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Antibabypille hat versagt – Schadensersatzansprüche gegen Hersteller?

Oberlandesgericht Köln

Az: 7 U 85/96

Urteil vom 09.01.1997

Vorinstanz: Landgericht Aachen – Az.: 4 O 431/95


Das OLG Köln hat auf die mündliche Verhandlung vom 09.01.1997 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 8.5.1996 ( 4 O 431/95) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d :

Die Beklagte ist Herstellerin des Empfängnisverhütungsmittels „C. M“, einer sogenannten Micropille. Die Klägerin, die am 22.7.1992 ihre zweite Tochter T. S. gebar, macht Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche mit der Begründung geltend, C. M habe als Verhütungsmittel versagt.

Die Klägerin, die spätestens ab dem 9.12.1991 Kenntnis von ihrer erneuten Schwangerschaft hatte, wandte sich erstmals mit Schreiben vom 17.9.1992 an die Beklagte und meldete Schadensersatzansprüche dem Grunde nach an. Die Beklagte sagte mit Schreiben vom 6.10.1992 Überprüfung zu und lehnte mit Schreiben vom 5.3.1993 Ansprüche der Klägerin ab. Diese vertrat in einem Schreiben vom 28.5.1993 weiter die Auffassung, die Beklagte sei ersatzpflichtig, und machte Ansprüche auf Unterhalt bis zum 18. Lebensjahr des Kindes, Schmerzensgeld und weitere Aufwendungen, insgesamt 170.000 DM, geltend. Mit Schreiben vom 1.7.1993 wies die Beklagte wiederum darauf hin, daß Schadensersatzansprüche schon aus Rechtsgründen nicht in Betracht kämen und verwies hierzu auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt (Urt. vom 25.6.1992, VersR 1993, 356 f.). Wegen des genauen Inhalts und des Wortlauts wird auf das Schreiben vom 01.07.1993 (Bl. 29 GA) Bezug genommen. Hierauf reagierte die Klägerin nicht weiter.

Mit einer am 6.11.1995 beim Landgericht eingereichten Klageschrift hat die Klägerin Ansprüche in Höhe von insgesamt 195.020 DM nebst Rechtshängigkeitszinsen geltend gemacht. Die unter dem 7.11.1995 eingeforderten Gerichtskosten in Höhe von 5265.- DM (Abgang am 8.11.1995, s.Bl. 7 R GA) sind am 9.1.1996 bei der Gerichtskasse Aachen eingegangen. Die Klagezustellung ist am 22.1.1996 erfolgt.

Die Klägerin hat hierzu behauptet, sie habe auf ärztliches Anraten seit Oktober 1991 C. M als Verhütungsmittel benutzt. Sie habe das Mittel regelmäßig und streng den Herstellerangaben entsprechend eingenommen. Sie habe weder unter Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder ähnlichem gelitten, was die Wirkung des Mittels etwa habe herabsetzen können, noch habe sie jemals die Einnahme auch nur einen einzigen Pille vergessen. Zu Beginn des zweiten Handlungszyklus im November 1991 sei es dennoch zu einer ungewollten Schwangerschaft gekommen, was sich auch aus einer Bescheinigung ihres Frauenarztes vom 9.12.1992 ergebe (Bl. 7 GA). Da alle anderen Möglichkeiten ausschieden, müsse diese auf einem Versagen des Verhütungsmittels beruhen. Die Klägerin hat in erster Instanz Unterhalt bis zur Vollendung des 18.Lebensjahres der Tochter in Höhe von 130.020.- DM (teilweise aus abgetretenem Recht des Ehemannes), Schmerzensgeld in Höhe von 50.000.- DM (wegen der mit der Schwangerschaft verbundenen außergewöhnlichen Beschwernisse) sowie Aufwendungen in Höhe von 15.000.- DM (für Hilfskräfte, die anstelle der Klägerin beim Bau des Eigenheims eingesetzt worden seien) geltend gemacht.

Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 195.020.- DM nebst 4% Zinsen seit dem 22.1.1996 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Mangelhaftigkeit ihres Produktes und den von der Klägerin geltend gemachten Schaden bestritten, ebenso die Behauptung, die Klägerin habe C. M überhaupt eingenommen, jedenfalls aber sei dies nicht regelmäßig geschehen. Sie hat ferner darauf verwiesen, daß bekanntermaßen kein Verhütungsmittel eine 100%ige Verhütungssicherheit gewährleiste, vielmehr auch für C. M nach dem sogenannten Pearl-Index ein Ausfallrisiko von 0,1 bis 0,9 bestehe. Sie beruft sich schließlich auf Verjährung.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 8.5.1996 die Klage abgewiesen mit der Begründung, ein Schadensersatz- und ein Schmerzensgeldanspruch der Klägerin ergebe sich weder aus Vertrag noch aus §§ 84 ff AMG noch aus § 823 BGB. Die Klägerin habe eine Mangelhaftigkeit des Verhütungsmittels nicht vorgetragen, da sie weder das allgemeine Ausfallrisiko noch etwaige Umstellungsschwierigkeiten von einem früheren Präparat zu C. M habe ausschließen können; daß ihr das allgemeine Ausfallrisiko unbekannt gewesen sei, habe sie nicht behauptet. Auch sei nicht vorgetragen worden, daß die Klägerin ein weiteres Kind auch in Zukunft nicht mehr gewünscht habe.

Gegen das am 9.5.1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7.6.1996 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 6.9.1996 begründet.

Sie begehrt in zweiter Instanz nur noch Zahlung von Unterhalt in Höhe von 26.650 DM (von Juli 1992 bis Oktober 1996), ein angemessenes Schmerzensgeld, das sie mit mindestens 10.000 DM angibt, Aufwandsschaden in Höhe von 15.000 DM sowie Feststellung der Ersatzpflicht für den zukünftigen Unterhaltsaufwand.

Sie ist der Auffassung, der Anspruch ergebe sich aus §§ 823 Abs.1, 847 BGB bzw. aus §§ 84 ff. AMG, eventuell auch aus den Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen bezüglich der von ihr angenommenen Fehlerhaftigkeit des Verhütungsmittels und bestreitet die Angaben der Beklagten zur Höhe des Pearl-Indexes für C. M. Jedenfalls hätte hierauf im Beipackzettel hingewiesen werden müssen, was – wie inzwischen unstreitig ist – nicht erfolgt ist. Vielmehr erwecke dieser eher den Eindruck, als sei das Mittel 100%ig wirksam. Umstellungsschwierigkeiten kämen nicht in Betracht, da die Schwangerschaft – was das Landgericht offenbar verkannt habe – nicht während des ersten, sondern erst während des zweiten Einnahmezyklusses eingetreten sei.

Sie beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 41.650,00 DM nebst 4% Zinsen seit dem

22.1.1996 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 22.1.1996 zu zahlen, wobei die Höhe des Schmerzensgeldes in das Ermessen des Gerichts gestellt wird;

3. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Unterhaltsbelastungen zu ersetzen, die den Eheleuten M. durch die Geburt ihrer zweiten Tochter im Juli 1992 entstehen, und zwar für die Zeit von November 1996 bis zur Vollendung des 18.Lebensjahres der zweiten Tochter der Klägerin.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie tritt der Berufung unter Vertiefung des bisherigen Vorbringens entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Schadensersatzansprüche wegen des bisher geleisteten Unterhalts, der mit dem Leistungsantrag geltend gemacht wird, und wegen der zukünftigen Unterhaltsleistungen, auf die sich der Feststellungsantrag bezieht, stehen der Klägerin nicht zu. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gibt es keine vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien und auch eine Schutzwirkung, die ein etwaiger Vertrag der Beklagten mit einem Dritten (etwa einem Zwischen- oder Einzelhändler des Produkts C. M) entfalten würde, ist nicht anzunehmen. Insoweit greift die Klägerin das landgerichtliche Urteil auch nicht an.

Ansprüche aus §§ 84, 87 AMG kommen wegen des eindeutigen Wortlauts von § 87 AMG, der sich nur auf genau bestimmte Schäden bezieht, worunter Unterhaltsschäden nicht fallen, ebenfalls nicht in Betracht. Gleiches gilt für Ansprüche aus § 8 ProdHaftG. Darüber hinaus findet diese Vorschrift nach § 15 ProduktHaftG auf Arzneimittel keine Anwendung. Bei C. M handelt es sich aber nach § 2 Abs. 1 Ziffer 5 AMG um ein Arzneimittel.

Aber auch ein deliktischer Anspruch (§§ 823 Abs.1 bzw. 823 Abs.2 in Verbindung mit § 230 BGB) steht der Klägerin insoweit weder selbst noch gar aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes zu. Daß die Ersatzpflicht für Unterhaltsschäden nur auf die schuldhafte Verletzung vertraglicher Pflichten, nicht aber auf die allgemeine gesetzliche Pflicht, absolute Rechtsgüter nicht zu verletzen, gestützt werden kann, entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. etwa Mertens in Münchener Kommentar § 823 Rn 62 ff.; ders. in FamRZ 1969, 252; Selb JZ 1971, 207; Palandt-Heinrichs Vorbem. vor § 249 Rn. 48 ff.; OLG Karlsruhe NJW 1979, 599; OLG Frankfurt VersR 1993, 357). Auch der erkennende Senat hat diese Auffassung in der Vergangenheit bereits vertreten (Beschluß vom 12.12.1983, 7 U 219/83) und hält weiter daran fest.

Weder die Klägerin noch deren Ehemann sind in einem der durch § 823 Abs.1 BGB geschützten Rechtsgüter betroffen, bzw., soweit eine Rechtsgutverletzung in Betracht kommt, beruht darauf nicht die Unterhaltspflicht. So mag die Klägerin zwar in ihrer körperlichen Unversehrtheit durch die von ihr nicht gewollte Schwangerschaft betroffen sein. Die Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens liegt allerdings ausschließlich in den Beschwernissen, die die Schwangerschaft normalerweise mit sich bringt, oder auch, wie die Klägerin behauptet, bei ihr in besonderem Maße mit sich gebracht hat, und in den Schmerzen im Zusammenhang mit der Geburt. Die Existenz des Kindes allerdings, die die Unterhaltspflicht auslöst, beruht nicht auf Schwangerschaftsbeschwerden oder Geburtsschmerzen. Insoweit fehlt es also jedenfalls am erforderlichen Zurechnungszusammenhang.

Ein anderes absolutes Recht der Klägerin oder ihres Ehemannes ist durch die ungewollte Schwangerschaft und durch die Geburt ihrer Tochter nicht verletzt worden. In Betracht käme insoweit allenfalls das allgemeine Persönlichkeitsrecht, etwa in der besonderen Ausprägung eines Rechtes auf selbstbestimmte Familienplanung. Ein solch weites Verständnis des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes ist aber abzulehnen, da es zu uferlosen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Ausweitungen des deliktsrechtlichen Schutzes führen würde (so auch OLG Frankfurt VersR 1993, 357 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat bewußt nur die Verletzung bestimmter, fest umrissener bzw. fest umreißbarer Rechtsgüter (wie etwa Leben, Gesundheit, Eigentum) dem Schutz des § 823 BGB unterworfen, und die Rechtsfortentwicklung hat unter „sonstigen Rechten“ im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB nur solche verstanden, die den ausdrücklich genannten Rechtsgütern in ihrer Abgrenzbarkeit entsprachen, wobei immaterielle Rechtsgüter schon wegen der Vorschrift des § 253 BGB nur in engen Ausnahmefällen als sonstige Rechte anerkannt wurden. Das Recht, sein Leben in jeder Beziehung selbst zu bestimmen, erfüllt diese Voraussetzungen nicht, und seine Anerkennung als sonstiges Recht würde dazu führen, daß deliktischer Schutz letztlich konturenlos würde.

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Die Klägerin hat aber auch keinen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen der Beschwerden während der Schwangerschaft und der Geburt und auf Ersatz der behaupteten Mehraufwendungen im Zusammenhang mit den für das Eigenheim erbrachten Leistungen. Dabei mag dahinstehen, ob solche Ansprüche schon deshalb scheitern, weil eine Fehlerhaftigkeit des Verhütungsmittels oder eine fehlerhafte Information durch die Packungsbeilage nicht hinreichend dargelegt wurde. Hier neigt der Senat allerdings zunächst der Auffassung des Landgerichts zu, daß die Klägerin jedenfalls die allgemeinen Ausfallrisiken, die jedes noch so scheinbar sichere und zuverlässige Verhütungsmittel birgt, nicht hat ausräumen können. Ob diesbezüglich die Produktinformation allerdings hinreichend genau und unmißverständlich war, erscheint angesichts des letzten Satzes der überreichten Packungsbeilage („Bei korrekter Einnahme verhindert C. M das Heranreifen von Eizellen in den Eierstöcken und ohne Eisprung kann keine Schwangerschaft eintreten“) durchaus zweifelhaft.

Auf diese Fragen kommt es indes ebensowenig an wie auf die Frage, ob die Klägerin tatsächlich nachweisen kann, daß sie das Mittel absolut regelmäßig eingenommen hat und daß die Wirkung des Mittels durch andere körperliche Beeinträchtigungen nicht herabgesetzt war. Denn selbst wenn die Schwangerschaft letztlich auf eine irreführende Information der Beklagten zurückzuführen wäre, wären etwaige Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche verjährt.

Sowohl hinsichtlich der Schmerzensgeldansprüche nach §§ 847, 823 BGB als auch hinsichtlich der Schadensersatzansprüche nach §§ 84,87 AMG gilt eine dreijährige Verjährungsfrist (§ 852 Abs. 1 BGB, § 90 AMG). Diese Frist begann zu laufen spätestens am 9.12.1992, denn zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin Kenntnis vom Eintritt des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen. Ausweislich der von ihr selbst vorgelegten, auf diesen Tag datierenden Bescheinigung ihres Frauenarztes wußte sie jedenfalls ab diesem Zeitpunkt, daß sie schwanger war und daß die behaupteten Verhütungsmaßnahmen wirkungslos geblieben waren. Ab diesem Zeitpunkt hätte sie etwaige Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen können, und zwar jedenfalls im Wege der Feststellungsklage. Daß die Schadensentwicklung insoweit noch nicht abgeschlossen war, sie etwaige Schwangerschaftsbeschwerden oder Geburtsschmerzen in ihrem konkreten Ausmaß noch nicht absehen konnte, hinderte den Lauf der Verjährungsfrist nicht (Palandt-Thomas § 852 Rn. 4).

Auch durch Verhandlungen im Sinne von § 852 Abs.2 BGB ist die Vollendung der Verjährung nicht verhindert worden. Allerdings ist durch das Schreiben der Klägerin vom 17.9.1992 zunächst eine Hemmung des Verjährungsablaufs eingetreten. Indem die Beklagte mit Schreiben vom 6.10.1992 eine Prüfung der Ansprüche zusagte, war sie in Verhandlungen eingetreten, denn der Begriff der Verhandlungen im Sinne von § 852 BGB ist weit auszulegen und umfaßt jede Erörterung über die Sache (BGH NJW 1983, 2075). Ob durch das Schreiben der Beklagten vom 5.3.1993, mit dem sie auf die Angelegenheit zurückkam, die Verhandlungen schon als gescheitert angesehen werden konnten, war nicht festzustellen, denn die insoweit darlegungspflichtige Beklagte hat dieses Schreiben nicht vorgelegt. Dagegen spricht, daß sie auf das Schreiben der Klägerin vom 28.5.1993 sich erneut mit der Sache befaßte und der Klägerin unter dem 1.7.1993 eine weitere Antwort zukommen ließ.

Mit diesem Schreiben, auf das eine weitere Reaktion der Klägerin nicht mehr erfolgte, endete allerdings auch die Hemmung der Verjährung. Dieses Schreiben war aus Sicht der Klägerin als Verweigerung weiterer Verhandlungen im Sinne von § 852 BGB anzusehen. Angesichts der Tatsache, daß sich die Beklagte endgültig auf den Standpunkt festgelegt hatte, ein Anspruch der Klägerin komme aus Rechtsgründen nicht in Betracht, und auf eine in jeder Hinsicht einschlägige obergerichtliche Entscheidung verwiesen hatte, konnte bei der Klägerin kein Zweifel mehr bestehen, daß dies das „letzte Wort“ der Beklagten sei und weitere Verhandlungen über etwaige Schadensersatzansprüche nicht in Betracht kämen.

Damit lief die Verjährungsfrist am 24.9.1995 ab: zu dem regelmäßigen Ablauf der Verjährung am 9.12.1994 war die Zeit der Hemmung nach § 852 Abs.2 BGB vom 17.9.1992 bis zum 1.7.1993, also 9 Monate und 15 Tage, hinzuzurechnen. Da die Klageschrift vom 26.10.1995 erst am 6.11.1995 eingereicht und erst am 22.1.1996 zugestellt wurde, konnte sie die Verjährung nicht mehr rechtzeitig nach § 209 Abs.1 BGB unterbrechen.

Ein anderes Ergebnis würde auch nicht folgen, wenn entgegen der hier vertretenen Auffassung im Schreiben der Beklagten vom 1.7.1993 noch nicht eine endgültige Verweigerung weiterer Verhandlungen gesehen würde. Dann wäre die Verjährungshemmung zu dem Zeitpunkt als beendet anzusehen, zu dem die Beklagte nach Treu und Glauben mit einer Antwort der Klägerin rechnen durfte (vgl. BGH NJW 1986, 1337). Diesen Zeitpunkt setzt der Senat mit höchstens einem Monat an. Von Seiten der Beklagten war mit dem Schreiben vom 1.7.1993 alles gesagt, was gesagt werden konnte, es gab aus ihrer Sicht keine Fragen mehr, die etwa auf Seiten der Klägerin eine zeitaufwendigere Überprüfung erfordert hätten. Die Auseinandersetzung war bislang – soweit dies dem Senat aus der vorgelegten Korrespondenz ersichtlich ist – ausschließlich über rechtliche Gesichtspunkte geführt worden. Wenn die Klägerin anderer Auffassung war oder meinte, es seien weitere rechtliche Gesichtspunkte ins Feld zu führen, so war dies nichts, was längere Überlegungsfristen erfordert hätte, so daß eine Antwort der Klägerin binnen eines Monats erwartet werden durfte.

Aber selbst die Anerkennung einer zweimonatige Überlegungsfrist würde noch nicht zur rechtzeitigen Unterbrechung der Verjährungsfrist führen. Die Zustellung der Klageschrift am 22.1.1996 war nicht „demnächst“ im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO erfolgt, so daß die Wirkung des § 209 Abs.1 BGB nicht mit Einreichung der Klage am 6.11.1995 eintreten konnte. Der Zeitraum von etwa zweieinhalb Monaten ist zu lang und er beruht wesentlich auf einem der Klägerin anzulastenden Verhalten, nämlich der verzögerten Einzahlung des Kostenvorschusses (vgl. insoweit etwa BGH NJW 1967, 779), der am 8.11.1995 angefordert wurde, aber erst am 9.1.1996 bei Gericht einging. Eine Unterbrechung der Verjährung hätte unter Berücksichtigung eines angemessenen Zeitraums für die Einzahlung der Kosten von 14 Tagen und des Zeitraums, der ausschließlich der Sphäre des Gerichts zuzurechnen wäre (6.11. – 9.11. und 9.1. – 22.1., insgesamt 18 Tage), also frühestens am 21.12.1995 eintreten können. Zu diesem Zeitpunkt wäre aber auch bei Annahme einer zweimonatigen Reaktions- und Überlegungsfrist die Verjährung bereits vollendet gewesen, nämlich schon seit dem 24.11.1995.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert und Beschwer für die Klägerin: 71.650 DM (vgl. Senatsbeschluß vom 30.10.1996).

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