Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Nachbarrecht im Fokus: Überhängende Äste und ihre rechtlichen Folgen
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche gesetzlichen Rechte habe ich bei überhängenden Ästen vom Nachbargrundstück?
- Ab welchem Ausmaß des Überhangs kann ich rechtliche Schritte einleiten?
- Welche Fristen muss ich beim Rückschnitt von überhängenden Ästen beachten?
- Wie gehe ich rechtlich korrekt vor, wenn mein Nachbar den Rückschnitt verweigert?
- Wer trägt die Kosten für den Rückschnitt überhängender Äste?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht München II
- Datum: 28.09.2017
- Aktenzeichen: 1 O 2379/12 (2)
- Verfahrensart: Zivilverfahren
- Rechtsbereiche: Nachbarrecht, Eigentumsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eigentümer eines Grundstücks in Kempfenhausen, die ihren Nachbarn verklagen, die überhängenden Äste und Zweige auf ihr Grundstück zurückzuschneiden. Sie argumentieren, dass der Überhang ihre Nutzung des Grundstücks beeinträchtigt und eine Gefahr darstellen könnte.
- Beklagter: Nachbar und Eigentümer des angrenzenden Grundstücks, der die Rückforderung der Kläger ablehnt, indem er die Verjährungseinrede erhebt und behauptet, dass keinerlei erhebliche Beeinträchtigung vorliegt. Er sieht die Ansprüche der Kläger als verwirkt an, weil sie selbst Überhänge auf seinem Grundstück nicht beseitigen.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Kläger forderten vom Beklagten den Rückschnitt von herüberragenden Zweigen und Ästen von Bäumen auf sein Grundstück, des Weiteren auch den Rückschnitt einer Thujenhecke, die die Zufahrt zu ihrem Grundstück beeinträchtigt.
- Kern des Rechtsstreits: Der wesentliche Kern des Rechtsstreits liegt in der Frage, ob der Überwuchs von Pflanzen und die Platzproblematik einer Zufahrtsbeschränkung eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung darstellt und ob der Beseitigungsanspruch verjährt ist.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Beklagte wird verurteilt, bestimmte Teile des Überwuchses von Ästen zu beseitigen. Die Klage im Hinblick auf die Thujenhecke wird jedoch abgewiesen, da der Anspruch verjährt ist und keine erhebliche Beeinträchtigung mehr vorhanden ist.
- Begründung: Der Überwuchs durch Äste verursache auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Grundstücknutzung, weshalb ein Teil des Rückschnittsanspruchs gerechtfertigt ist. Für die Thujenhecke konnte der Beklagte durch den getätigten Rückschnitt und wegen der Verjährung erfolgreich die Ansprüche abwehren.
- Folgen: Der Beklagte muss auf eigene Kosten Teile der Bäume zurückschneiden. Die Kläger können den Rückschnitt der Thujenhecke aktuell nicht durchsetzen. Eine Kostenentscheidung wurde zurückgestellt und soll im späteren Schlussurteil entschieden werden.
Nachbarrecht im Fokus: Überhängende Äste und ihre rechtlichen Folgen
Ein nachbarrechtlicher Anspruch auf Beseitigung überhängender Äste kann schnell zu einem Konfliktherd in der Nachbarschaft werden. Der rechtliche Rahmen für solche Streitigkeiten umfasst grundlegende Prinzipien des Nachbarrechts, die regeln, inwieweit Pflanzen von einem Grundstück auf ein anderes überragen dürfen. Dabei stehen privateigentumsrechtliche Aspekte und die damit verbundenen Unzulässigkeiten im Mittelpunkt.
Eigentümer können unter Umständen Schadensersatz verlangen, wenn überhängende Zweige unzulässige Einwirkungen auf ihr Grundstück ausüben. Diese Aspekte führen häufig zu Nachbarschaftsstreitigkeiten und werfen Fragen bezüglich Baumschnitt und Gartenrecht auf. Im Folgenden wird ein konkreter Fall analysiert, der diese Thematik verdeutlicht.
Der Fall vor Gericht
Gericht zwingt Nachbarn zum Rückschnitt überhängender Äste und Zweige
Das Landgericht München II hat in einem Nachbarschaftsstreit über überhängende Äste und Zweige sowie eine ausladende Thujenhecke entschieden. Die Grundstückseigentümer hatten ihren Nachbarn auf Beseitigung der Überhänge verklagt, da diese ihr Grundstück massiv beeinträchtigten.
Überhängende Äste müssen weitgehend beseitigt werden
Das Gericht gab der Klage bezüglich der überhängenden Äste mehrerer Laubbäume weitgehend statt. Betroffen sind zwei zweistämmige Ahornbäume, ein dreistämmiger Ahorn sowie eine Buche, deren Äste teils bis zu vier Meter über die Grundstücksgrenze ragten und teilweise sogar über das Dach des Nachbarhauses wuchsen. Bei einer Eiche, deren Äste mehr als sechs Meter übergriffen, ordnete das Gericht eine Kürzung um 75 Zentimeter an.
Gericht sieht erhebliche Beeinträchtigungen
Die Richter sahen in dem Überhang eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung. Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger bestätigte, dass der Laubfall zu regelmäßigen Verstopfungen der Dachrinnen führe. Auch nach einem Rückschnitt der überhängenden Äste würde es zwar weiterhin zu Laubfall kommen, jedoch in deutlich geringerem Umfang. Bei zwei weiteren Bäumen – einer Linde und einer Buche – sah das Gericht aufgrund des geringen Überhangs von maximal 50 Zentimetern nur eine unerhebliche Beeinträchtigung.
Thujenhecke darf bleiben
Die Klage bezüglich einer ausladenden Thujenhecke wies das Gericht dagegen ab. Zum einen sei der Beseitigungsanspruch bereits verjährt, da die Beeinträchtigungen schon vor 2008 bestanden hätten. Zum anderen habe der Beklagte die Hecke inzwischen auf 90 Zentimeter Breite zurückgeschnitten, sodass auch größere Fahrzeuge die gemeinsam genutzte Zufahrt problemlos nutzen könnten. Ein weitergehender Rückschnitt sei nicht erforderlich.
Naturschutz steht Beseitigung nicht entgegen
Den Einwand des Beklagten, das naturschutzrechtliche Verbot von Gehölzschnitten zwischen März und September stehe der Beseitigung entgegen, ließ das Gericht nicht gelten. Der Beklagte könne sich im Rahmen der Zwangsvollstreckung dagegen wehren. Auch der Verweis auf einen ähnlichen Überhang durch eine Esche der Kläger überzeugte die Richter nicht, da der Beklagte bislang keinen Rückschnitt gefordert hatte.
Die Schlüsselerkenntnisse
„Das Urteil klärt die Grenzen der Duldungspflicht bei überhängenden Ästen und deren Beeinträchtigungen. Grundstückseigentümer müssen nur unerhebliche Beeinträchtigungen durch überhängende Äste dulden, nicht jedoch massive Überhänge, die zu Problemen wie verstopften Dachrinnen oder Schattenwurf führen. Bei der Eiche muss aus Gründen der Baumsicherheit ein gewisser Überhang geduldet werden. Der Anspruch auf Beseitigung von Überhängen verjährt nach der regulären Verjährungsfrist, wobei die Verjährung erst mit dem Beginn der störenden Beeinträchtigung beginnt, nicht schon beim ersten Zentimeter Überhang.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Grundstückseigentümer können Sie gegen störende Überhänge von Nachbargrundstücken vorgehen, wenn diese Ihre Grundstücksnutzung erheblich beeinträchtigen. Verstopfte Dachrinnen, Schattenwurf oder Behinderungen bei der Grundstückspflege gelten als erhebliche Beeinträchtigungen. Fordern Sie Ihren Nachbarn schriftlich zum Rückschnitt auf und dokumentieren Sie die Beeinträchtigungen. Warten Sie nicht zu lange mit der Durchsetzung Ihrer Ansprüche, da diese verjähren können. Bei Bäumen, deren radikaler Rückschnitt ihre Standsicherheit gefährden würde, müssen Sie einen gewissen Überhang tolerieren.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche gesetzlichen Rechte habe ich bei überhängenden Ästen vom Nachbargrundstück?
Als Grundstückseigentümer haben Sie bei überhängenden Ästen vom Nachbargrundstück zwei zentrale Rechte: das Selbsthilferecht nach § 910 BGB und den Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB.
Selbsthilferecht nach § 910 BGB
Sie können überhängende Äste und eingedrungene Wurzeln selbst abschneiden, wenn Sie dem Nachbarn zuvor eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt haben und diese erfolglos verstrichen ist. Dieses Recht besteht auch dann, wenn durch das Abschneiden der Äste die Standfestigkeit des Baumes gefährdet oder sogar sein Absterben droht.
Voraussetzungen für das Selbsthilferecht
Eine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung muss vorliegen. Diese kann auch durch mittelbare Folgen wie herabfallende Nadeln, Laub oder Zapfen entstehen. Das Selbsthilferecht unterliegt dabei keiner Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Beseitigungsanspruch als Alternative
Statt der Selbsthilfe können Sie vom Nachbarn verlangen, die überhängenden Äste zu beseitigen. Dieser Anspruch nach § 1004 BGB verjährt allerdings nach drei Jahren, sobald Sie von der Beeinträchtigung Kenntnis erlangen. Das Selbsthilferecht nach § 910 BGB verjährt hingegen nicht.
Wichtige Einschränkungen
Naturschutzrechtliche Vorschriften, insbesondere Baumschutzsatzungen, können Ihr Recht auf Beseitigung der Äste einschränken. In diesem Fall müssen Sie zunächst eine Genehmigung einholen. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Baumes liegt grundsätzlich beim Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum steht.
Ab welchem Ausmaß des Überhangs kann ich rechtliche Schritte einleiten?
Ein Überhang berechtigt Sie zu rechtlichen Schritten, wenn eine konkrete Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung vorliegt. Der bloße Überhang allein reicht nicht aus.
Rechtlich relevante Beeinträchtigungen
Eine Beeinträchtigung liegt vor, wenn durch den Überhang:
- Nadeln und Zapfen auf Ihr Grundstück fallen und dadurch die Nutzung eingeschränkt wird
- Die bestehende oder in nächster Zukunft beabsichtigte Nutzung des Grundstücks behindert wird
- Äste oder Wurzeln in Bausubstanz oder Leitungen eindringen
Höhenbegrenzung
Bei der Höhe des Überhangs gilt eine wichtige Regelung: Bis zu einer Höhe von 5 Metern können Sie in der Regel die Beseitigung des Überhangs verlangen. Äste und Zweige, die höher als 5 Meter in Ihr Grundstück ragen, müssen Sie normalerweise dulden, da hier meist keine relevante Beeinträchtigung vorliegt.
Unerhebliche Beeinträchtigungen
Nicht als ausreichende Beeinträchtigung gelten:
- Geringer Laubfall
- Bloßer Lichtentzug durch überhängende Zweige
- Abtropfen von Niederschlagswasser in geringem Umfang
- Das reine Vorhandensein von Wurzeln ohne konkrete Störung
Wenn eine relevante Beeinträchtigung vorliegt, müssen Sie dem Nachbarn zunächst eine angemessene Frist von vier bis sechs Wochen zur Beseitigung setzen. Erst nach erfolglosem Ablauf dieser Frist können Sie selbst tätig werden.
Welche Fristen muss ich beim Rückschnitt von überhängenden Ästen beachten?
Bei überhängenden Ästen müssen Sie zwei zentrale Fristenarten beachten: die Verjährungsfrist für den Beseitigungsanspruch und die naturschutzrechtlichen Schnittfristen.
Verjährungsfrist des Beseitigungsanspruchs
Der Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB verjährt innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem Sie von der Beeinträchtigung durch die überhängenden Äste Kenntnis erlangt haben. Wenn Sie also die Störung durch überhängende Äste länger als drei Jahre dulden, können Sie deren Beseitigung nicht mehr vom Nachbarn verlangen.
Naturschutzrechtliche Schnittfristen
Eine wichtige zeitliche Beschränkung ergibt sich aus dem Naturschutzrecht: In der Schonzeit vom 1. März bis 30. September dürfen Sie grundsätzlich keine radikalen Schnittmaßnahmen durchführen. Diese Regelung gilt sowohl für Sie als auch für Ihren Nachbarn.
Frist zur Selbsthilfe
Wenn Sie das Selbsthilferecht nach § 910 BGB ausüben möchten, müssen Sie:
- Ihrem Nachbarn zunächst eine angemessene Frist zur Beseitigung setzen
- Diese Frist abwarten, bevor Sie selbst tätig werden
Eine angemessene Frist beträgt in der Regel 2-4 Wochen. Das Selbsthilferecht unterliegt dabei – anders als der Beseitigungsanspruch – keiner Verjährung.
Wie gehe ich rechtlich korrekt vor, wenn mein Nachbar den Rückschnitt verweigert?
Erste Aufforderung und Fristsetzung
Sie müssen Ihrem Nachbarn zunächst eine angemessene Frist zur Beseitigung der überhängenden Äste setzen. Diese Aufforderung sollte schriftlich erfolgen und den konkreten Umfang der gewünschten Beseitigung benennen.
Selbsthilferecht nach Fristablauf
Nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Frist können Sie von Ihrem Selbsthilferecht Gebrauch machen. Sie dürfen dann:
- Die überhängenden Äste selbst abschneiden
- Einen Fachmann mit dem Rückschnitt beauftragen
- Die abgeschnittenen Äste behalten
Voraussetzungen für das Selbsthilferecht
Für die Ausübung des Selbsthilferechts muss eine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung vorliegen. Eine solche Beeinträchtigung liegt beispielsweise vor, wenn:
- Laub auf das Dach fällt und die Regenrinne verstopft
- Eine erhebliche Verschattung des Grundstücks vorliegt
- Die Nutzung des Grundstücks wesentlich eingeschränkt wird
Wichtige rechtliche Hinweise
Der Rückschnitt muss fachgerecht und nur bis zur Grundstücksgrenze erfolgen. Beachten Sie die Verjährungsfrist von drei Jahren für den Beseitigungsanspruch, die ab Kenntnis der Eigentumsbeeinträchtigung läuft. Das Selbsthilferecht nach § 910 BGB bleibt jedoch auch nach Verjährung des Beseitigungsanspruchs bestehen.
Wenn Sie den Rückschnitt selbst vornehmen, müssen Sie die naturschutzrechtlichen Bestimmungen beachten. Ein radikaler Rückschnitt, der zum Absterben der Pflanze führt, kann Schadensersatzansprüche auslösen.
Wer trägt die Kosten für den Rückschnitt überhängender Äste?
Die Kostentragungspflicht für den Rückschnitt überhängender Äste richtet sich nach der konkreten Situation und dem gewählten Vorgehen.
Rückschnitt durch den Baumeigentümer
Wenn Sie als beeinträchtigter Nachbar den Eigentümer des Baumes auffordern, die überhängenden Äste zu beseitigen, muss dieser grundsätzlich die Kosten für den Rückschnitt selbst tragen. Dies ergibt sich aus seiner Verantwortung für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung seines Grundstücks.
Selbsthilfe nach erfolgloser Aufforderung
Wenn der Baumeigentümer trotz Ihrer Aufforderung und angemessener Fristsetzung untätig bleibt, können Sie die überhängenden Äste im Wege der Selbsthilfe entfernen lassen. In diesem Fall können Sie die entstandenen Kosten vom Baumeigentümer ersetzt verlangen. Dies gilt auch für die Beauftragung eines professionellen Unternehmers zum fachgerechten Rückschnitt.
Regionale Unterschiede
In einigen Bundesländern gelten abweichende Regelungen: Dort muss derjenige die Kosten des Rückschnitts tragen, der ein Interesse an der Beseitigung hat – also der beeinträchtigte Grundstückseigentümer. Daher sollten Sie sich vorab über die in Ihrem Bundesland geltenden Bestimmungen informieren.
Besondere Konstellationen
Wenn die überhängenden Äste keine relevante Beeinträchtigung darstellen, müssen Sie als Nachbar die Kosten für einen gewünschten Rückschnitt selbst tragen. Bei einer nur geringfügigen Beeinträchtigung durch Laubfall oder Nadeln können Sie stattdessen einen angemessenen finanziellen Ausgleich nach § 906 BGB verlangen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Nachbarrecht
Das Nachbarrecht regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Grundstücksnachbarn und deren gegenseitige Rechte und Pflichten. Es ist hauptsächlich im BGB (§§ 903-924) sowie in den jeweiligen Landesgesetzen geregelt. Es umfasst Regelungen zu Grundstücksgrenzen, Immissionen, Überhang von Pflanzen und gegenseitigen Nutzungsrechten. Ein typisches Beispiel sind Vorschriften zum Umgang mit überhängenden Ästen oder Wurzeln von Nachbargrundstücken.
Beseitigungsanspruch
Der rechtliche Anspruch eines Grundstückseigentümers, störende Einwirkungen von einem Nachbargrundstück zu beseitigen. Dieser Anspruch ist in § 1004 BGB geregelt und setzt eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung des Eigentums voraus. Bei Pflanzenüberhang besteht der Anspruch, wenn dieser die übliche Grundstücksnutzung erheblich einschränkt, wie etwa durch starken Laubfall oder Beschattung.
Unzulässige Einwirkung
Bezeichnet im Nachbarrecht Beeinträchtigungen, die das zumutbare Maß überschreiten und nicht mehr hingenommen werden müssen. Gemäß § 906 BGB sind dies Einwirkungen, die die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Beispiele sind übermäßiger Laubfall in Dachrinnen oder extreme Beschattung durch überhängende Äste.
Verjährung
Ein Rechtsinstitut, nach dem Ansprüche nach Ablauf bestimmter Fristen nicht mehr durchgesetzt werden können. Im Nachbarrecht gilt meist die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB). Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.
Zwangsvollstreckung
Das rechtliche Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung gerichtlich festgestellter Ansprüche, geregelt in der ZPO. Bei Nachbarrechtsstreitigkeiten kann dies bedeuten, dass ein Gericht die Beseitigung von Überhängen anordnet und diese notfalls auch gegen den Willen des Nachbarn durchgesetzt werden kann, etwa durch Beauftagung einer Gartenfirma auf dessen Kosten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1004 BGB (Beseitigungsanspruch): Dieser Paragraph gibt Eigentümern das Recht, die Beseitigung von Beeinträchtigungen ihres Eigentums durch den Nachbarn zu verlangen. Insbesondere erlaubt er das Entfernen von herüberragenden Ästen und Zweigen, die die Nutzung des eigenen Grundstücks beeinträchtigen. Der Anspruch entsteht, wenn eine unzulässige Beeinträchtigung vorliegt und der Eigentümer den Nachbarn zur Beseitigung auffordert.Im vorliegenden Fall haben die Kläger gemäß § 1004 BGB den Beklagten zur Beseitigung der über das Grundstück ragenden Äste und Zweige aufgefordert. Das Gericht bestätigte diesen Anspruch, da die herüberragenden Äste die Nutzungsmöglichkeiten der Kläger erheblich beeinträchtigen.
- § 910 BGB (Selbsthilferecht): Dieser Paragraph erlaubt es Eigentümern, bestimmte Beeinträchtigungen durch Nachbarn selbst zu beseitigen, ohne vorherige gerichtliche Anordnung. Dies umfasst insbesondere das Kürzen von Ästen, die über die Grenze hinausgehen, sofern sie die Nutzung des Grundstücks beeinträchtigen.Im vorliegenden Fall wurde § 910 BGB herangezogen, um den Selbsthilferecht der Kläger zu bestätigen. Das Gericht erkannte an, dass die Kläger die überhängenden Äste eigenständig zurückschneiden dürfen, um die Nutzung ihres Grundstücks sicherzustellen.
- § 906 BGB (Duldung von Beeinträchtigungen): Dieser Paragraph regelt, in welchen Fällen Eigentümer von Beeinträchtigungen durch Nachbarn dulden müssen. Insbesondere betrifft dies die Situation, in der die Beeinträchtigung als örtlich üblich angesehen wird und keine unzumutbare Härte darstellt.In dem vorliegenden Fall wurde § 906 BGB relevant, um zu bestimmen, ob die Überhänge der Bäume und Hecken als örtlich üblich gelten und somit zu dulden sind. Das Gericht stellte fest, dass eine allgemeine Duldungspflicht nicht bestand, da die Überhänge die Nutzung erheblich beeinträchtigten.
- Grunddienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht): Eine Grunddienstbarkeit ist ein im Grundbuch eingetragenes Nutzungsrecht, das einem Nachbarn bestimmte Rechte auf dem Grundstück eines anderen einräumt, wie zum Beispiel das Recht zu gehen und zu fahren. Diese Rechte sind bindend und müssen bei Änderungen respektiert werden.Im vorliegenden Fall wurde die Grunddienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechts im Grundbuch der Kläger registriert. Die Überhänge der Hecken und Bäume beeinträchtigten die Nutzung dieses Rechts, weshalb die Kläger das Recht hatten, eine Reduzierung der Beeinträchtigungen zu verlangen.
- § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG (Naturschutzrechtliche Bestimmungen): Dieser Paragraph des Bundesnaturschutzgesetzes schützt bestimmte Naturgüter und kann auch Auswirkungen auf die Nutzung von Grundstücken haben. Insbesondere können hierdurch Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung von Naturgegebenheiten reguliert werden.Der Beklagte argumentierte, dass naturschutzrechtliche Vorschriften eine Beseitigung der Hecken und Äste verhindern würden. Das Gericht entschied jedoch, dass § 39 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG den Beseitigungsanspruch der Kläger nicht aufhebt, wodurch die Entfernung der überhängenden Pflanzen rechtlich zulässig blieb.
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LG München II – Az.: 1 O 2379/12 (2) – Teilurteil vom 28.09.2017
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