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Anordnung häuslicher Quarantäne nach Einreise aus Risikogebiet

Oberverwaltungsgericht Thüringen – Az.: 3 EN 251/21 – Beschluss vom 05.05.2021

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die teilweise Außervollzugsetzung der Sechsten Thüringer Quarantäneverordnung.

Der in Thüringen wohnhafte Antragsteller verbrachte nach seinen Angaben im Zeitraum vom 14. bis 25. April 2021 seinen Urlaub in Griechenland, das aufgrund der vom Robert Koch-Institut mitgeteilten Inzidenzwerte vom Bundesgesundheitsministerium als Risikogebiet im Sinne von § 2 Nr. 17 Infektionsschutzgesetz (IfSG) eingestuft ist.

Die Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie erließ am 2. Februar 2021 als Art. 1 der Thüringer Verordnung zur weiteren Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie gefährlicher Mutationen die Sechste Thüringer Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sechste Thüringer Quarantäneverordnung), die nach ihrer Notverkündigung auf der Homepage des Ministeriums am 5. Februar 2021 im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemacht wurde (GVBl. 2021 S. 65). Diese Verordnung wurde in der Folge durch Art. 3 der Verordnung vom 18. Februar 2021 (GVBl. S. 95) und durch Art. 3 der Verordnung vom 12. März 2021 (GVBl. S. 104) geändert.

Die Rechtsverordnung hat, soweit hier erheblich, nunmehr folgenden Wortlaut:

§ 1 Absonderung für Ein- und Rückreisende; Beobachtung

(1) Personen, die auf dem Land-, See- oder Luftweg aus dem Ausland nach Thüringen einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten zehn Tagen vor Einreise in einem zum Zeitpunkt der Einreise als Risikogebiet im Sinne des § 2 Nr. 17 IfSG mit einem erhöhten Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 eingestuften Gebiet (Risikogebiet) aufgehalten haben, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die Haupt- oder Nebenwohnung oder in eine andere, eine Absonderung ermöglichende Unterkunft zu begeben und sich für einen Zeitraum von zehn Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern; dies gilt auch für Personen, die zunächst in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland eingereist sind. Für Personen, die sich in den letzten zehn Tagen vor der Einreise in einem Virusvarianten-Gebiet im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Coronavirus-Einreiseverordnung (CoronaEinreiseV) vom 13. Januar 2021 (BAnz AT 13.01.2021 V1) in der jeweils geltenden Fassung (Virusvarianten-Gebiet) aufgehalten haben, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass der Zeitraum der Absonderung 14 Tage beträgt. Den in den Sätzen 1 und 2 genannten Personen ist es in dem für sie maßgeblichen Zeitraum der Absonderung nicht gestattet, Besuch von Personen zu empfangen, die nicht ihrem Haushalt angehören; ausgenommen sind Zutrittsrechte für behandelnde Ärzte, medizinisches Personal sowie für Seelsorger und Urkundspersonen entsprechend § 30 Abs. 4 Satz 2 IfSG.

(2) Personen, die einer Absonderungspflicht nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 unterliegen, sind verpflichtet, die zuständige Behörde unverzüglich zu informieren, wenn erkennbare Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, insbesondere akuter Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns, Atemnot oder Fieber im Zusammenhang mit neu aufgetretenem Husten, innerhalb des für sie maßgeblichen Zeitraums der Absonderung nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 bei ihnen auftreten.

(3) Für die Zeit der Absonderung unterliegen die nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 absonderungspflichtigen Personen der Beobachtung durch die zuständige Behörde.

Anordnung der häuslichen Quarantäne nach Einreise aus einem Risikogebiet
(Symbolfoto: Von Jose Carlos Cerdeno/Shutterstock.com)

§ 2 Ausnahmen

(1) Von § 1 Abs. 1 nicht erfasst sind

1. Personen, die nur zur Durchreise nach Thüringen einreisen; diese haben Thüringen auf dem schnellsten Weg zu verlassen, um die Durchreise abzuschließen,

2. bei Aufenthalten von weniger als 72 Stunden bei Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepte

a) Personen, die beruflich bedingt grenzüberschreitend Personen, Waren oder Güter auf der Straße, der Schiene, per Schiff oder per Flugzeug transportieren, oder

b) Personen, deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung des Gesundheitswesens zwingend notwendig ist, und dies durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber bescheinigt wird, oder

3. bei Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepte Personen, die

a) in Thüringen ihren Wohnsitz haben, sich zwingend notwendig zum Zweck ihrer Berufsausübung, ihres Studiums oder ihrer Ausbildung an ihre Berufsausübungs-, Studien- oder Ausbildungsstätte in ein Risikogebiet begeben und regelmäßig, mindestens einmal wöchentlich, an ihren Wohnsitz zurückkehren (Grenzpendler) oder

b) in einem Risikogebiet ihren Wohnsitz haben, sich zwingend notwendig zum Zweck ihrer Berufsausübung, ihres Studiums oder ihrer Ausbildung nach Thüringen begeben und regelmäßig, mindestens einmal wöchentlich, an ihren Wohnsitz zurückkehren (Grenzgänger); die zwingende Notwendigkeit sowie die Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepte sind durch den Dienstherrn, den Arbeitgeber, den Auftraggeber oder die Bildungseinrichtung zu bescheinigen.

Satz 1 Nr. 3 gilt für Personen, die sich in den letzten zehn Tagen vor ihrer Einreise in einem Virusvarianten-Gebiet aufgehalten haben, nur innerhalb des Grenzverkehrs mit Nachbarstaaten und mit der Maßgabe, dass die Tätigkeit für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und unabdingbar ist, und dies durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber bescheinigt wird.

(2) Sofern es sich nicht um Einreisende handelt, die sich in den letzten zehn Tagen vor ihrer Einreise in einem Virusvarianten-Gebiet aufgehalten haben, sind von § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht erfasst

1. Personen, die sich im Rahmen des Grenzverkehrs mit Nachbarstaaten weniger als 24 Stunden in einem Risikogebiet aufgehalten haben oder für bis zu 24 Stunden in das Bundesgebiet einreisen oder

2. bei Aufenthalten von weniger als 72 Stunden

a) Personen, die einreisen aufgrund des Besuchs von Verwandten ersten Grades, des nicht dem gleichen Haushalt angehörigen Ehegatten, eingetragenen Lebenspartners oder Lebensgefährten oder eines geteilten Sorgerechts oder eines Umgangsrechts, oder

b) bei Einhaltung angemessener Schutz- und Hygienekonzepte hochrangige Mitglieder des diplomatischen und konsularischen Dienstes, von Volksvertretungen und Regierungen.

(3) Sofern es sich nicht um Einreisende handelt, die sich in den letzten zehn Tagen vor ihrer Einreise in einem Virusvarianten-Gebiet aufgehalten haben, sind von § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht erfasst

1. Personen, deren Tätigkeit zwingend notwendig ist für die Aufrechterhaltung

a) der Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens, insbesondere Ärzte, Pflegekräfte, unterstützendes medizinisches Personal und 24-Stunden-Betreuungskräfte,

b) der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,

c) der Pflege diplomatischer und konsularischer Beziehungen,

d) der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege,

e) der Funktionsfähigkeit von Volksvertretung, Regierung und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Kommunen, oder

f) der Funktionsfähigkeit der Organe der Europäischen Union und von internationalen Organisationen;

die zwingende Notwendigkeit ist durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder Auftraggeber zu prüfen und zu bescheinigen,

2. Personen, die einreisen aufgrund

a) des Besuchs von Verwandten ersten oder zweiten Grades, des nicht dem gleichen Haushalt angehörigen Ehegatten, eingetragenen Lebenspartners oder Lebensgefährten oder eines geteilten Sorgerechts oder eines Umgangsrechts,

b) einer dringenden medizinischen Behandlung oder

c) des Beistands oder zur Pflege schutz- beziehungsweise hilfebedürftiger Personen,

3. Polizeivollzugsbeamte, die aus dem Einsatz und aus einsatzgleichen Verpflichtungen aus dem Ausland zurückkehren,

4. Personen, die sich ohne Grenzpendler oder Grenzgänger im Sinne des Absatzes 1 Nr. 3 zu sein, für bis zu fünf Tage zwingend notwendig und unaufschiebbar beruflich veranlasst, wegen ihrer Ausbildung oder ihres Studiums in einem Risikogebiet aufgehalten haben oder in das Bundesgebiet einreisen; die zwingende Notwendigkeit ist durch den Arbeitgeber, den Auftraggeber oder die Bildungseinrichtung zu bescheinigen,

5. Personen, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung internationaler Sportveranstaltungen oder zur Teilnahme daran durch das jeweilige Organisationskomitee akkreditiert werden oder von einem Bundessportfachverband zur Teilnahme an Trainings- und Lehrgangsmaßnahmen eingeladen sind, oder

6. Personen, die als Urlaubsrückkehrer aus einem Risikogebiet zurückreisen und die unmittelbar vor Rückreise in ihrem Urlaubsort einen Test mit negativem Ergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 durchgeführt haben, sofern

a) auf Grundlage einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der betroffenen nationalen Regierung vor Ort besondere epidemiologische Vorkehrungen (Schutz- und Hygienekonzept) für einen Urlaub in diesem Risikogebiet getroffen wurden,

b) die Infektionslage in dem jeweiligen Risikogebiet der Nichterfüllung der Verpflichtung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht entgegensteht und

c) das Auswärtige Amt nicht wegen eines erhöhten Infektionsrisikos eine Reisewarnung für die betroffene Region ausgesprochen und im Internet auf seiner Internetseite veröffentlicht hat1.

Satz 1 gilt nur für Personen, die die sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 CoronaEinreiseV für sie geltenden Pflichten erfüllt haben und das ärztliche Zeugnis oder Testergebnis über das Nichtvorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 innerhalb von zehn Tagen nach der Einreise der zuständigen Behörde auf Verlangen unverzüglich vorlegen. Die Person muss das ärztliche Zeugnis oder das Testergebnis nach Satz 2 für mindestens zehn Tage nach ihrer Einreise aufbewahren.

(4) Sofern es sich nicht um Einreisende handelt, die sich in den letzten zehn Tagen vor ihrer Einreise in einem Virusvarianten-Gebiet aufgehalten haben, sind von § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht erfasst

1. Personen nach § 54a IfSG,

2. Angehörige ausländischer Streitkräfte im Sinne des NATO-Truppenstatuts, des Truppenstatuts der NATO-Partnerschaft für den Frieden (PfP Truppenstatut) und des Truppenstatuts der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-Truppenstatut), die zu dienstlichen Zwecken nach Deutschland einreisen oder dorthin zurückkehren, oder

3. Personen, die zum Zweck einer mindestens dreiwöchigen Arbeitsaufnahme in das Bundesgebiet einreisen, wenn am Ort ihrer Unterbringung und ihrer Tätigkeit in den ersten zehn Tagen nach ihrer Einreise gruppenbezogen betriebliche Hygienemaßnahmen und Vorkehrungen zur Kontaktvermeidung außerhalb der Arbeitsgruppe ergriffen werden, die einer Absonderung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 vergleichbar sind, sowie das Verlassen der Unterbringung nur zur Ausübung ihrer Tätigkeit gestattet ist; der Arbeitgeber zeigt die Arbeitsaufnahme vor ihrem Beginn bei der zuständigen Behörde an und dokumentiert die ergriffenen Maßnahmen; die zuständige Behörde hat die Einhaltung der Voraussetzungen zu überprüfen.

(5) In begründeten Fällen kann die zuständige Behörde auf Antrag weitere Ausnahmen bei Vorliegen eines triftigen Grundes zulassen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten nur, sofern die dort genannten Personen keine erkennbaren Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, insbesondere akuter Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns, Atemnot oder Fieber im Zusammenhang mit neu aufgetretenem Husten, aufweisen. Die in den Absätzen 2 bis 5 genannten Personen haben zur Durchführung eines Tests einen Arzt oder ein Testzentrum aufzusuchen, wenn bei ihnen innerhalb von zehn Tagen nach der Einreise erkennbare Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, insbesondere akuter Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns, Atemnot oder Fieber im Zusammenhang mit neu aufgetretenem Husten, auftreten.

(7) Sofern Bescheinigungen oder ärztliche Zeugnisse erforderlich sind, können diese in deutscher, englischer oder französischer Sprache vorgelegt werden; in anderen Fällen ist das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands auf Verlangen glaubhaft zu machen.

(8) Die Pflicht zur Absonderung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder 2 wird unterbrochen

1. für die Dauer, die zur Durchführung eines Tests auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 erforderlich ist,

2. für eine unaufschiebbare ärztliche Behandlung oder

3. für eine rechtsverbindliche gerichtliche oder behördliche Ladung oder Anordnung, jeweils nachdem die absonderungspflichtige Person das Gericht oder die Behörde über ihre Pflicht zur Absonderung unterrichtet hat.

§ 3 Verkürzung der Absonderungsdauer

(1) Für Personen, die einer Absonderungspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 unterliegen und die sich nicht in den letzten zehn Tagen vor ihrer Einreise in einem Virusvarianten-Gebiet aufgehalten haben, endet die Absonderung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 frühestens ab dem fünften Tag nach der Einreise, wenn sie über ein ärztliches Zeugnis oder Testergebnis hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 auf Papier oder in einem elektronischen Dokument in deutscher, englischer oder französischer Sprache verfügt und sie dieses der zuständigen Behörde auf Verlangen unverzüglich vorlegt.

(2) Die dem ärztlichen Zeugnis oder Testergebnis nach Absatz 1 zu Grunde liegende Testung muss frühestens ab dem fünften Tag nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland vorgenommen worden sein. Der zu Grunde liegende Test muss die Anforderungen des Robert Koch-Instituts, die auf dessen Internetseite veröffentlicht sind, erfüllen.

(3) Die Person muss das ärztliche Zeugnis oder Testergebnis nach Absatz 1 für mindestens zehn Tage aufbewahren.

(4) Die in Absatz 1 genannten Personen haben zur Durchführung eines Tests einen Arzt oder ein Testzentrum aufzusuchen, wenn bei ihnen innerhalb von zehn Tagen nach der Einreise erkennbare Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, insbesondere akuter Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns, Atemnot oder Fieber im Zusammenhang mit neu aufgetretenem Husten, auftreten.

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(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten für Personen, die von § 2 Abs. 4 Nr. 3 erfasst sind, entsprechend.

Nach Art. 4 der Thüringer Verordnung zur weiteren Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 sowie gefährlicher Mutationen trat die Sechste Thüringer Quarantäneverordnung am 3. Februar 2021 in Kraft. Durch Art. 1 der Zweiten Verordnung zur Änderung der Sechsten Thüringer Quarantäneverordnung vom 22. April 2021 (GVBl. S. 196) wird zuletzt das Datum für das Außerkrafttreten in § 10 der Sechsten Thüringer Quarantäneverordnung auf den 9. Mai 2021 geändert.

Der Antragsteller hat am 23. April 2021 beim Thüringer Oberverwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf die teilweise Außervollzugsetzung der Sechsten Thüringer Quarantäneverordnung beantragt und einen Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO gestellt.

Zur Begründung trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass die Verordnung bereits rechtswidrig sei, da sie gegen die Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verstoße. Entgegen dem gesetzlichen Erfordernis, wonach die Feststellung, ob ein Ansteckungsverdacht vorliege, Ermittlungen zu infektionsrelevanten Kontakten des Betroffenen erfordere, definiere die Verordnung in § 1 abstrakt, dass der dort genannte Personenkreis ansteckungsverdächtig sei. Da dieser wesentliche Aspekt, nämlich wer im Falle von COVID-19 als Ansteckungsverdächtiger anzusehen sei, nicht im Gesetz, sondern nur in der Verordnung geregelt werde, sei die Verordnung schon allein aus diesem Grund verfassungswidrig und nichtig. Überdies verstoße die Bestimmung gegen den in Art. 104 Abs. 2 Satz 2 GG niedergelegten Richtervorbehalt. Die Absonderung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 IfSG sei eine zeitlich nicht unerhebliche zwangsweise Freiheitsentziehung im Sinne dieser Verfassungsnorm. Nach § 1 der angefochtenen Verordnung habe sich der Abgesonderte unverzüglich in seine Wohnung zu begeben und sich dort für einen Zeitraum von zehn Tagen ständig abzusondern. Zum selben Ergebnis käme man im Übrigen auch, wenn hier nicht § 30 Abs. 1 IfSG, sondern § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG zur Anwendung käme. Die angegriffene Verordnung verstoße weiterhin gegen primäres Unionsrecht. Nach Artikel 21 Abs. 1 AEUV habe jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich einzelner Beschränkungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Nach Art. 18 Satz 1 AEUV sei jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Die Verordnung knüpfe jedoch pauschal an die Anreise aus Risikogebieten im Ausland an, wozu alle übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehörten. Darin liege eine pauschale Ungleichbehandlung der Mitgliedstaaten, was eine Verletzung der Achtung der Gleichheit der Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 AEUV begründe. Diese Ungleichbehandlung führe zudem zu einer partiellen Diskriminierung, da zwar EU-Bürger bei Einreise aus ihren Risikogebieten der Absonderung unterlägen, jedoch keine deutschen Staatsangehörigen, wenn diese aus deutschen Risikogebieten nach Thüringen einreisten. Die Verordnung verstoße auch gegen das Willkürverbot. Es sei sachlich nicht begründbar, warum sich ein Rückkehrer, der aus einem deutschen Risikogebiet mit einer Inzidenz von beispielsweise 150 nach Thüringen zurückkehre und ein Daheimgebliebener, der in einem Thüringer Landkreis mit einer Inzidenz von 200 lebe, sich nicht absondern müsste, hingegen ein Rückkehrer, der aus einer ausländischen Region mit einer Inzidenz von 100 zurückkehre, sich absondern müsse.

Der Antragsteller beantragt, im Rahmen einer einstweiligen Anordnung § 1 der Sechsten Thüringer Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 vom 2. Februar 2021 (GVBl. 2021, S. 65) vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er tritt dem Vorbringen des Antragstellers im Einzelnen entgegen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.

1. Der Senat bezieht die – in der Sache die angegriffene Verordnungsbestimmung inhaltlich nicht ändernde, nur verlängernde – Novellierung der Sechsten Thüringer Quarantäneverordnung durch die Zweiten Verordnung zur Änderung der Sechsten Thüringer Quarantäneverordnung vom 22. April 2021 im Sinne der Gewährung eines effektiven und zügigen Rechtsschutzes in das Verfahren mit ein.

Der Antrag ist zulässig.

Seine Statthaftigkeit ergibt sich aus § 47 Abs. 6 VwGO in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 4 ThürAGVwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von – wie hier – im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften.

Der Antragsteller ist auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er ist jedenfalls in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 (Allgemeine Handlungsfreiheit) und Abs. 2 (Freiheit der Person) GG betroffen.

2. Der Antrag ist aber unbegründet.

a. Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Ob dies der Fall ist, beurteilt sich in Anlehnung an die Regelung in § 32 BVerfGG (vgl. auch § 26 ThürVerfGHG). An die vorläufige Aussetzung einer bereits in Kraft gesetzten Norm, an deren Vollzug ein erhebliches Allgemeininteresse besteht, ist deshalb ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Insoweit sind die Folgen, die einträten, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, ein Normenkontrollantrag (§ 47 VwGO) aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die aufträten, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nur dann als Bestandteil der Folgenabwägung in die Bewertung einzubeziehen, wenn sich schon bei summarischer Prüfung im Anordnungsverfahren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Normenkontrollantrag unzulässig, offensichtlich unbegründet oder offensichtlich begründet ist (st. Rspr. des Senats: vgl. nur Beschluss vom 23. August 2011 – 3 EN 77/11 – LKV 2011, 472 m. w. N.).

Unter Beachtung dieses Prüfungsmaßstabes ergibt sich bei der nur möglichen summarischen Prüfung, dass bei offenen Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags die begehrte einstweilige Anordnung nicht auf Grund der nach den genannten Maßgaben erforderlichen Folgenabwägung geboten ist.

b. Im Rahmen der hier allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht abschließend die Rechtmäßigkeit der erlassenen und hier konkret angegriffenen Sechsten Thüringer Verordnung zu Quarantänemaßnahmen für Ein- und Rückreisende zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sechste Thüringer Quarantäneverordnung) vom 2. Februar 2021, soweit danach grundsätzlich für Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten eine 10-tägige häusliche Absonderung verpflichtend angeordnet wird, beurteilt werden, wobei durchaus gewichtige Gesichtspunkte für deren Rechtmäßigkeit sprechen.

aa. Rechtsgrundlage für die am 2. Februar 2021 erlassene streitige Verordnungsbestimmung ist § 32 Satz 1 und 2 i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG in der Fassung vom 20. Juli 2000, zuletzt – zum Erlasszeitpunkt – geändert durch das Gesetz vom 21. Dezember 2020, worauf sich auch der Verordnungsgeber im Einleitungssatz der (Mantel-)Verordnung beruft. Wie der Senat bereits ausgeführt hat (Beschluss des Senats vom 7. Dezember 2020 – 3 EN 810/20 – juris Rn. 82) spricht Erhebliches dagegen, dass der Verordnungsgeber die Absonderungsanordnung auch auf § 28 IfSG stützen kann (hierzu grundlegend: Bayerischer VGH, Beschluss vom 3. Dezember 2020 – 20 NE 20.2749 – juris; vgl. im Übrigen auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Juni 2020 – 13 B 776/20.NE – juris Rn. 25 ff.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11. Mai 2020 – 13 MN 143/20 – juris Rn. 33; a. A.: OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25. Mai 2020 – 3 MR 32/20 – juris Rn. 12 ff.). An dieser Rechtslage hat sich zwischenzeitlich nichts – auch nicht durch die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes und die Einfügung des § 28a IfSG durch das Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397) – geändert (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 3. Dezember 2020 – 20 NE 20.2749 – a. a. O.).

Die Landesregierungen können gemäß § 32 Satz 2 IfSG die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Satz 1 der Vorschrift durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Nach § 7 der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 2. März 2016 (GVBl. S. 155), zuletzt geändert durch Art. 3 der Verordnung vom 21. September 2020 (GVBl. S. 501) wurde diese Verordnungsermächtigung differenziert nach Regelungsbereichen auf das für das Gesundheitswesen bzw. das für Bildung zuständige Ministerium übertragen. Die jedenfalls mit Verordnungen der Landesregierung vom 9. Juni 2020 (GVBl. S. 269) und vom 21. September 2020 (GVBl. S. 501) erneuerte Delegation der Verordnungsermächtigung auf die benannten Ministerien beachtet auch das Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG (Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris Rn. 540).

Eine Verfassungswidrigkeit dieser Rechtsgrundlagen, insbesondere mit Blick auf deren Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes, ist für den Senat – ebenso wie offenbar für das Bundesverfassungsgericht (vgl. bspw. BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2020 – 1 BvR 1630/20 -; vom 9. Juni 2020 – 1 BvR 1230/20 -, vom 28. April 2020 – 1 BvR 899/20 -, alle veröffentlicht in juris) – jedenfalls nicht offensichtlich (Beschluss des Senats vom 17. März 2021 – 3 EN 93/21 – juris Rn. 96 ff).

cc. Es bestehen keine durchgreifenden formellen Bedenken gegen den Erlass der im Thüringer Gesetz- und Verordnungsblatt verkündeten Rechtsverordnung vom 2. Februar 2021 und nachfolgenden Änderungsverordnungen.

dd. Zwar muss angesichts des tatsächlichen Umfangs und der rechtlichen Schwierigkeit der Angelegenheit abschließend offen bleiben, ob und inwieweit bestehende Bedenken gegen die erlassene Verordnung zu einer materiellen Rechtswidrigkeit führen; solches ist jedoch im Ergebnis der allein möglichen summarischen Rechtsprüfung nicht zwingend anzunehmen.

Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde in den von § 30 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht erfassten Krankheitsfällen (das sind Lungenpest oder das von Mensch zu Mensch übertragbare hämorrhagische Fieber) bei Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern anordnen, dass sie in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen, befolgen können oder befolgen würden und dadurch ihre Umgebung gefährden.

(1) Der sachliche Anwendungsbereich des § 30 IfSG ist grundsätzlich eröffnet. Eine übertragbare Krankheit, die nicht von § 30 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfasst wird, mit einer erheblichen Anzahl von Erkrankungen mit teilweise letalem Ausgang ist durch das Aufkommen und die Verbreitung des Coronavirus und der dadurch verursachten Krankheit COVID-19 festgestellt (vgl. zuletzt Risikobewertung zum 21. April 2021: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html;jsessionid=A16932269D288FF30B0E624231839112.internet072?nn=2386228).

(2) Der Senat sieht zunächst auch durchaus gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass im Falle von aus Risikogebieten einreisenden Personen auch der persönliche Anwendungsbereich der Regelung eröffnet ist.

Anders als im Fall der Anwendung der infektionsschutzrechtlichen Generalermächtigung zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten nach § 28 Abs. 1 IfSG ist der Kreis der Adressaten der Absonderungsanordnung begrenzt auf Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige und Ausscheider. Diese Rechtslage wurde auch nicht durch die zuletzt in Kraft getretenen Gesetzesänderungen novelliert. Die Verordnung kann daher nur Bestand haben, wenn es sich bei dem betroffenen Personenkreis zumindest um Ansteckungsverdächtige handelt, also – nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 7 IfSG – um Personen, von denen anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen haben, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein.

Wie der Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 15. Juni 2020 – 3 EN 375/20 – und 7. Dezember 2020 – 3 EN 810/20 – (jeweils juris) ausgeführt hat, folgt er grundsätzlich zu den danach zu stellenden rechtlichen Anforderungen dem OVG Niedersachsen (Beschlüsse vom 11. Mai 2020 – 13 MN 143/20 – und vom 5. Juni 2020 – 13 MN 195/20 – jeweils juris), das ausführt:

Die Aufnahme von Krankheitserregern im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „anzunehmen“, wenn der Betroffene mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person oder einem infizierten Gegenstand hatte. Die Vermutung, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, muss naheliegen. Eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Demzufolge ist die Annahme eines Ansteckungsverdachts nicht schon gerechtfertigt, wenn die Aufnahme von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist (anders die abweichende Formulierung in § 1 Abs. 2 Nr. 7 des Tierseuchengesetzes – TierSG – zur Legaldefinition des ansteckungsverdächtigen Tieres). Andererseits ist auch nicht zu verlangen, dass sich die Annahme „geradezu aufdrängt“. Erforderlich und ausreichend ist, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.2012 – BVerwG 3 C 16.11 -, juris Rn. 31 m. w. N.).

Für die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckungsgefahr gilt allerdings kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Es ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§§ 1 Abs. 1, 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Im Falle eines hochansteckenden Krankheitserregers, der bei einer Infektion mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung führen würde, drängt sich angesichts der schwerwiegenden Folgen auf, dass die vergleichsweise geringe Wahrscheinlichkeit eines infektionsrelevanten Kontakts genügt. Das Beispiel zeigt, dass es sachgerecht ist, einen am Gefährdungsgrad der jeweiligen Erkrankung orientierten, „flexiblen“ Maßstab für die hinreichende (einfache) Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.2012, a. a. O., Rn. 32 m. w. N.).

Ob gemessen daran ein Ansteckungsverdacht im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG zu bejahen ist, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Eigenheiten der jeweiligen Krankheit und der verfügbaren epidemiologischen Erkenntnisse und Wertungen sowie anhand der Erkenntnisse über Zeitpunkt, Art und Umfang der möglichen Exposition der betreffenden Person und über deren Empfänglichkeit für die Krankheit. Es ist erforderlich, dass das zugrundeliegende Erkenntnismaterial belastbar und auf den konkreten Fall bezogen ist. Die Feststellung eines Ansteckungsverdachts setzt voraus, dass die Behörde zuvor Ermittlungen zu infektionsrelevanten Kontakten des Betroffenen angestellt hat; denn ohne aussagekräftige Tatsachengrundlage lässt sich nicht zuverlässig bewerten, ob eine Aufnahme von Krankheitserregern anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.2012, a. a. O., Rn. 33). Allerdings hat der Gesetzgeber in § 32 Satz 1 IfSG den Erlass von Rechtsverordnungen und damit von abstrakt-generellen Regelungen vorgesehen. Eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Ermittlungstätigkeit kann vom Verordnungsgeber infolgedessen nicht erwartet werden. Wohl aber hat er seine Regelungen, die nur „unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind“, erlassen werden können, auf konkret nachvollziehbare und belastbare tatsächliche Grundlagen zu stützen.

Vor diesem Hintergrund spricht nach Auffassung des Senats durchaus Gewichtiges dafür, dass der Verordnungsgeber im Ergebnis einer notwendigerweise generalisierenden und abstrahierenden Einschätzung einen Ansteckungsverdacht bei Rückkehrern aus Risikogebieten annehmen konnte. Auch insoweit folgt der Senat dem OVG Niedersachsen zu einer vergleichbaren landesrechtlichen Quarantänebestimmung (Beschluss vom 30. November 2020 – 13 MN 520/20 – juris Rn. 26 ff.; offenlassend: Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 14. April 2021 – 20 NE 21.850 – juris Rn. 7 und vom 3. Dezember 2020 – 20 NE 20.2749 – a. a. O.; dahingestellt lassend: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. November 2020 – 13 B 1770/20.NE – juris Rn. 29 ff.), das insoweit ausführt:

… Rückkehrer aus Risikogebieten sind Ansteckungsverdächtige im Sinne des §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 2 Nr. 7 IfSG.

Dass möglicherweise auch am Rückkehrort, in Teilen oder gar in der gesamten Bundesrepublik ein gleiches oder höheres Infektionsrisiko wie in einem Risikogebiet besteht, schließt die Anwendung des § 30 IfSG tatbestandlich nicht aus. Die Feststellung, Ansteckungsverdächtiger zu sein, ist nicht in Abhängigkeit von dem durchschnittlichen Infektionsrisiko in der Bevölkerung zu sehen, sondern liegt immer dann vor, wenn aufgrund von Tatsachen angenommen werden kann, dass die betroffene Person Krankheiterreger aufgenommen hat.

Nach der Risikobewertung des gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG hierzu berufenen Robert-Koch-Instituts (RKI) besteht für die Rückkehrer aus Risikogebieten ein hinreichend konkreter Bezug zu einer Infektionsgefahr (siehe nunmehr auch ausdrücklich §§ 2 Nr. 17, 36 Abs. 8 Satz 1 IfSG in der Fassung des Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 18.11.2020, BGBl. I, S. 2397). Das RKI nimmt die Einstufung nicht allein anhand von Infektionszahlen, sondern unter Berücksichtigung diverser Faktoren vor, so dass die vom Antragsteller geübte Kritik an Infektionszahlen und Testmethoden zu kurz greift. Die Einstufung als Risikogebiet basiert auf einer zweistufigen Bewertung. Zunächst wird festgestellt, in welchen Staaten / Regionen es in den letzten sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. In einem zweiten Schritt wird nach qualitativen und weiteren Kriterien festgestellt, ob z. B. für Staaten / Regionen, die den genannten Grenzwert nominell über – oder unterschreiten, dennoch die Gefahr eines nicht erhöhten oder eines erhöhten Infektionsrisikos vorliegt. … Für Bewertungsschritt 2 liefert außerdem das Auswärtige Amt auf der Grundlage der Berichterstattung der deutschen Auslandsvertretungen sowie ggf. das Bundesministerium für Gesundheit sowie das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat qualitative Berichte zur Lage vor Ort, die auch die jeweils getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beleuchten. Maßgeblich für die Bewertung sind insbesondere die Infektionszahlen und die Art des Ausbruchs (lokal begrenzt oder flächendeckend), Testkapazitäten sowie durchgeführte Tests pro Einwohner sowie in den Staaten ergriffene Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens (Hygienebestimmungen, Kontaktnachverfolgung etc.) (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html). Dieses Vorgehen stützt die Festsetzung von Risikogebieten auf eine hinreichend aussagekräftige Tatsachengrundlage (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13.07.2020 – 13 B 968/20.NE -, juris Rn. 81).

Dabei ist zu berücksichtigen – auch insoweit dem OVG Niedersachsens folgend -, dass die Einstufung eines Landes oder einer Region als Risikogebiet nicht Gegenstand des Normenkontrollverfahrens sein kann, da sie nicht in der landesrechtlichen Quarantäneverordnung vorgenommen wird. Überprüft werden kann nur, ob auf eine nicht im Einzelnen überprüfbare Einstufung durch das RKI verwiesen werden darf, was der Fall ist (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30. November 2020 – 13 MN 520/20 – juris Rn. 33).

(3) Der Senat muss es aber im summarischen Eilverfahren offenlassen, ob und inwieweit die streitige Quarantäneverordnung im Hinblick darauf, dass bei Rückkehrern aus einem Land bzw. einer Region mit niedrigeren Infektionszahlen als in Deutschland bzw. an ihrem Wohnort möglicherweise keine Erhöhung des Infektionsrisikos gegeben ist und sie daher gegenüber Reisenden im Inland, die keiner Quarantäne unterworfen sind, ungerechtfertigt benachteiligt sind, mangels Eignung bzw. aufgrund einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG, unverhältnismäßig ist.

Zwar legt ein Vergleich der Infektionszahlen des ausländischen Staats, aus dem der Betroffene zurückkehrt, mit den entsprechenden Zahlen in Deutschland eine solche Fehlerhaftigkeit der hier streitigen Quarantäneanordnung nahe (so: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. November 2020 – 13 B 1770/20.NE – juris Rn. 36 ff.). Diese Betrachtung verkennt jedoch, dass die Qualifizierung als Risikogebiet – wie oben ausgeführt – nicht allein auf Basis der Infektionszahlen erfolgt, sondern auch andere Faktoren in die Bewertung aufnimmt. Auch insoweit folgt der Senat den Ausführungen des OVG Niedersachsen (Beschluss vom 30. November 2020 – 13 MN 520/20 – juris Rn. 41 ff.; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2021 – 11 S 61/21 – juris Rn. 25 ff.), das hierzu ausführt:

Dass dies eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte und damit einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG darstellt, ist jedoch nicht unbedingt anzunehmen.

Es ist festzuhalten, dass eine unterschiedliche Behandlung von Rückkehrern aus dem Ausland grundsätzlich gerechtfertigt sein kann, wenn und soweit mit Blick auf Unklarheiten der Reisewege, das Zusammentreffen einer Vielzahl von unbekannten Reisenden oder unklaren Infektionslagen in Drittländern ein sachlicher Differenzierungsgrund besteht (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 20.11.2020 – 13 B 1770/20.NE -, juris Rn. 40). Das Bewegungs- und damit Kontaktprofil von Auslandsreisenden unterscheidet sich typischerweise von dem Daheimgebliebener. Durch die stärkere Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, öffentlicher Infrastruktur (Flughäfen, Beherbergungsbetriebe) und die bei Auslandsreisen oft eintretende Kontaktaufnahme mit Personen, die nicht dem alltäglichen Umfeld entstammen, ist das Verhalten von Auslandsreisenden typisierbar eher gefahrengeneigt. Dies unterscheidet sich auch gegenüber innerdeutsch Reisenden, da hierzulande etwa Beherbergungsbetriebe für touristische Zwecke, Gastronomie- und Kulturbetriebe vollständig geschlossen sind.

Inzidenzwerte sind darüber hinaus nicht unbedingt vergleichbar, da die Art und Häufigkeit der Testung (Teststrategie) weltweit unterschiedlich ausgestaltet ist. Nicht ohne Grund erfolgt die Festlegung von Risikogebieten durch eine Risikobewertung des RKI und nicht pauschal anhand von Fallzahlen.

Ein Vergleich der Infektionsgefahren für Reisende aus dem Ausland einerseits und Daheimgebliebene anderseits ist nur durch Berücksichtigung vieler Faktoren möglich. Hierzu zählt etwa die Risikobewertung an den jeweiligen Aufenthaltsorten im In- und Ausland und diese möglicherweise zu verschiedenen Zeiten. Dazu käme eine differenzierte Betrachtung von Zwischenaufenthalten in Gebieten mit anderer Risikobewertung und zuletzt eine (ohnehin schon teilweise in Form individueller „angemessener Schutz- und Hygienekonzepte“ verordnete) Berücksichtigung individueller Gefahrenquellen und Präventionsmaßnahmen, etwa eine freiwillige Absonderung im Ausland.

Eine Quarantäne-Verordnung muss nicht alle diese Faktoren abbilden. Würde sie es tun, wäre sie voraussichtlich unübersichtlich und schwer handhabbar und würde damit ihren infektionsschützenden Zweck verfehlen (vgl. Senatsbeschl. v. 18.11.2020 – 13 MN 448/20 -, juris Rn. 116; v. 28.10.2020 – 13 MN 390/20 -, juris Rn. 34). Praktikabilität und Einfachheit des Rechts können generalisierende Regelungen rechtfertigen (stRspr. des BVerfG, vgl. Beschl. v. 18.07.2005 – 2 BvF 2/01 -, juris Rn. 179 m. w. N.). Bereits die jetzige Quarantäne-Verordnung ist mit ihren Ausnahmeregelungen für den Normadressaten kaum noch zu überblicken. Würde sie weitere Parameter enthalten, könnte eine im Einzelfall ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwar ausgeschlossen werden; eine infektionsschützende Wirkung würde eine derartige Verordnung allerdings mangels Verständlichkeit kaum noch entfalten.

Verbleibende ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen könnten zudem durch Befreiungen überwunden werden. Dies sieht der Senat jedenfalls im Rahmen der summarischen Prüfung nicht als von vorneherein untaugliches Mittel zur Sicherstellung des Gleichheitsgrundrechts aus Art. 3 GG an. Die Niedersächsische Quarantäne-Verordnung enthält, anders als die Niedersächsische Corona-Verordnung, in § 1 Abs. 9 eine Befreiungsmöglichkeit im Einzelfall. Der Weg einer Befreiung dürfte nicht nur wegen der tatsächlich individuell sehr unterschiedlichen Gefahrgeneigtheit von Auslandsaufenthalten ein geeignetes Verfahren des Infektionsschutzes darstellen, sondern kann darüber hinaus die aktuelle Entwicklung des Infektionsgeschehens am inländischen Aufenthaltsort des Betroffenen besser berücksichtigen. Dass eine Person, die aus einem Risikogebiet nach Niedersachsen zurückkehrt und keinen der in der Quarantäne-Verordnung typisierten Ausnahmetatbestände erfüllt, zur Vermeidung einer 10-, bzw. bei Negativtestung 5-tägigen Absonderung (§ 2 Abs. 1 der Quarantäne-Verordnung) eine entsprechende Einzelfallprüfung durchlaufen muss, erscheint dem Senat nicht offensichtlich unverhältnismäßig. Nur im Wege einer Einzelfallprüfung kann zudem beurteilt werden, ob individuelle Präventionsmaßnahmen ausreichend und glaubhaft sind.

Ebenso wie die Niedersächsische Quarantäneverordnung für Einreisende kennt auch die Sechste Thüringer Quarantäneverordnung in § 2 zahlreiche Befreiungstatbestände, die eine eine dem Einzelfall und auch – möglicherweise – Art. 3 GG gerecht werdende (vgl. hierzu auch: OVG Sachsen, Beschluss vom 4. Februar 2021 – 3 B 6/21 – juris Rn. 35 ff.) Handhabung der – notwendigerweise generalisierenden Regelungen – der Quarantäneanordnung sicherstellen kann.

(4) Der Senat geht (vgl. insoweit ebenso: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 9. April 2021 – 13 MN 170/21 – juris Rn. 47; vgl. auch für Absonderung in anderem Zusammenhang: Beschluss des Senats vom 17. März 2021 – 3 EN 93/21 – juris Rn. 136) davon aus, dass der mit der Anordnung der Absonderung verbundene Eingriff in das die körperliche Bewegungsfreiheit schützende Grundrecht auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verhältnismäßig, jedenfalls aber nicht offensichtlich unverhältnismäßig ist. Die Quarantäne für Ein- und Rückreisende aus Risikogebieten ist geeignet, dem legitimen Zweck des Gesundheitsschutzes zu dienen, indem die von diesen Personen nach den obigen Ausführungen ausgehende erhöhte Infektionsgefahr dadurch vermindert wird, dass sich diese für 10 Tage häuslich zu isolieren haben. Mildere Mittel, die die gleiche Effektivität haben, sind für den Senat insoweit nicht ersichtlich, so dass die Maßnahme erforderlich ist. Die Angemessenheit fällt zugunsten der angeordneten Quarantäne aus, da es sich zwar um einen erheblichen Eingriff in die Freiheit der Person handelt, demgegenüber aber der Gesundheitsschutz der Bevölkerung überwiegen dürfte, zumal die Verordnung zahlreiche Ausnahmen, insbesondere auch für Härtefälle vorsieht.

(5) Anders als der Antragsteller meint, vermag der Senat auch keine Verletzung des Art. 104 GG zu erkennen. Hierzu hat das OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 26. April 2021 – 11 S 61/21 – juris Rn. 23; vgl. auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Juli 2020 – 13 B 968/20.NE – juris Rn. 41 ff.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 9. April 2021 – 13 MN 170/21 – juris Rn. 48) ausgeführt, dem sich der Senat anschließt:

Im Gegensatz zu der Auffassung der Antragstellerin drängt es sich jedenfalls nicht auf, dass der Antragsgegner mit der Ausgestaltung der Absonderungspflicht gegen Art. 104 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 GG verstößt. Das Recht der Freiheit der Person ist nach dieser Vorschrift nicht schrankenlos gewährleistet, sondern kann durch formelles Gesetz eingeschränkt werden, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Ein solches Gesetz kann in § 30 IfSG erblickt werden, was – wie oben dargestellt – im Hauptsacheverfahren zu klären sein wird. Jedenfalls aber drängt es sich nicht auf, dass die Ermächtigung zur Regelung der Absonderungspflicht einen Verstoß gegen den Richtervorbehalt aus Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG darstellt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Absonderung eine Freiheitsentziehung darstellte, für die der Richtervorbehalt gilt. Art. 104 GG unterscheidet zwischen freiheitseinschränkenden und freiheitsentziehenden Maßnahmen. Freiheitsentziehungen im Sinne von Art. 104 Abs. 2 GG, für die ein Richtervorbehalt gilt, setzen einen erhöhten Grad der Eingriffsintensität voraus. Dass dieser Grad hier erreicht ist, ist jedenfalls nicht offensichtlich der Fall und bleibt einer Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten. Dagegen spricht jedenfalls, dass die Absonderung die „Freiwilligkeit“ des Betroffenen voraussetzt und mangels physischer Zwangswirkungen keinen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Bewegungsfreiheit begründet. Eine über die Rechtspflicht zur Anwesenheit in der Unterkunft hinausgehende, unmittelbarem Zwang vergleichbare Beschränkung der Bewegungsfreiheit stellt auch § 1 Abs. 3 SARS-CoV-2-QuarV nicht dar (vgl. Bayerischer VfGH, Entscheidung vom 23. November 2020 – Vf. 59-VII-20 –, juris Rn. 42 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen vom 13. Juli 2020, – 13 B 968/20.NE -, juris Rn. 41; Entwurf zum Seuchenrechtsneuordnungsgesetz vom 19. Januar 2021, BT-Drs. 14/2530, S. 75). Soweit ein Verstoß gegen die Absonderungspflicht gemäß § 4 SARS-CoV-2-QuarV bußgeldbewehrt ist, kann dies zwar eine psychische Zwangswirkung auf die Betroffenen ausüben. Dies setzt jedoch voraus, dass die psychische Zwangswirkung in Ausmaß und Wirkungsweise einem unmittelbaren physischen Zwang vergleichbar ist. Andernfalls ließe sich der Schutzbereich des Grundrechts auf persönliche Freiheit nicht mehr mit der erforderlichen Klarheit vom Schutzbereich des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit abgrenzen (vgl. Bayerischer VfGH, Entscheidung vom 23. November 2020 – Vf. 59-VII-20 –, juris Rn. 43; OVG Nordrhein-Westfalen vom 13. Juli 2020, – 13 B 968/20.NE -, juris Rn. 43, OVG Bremen, Beschluss vom 11. Dezember 2020 – 1 B 386/20 -, juris Rn. 63; a. A. VG Hamburg, Beschluss vom 13. Mai 2020 – 15 E 1967/20 –, juris Rn. 35; Kluckert, Das neue Infektionsschutzrecht, 1. Auflg. 2020, § 2 Rn. 209 ff.).

(6) Ebenso folgt der Senat dem OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 26. April 2021 – 11 S 61/21 – juris Rn. 28), soweit es – den vom Antragsteller vorgetragenen – europarechtlich begründeten Bedenken nicht folgt:

Die Regelungen in § 1 SARS-CoV-2-QuarV verstoßen, soweit dies bei summarischer Prüfung feststellbar ist, auch nicht gegen europarechtliche Regelungen. Es ist bereits fraglich, ob für die Bestimmung von Absonderungsvorschriften für in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates Einreisende der Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 EUV eröffnet ist. Diese Vorschrift verlangt vor dem Hintergrund der Supranationalität der EU vor allem die Beachtung der Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen. Mit der Aufnahme des Gebots zur Achtung der Gleichheit der Mitgliedstaaten verdeutlichen die Vertragsparteien, dass trotz des geschwundenen Einflusses einzelner Staaten auf Entscheidungen im Rat alle Mitgliedstaaten vor den Verträgen als gleich zu gelten haben. Aus dem Achtungsgebot ergibt sich eine Pflicht der Unionsorgane, bei der Anwendung des Unionsrechts die Mitgliedstaaten ungeachtet ihrer Größe oder ihres Einflusses gleich zu behandeln (vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 3 EUV und dazu Callies/Ruffert-Puttler, EUV/AEUV, 5. Auflg. 2016, Art. 4 EUV, Rn. 12). Soweit die Antragstellerin darüber hinaus auf eine unzulässige „partielle Diskriminierung“ von Staatsangehörigen aus anderen EU-Mitgliedsländern verweist, weil jedenfalls davon auszugehen sei, dass in Deutschland lebende EU-Ausländer öfter aus dem Ausland wieder einreisen werden als Deutsche, verfängt auch dies nicht. Wie die Antragstellerin selbst einräumt, werden Deutsche und Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten bereits nicht unterschiedlich behandelt. Auch ist weder durch die Antragstellerin dargelegt worden noch sonst ohne weiteres ersichtlich, dass die angegriffene Vorschrift des § 1 SARS-CoV-2-QuarV aus dem Ausland rückreisende Deutsche faktisch seltener betreffen würde, als Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten (dazu, dass die angegriffene Absonderungspflicht voraussichtlich auch nicht gegen Art. 21 EUV verstößt, vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. März 2021 – 1 S 872/21 –, Rn. 73, juris, unter Verweis auf „Empfehlung des Rates für eine koordinierte Vorgehensweise bei der Beschränkung der Freizügigkeit aufgrund der COVID-19-Pandemie“ (https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-11689-2020-REV-1/de/pdf), die der unionsweiten Koordinierung der Maßnahmen der Pandemiebekämpfung dient, und insbes. dort. Empfehlung Nr. 17).

c. Angesichts des offenen Ausgangs eines Normenkontrollverfahrens in der Hauptsache gebietet es die notwendige Folgenabschätzung nicht, eine einstweilige Anordnung zu erlassen (wie hier: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. April 2021 – 11 S 61/21 – juris Rn. 29 ff.; Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 14. April 2021 – 20 NE 21.850 – juris Rn. 8 ff. und vom 3. Dezember 2020 – 20 NE 20.2749 – a. a. O.; OVG Sachsen, Beschluss vom 4. Februar 2021 – 3 B 6/21 – juris Rn. 39 ff.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30. November 2020 – 13 MN 520/20 – juris Rn. 46 ff.;). Bei der Folgenabwägung sind angesichts der Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidung die Auswirkungen auf alle von der angegriffenen Regelung Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur die Folgen für den Antragsteller.

Würde der Aussetzungsantrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt, erwiese sich im Ergebnis des Hauptsacheverfahrens die Verordnung aber als rechtswidrig, wäre der Antragsteller – wie auch alle anderen Normunterworfenen – unzweifelhaft in seinen Freiheitsrechten gravierend beeinträchtigt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die streitige Verordnung keine strenge klinische Quarantäne anordnet, sondern eine häusliche, die den Betroffenen in bestimmtem Umfang eine Entfaltung persönlicher und beruflicher Tätigkeiten ermöglicht. Eine dauerhafte und grundlegende Infragestellung des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes der persönlichen Freiheit ist im Hinblick auf die zeitliche Befristung mit der Maßnahme jedenfalls nicht verbunden. Überdies wird die Rechtsbeeinträchtigung dadurch abgemildert, dass eine Reduzierung der Absonderungsdauer (§ 3 Sechste Thüringer Quarantäneverordnung) sowie eine – umfangreiche – Befreiung von der Absonderungspflicht (§ 2 Sechste Thüringer Quarantäneverordnung, hier insbesondere die besonderen Falllagen nach § 2 Abs. 2 bis 4) möglich ist.

Würde hingegen dem Aussetzungsantrag stattgegeben, erwiese sich die Verordnung im Hauptsacheverfahren aber als rechtmäßig, träte damit eine konkrete, nicht unwahrscheinliche Risiko- und Gefährdungslage ein. Auch nur eine vorläufige Außervollzugsetzung kann eine Gefahr für Gesundheit, Leib und Leben einer unüberschaubaren Vielzahl von Menschen begründen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Außervollzugsetzung aufgrund der Allgemeinverbindlichkeit weit über den Fall des Antragstellers hinaus wirken würde. Ein wesentliches Element der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie des Antragsgegners würde in seiner Wirkung deutlich reduziert (vgl. zur Berücksichtigung dieses Aspekts in der Folgenabwägung: BVerfG, Beschluss vom 1. Mai 2020 – 1 BvQ 42/20 -, juris Rn. 10), und dies zu einem Zeitpunkt mit einem immer noch dynamischen Infektionsgeschehen. Die Möglichkeit, eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme zu ergreifen und so die Verbreitung der Infektionskrankheit zum Schutze der Gesundheit der Bevölkerung, einem auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 – 1 BvR 3262/07 – u. a., BVerfGE 121, 317, 350 = juris Rn. 119 m. w. N.), effektiver zu verhindern, bliebe hingegen zumindest zeitweise bis zu einer Reaktion des Verordnungsgebers (irreversibel) ungenutzt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Eine Halbierung ist wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache nicht angezeigt.

Hinweis: Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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