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Verkehrsunfall: Anmietung eines Mietwagens bei Zweitfahrzeug

Landgericht Passau

Az: 3 S 7/09

Urteil vom 29.10.2009


In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatz erlässt das Landgericht Passau -3. Zivilkammer- am 29.10.2009 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 08.10.2009 folgendes Endurteil

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichtes Passau vom 23.12.2008 (Az.: 12 C 2267/07) aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abweisen, wenn die Beklagte nicht vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger ist von Beruf freier Handelsvertreter und verfügte im Jahr 2004 über einen Pkw Mercedes Benz CLK 230, den er zu berufsunabhängigen Fahrten einsetzte (Privat-Pkw) und einen weiteren Pkw BMW X 5, den er zu beruflichen Zwecken einsetzte, wobei er ein Fahrtenbuch aus steuerlichen Gründen führte („Dienst-Pkw“).

Der Privat-Pkw wurde am 06.06.2004 bei einem Verkehrsunfall aus alleinigem Verschulden des Versicherungsnehmers der Beklagten-Haftpflichtversicherung beschädigt. Die Parteien streiten noch über restliche Miete eines Ersatzfahrzeuges:

Der beschädigte Privat-Pkw wurde vom 30.06. bis 13.07.2004 repariert, in dieser Zeit mietete der Kläger von der Fa. .. Autovermietung als Ersatzfahrzeug zunächst einen Pkw Audi A4 Cabriolet (für 10 Tage), sodann einen Pkw Mercedes Benz CLK Cabrio (für 4 Tage) an, mit denen er insgesamt 628 km zurücklegte. Auf die Rechnung der Autovermietung zahlte die Beklagte 925,96 €. Der Rechnungsbetrag lautete ursprünglich auf 3.012,54 €, die Differenz klagte der Kläger mit Nebenkosten ein. Im Verlauf des Verfahrens 1. Instanz reduzierte der Autovermieter den Rechnungsbetrag auf 2.907,57 €, der Kläger ermäßigte die Klageforderung korrespondierend auf 1.981,61 €. Das Amtsgericht sprach diesen Betrag zuzüglich Nebenforderungen nach Einholung eines Sachverständigengutachtens (zur Schadensklasse des beschädigten Pkws) und Einvernahme des Zeugen P. zu, im einzelnen wird hierzu auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Endurteil wurde dem anwaltschaftlichen Vertreter der Beklagten zugestellt am 05.01.2009. Sie legte mit Schriftsatz vom 15.01.2009, eingegangen am 16.01.2009 Berufung ein, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf den 06.04.2009 mit Schriftsatz vom 06.04.2009, eingegangen am selben Tag, begründete. Die Berufung rügt Verfahrens- und Rechtsfehler, insbesondere, dass das Amtsgericht Zeugenbeweisangebote der Beklagten übergangen und die schadensrechtlichen Vorschriften falsch angewandt habe. Insbesondere habe das Amtsgericht nicht berücksichtigt, dass der Kläger nach eigener Einlassung über ein Zweitauto verfügt habe und so auch die Nutzung eines Mietfahrzeugs während der Reparturzeit nicht angewiesen gewesen sei. Im Einzelnen wird auf die Berufungsbegründung Bl. 166/190 d.A. Bezug genommen.

Die Beklagte beantragte, das Urteil des Amtsgerichtes Passau vom 23.12.2008 aufzuheben und die Klage zuweisen.

Der Kläger beantragte, die Zurückweisung der Berufung.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen 1. Instanz. Im Einzelnen wird auf die Berufungserwiderung Bl. 193/199 d.A. Bezug genommen.

In mündlicher Verhandlung vom 08.10.2009 wurde der Kläger zur Sache gehört. Beweis wurde nicht erhoben.

II.

Die zulässige Berufung war in der Sache erfolgreich.

Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch aus dem Verkehrsunfall vom 06.06.2004 in Form restlicher Mietwagenkosten nicht zu, §§ 7 StVG, 3 Nr. 1 PflVersG a.F., §§ 249, 251 Abs. 1, 254 ABs. 2 BGB.

Die Begründung der Entscheidung kann sich auf die Darstellung beschränken, dass nach einem Verkehrsunfall dem Geschädigten Ersatz für den in der Entziehung der Nutzungsmöglichkeit an dem geschädigten Kraftfahrzeug liegenden Schaden durch Anmietung einer Ersatzsache zusteht, wenn verschiedene Voraussetzungen erfüllt sind. Unter anderem ist erforderlich, dass die entgangene Nutzungsmöglichkeit durch den Geschädigten nicht anders als durch die Anmietung einer Ersatzsache zumutbar ersetzt werden kann. Das ist nicht der Fall, wenn dem Geschädigten ein Zweitfahrzeug zur Verfügung steht, dessen Verwendung ihm zumutbar ist (BGH NJW 1976, S. 286 ff), wobei das Zweitfahrzeug einen Nutzungswert ähnlich dem beschädigten Fahrzeug haben muss (OLG Düsseldorf NZV 2008, S. 460 ff). Zu Letzterem ist zu sagen, dass der Nutzungswert eines BMW X 5 hinsichtlich Komfort, Ausstattung und Leistung nicht von dem des beschädigten Privatfahrzeuges des Klägers abweicht, jedenfalls nicht so zurückbleibt, dass ein Vergleich zwischen den Fahrzeugen nicht möglich wäre.

Die Befürchtung des Klägers, der Einsatz des Dienst-Pkw’s zu Privatfahrten würde steuerliche Nachteile mit sich bringen, war nicht berechtigt. Der Kläger hat zu den steuerlichen Nachteilen nichts näher ausgeführt, es kann sich hierbei jedoch nur um die 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG handeln. Da der Kläger nach seiner Erklärung ein Fahrtenbuch für das Dienstfahrzeug führt, muss er jedoch insoweit keine Befürchtungen haben: Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG kann er die Kosten von Privatfahrten mit Dienstfahrzeugen anhand des Fahrtenbuches und seinen Aufzeichnungen über die Kosten des Pkw’s in seiner Buchführung isolieren und so die tatsächlichen Aufwendungen feststellen, die er dann als Entnahme zu versteuern hat. Den ihm hieraus entstehenden Nachteil hat der Schädiger zu ersetzen. Der Kläger hat trotz der ausdrücklichen Berufungsrüge der Beklagten betreffend das Zweitfahrzeug zu den Aufwendungen nichts vorgetragen und seinen Zahlungsanspruch auch nicht hilfsweise hierauf gestützt, so dass auch nach einer Schätzung der Aufwendungen für unstreitig 628 gefahrene Kilometer die Abgeltung dieser Aufwendungen durch die durch die Beklagte gezahlten 925,96 € ausgegangen werden kann, was jedoch nicht streitgegenständlich ist. Jedenfalls war die Verwendung seines Zweitfahrzeugs für den Kläger – der durch § 254 Abs. 2 BGB unter der Verpflichtung stand, den Schaden gering zu halten – damit auch zumutbar.

Auf den Umstand, dass nach seinem Vortrag die Beklagte ihm zugesagt habe, er habe während der Reparaturzeit Anspruch auf ein Ersatzfahrzeug, kommt es nicht an: Es ist nicht dargetan, dass der Beklagten damals bekannt war, dass der Kläger über ein einsetzbares Zweitfahrzeug verfügte.

Das Amtsgericht hat die Erklärung des Klägers zu seinem Zweitfahrzeug („es handelt sich um ein Firmenfahrzeug…, das ich nicht ohne weiteres einsetzen kann“) in seinem Urteil als zutreffend zugrunde gelegt, ohne in Anwendung von § 287 Abs. 1 ZPO aufzuklären, welche Gründe der Kläger für diese in mündlicher Verhandlung 1. Instanz abgegebene Erklärung anzuführen hatte. Das lag insbesondere nahe, weil gleichzeitig erklärt wurde, der Kläger habe sein Dienstfahrzeug in der Zeit zwischen Unfall und Reparatur auch für Privatfahrten eingesetzt.

Aufgrund der Erläuterung des Klägers vor der Kammer war daher von einem Verstoß gegen die dem Kläger obliegende Schadensminderungspflicht auszugehen, womit ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten wie streitgegenständlich nicht bejaht werden konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgte gem. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache über den gegenständlichen Schadensfall hinaus keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

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