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Anstrahlen und ausleuchten eines Nachbargrundstücks – Unterlassungsanspruch

Landgericht Köln

Az.: 9 S 362/99

Urteil vom 26.04.2000

Vorinstanz: Amtsgericht Wipperfürth, AZ.: 1 C 266/99, Urteil vom 02.11.1999


In dem Rechtsstreit hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 29.03.2000 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Wipperfürth vom 02.11.1999 -1 C 266/99 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis 500.000, — DM oder Ordnungshaft bis zu 2 Jahren zu unterlassen, von seinem Grundstück Gemarkung … Flur … Flurstücke …, … das Grundstück der Kläger Gemarkung … Flur … Flurstück … und das darauf errichtete Wohnhaus bei Dunkelheit zielgerichtet anzustrahlen und auszuleuchten.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Kläger können von dem Beklagten verlangen, dass dieser es unterlässt, von seinem Grundstück zielgerichtet ihr Grundstück anzustrahlen und auszuleuchten. Ein solches Verhalten stellt eine wesentliche Beeinträchtigung des klägerischen Grundstückes dar und ist nicht ortsüblich (§§ 1004, 906 Abs. 2 BGB analog).

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts hält die Kammer den diesbezüglichen Sachvortrag der Kläger für ausreichend substantiiert. Jedenfalls anhand der in der zweiten Instanz zu den Akten gereichten Videoaufnahmen vermag sich die Kammer einen hinreichenden Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten sowie dem Verhalten des Beklagten zu verschaffen.

Danach stellen die beiden an den jeweiligen Enden des Balkons angebrachten Außenleuchten keine Beeinträchtigung des klägerischen Grundstückes dar, da es sich um gängige Leuchten mit geringer Stärke handelt. Hingegen geht von der über das Balkongeländer gehängten bzw. auf einem gesonderten Stab installierten Bauleuchte sowie von dem hinter dem Fenster platzierten Strahler eine wesentlich stärkere Lichtleistung aus, die auch direkt in Richtung des Klägergrundstückes leuchten. Insbesondere bei der letztgenannten Lichtquelle hält es die Kammer auch für zweifelhaft, ob es sich lediglich um eine zum Fenster hin gedrehte Leselampe handelt. Dies kann indessen letztlich dahinstehen, denn jedenfalls geht hiervon eine deutliche Leuchtkraft aus.

Auf dem ersten Videoband ist außerdem zu erkennen, wie zusätzlich von einer Person hinter dem Fenster ein starker Handscheinwerfern eingeschaltet wird, der direkt in Richtung der Kläger leuchtet.

Ferner ist aufgrund der auf dem zweiten Band aufgezeichneten verbalen Äußerungen auch die Zuordnung zum Beklagten möglich, der anlässlich der Inaugenscheinnahme der Aufnahmen auch nicht in Abrede gestellt hat, die hier streitigen Ausleuchtungen vorgenommen zu haben.

Die vom Beklagten aufgeworfene Frage nach der Verwertbarkeit der Videoaufzeichnungen ist dahingehend zu beantworten, dass insofern keine Bedenken bestehen. Nach herrschender Meinung bestehen auch im Zivilprozess Beweisverwertungsverbote, die zwar – anders als in der StPO – nicht gesetzlich geregelt sind, aber aus der Verfassung abzuleiten sind. Sie greifen ein, wenn durch die Beweiserhebung in ein verfassungsrechtlich geschütztes Individualrecht eingegriffen wurde und die Verwertung nicht ausnahmsweise durch Güterabwägung gerechtfertigt wird (vgl. Zöller-Greger, § 286, Rdnr. 15a m.w.N.).

In Betracht kommt insoweit vor allem das allgemeine Persönlichkeitsrecht des ungefragt Aufgezeichneten. Dem ist das Interesse des Aufzeichnenden gegenüberzustellen, mit der Aufzeichnung seine eigenen Rechte wahrzunehmen bzw. zu wahren (vgl. Zoller-Greger aaO, Rdnr. 15b; BGK NJW 1995, 1955ff.).

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu beachten, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beklagten nicht sehr intensiv tangiert worden ist, denn die Aufnahmen wurden bei Dunkelheit angefertigt, und der Aufgenommene ist allenfalls schemenhaft zu erkennen. Ein Hineinfilmen in den Wohnbereich des Beklagten findet so gut wie nicht statt und ist jedenfalls lediglich eine ungewollte zwangsläufige Folgeerscheinung. Auch erfassen die Aufnahmen sowohl für sich genommen als auch insgesamt nur relativ kurze Zeiträume.

Ausschlaggebend zugunsten der Klägerinteressen hält die Kammer vorliegend jedoch, dass die Videoaufzeichnung nur aus dem aktuellen Anlass einer neuerlichen „Lichtbeeinträchtigung“ und zu dem Zweck erfolgt ist, diese als Beweismittel festzuhalten. Eine dauerhafte, verdachtsunabhängige Beobachtung – auch möglicherweise „Unschuldiger“ – hat nicht stattgefunden (eine solche lag der oben zitierten BGH-Entscheidung zugrunde). Auch standen den Klägern keine anderen, gleich anschaulichen Aufzeichnungsmethoden zur Verfügung.

Als zweites Kriterium des Unterlassungsanspruchs ist die Frage nach der fehlenden Ortsüblichkeit der Beleuchtung zu beantworten. Insofern kommt es entscheidend auf die Zweckbestimmung der Leuchten an. Da der Beklagte sich damit verteidigt, lediglich Videoaufzeichnungen durch den Kläger verhindert haben zu wollen, ist hier nur eine Beurteilung anhand von Indizien möglich. In Betracht kommen insofern lediglich die Installation und die konkrete Positionierung der Leuchten an sich.

Nach der Überzeugung der Kammer kann indessen bereits hieraus mit hinreichender Sicherheit auf eine Zweckbestimmung geschlossen werden, die ausschließlich der Schikanierung der Kläger bestimmt sein kann. Die vom Beklagten vorgebrachten „Erklärungen“ sind ausgesprochen fadenscheinig. Insbesondere anhand des Videobandes und der darauf abgebildeten direkten Anleuchtung des klägerischen Hauses mit einem Handscheinwerfer ist eindeutig zu erkennen, dass die Beleuchtung keineswegs auf den zwischen den Häusern gelegenen Grundstücksteil des Beklagten gerichtet ist. Sein Vortrag zu angeblichen Versuchen des Klägers zu 1), sein Grundstück zu betreten, sowie zu weiteren Belästigungen in der Vergangenheit ist demgegenüber alles andere als präzise und detailliert, so dass er mangels Substantiierung unbeachtlich ist. Im übrigen hegt die Kammer erhebliche Zweifel daran, dass der Kläger „Auslöser“ der Vorfälle sein soll, denn es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum er Videoaufnahmen von dem Beklagten anfertigen sollte. Sofern dies dennoch der Fall ist, stehen auch dem Beklagten die gesetzlichen Möglichkeiten offen, sich hiergegen zur Wehr zu setzen.

Der Antrag der Kläger war im Tenor geringfügig dahingehend zu präzisieren, dass nur zielgerichtete Ausleuchtungen verboten sind, da dem Beklagten ansonsten der Betrieb sämtlicher Außenleuchten an der dem Haus der Kläger zugewandten Seite seines Hauses untersagt würde. Da es sich um eine im Wege der Auslegung zu ermittelnde Einschränkung geringen Ausmaßes handelte, führt dies auch nicht zu einem Teilunterliegen der Kläger.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.000,00 DM

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