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Anspruch auf Genesenennachweis mit sechsmonatiger Gültigkeit

VG Gießen – Az.: 10 L 271/22.GI – Beschluss vom 25.02.2022

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig eine Bescheinigung über ihren Genesenenstatus im Sinne von § 2 Nr. 5 SchAusnahmV auszustellen, die nach Inhalt und Form derjenigen entspricht, die der Antragstellerin mit Schreiben des Antragsgegners vom 25.01.2022 übersandt wurde, jedoch einen Gültigkeitszeitraum vom 21.01.2022 bis 24.06.2022 ausweist.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Ausstellung eines Genesenennachweises mit einer bis zum 24.06.2022 reichenden Gültigkeitsdauer.

Am 24.12.2021 wurde bei der Antragstellerin eine PCR-Testung vorgenommen, die den Nachweis einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 ergab. Das Gesundheitsamt des Antragsgegners erlangte hiervon Kenntnis und übersandte der Antragstellerin mit Begleitschreiben vom 25.01.2022 eine Bescheinigung, die mit „Genesenennachweis / Recovery Certification SARS-CoV-2 gemäß § 2 Nr. 5 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV)“ überschrieben ist und in der es sodann heißt: „Die nachfolgend genannte Person war mit SARS-CoV-2 infiziert. Eine Testung auf SARS-CoV-2 erfolgte durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis (PCR-Test).“ Die Bescheinigung gibt im Folgenden den Namen und das Geburtsdatum der Antragstellerin, die Krankheit und den Erreger, auf die sie sich bezieht (COVID-19 / SARS-CoV-2), und als Datum des ersten positiven Testergebnisses den 24.12.2021 an. Anschließend werden in der Bescheinigung Deutschland als Mitgliedstaat des Tests und der Kreisausschuss des Antragsgegners, Abteilung Gesundheit, als Aussteller des Genesenennachweises bezeichnet. Schließlich folgt die Angabe, dass der Nachweis ab dem 21.01.2022 und bis zum 24.03.2022 gültig ist.

Der Versand der Bescheinigung an die Antragstellerin beruhte auf einer Verwaltungspraxis des Antragsgegners, nach welcher infolge des Inkrafttretens der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung zum 09.05.2021 an sämtliche Personen mit Wohnsitz im Gebiet des Antragsgegners, von deren mittels PCR-Test bestätigter SARS-CoV-2-Infektion das Gesundheitsamt Kenntnis erlangte, ohne Antrag automatisch ein solcher Genesenennachweis übersandt wurde. Diese Praxis beendete der Antragsgegner Mitte Januar 2022, worüber er die Öffentlichkeit mit einer Pressemitteilung vom 21.01.2022 informierte, die auch auf seiner Internetseite abrufbar ist. Nach dem 21.01.2022 wurden nur noch in solchen Fällen Bescheinigungen ausgestellt, bei denen das Testdatum, wie im Fall der Antragstellerin, vor dem 21.01.2022 lag und der Bearbeitungsprozess verwaltungsintern bereits begonnen hatte.

Die Antragstellerin hat am 09.02.2022 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, mit dem sie die Neuausstellung eines Genesenennachweises durch den Antragsgegner mit einer über den 24.03.2022 hinausreichenden und erst mit Ablauf von sechs Monaten nach Vornahme der PCR-Testung endenden Gültigkeitsdauer begehrt. Sie macht geltend, der Anordnungsgrund folge aus der Eilbedürftigkeit ihres Begehrens, die sich daraus ergebe, dass sie ohne Verlängerung des Nachweises über ihren Genesenenstatus aufgrund der 2G-Maßnahmen der Coronavirus-Schutzverordnung des Landes Hessen ab dem 25.03.2022 von weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen sei und ihr daher ein Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden könne. Der Anordnungsanspruch folge daraus, dass die zum 15.01.2022 in Kraft getretene Änderung von § 2 Nr. 5 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung, durch die aufgrund des nunmehr im Verordnungstext enthaltenen dynamischen Verweises auf die unter der Internetadresse „www.rki.de/covid-19-genesenennachweis“ veröffentlichten Vorgaben des Robert Koch-Instituts die Gültigkeitsdauer des Genesenennachweises nicht mehr sechs Monate, sondern bereits 90 Tage nach Abnahme des positiven PCR-Tests ende, verfassungswidrig und somit nichtig sei. Die Neuregelung verstoße gegen den aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, beinhalte eine unzulässige verdeckte Subdelegation der an die Bundesregierung gerichteten Verordnungsermächtigung, verstoße ferner gegen die sich aus Art. 82 Abs. 1 GG ergebenden Vorgaben für die Veröffentlichung von Rechtsnormen und begegne schließlich auch im Hinblick auf den Grundsatz „nulla poena sine lege scripta“ verfassungsrechtlichen Zweifeln, da nunmehr die Verwirklichung von Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbeständen ebenfalls vom jeweiligen Inhalt der Internetseite des Robert Koch-Instituts abhängig sei. Ferner sei auch die Begründung des Robert Koch-Instituts für die Verkürzung des Genesenenstatus nicht nachvollziehbar. Sie beruhe nicht auf einer wissenschaftlich fundierten Grundlage und sei daher zur Rechtfertigung der Neuregelung ungeeignet. Zuletzt liege ein Verstoß gegen das Unionsrecht vor, da dieses weiterhin eine Dauer des Genesenenstatus von sechs Monaten vorsehe.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, dem Antragsgegner vorläufig aufzugeben, der Antragstellerin einen behördlichen Genesenennachweis auszustellen, der vom Datum des positiven PCR-Testergebnisses an sechs Monate Gültigkeit hat, mithin über den 24.03.2022 hinaus.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er vertritt die Auffassung, es handele sich bei der streitgegenständlichen Bescheinigung lediglich um ein deklaratorisches Schreiben, welches nicht zwingend dem öffentlichen Recht zuzuordnen sei, da eine solche Bescheinigung auch durch eine Apotheke oder einen Arzt ausgestellt werden könne, ohne dass diese dazu beliehen worden wären. Ein Rechtsanspruch gegen den Antragsgegner auf Ausstellung der Bescheinigung bestehe nicht, auch nicht aufgrund der Verwaltungspraxis. Die Voraussetzungen für den Genesenennachweis ergäben sich aus der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in Verbindung mit den Vorgaben, die das Robert Koch-Institut als Bundesbehörde getroffen habe. Mithin bestehe für eine eigene Entscheidung des Antragsgegners kein Spielraum. Nicht er sei richtiger Antragsgegner, sondern die Bundesrepublik Deutschland.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Der Antrag ist gemäß § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Form der Regelungsanordnung statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er hat auch in der Sache Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Gemäß § 123 Abs. 5 VwGO scheidet der Erlass einer einstweiligen Anordnung hingegen aus, wenn sich der Rechtsbehelf in der Hauptsache gegen einen belastenden Verwaltungsakt richtet und somit wegen der Anfechtungssituation einstweilige Rechtsschutzmöglichkeiten nach §§ 80 oder 80a VwGO bestehen.

Hiernach ist vorliegend der Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO statthaft, da die Antragstellerin mit der von ihr erstrebten vorläufigen Ausstellung eines Genesenennachweises durch den Antragsgegner, der eine Gültigkeit bis zum 24.06.2022 ausweist, den Erlass eines Verwaltungsaktes begehrt, welcher die Gültigkeitsdauer ihres Genesenenstatus feststellt, der sich aus ihrer am 24.12.2021 erfolgten positiven PCR-Testung auf das Virus SARS-CoV-2 ergibt. Dieses Begehren ist in der Hauptsache mit der Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO zu verfolgen.

Der Verwaltungsaktqualität der begehrten und von beiden Beteiligten als „Genesenennachweis“ bezeichneten Bescheinigung steht nicht entgegen, dass diese, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist, den Status der Antragstellerin als Genesene nicht begründet und auch die Gültigkeitsdauer dieses Status nicht konstitutiv festlegt (vgl. zur a.A.: VG Halle, Beschluss vom 16.02.2022 – 1 B 41/22 HAL -, juris, Rn. 15). Zwar definiert § 2 Nr. 4 der am 08.05.2021 auf Grundlage von § 28c des Infektionsschutzgesetzes – IfSG – durch die Bundesregierung erlassenen Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung – SchAusnahmV -) eine genesene Person als eine asymptomatische Person, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Genesenennachweises ist. Unter einem Genesenennachweis in diesem Sinne ist jedoch nicht eine durch das örtlich zuständige Gesundheitsamt ausgestellte Bescheinigung zu verstehen, sondern gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens eines durch vorherige Infektion erworbenen Immunschutzes gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, sofern der Nachweis den weiteren in der Vorschrift genannten Voraussetzungen entspricht. Nach dieser bundesrechtlichen Legaldefinition ist das personalisierte positive PCR-Testergebnis als solches, welches in verkörperter oder digitaler Form vorliegen kann, als Genesenennachweis anzusehen, wenn und soweit dieses die übrigen in § 2 Nr. 5 SchAusnahmV normierten Anforderungen erfüllt (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 20.09.2021 – 14 L 512/21 -, juris, Rn. 12 unter zutreffendem Hinweis auf die Begründung zu § 2 Nr. 5 SchAusnahmV, BT-Drucks. 19/29257, S. 15: „positiver PCR-Test mit entsprechendem Datum“). Mit Wirkung seit dem 15.01.2022 verweist § 2 Nr. 5 SchAusnahmV auf die vom Robert Koch-Institut unter der in der Vorschrift genannten Internetadresse veröffentlichten Vorgaben.

Obwohl die von dem Antragsgegner bis zu der im Januar 2022 erfolgten Beendigung dieser Praxis ausgestellten und jeweils mit „Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV)“ überschriebenen Bescheinigungen somit nicht konstitutiv wirken, sondern den sich unmittelbar aus § 2 Nr. 4, Nr. 5 SchAusnahmV ergebenden Genesenenstatus von Personen, für die ein positives PCR-Testergebnis vorliegt, lediglich deklaratorisch feststellen, sind sie dennoch als Verwaltungsakte zu qualifizieren. Denn nach dem insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont desjenigen, dem die Bescheinigung erteilt wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.04.1982 – 5 S 2334/81 -, NVwZ 1983, 100), ist diese darauf gerichtet, den Zeitraum, in dem der Betroffene im Rechtssinne als Genesener gilt, verbindlich und in einer auf Rechtsbeständigkeit angelegten Weise festzustellen, worin ihre Regelungswirkung gemäß § 35 Satz 1 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz – HVwVfG – liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.11.2009 – 4 C 3.09 -, juris, Rn. 15). Der Betroffene kann die streitgegenständliche Bescheinigung insbesondere deswegen als verbindliche behördliche Regelung auffassen, weil sie in dem vom Antragsgegner verwendeten Übersendungsschreiben als „behördliche Urkunde“ bezeichnet wird, weil die Bescheinigung unter ausdrücklichem Hinweis auf § 2 Nr. 5 SchAusnahmV selbst die Bezeichnung „Genesenennachweis“ trägt und weil in ihr ausdrücklich ein Zeitraum benannt wird, in dem der Nachweis „gültig“ ist. All dies führt bei objektiver Auslegung dazu, dass es sich bei der Bescheinigung nicht bloß um einen Hinweis auf die Rechtslage oder eine schlichte Wissensmitteilung (vgl. VG Dresden, Beschluss vom 11.02.2022 – 6 L 97/22 -, juris, Rn. 7) handelt, sondern um eine hoheitliche Erklärung, durch welche die im Rechtsverkehr potentiell unsichere Dauer des Genesenenstatus der betroffenen Person verbindlich durch diejenige Behörde geklärt werden soll, die gemäß § 8 Abs. 1 der Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten nach dem Arzneimittelrecht, nach dem Heilpraktikerrecht sowie in der staatlichen Gesundheitsverwaltung vom 13.05.2011 (GVBl. I S. 195), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20.12.2021 (GVBl. S. 997) i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Hessischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst – HGöGD – für die Durchführung des Infektionsschutzgesetzes und der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen einschließlich der hessischen Coronavirus-Schutzverordnung – CoSchuV – (§ 28 Abs. 1 CoSchuV) zuständig ist. Käme der Bescheinigung keine Regelungswirkung in dem beschriebenen deklaratorisch-feststellenden Sinne zu, wäre sie schlechthin überflüssig.

Das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Eilantrag entfällt auch nicht deswegen, weil sich die Antragstellerin gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 IfSG von einem Arzt oder Apotheker ein digitales COVID-19-Genesenenzertifikat ausstellen lassen kann. Denn bei diesem handelt es sich um ein nach Vorlage des PCR-Testergebnisses und Übermittlung der in § 22 Abs. 6 Satz 3 IfSG genannten Daten technisch durch das Robert Koch-Institut generiertes, automatisch erzeugtes Dokument, dem keine behördliche Einzelfallprüfung vorausgegangen ist und das entsprechend Nr. 3 lit. h des Anhangs zur Verordnung (EU) 2021/953 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.06.2021 (ABl. L vom 15.06.2021, S. 1) aktuell stets einen Gültigkeitszeitraum von 180 Tagen ausweist, obwohl nach den vom Robert Koch-Institut auf der Internetseite „www.rki.de/covid-19-genesenennachweis“ veröffentlichten Vorgaben, auf die § 2 Nr. 5 SchAusnahmV seit dem 15.01.2022 verweist, der Genesenenstatus von Personen, die nicht gegen COVID-19 geimpft sind, bereits 90 Tage nach Vornahme der PCR-Testung endet. Der als Genesenennachweis bezeichneten Bescheinigung, die die Antragstellerin von dem Antragsgegner begehrt, kommt angesichts der derzeitigen Unsicherheit über die Dauer des Genesenenstatus gegenüber dem COVID-19-Genesenenzertifikat i.S.v. § 22 Abs. 6 IfSG ein Mehrwert zu, da sie eine gesonderte behördliche Prüfung der Gültigkeitsdauer des Genesenenstatus ausweist, was die Annahme rechtfertigt, dass sie im Rechtverkehr mit Dritten eine größere Akzeptanz finden wird als die in dem automatisch erzeugten COVID-19-Genesenenzertifikat enthaltene Angabe der Gültigkeitsdauer von 180 Tagen. Dies gilt umso mehr, als das digitale COVID-19-Genesenenzertifikat darauf ausgerichtet ist, den auf ihm abgebildeten QR-Code mit einer der hierzu angebotenen Smartphone-Apps einzuscannen, welche sodann nach dem zuletzt erfolgten Update bezogen auf die in Deutschland geltende Rechtslage den Gültigkeitszeitraum von 90 Tagen anzeigen (vgl. DAZ.online vom 23.02.2022, „Apps erkennen jetzt verkürzten Genesenenstatus“).

Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin ist schließlich auch nicht deswegen zu verneinen, weil sie vor Einreichung ihres Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht nicht zunächst bei dem Antragsgegner beantragt hat, ihr einen Genesenennachweis mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 24.06.2022 auszustellen. Eines solchen vorherigen Antrags bei der Behörde bedurfte es hier anders als im Regelfall (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.07.2004 – 6 S 19/04 -, juris, Rn. 2 m.w.N.) nicht, weil der Antragsgegner bereits dadurch vorgerichtlich mit der Sache befasst war, dass er der Antragstellerin am 25.01.2022 von Amts wegen den Genesenennachweis übersandt hat, der aber lediglich eine Gültigkeit bis zum 24.03.2022 bescheinigt. Dazu hat er mitgeteilt, in der von ihm genutzten Fachanwendung für die Erstellung der Genesenennachweise sei bereits am 07.01.2022 der Prozess zur Erstellung der Bescheinigung angestoßen und am 20.01.2022 eine Bescheinigung erstellt worden. Diese sei jedoch am 25.01.2022 vor der Absendung angehalten und aufgrund der Änderung der Rechtslage durch eine neue, am 25.01.2022 erstellte Bescheinigung mit einer Gültigkeit von drei Monaten ersetzt worden. Wegen der sich daraus ergebenden äußerst geringen Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsgegner anschließend einen Antrag positiv bescheiden würde, der auf die Ausstellung des Genesenennachweises mit der um drei Monate längeren Gültigkeitsdauer gerichtet ist, konnte die Antragstellerin in zulässiger Weise unmittelbar um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachsuchen, ohne den Antragsgegner zuvor durch eine dortige Antragstellung erneut mit der Sache befasst zu haben (vgl. W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 27. Auflage 2021, § 123 Rn. 22).

Der Eilantrag ist auch begründet.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund vorliegen, deren tatsächliche Voraussetzungen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber glaubhaft gemacht und somit hinreichend wahrscheinlich sein müssen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -). Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn sich bei summarischer Prüfung ergibt, dass der Antragsteller in der Hauptsache aufgrund eines ihm zustehenden materiell-rechtlichen Anspruchs voraussichtlich Erfolg haben wird. Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist.

Hiernach hat die Antragstellerin zunächst einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Sie hat einen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner ihr einen Genesenennachweis ausstellt, der demjenigen entspricht, der ihr mit Schreiben vom 25.01.2022 übersandt wurde, der jedoch eine Gültigkeit des Nachweises bis zum 24.06.2022 feststellt.

Dieser Anspruch findet seine Grundlage in dem aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG – folgenden Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung. Denn der Antragsgegner hat, nachdem die COVID-19-Schutzmaßnamen-Ausnahmenverordnung zum 09.05.2021 in Kraft getreten war, ohne hierzu rechtlich verpflichtet gewesen zu sein, in ständiger Verwaltungspraxis jeder im Gebiet des Landkreises wohnhaften Person, von deren positiver PCR-Testung auf das Virus SARS-CoV-2 er Kenntnis hatte, einen Genesenennachweis ausgestellt, der den aus § 2 Nr. 5 SchAusnahmV folgenden Gültigkeitszeitraum feststellte. Diese Praxis hat er erst Mitte Januar 2022 aufgegeben, wobei nach seinem Vorbringen in der Antragserwiderung auch nach dem 21.01.2022 noch an diejenigen Personen die Genesenennachweise verschickt wurden, bei denen das Testdatum vor dem 21.01.2022 lag. Sofern aber eine Behörde, wie es hier der Fall ist, im Rahmen einer ständigen Verwaltungspraxis bei gleichgelagerten Sachverhalten stets in derselben Weise entscheidet, verbietet der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG eine willkürliche Abweichung im Einzelfall und führt diesbezüglich zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung auch im Außenverhältnis, solange diese Praxis nicht aus sachgerechten Erwägungen für die Zukunft geändert wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.11.2011 – 1 C 21.10 -, juris, Rn. 15; Beschluss vom 26.06.2007 – 1 WB 12.07 -, Rn. 26, 29). Dies gilt zwar grundsätzlich nicht im Falle einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis („keine Gleichheit im Unrecht“). Jedoch war die von dem Antragsgegner vorgenommene Versendung der Genesenennachweise, obwohl sie nicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruhte, nicht rechtswidrig. Denn auch unter dem Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes erfordert der Erlass feststellender Verwaltungsakte nicht stets eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, sondern nur dann, wenn die Feststellung für den Betroffenen ungünstig und demnach belastend ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1985 – 8 C 105.83 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.04.1982 – 5 S 2334/81 -, NVwZ 1983, 100). Hiergegen spricht vorliegend auch nicht die Grundrechtsrelevanz, die dem Genesenenstatus zukommt (so aber VG Berlin, Beschluss vom 20.09.2021 – 14 L 512/21 -, juris, Rn. 19). Denn der Rechtsstatus als Genesener ist, wie bereits dargestellt, nicht von der Erteilung eines durch den Antragsgegner ausgestellten Genesenennachweises abhängig, sondern allein vom Vorliegen der in § 2 Nr. 5 SchAusnahmV normierten Voraussetzungen, welche die von dem Antragsgegner ausgestellten Bescheinigungen lediglich deklaratorisch feststellen. Hierdurch wird es dem Betroffenen ermöglicht, seinen Genesenenstatus und dessen Dauer im Rechtsverkehr durch Vorlage einer behördlichen Urkunde nachzuweisen, was sich für ihn ausschließlich begünstigend auswirkt.

Der Anspruch der Antragstellerin ist demnach auf die Ausstellung eines Genesenennachweises gerichtet, der denjenigen Gültigkeitszeitraum ausweist, der sich aus § 2 Nr. 5 SchAusnahmV ergibt. Zugrunde zu legen ist dabei jedoch die ursprüngliche Fassung dieser Vorschrift vom 08.05.2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1), die weiterhin fortgilt, da die zum 15.01.2022 in Kraft getretene Neufassung gemäß Art. 1 Nr. 1 b) der Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14.01.2022 (BAnz AT 14.01.2022 V1) verfassungswidrig und daher nichtig ist. Dies kann die Kammer selbst feststellen, da die genannte Bestimmung als untergesetzliche Rechtsnorm nicht dem Normverwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 GG unterfällt (BVerfG, Beschluss vom 01.03.1978 – 1 BvL 20/77 -, juris, Rn. 16).

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Die Vorschrift des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14.01.2022 ist bereits deswegen verfassungswidrig, weil sie durch den in ihr enthaltenen Verweis auf die vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse „www.rki.de/covid-19-genesenennachweis“ veröffentlichten Vorgaben, denen der Genesenennachweis entsprechen muss, eine Subdelegation vornimmt, die entgegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 28c IfSG nicht vorgesehen ist.

Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 1, 2 GG können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, wobei Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen. Die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung beruht auf der gesetzlichen Grundlage des § 28c IfSG, der in Satz 1 die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung für Personen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auszugehen ist, Erleichterungen oder Ausnahmen von Geboten und Verboten nach dem fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes oder aufgrund von Vorschriften im fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes erlassenen Geboten und Verboten zu regeln. Wenn die Bundesregierung von dieser Ermächtigung Gebrauch macht, kann sie gemäß § 28c Satz 3 IfSG zugleich die Landesregierungen ermächtigen, ganz oder teilweise in Bezug auf von den Ländern nach dem fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes erlassene Gebote und Verbote für die in Satz 1 genannten Personen Erleichterungen und Ausnahmen zu regeln. Die Landesregierungen wiederum können gemäß § 28c Satz 4 IfSG die Ermächtigung durch Rechtsverordnung an andere Stellen übertragen.

Anspruch auf Genesenennachweis mit sechsmonatiger Gültigkeit
(Symbolfoto: PhotoSGH/Shutterstock.com)

Der sich daraus ergebende Rahmen der an die Bundesregierung gerichteten Verordnungsermächtigung gemäß § 28c IfSG wird durch § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14.01.2022 überschritten. Indem diese Vorschrift einen Genesenennachweis definiert als Nachweis hinsichtlich des Vorliegens eines durch vorherige Infektion erworbenen Immunschutzes gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in verkörperter oder digitaler Form, wenn der Nachweis den vom Robert Koch-Institut im Internet unter der Adresse „www.rki.de/covid-19-genesenennachweis“ unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft veröffentlichten Vorgaben hinsichtlich der Art der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion, der Zeit, die nach der Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion vergangen sein muss, und der Zeit, die die Testung zum Nachweis der vorherigen Infektion höchstens zurückliegen darf, entspricht, wird die der Bundesregierung durch § 28c Satz 1 IfSG übertragene Normsetzungsbefugnis durch eine partielle Blankoermächtigung auf das Robert Koch-Institut weiterübertragen, bei dem es sich um eine dem Bundesministerium für Gesundheit nachgeordnete Bundesoberbehörde handelt. Diese Subdelegation verstößt gegen Art. 80 Abs. 1 GG. Denn nach § 28c IfSG ist die Bundesregierung zwar dazu ermächtigt, die Landesregierungen zur Regelung der in Satz 3 dieser Vorschrift genannten Erleichterungen und Ausnahmen zu ermächtigen, die die Ermächtigung dann ihrerseits auf andere Stellen weiterübertragen können. Die Unterermächtigung einer einzelnen Bundesbehörde sieht § 28c IfSG jedoch ausdrücklich nicht vor.

Um eine solche unzulässige Subdelegation und nicht bloß um eine dynamische Verweisung, die unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein kann, handelt es sich indes bei dem in der Verordnung enthaltenen Verweis auf die dort genannte Internetseite des Robert Koch-Instituts. Denn dieses kann gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14.01.2022 die für die Geltungsdauer des Genesenennachweises entscheidenden Kriterien eigenständig unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft bestimmen. Dabei dienen die auf dieser Grundlage veröffentlichten Vorgaben des Robert Koch-Instituts ausschließlich dazu, den Regelungen des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV nachzukommen, was sich bereits aus dem auf der genannten Internetseite veröffentlichten Text ergibt, in dem es einleitend heißt: „Gemäß Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar 2022 weist das RKI aus, welche fachlichen Vorgaben ein Genesenennachweis erfüllen muss.“ Hieraus wird ersichtlich, dass die Bundesregierung, ohne dazu gesetzlich ermächtigt zu sein, mit der Neufassung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV die ihr durch § 28c IfSG übertragenen Normsetzungsaufgaben partiell an das Robert Koch-Institut weiterdelegiert hat, wodurch dieses in die Lage versetzt wird, den materiellen Inhalt der Vorschrift selbständig zu ändern, indem es den auf seiner Internetseite veröffentlichten Text entsprechend anpasst. Bereits aus diesem Grund ist die Neufassung der Regelung verfassungswidrig (vgl. VG Osnabrück, Beschluss vom 04.02.2022 – 3 B 4/22 -, juris, Rn. 19; VG Ansbach, Beschluss vom 11.02.2022 – AN 18 S 22.00234 -, juris, Rn. 40; VG Hamburg, Beschluss vom 14.02.2022 – 14 E 414/22 -, juris, Rn. 33 ff.; VG Halle, Beschluss vom 16.02.2022 – 1 B 41/22 HAL -, juris, Rn. 39).

Darüber hinaus verstößt § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14.01.2022 gegen Art. 82 Abs. 1 Satz 2 GG, der als Ausfluss des rechtsstaatlichen Publizitätsgebots anordnet, dass Rechtsverordnungen von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelungen im Bundesgesetzblatt verkündet werden müssen. Eine solche anderweitige Regelung enthält § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen und Bekanntmachungen (Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetz – VkBkmG -). Hiernach werden Rechtsverordnungen des Bundes im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger verkündet. Vorbehaltlich anderer gesetzlicher Regelungen erfolgt ihre Verkündung im Bundesanzeiger, wenn der Verordnungsgeber feststellt, dass ihr unverzügliches Inkrafttreten wegen Gefahr im Verzug oder zur Durchführung oder Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Union erforderlich ist.

Auch diesen Vorgaben genügt die Neufassung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV nicht, da der Verweis auf die Internetseite des Robert Koch-Instituts aus den genannten Gründen dazu führt, dass durch eine Änderung der dort veröffentlichten Vorgaben zugleich eine materielle Änderung des Regelungsinhalts von § 2 Nr. 5 SchAusnahmV bewirkt wird, ohne dass insoweit eine Änderungsverordnung im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger verkündet wird. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen in einer Rechtsverordnung des Bundes enthaltene dynamische Verweisungen auf nichtgesetzliche normative Regelungen, die zwar öffentlich zugänglich, aber weder im Bundesgesetzblatt noch im Bundesanzeiger veröffentlicht sind, verfassungsrechtlich zulässig sein können, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, da jedenfalls die hier erfolgte Verweisung auf die Internetseite einer Behörde, deren Inhalt ständig geändert werden kann, wegen Verstoßes gegen das Verkündungsgebot und das rechtsstaatliche Publizitätserfordernis unzulässig ist (vgl. VG Osnabrück, Beschluss vom 04.02.2022 – 3 B 4/22 -, juris, Rn. 18). Denn durch die hier gewählte Regelungstechnik muss der Rechtsunterworfene aufgrund der jederzeit bestehenden Möglichkeit, dass die Internetseite zwischenzeitlich geändert wurde, stets überprüfen, ob die Seite noch denselben Inhalt hat, woraus für ihn eine unzumutbare Rechtsunsicherheit entstehen kann. Zudem wird das Publizitätserfordernis dadurch verletzt, dass Internetveröffentlichungen eine hohe Flüchtigkeit aufweisen und im konkreten Fall die fachlichen Vorgaben des Robert Koch-Instituts nicht von einer hiermit beauftragten Stelle archivmäßig gesichert werden, so dass nicht mehr gewährleistet ist, dass die zu einem bestimmten Zeitpunkt geltende Rechtslage später ohne größere Schwierigkeiten mit Gewissheit nachvollzogen werden kann, was insbesondere für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, deren Verwirklichung vom Genesenenstatus des Betroffenen abhängt, von erheblicher Bedeutung sein kann (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 14.02.2022 – 14 E 414/22 -, juris, Rn. 32).

Da bereits die vorstehenden Gesichtspunkte die Verfassungswidrigkeit von § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14.01.2022 begründen, kann offenbleiben, ob sich die Nichtigkeit der Regelung daneben auch aus den weiteren Umständen ergibt, die die Antragstellerin zur Begründung ihres Antrags vorgebracht hat.

Der Inhalt des Genesenennachweises, den die Antragstellerin von dem Antragsgegner beanspruchen kann, bestimmt sich somit nach § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 08.05.2021. Hiernach ist ein Genesenennachweis ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens einer vorherigen Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Testung durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist und mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt. Die positive PCR-Testung der Antragstellerin erfolgte am 24.12.2021. Die Gültigkeit des Genesenennachweises beginnt demnach 28 Tage nach diesem Datum, somit am 21.01.2022, und endet sechs Monate später, mithin am 24.06.2022.

Den daneben für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund hat die Antragstellerin ebenfalls glaubhaft gemacht. Dieser folgt aus der Eilbedürftigkeit ihres Rechtsschutzbegehrens, die sich daraus ergibt, dass nach Einlegung eines Hauptsacherechtsbehelfs eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung realistischerweise nicht erlangt werden kann, bevor der Genesenenstatus der Antragstellerin mit Ablauf des 24.06.2022 endet. Ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung droht der Antragstellerin somit ein irreversibler Anspruchsverlust, was einen wesentlichen Nachteil i.S.v. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO darstellt. Die Kammer legt hierbei zugrunde, dass die Antragstellerin nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft ist. Diese Annahme stützt sich auf den Vortrag der Antragstellerin, sie sei aufgrund der geltenden 2G-Maßnahmen ohne eine Verlängerung des Genesenennachweises ab dem 25.03.2022 von weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen, wozu sie beispielhaft auf Restaurantbesuche sowie auf eine „Impfpflicht“ im Gesundheitswesen verweist. Glaubhaft gemacht ist die fehlende Impfung der Antragstellerin zudem durch den vorgelegten Auszug aus der EDV-Dokumentation des Antragsgegners, der in Bezug auf die Antragstellerin die Eintragung „Impfungen (0)“ ausweist.

Die Nachteile, die der Antragstellerin durch ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung entstehen, stellen sich angesichts der gegenwärtigen Bedeutung des Genesenennachweises für die Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben als unzumutbar dar. Weil diese Nachteile nachträglich nicht mehr beseitigt werden können und gleichzeitig ein Erfolg der Antragstellerin in der Hauptsache aus den Gründen, die zum Vorliegen des Anordnungsanspruchs führen, überwiegend wahrscheinlich ist, erfordert die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung, obwohl mit dieser die Hauptsache vorweggenommen wird.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die auf Grundlage von § 32 IfSG erlassenen Rechtsverordnungen der Länder, welche die Schutzmaßnahmen anordnen, bezüglich derer u.a. für Genesene Ausnahmen gelten, gemäß § 28a Abs. 10 Satz 1 IfSG spätestens mit Ablauf des 19.03.2022 außer Kraft treten müssen, was nach § 28b Abs. 7 Satz 1 IfSG gleichermaßen für die bundesweit einheitlichen Schutzmaßnahmen gemäß § 28b IfSG gilt. Denn zum einen kann der Deutsche Bundestag diese Frist in beiden Fällen durch Beschluss um weitere drei Monate verlängern (§§ 28a Abs. 10 Satz 3, 28b Abs. 7 Satz 3 IfSG), und zum anderen ist derzeit ungewiss, welche Nachfolgeregelungen anderenfalls zum 20.03.2022 in Kraft treten werden. Angesichts dieser Rechtsunsicherheit ist es der Antragstellerin nicht zuzumuten, mit der Stellung eines Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz allein aufgrund der abstrakten Möglichkeit, nach dem 19.03.2022 nicht mehr auf einen Genesenennachweis angewiesen zu sein, länger zuzuwarten.

Der Antragsgegner hat als unterliegender Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG -. Das Gericht hat den gesetzlichen Auffangstreitwert in Ansatz gebracht und, da der gestellte Eilantrag auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist, von der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Regelfall üblichen Halbierung des Hauptsachestreitwertes abgesehen.

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