die Bank geht nicht dadurch auf einen Dritten über, dass das Eigentum an der Urkunde auf den Dritten übertragen wird. Vielmehr steht das Eigentum an der Schuldurkunde bei einem Sparbuch dem jeweiligen Forderungsgläubiger zu (§ 952 Abs. 1 BGB). Wer das Guthaben aus einem Sparbuch an einen Dritten übertragen möchte, muss mithin eine Abtretung der Forderung gegen die Bank mit dem Dritten vereinbaren (vgl. Palandt/Sprau, a. a. O., § 808 BGB Rn. 6). Der Vollzug einer Schenkung erfordert bei einem Sparbuch mithin grundsätzlich eine Abtretungsvereinbarung zwischen dem Schenker und der beschenkten Person (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 518 BGB Rn. 10). Eine ausdrückliche Abtretungsvereinbarung hat es zwischen dem Vater und der Klägerin – auch mündlich – unstreitig nicht gegeben. Daher kann sich die Klägerin nicht auf § 518 Abs. 2 BGB berufen.

bbb) Allerdings kann eine Abtretungsvereinbarung auch konkludent getroffen werden. Wer ein auf seinen Namen ausgestelltes Sparbuch an einen anderen übergibt mit dem Willen „das darfst Du behalten“, verbindet damit unter Umständen die Vorstellung, dass mit dieser Absprache alles geregelt sein soll, was zur Bewirkung der Zuwendung erforderlich ist. Die Rechtsprechung nimmt daher in bestimmten Fällen an, dass mit der Übergabe eines Sparbuches eine konkludente (stillschweigende) Abtretungsvereinbarung zu Gunsten des Beschenkten in Betracht kommt, so dass die Schenkung mit der Übergabe des Sparbuchs vollzogen ist (vgl. Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 518 BGB Rn. 10). Dabei kommt es allerdings auf die Umstände des Einzelfalles an. Eine konkludente Abtretungsvereinbarung kommt bei der Übergabe eines Sparbuchs nur dann in Betracht, wenn die Rechtsfolge der Abtretung vom Schenker offensichtlich gewollt ist, beziehungsweise – wenn er die rechtlichen Konsequenzen gekannt hätte – gewollt gewesen wäre. Dies lässt sich vorliegend nicht feststellen. Aus den Umständen der vom Landgericht angenommenen Schenkungsabrede ergibt sich kein konkludenter Abtretungswille. Es ist nicht ersichtlich, dass nach den Vorstellungen des Schenkers gleichzeitig eine Abtretungsvereinbarung gewollt war, um seinem Willen Geltung zu verschaffen.

Es gibt verschiedene Umstände, die der Feststellung eines Abtretungswillens beim Vater der Parteien entgegenstehen (vgl. zu entsprechenden Erwägungen bei der schenkweisen Übergabe eines Sparbuchs BGH, WM 1978, 895, 896; LG Regensburg, Urteil vom 30.09.1982 – 6 O 950/82 -, zitiert nach Juris; Bork, JZ 1988):

– Für das Sparkonto gab es eine Vollmacht für die Klägerin, die das Sparbuch in Besitz hatte. Aus der Sicht des Vaters war dies möglicherweise ausreichend, um der Klägerin Verfügungen über das Konto zu ermöglichen; eine Abtretung war wegen der bereits bestehenden Vollmacht auch bei einer beabsichtigten Schenkung nicht zwingend notwendig.

– Der Erblasser wollte, dass bei seinem Tod die Beerdigungskosten vom Guthaben des Kontos gedeckt wurden. Bei einer vollständigen Abtretung des Guthabens zu seinen Lebzeiten war eine Verwirklichung dieser Absicht nicht gesichert. Hingegen lag es im Hinblick auf die Beerdigungskosten möglicherweise näher, an einen Vollzug der Schenkung erst nach Bezahlung der Beerdigungskosten, also nach dem Tod des Erblassers, zu denken.

– Wenn der Vater das Guthaben der Klägerin noch zu seinen Lebzeiten endgültig zuwenden wollte, hätte es nicht ferngelegen, entweder das Sparbuch auf den Namen der Tochter bei der Postbank umschreiben zu lassen, oder das Guthaben bereits zu seinen Lebzeiten auf ein Konto der Klägerin zu überweisen. Der Umstand, dass der Erblasser von solchen Möglichkeiten abgesehen hat, spricht gegen einen Vollzugswillen zu Lebzeiten.

– Auch bei einem anzunehmenden Schenkungswillen ist offen, ob sich der Vater vorbehalten wollte, zu seinen Lebzeiten noch selbst Geld vom Sparkonto abzuheben, wenn er finanzielle Mittel benötigte. Eine solche Möglichkeit steht einem Abtretungswillen entgegen.

dd) Ein Vollzug der Schenkung (§ 518 Abs. 2 BGB) ist auch nach dem Tod des Vaters nicht erfolgt. Insoweit wäre eine Verfügung der Beklagten als Erbin erforderlich gewesen. Die Beklagte hat die Sparbuchforderung gegen die Bank nicht an die Klägerin abgetreten. Insbesondere hat es unstreitig bei dem gemeinsamen Besuch der Parteien bei der Postbank nach dem Tod des Vaters keine derartige Vereinbarung gegeben.

3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass entsprechend dem Willen des Vaters die Beerdigungskosten vom Sparbuchguthaben zu begleichen waren. Die Aufrechnung der Klägerin gegenüber der Forderung der Beklagten hat daher in Höhe der unstreitigen Beerdigungskosten Erfolg. Nach Abzug dieser Kosten (7.782,43 €) vom Sparbuchguthaben (23.000,00 €) verbleibt eine Restforderung der Beklagten in Höhe von 15.217,57 €, die über dem Widerklageantrag liegt.

4. Der Klägerin stehen auf der Grundlage ihres Vorbringens im Prozess keine weiteren Gegenforderungen zu, welche sie der Widerklage entgegenhalten könnte. Das gilt insbesondere für die Kosten der Entrümpelung und der Renovierung der vom Vater bewohnten Wohnung. Es gab zwischen der Klägerin und ihrem Vater keinen schuldrechtlichen Vertrag, nach dem der Vater bei seinem Tod oder bei einem vorzeitigen Auszug verpflichtet war, solche Kosten zu tragen. Daher hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen die Beklagte als Erbin. Ob sich aus dem Übergabevertrag vom 05.01.1990 (II 131 ff.) eine Verpflichtung der Klägerin ergibt, diese Kosten zu tragen, kann dahinstehen. Entscheidend ist, dass es jedenfalls keine vertragliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Vater gab, aufgrund welcher die Klägerin die geltend gemachten Kosten auf die Beklagte als Erbin abwälzen könnte.

5. Der Beklagten stehen aus der Widerklageforderung Zinsen seit Rechtshängigkeit der Widerklage, mithin seit dem 03.12.2015 zu. Das von der Beklagten angegebene Schreiben vom 24.11.2014 enthält keine Mahnung im Sinne von § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB, so dass für die Zeit vor Rechtshängigkeit keine Zinsen zu zahlen sind. Die geltend gemachten Zinsen (5 %) sind gemäß § 288 Abs. 1 ZPO auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz zu begrenzen; da der Basiszinssatz in den vergangenen Jahren negativ war, liegen die der Beklagten zustehenden Zinsen überwiegend unter 5 Prozent.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

7. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.

 

 

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