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Anwohnerparkplätze

Anwohnerparkplatz – Gilt dies auch für die andere Straßenseite?

Begriff des Anwohners und die enge räumliche Bindung zum PKW-Stellort

Halten auf einem Anliegerparkplatz erlaubt?

Klagebefugnis eines Anliegers bei Anliegerparkplätzen


BVerwG

Az.: 3 C 11-97

Urteil vom 28. 5. 1998 


Normen:

StVG § 6 I Nr. 14
StVO § 45 I b 1 Nr. 2, 2


1. Der Begriff des Anwohners ( § 6 I Nr. 14 StVG und § 45 I b S. 1 Nr. 2 StVO) verlangt eine enge räumliche Verbindung zwischen Wohnung und Pkw-Abstellort. Das setzt einen Nahbereich voraus, der in alle Regel nicht mehr als zwei bis drei Straßen umfaßt.

2. Die mosaikartige, flächendeckende Überspannung der ganzen Innenstadt in einer Großstadt durch Parkbevorrechtigungszonen ist nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 6 I Nr. 14 StVG gedeckt.
Die Kl., die am T.-H.-Ring in K. eine Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüferkanzlei betrieben, begehren die Aufhebung der verkehrsrechtlichen Anordnungen betreffend die Anwohnerparkzone „K.-Viertel“. Die Anwohnerparkzone „K.-Viertel“ gehört zu den insgesamt 16 Innenstadtbereichen der Stadt K., die als Zonen für Anwohnerparkvorrechte eingerichtet sind und ein Gebiet von ca. 10 kmTF2 mit ca. 140 000 Einwohnern und 170 000 Beschäftigten umfassen. Der nach erfolglosem Widerpruchsverfahren erhobenen Klage gab das VG statt. Dieses Urteil wurde vom OVG aufgehoben.Die Revision des Kl. hatte Erfolg.
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht. Das BerGer. hat den Begriff des Anwohners in § 6 I Nr. 14 StVG v. 19. 12. 1952 (BGBl I, 837) i. d. F. des Änderungsgesetzes v. 6. 4. 1980 (BGBl I, 413) und in § 45 I b 1 Nr. 2 und S. 2 StVO v. 16. 11. 1970 (BGBl I, 1565) i. d. F. der Verordnung v. 21. 7. 1980 (BGBl I, 1060) verkannt. Zugleich hat es zu Unrecht angenommen, die genannten Vorschriften böten eine Rechtsgrundlage für die flächendeckende mosaikartige Überspannung der ganzen Innenstadt einer Großstadt mit bevorrechtigten Anwohnerparkzonen.

1. Die Anfechtung der zur Einrichtung der Parkbevorrechtigungszonen erlassenen straßenverkehrsrechtlichen Anordnung läßt sich allerdings nicht darauf stützen, § 6 I Nr. 14 StVG und § 46 I b 1 Nr. 2 und S. 2 StVO verletzten den Gleichheitssatz des Art. 3 I GG. – Es ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß die Differenzierung der Parkberechtigungen zwischen Anwohnern und sonstigen Verkehrsteilnehmern auf sachlich gerechtfertigtem Grund beruht (vgl. BVerwG, Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 30, S. 8 = NJW 1995, 473 m. w. Nachw.). Daran ist festzuhalten. Die Kläger haben keine Argumente vorgetragen, die diese gefestigte Rechtsprechung erschüttern könnten.

2. Die angefochtenen Maßnahmen sind aber deshalb rechtswidrig, weil die genannten Vorschriften die Straßenverkehrsbehörden hierzu nicht ermächtigen. Nach § 45 I b Nr. 2 StVO treffen die Straßenverkehrsbehörden die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Anwohner. Nach Satz 2 des § 45 I b StVO ordnen die Straßenverkehrsbehörden die Parkmöglichkeiten für Anwohner im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Nach diesen Bestimmungen, die allein als Grundlage für die angeordneten Parkbevorrechtigungen in Betracht kommen, können nur „Anwohner“ durch ein solches Vorrecht begünstigt werden. Insoweit deckt sich die Regelung mit der zugrunde liegenden Ermächtigungsnorm des § 6 I Nr. 14 StVG. Danach erläßt der Bundesminister für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Beschränkung des Haltens und Parkens zugunsten der Anwohner. Die Anordnungen zur Schaffung der hier streitigen Anwohnerparkzone sind mithin nur rechtmäßig, wenn es sich bei den davon Begünstigten um Anwohner im Sinne der genannten Vorschriften handelt. Das ist jedoch nicht der Fall.

a) Der Begriff des Anwohners ist weder im Straßenverkehrsgesetz noch in der StVO definiert. Er hat jedoch in der Rechtsprechung des BVerwG bereits eine gewisse Klärung erfahren. Einerseits ist festgestellt, daß die Parkbevorrechtigung nur solchen Personen zuerkannt werden kann, die in dem dafür in Anspruch genommenen Gebiet tatsächlich wohnen (vgl. BVerwG, Buchholz 442. 151 § 45 StVO Abs. 30 = NJW 1995, 473). Andererseits hat der erkennende Senat in seinem Urt. v. 12. 11. 1992 (BVerwGE 91, 168 [172] = NJW 1993, 1728) ausgesprochen, daß zwischen der Wohnung und dem in Betracht kommenden Abstellort des Pkw eine gewisse räumliche Nähe bestehen muß. Dabei hat er offengelassen, wie eng diese räumliche Verbindung im einzelnen sein muß. Er hat jedoch keinen Zweifel daran gelassen, daß der Anwohnerbegriff nicht mehr erfüllt ist, wenn die Bewohner eines ganzen Stadtviertels, eines gesamten Stadtquartiers, eine flächendeckende Parksonderberechtigung erhalten. Daran ist festzuhalten. Der vorliegende Rechtsstreit gibt Veranlassung, dies weiter zu konkretisieren.

b) Der Wortsinn des Begriffs „Anwohner“ beinhaltet die Aussage, daß der Betreffende „an“ etwas wohnen muß. Dies bedeutet eine direkte räumliche Beziehung zwischen dem Ort des Wohnens und dem Objekt, an dem jemand wohnt. So ist Anwohner einer Straße ohne jeden Zweifel nur derjenige, der in einem an dieser Straße gelegenen Haus wohnt. In einem Beschluß vom 3. 5. 1985 (Buchholz 442.151 § 45 Nr. 14 S. 15 = NJW 1985, 3092) hat das BVerwG die Straße als Objekt des Anwohnens i. S. des § 6 I Nr. 14 StVG verstanden und dementsprechend ein Sonderparkrecht nur für solchen Parkraum zugelassen, der auf der Straße an dem Wohngrundstück des Kraftfahrers liegt. Es ist aber einzuräumen, daß weder das Straßenverkehrsgesetz noch die StVO den Begriff des Anwohner ausdrücklich in Beziehung zu der jeweiligen Straße setzen, in der der Betroffene wohnt. Der Wortlaut der Regelungen läßt es auch zu, den in Anspruch zu nehmenden Parkraum als Bezugsobjekt anzusehen, wie es im Urteil des Senats vom 12. 11. 1992 (BVerwGE 91, 168) bereits anklingt. Damit entfällt zwar die ausschließliche Beschränkung auf die Straße, an der die Wohnung des Kraftfahrers liegt. Das Erfordernis einer direkten räumlichen Beziehung zwischen dieser Wohnung und dem in Anspruch zu nehmenden Parkraum wird damit aber nicht aufgehoben. Er mag sich etwa „um den Block herum“ erstrecken, ohne daß diese Beziehung bereits verloren ginge. In jedem Fall erfordert die aus dem Begriff des Anwohners folgende enge räumliche Verbindung zwischen Wohnung und Pkw-Abstellplatz aber die Beschränkung auf einen Nahbereich, der in aller Regel nicht mehr als zwei bis drei Straßen umfaßt.
Greift die Parkbevorrechtigung weiter aus, so ist ihr Gegenstand als Gebiet, Bereich oder gegebenenfalls als Stadtviertel zu bezeichnen. Die in einem solchen Gebiet wohnenden Menschen sind aber im allgemeinen Sprachgebrauch keine „Anwohner“, sondern „Bewohner“.
Daß der Gesetzgeber den Begriff des Anwohners in diesem Sinne verstanden hat, belegt eine systematische Betrachtung der Regelungen des Straßenverkehrsgesetzes. § 6 I Nr. 14 StVG regelt in einer Vorschrift nebeneinander die Parkvorrechte der Anwohner und die Schaffung von Parkmöglichkeiten für Schwerbehinderte und Blinde. Bei den beiden letztgenannten Personengruppen steht außer Frage, daß von vornherein nur kleinräumige Regelungen geeignet sind, deren berechtigten Anliegen Rechnung zu tragen. Die Einräumung eines Parkvorrechts für alle Bewohner eines Stadtviertels hätte demgegenüber ein völlig anderes Gewicht. Es wäre unverständlich, wenn der Gesetzgeber diese mit der Einrichtung von Behinderten – und Blindenparkplätzen in einer Bestimmung zusammengefaßt und dadurch auf eine Stufe gestellt hätte.
Dies erhellt insbesondere aus der unmittelbar nachfolgenden Regelung des § 6 I Nr. 15 StVG. Diese betrifft „Fußgängerbereiche und verkehrsberuhigte Bereiche“. Hier zeigt schon die Terminologie eindeutig, daß es um ganze Bereiche geht, daß also die vorzusehenden Maßnahmen auch größere Gebiete erfassen können. Hätte der Gesetzgeber die Schaffung von Parkbevorrechtigungszonen ermöglichen wollen, wie sie der Beklagte eingerichtet hat, hätte sich die Verwendung entsprechender Formulierungen aufgedrängt.

c) Schließlich sprechen auch der Sinn und Zweck der vom Gesetz ermöglichten Anwohnerparkvorrechte für die hier vertretene, von Rechtsprechung und Literatur gebilligte (vgl. VGH Kassel, VRS 1987, 475 [478], sowie Jagusch-Hentschel, StraßenverkehrsR, 34. Aufl. [1997], § 45 StVO Rdnr. 36) enge Auslegung des Anwohnerbegriffs. Ziel dieses Vorrechts ist es, den Anwohnern Parkmöglichkeiten im Umfeld ihrer Wohnung zur Verfügung zu stellen, um die innerstädtischen Wohngebiete attraktiver zu gestalten. Die Bewohner der innerstädtischen Wohngebiete sollen leichter einen Parkplatz finden, wenn sie mit dem Wagen nach Hause kommen (vgl. BT-Dr 8-3150, S. 9). Wird das Parkvorrecht aber auf das gesamte Stadtviertel erstreckt, wandelt es seinen Charakter und öffnet im Hinblick auf die gesetzliche Zielsetzung dem Mißbrauch Tür und Tor. Es ermöglicht den Bewohnern des Viertels, innerhalb desselben alle Verrichtungen des täglichen Lebens unter bevorrechtigten Bedingungen mit dem Auto vorzunehmen. Ob Getränkeeinkauf oder Arztbesuch, alles kann bequem mit dem Auto erledigt werden, solange der Zielort innerhalb des Stadtviertels liegt, in dem der Betroffene wohnt. Es liegt auf der Hand, daß dies nicht der Sinn des alle übrigen Verkehrsteilnehmer ausschließenden Parkvorrechts für Anwohner ist.

d) Die Einrichtung der Anwohnerparkzone „K.-Viertel“ für alle Bewohner dieses Viertels durch die Bekl. ist mithin nicht von
§ 6 I Nr. 14 StVG und § 45 I b S. 1 Nr. 2 StVO gedeckt. Die zur Durchführung dieser Maßnahme getroffenen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen sind rechtswidrig.

3. Die Einrichtung der Anwohnerparkzone „K.-Viertel“ ist darüber hinaus auch deshalb rechtswidrig, weil sie Teil einer die gesamte Innenstadt erfassenden flächendeckenden mosaikartigen Überspannung mit Parkbevorrechtigungszonen ist. Eine solche flächendeckende Aufteilung der gesamten Innenstadt einer Großstadt in Parkbevorrechtigungszonen läßt das geltende Recht selbst dann nicht zu, wenn sie durch kleinräumige Maßnahmen in dem zuvor beschriebenen Sinne vorgenommen wird.

a) Das Straßenverkehrsrecht ist sachlich begrenztes Ordnungsrecht, für das dem Bund – abweichend vom sonstigen (Polizei-)Ordnungsrecht – die Gesetzgebungskompetenz zusteht (vgl. BVerfGE 40, 371 [380]). Daraus folgt, daß es nicht die originäre Aufgabe der Straßenverkehrsbehörden ist, grundlegende Entscheidungen zur städteplanerischen Entwicklung von Gemeinden zu treffen. Dies hat der Gesetzgeber in § 6 I Nr. 15 StVG eindeutig anerkannt. Die dort eingeräumte Verordnungsermächtigung betrifft die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen. Durch die Verwendung des Begriffs „Kennzeichnung“ hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, daß den Straßenverkehrsbehörden nicht die Befugnis eingeräumt werden soll zu entscheiden, ob ein Fußgängerbereich oder eine verkehrsberuhigte Wohnzone eingerichtet werden soll, weil dies jeweils eine bedeutende lokale städteplanerische Entscheidung der Gemeinde ist (vgl. BT-Dr 8-3150, S. 10). Die flächendeckende Überspannung der gesamten Innenstadt einer Großstadt mit Anwohnerparkzonen stellt eine städteplanerische Entscheidung von mindestens gleichem Gewicht dar. Sie mag zwar darauf zielen, die Wohnbevölkerung der Innenstadt von einer Abwanderung ins Umland abzuhalten. Die Kl. weisen aber zu Recht darauf hin, daß sie gleichzeitig die nicht von der Hand zu weisende Gefahr einer Stadtflucht von Gewerbetreibenden und Freiberuflern zu Folge haben kann. Die weitgehende Reservierung des Parkraums der Innenstadt für Anwohner kann – und soll – Berufspendler und sonstige Innenstadtbesucher zwingen, nach Möglichkeit auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Es gibt sicher gute Gründe, eine solche Entwicklung zu fördern. Es ist aber nicht zu übersehen, daß eine solche Maßnahme auch nachteilige Wirkungen auf die Stadtentwicklung haben kann, wie die verbreitete Klage über die Entstehung großer Gewerbeparks „auf der grünen Wiese“ zeigt.
Der Gesetzgeber hat in § 6 I Nr. 14 StVG offenkundig nicht die Grundlage für eine derart weitgehende städtebauliche Entscheidung legen wollen. Die Bestimmung über das Parkvorrecht der Anwohner ist eindeutig als ordnungsrechtliche Eingriffsermächtigung formuliert. Der Gesetzgeber ermächtigt den Verordnungsgeber zu Regelungen über „die Beschränkung des Haltens und Parkens zugunsten der Anwohner“. Dieser Formulierung kommt besonderes Gewicht zu, weil sie im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens an die Stelle des Vorschlags der Bundesregierung getreten ist, die Schaffung von Parkmöglichkeiten für Anwohner vorzusehen (vgl. BT-Dr 8-3150, S. 4; BT-Dr 8-3622, S. 6 u. 10). Dadurch sollte klargestellt werden, daß Parkvorrechte für die Anwohner citynaher Wohnstraßen im Regelfall durch ein Parkverbotsschild mit dem Zusatz „ausgenommen Anwohner“ verwirklicht werden sollen. Der Gesetzgeber zielte mithin auf konkrete Einzelmaßnahmen zum Schutz jeweils betroffener Anwohner. Die Einräumung einer grundlegenden stadtplanerischen Entscheidungsbefugnis war damit nicht beabsichtigt.
Allerdings ist diese Unterscheidung, wie sie in der Formulierung der Nrn. 14 und 15 des § 6 I StVG zum Ausdruck kommt, in der StVO nicht durchgehalten worden. Nach § 45 I b Nr. 2 StVO treffen die Straßenverkehrsbehörden die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung und Blinde sowie für Anwohner. Durch die Verwendung des Begriff „Kennzeichnung“ kann der Eindruck entstehen, als handele es sich um eine Entscheidung auf gleicher Ebene wie bei der Einrichtung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhtigten Bereichen. Dies stünde aber, wie dargelegt, mit der gesetzlichen Ermächtigung in § 6 I Nr. 14 StVG nicht im Einklang. Die Verordnung bedarf daher insoweit der gesetzeskonformen Auslegung. Das in § 45 I b 2 StVO für solche Maßnahmen vorgeschriebene Einvernehmen der Gemeinde bleibt davon unberührt.

b) In dieselbe Richtung weist die Tatsache, daß § 6 I Nr. 14 StVG eindeutig als Ausnahmevorschrift formuliert ist. Die Vorschrift fügt sich damit ein in die derzeitige Gesamtausrichtung des Straßenverkehrsrechts, die prinzipiell „präferenz- und privilegienfeindlich“ ist. Durch die flächendeckende Überspannung der gesamten Innenstadt mit Anwohnerparkzonen werden diese Prinzipien in ihr Gegenteil verkehrt. Die Parkmöglichkeiten werden weitgehend den privilegierten Anwohnern vorbehalten, während allen übrigen Verkehrsteilnehmern das Parken extrem erschwert oder sogar unmöglich gemacht wird. Der Wortlaut des Gesetzes schließt die Annahme aus, daß der Gesetzgeber dies zulassen wollte.

c) Überdies ist den Gesetzgebungsmaterialien zu entnehmen, daß
§ 6 I Nr. 14 StVG nicht auf die flächendeckende Überspannung der gesamten Innenstadt mit Anwohnerparkzonen zielt. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung wird wiederholt der Schutz von Wohnstraßen und Wohngebieten am Rande der Innenstädte vor parkplatzsuchenden Innenstadtbesuchern als Zweck der Regelung bezeichnet. Auch wenn diese Hinweise nicht als verbindliche Einschränkung in dem Sinne verstanden werden dürfen, als könne es in der Innenstadt keine Anwohnerparkplätze geben, lassen sie doch erkennen, daß der Gesetzgeber keinesfalls die flächendeckende Aufteilung der gesamten Innenstadt in Anwohnerparkzonen beabsichtigt hat.

d) Die flächendeckende Aufteilung der Innenstadt von K. in Anwohnerparkzonen ist hiernach mit der gegenwärtig geltenden gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren. Sie zielt darauf, mit Hilfe der Anwohnervorrechte einen grundlegenden Wandel im Verkehrsverhalten herbeizuführen. Die übrigen Verkehrsteilnehmer, ob sie nun Arbeitnehmer, Kunden oder Besucher sind, sollen davon abgehalten werden, mit dem eigenen Kraftfahrzeug die Innenstadt aufzusuchen. Eine derart weitgehende „Verkehrslenkung“ erlaubt § 6 I Nr. 14 StVG in seiner gegenwärtigen Fassung nicht.


OLG Düsseldorf

Az: 5 Ss (OWi) 458/95 – (OWi) 195/95 I

Beschluß vom 05.01.96

 

Leitsätze:

Das durch Zeichen 286 zu § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO mit dem Zusatzschild „Anwohner mit besonderem Parkausweis frei“ angeordnete eingeschränkte Halteverbot gilt nur auf der Straßenseite, auf der es angebracht ist, und auch nur bis zur nächsten Kreuzung oder Einmündung auf derselben Straßenseite. Wird es nicht an allen Kreuzungen und Einmündungen wiederholt, so kann von einem geschlossenen Anwohnerparkgebiet nicht ausgegangen werden.

 

Gründe:

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen „Parkens im Anwohnerparkbereich in zwei Fällen – fahrlässige Ordnungswidrigkeit nach §§ 41 Abs. 2 Nr. 8, 45 (Zeichen 286), 49 StVO i.V.m. Ziff. IX Abs. 5 VwV“ zwei Geldbußen von jeweils 30,-DM festgesetzt. Hiergegen richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

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Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 OwiG zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Die rechtliche Beurteilung einer wie hier festgestellten Beschilderung von Anwohnerparkplätzen ist – soweit ersichtlich – bislang noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen. Der Senat hält es für angezeigt, seine Rechtsauffassung hierzu in einer für die nachgeordneten Gerichte Richtung gebenden Weise zum Ausdruck zu bringen. Die danach gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

 

I.

Nach den Urteilsfeststellungen parkte der Betroffene sein Kraftfahrzeug am 30.September 1994 sowie am 16. Dezember 1994 jeweils länger als drei Minuten vormittags in der G.Str. in Krefeld, die in dem von der Stadt Krefeld eingerichteten „Anwohnerparkgebiet Nr. 12“ gelegen ist. Erreichbar sind die von dem Betroffenen jeweils genutzten Parkstellen in der G.Str. nur nach Passieren von aufgestellten Schildern mit dem Text „Anwohnerparkgebiet Nr. 12“ unter dem das Verkehrszeichen 286 mit dem Zusattz „Anwohner mit Sonderauswei frei“ sowie das Bild 291 mit dem Zusatz „l Stunde 7 – 19 h“ angebracht ist.

 

Die im Urteil mitgeteilte Einlassung des Betroffenen, daß die Beschilderung kein geschlossenes Anwohnerparkgebiet ausweise, hat das Amtsgericht für unbeachtlich gehalten und ausgeführt: „Die vorliegend verwendete Ausgestaltung der Beschilderung gibt zu rechtlichen Beanstandungen keinen Anlaß“. Nach Auffassung des Amtsgerichts hat der Betroffene zumindest fahrlässig gehandelt, weil er der „aufgestellten Verkehrsbeschilderung“ nicht die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt habe.

 

II.

Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen eines Verstoßes gegen § 41 Abs. 2 Nr. 8 (Zeichen 286) StVO in zwei Fällen nicht. Sie sind unvollständig und erlauben dem Senat schon deshalb nicht die Prüfung, ob das sachliche Recht zutreffend angewendet worden ist. Die Erwägung des Amtsgerichts, daß die Kennzeichnung des Anwohnerparkgebiets keinen Anlaß zu rechtlichen Beanstandungen biete, ist überdies von Rechtsirrtum beeinflußt.

 

1.a)

Nach § 45 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 2 StVO trifft die Straßenverkehrsbehörde u.a. die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Anwohner. Dabei darf die Straßenverkehrsbehörde nach § 45 Abs. 4 StVO den Verkehr nur durch – amtliche – Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken. Die für die Straßenverkehrsbehörde maßgebliche allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 45 StVO bestimmt insoweit in IX Nr. 5, daß die Sonderparkplätze – für Anwohner – entweder mit den Zeichen 286, 290/292 oder mit den Zeichen 314, 315 jeweils mit Zusatzschild gekennzeichnet werden. Dementsprechend ist zwar vorliegend aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß die zuständige Straßenverkehrsbehörde das „Anwohnerparkgebiet Nr. 12“ mit dem Zeichen 286 gekennzeichnet hat.

 

b)

Indes ist nach den Urteilsfeststellungen zweifelhaft, ob der Straßenverkehrsbehörde eine ordnungsgemäße Kennzeichnung des von ihr gewollten Anwohnerparkgebietes gelungen ist. Indem nämlich die Straßenverkehrsbehörde die Kennzeichnung mittels des Zeichens 286 mit dem zulässigen Zusatzschild „Anwohner mit besonderem Parkausweis frei“ vorgenommen hat, ist der Anwendungsbereich dieses Verkehrszeichens maßgeblich. Das durch dieses Zeichen angeordnete eingeschränkte Halteverbot gilt nach § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO nur auf der Straßenseite, auf der es angebracht ist und auch nur bis zur nächsten Kreuzung oder Einmündung auf derselben Straßenseite. Sofern es die Straßenverkehrsbehörde unterlassen haben sollte, was nach den Feststellungen nicht auszuschließen und nach der mitgeteilten Einlassung des Betroffenen und seinem Rechtsbeschwerdevorbringen sogar naheliegend ist, die von ihr an allen Zufahrtstraßen zu dem „Anwohnerparkgebiet Nr. 12“ aufgestellten Tafeln mit dem Zeichen 286 an allen Kreuzungen und Einmündungen, und zwar ggf. beidseitig zu wiederholen, kann anders als im Falle der Kennzeichnung durch die Zeichen 290/292 nicht von einem geschlossenen Anwohnerparkgebiet ausgegangen werden.

 

2.

Demzufolge vermag allein die Feststellung, daß der Betroffene in der G.Straße geparkt habe, die er nur nach Passieren der aufgestellten Tafel mit der festgestellten Beschilderung habe erreichen können, noch nicht die ihm vorgeworfenen Verstöße gegen § 41 Abs. 2 Nr. 8 (Zeichen 286) StVO aufzuzeigen. Sofern nämlich in der G.Str. selbst die für die jeweiligen Parkstellen des Betroffenen maßgeblichen und ein eingeschränktes Halteverbot anordnenden Verkehrszeichen 286 nicht aufgestellt gewesen sein sollten, scheiden die ihm vorgeworfenen Verstöße aus Rechtsgründen aus.

 

Angesicht der fehlenden Feststellungen hinsichtlich etwaiger in der G.Str. angebrachter Verkehrszeichen 286 kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Vielmehr ist es mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 353 StPO). Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache selbst kommt nicht in Betracht, weil im Hinblick auf die in der G.Str. aufgestellten Verkehrsschilder weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen sind. Der Senat hat es für angebracht gehalten, die Sache gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 354 Abs. 2 StPO an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.

 

Sofern das Amtsgericht in der neuen Verhandlung aufgrund weiterer Feststellungen zu der Überzeugung gelangen sollte, daß der Betroffene gegen §41 Abs. 2 Nr. 8 (Zeichen 286) StVO verstoßen hat, bemerkt der Senat, daß ein etwaiger Irrtum des Betroffenen über die rechtliche Unbedenklichkeit des Parkens in der G.Str. einen Verbotsirrtum darstellt, der den Vorsatz unberührt läßt.

 


OLG Köln

Az: Ss 411/94 (Z)

Beschluß vom 29.09.93

 

Normen: StVO §§ 12, 42 Abs. 4 (Zeichen 314)

Leitsätze:

»Das Halten auf einem durch Zeichen 314 zu § 42 Abs. 4 StVO mit Zusatzschild „Anwohner mit Parkausweis“ gekennzeichneten Parkplatz zum Zwecke des Be- oder Entladens ist Nichtberechtigten nach § 12 Abs. 3 StVO untersagt, wenn die Zeitdauer von drei Minuten überschritten wird oder der Verkehrsteilnehmer für das Ladegeschäft sein Fahrzeug verläßt.«

 

Gründe:

Das Halten auf einem durch Zeichen 314 zu § 42 Abs. 4 StVO mit Zusatzschild „Anwohner mit Parkausweis“ gekennzeichneten Parkplatz zum Zwecke des Be- oder Entladens ist -ebenso wie das nämlichen Zwecken dienende Halten an den durch Zeichen 229 zu § 41 Abs. 2 Nr. 4 StVO ausgewiesenen Taxenständen oder auf den durch Zeichen 314 zu § 42 Abs. 4 StVO mit Zusatzschild für Rollstuhlfahrer vorgesehenen Parkplätzen – Nichtberechtigten nach § 12 Abs. 3 StVO untersagt, wenn die Zeitdauer von drei Minuten überschritten wird oder der Verkehrsteilnehmer für das Ladegeschäft sein Fahrzeug verläßt (§ 12 Abs. 2 StVO). Aus § 12 Abs. 1 Nr. 6 b i.V.m. § 41 Abs.2 Nr. 8 Zeichen 286 StVO kann nichts Gegenteiliges entnommen werden. Zwar erlaubt Zeichen 286 einem Verkehrsteilnehmer, der ein Ladegeschäft vornimmt, sein Fahrzeug zu verlassen oder länger als drei Minuten zu halten -d.h. zu parken (§ 12 Abs. 2 StVO)-, und zwar so lange, wie das für ein ohne Verzögerung durchgeführtes Ladegeschäft notwendig ist. Diese Rechtslage gilt jedoch nur dort, wo das Zeichen 286 aufgestellt ist. Demgegenüber ist das Parken auf Plätzen für Parksonderberechtigte, seien es Taxen, Rollstuhlfahrer oder Anwohner, nach §12 Abs. 3 StVO für Nichtberechtigte ausnahmslos unzulässig, auch wenn es der Vornahme eines Ladegeschäfts im Sinne von Zeichen 286 dienen sollte. Der vom Amtsgericht vertretene Standpunkt, daß „Ladetätigkeit“ Nichtberechtigten ein Parken auf Anwohnerparkplätzen nicht erlaube, trifft daher zu. Der gegenteiligen Auffassung der Verteidigung kann aus den dargelegten Gründen nicht gefolgt werden. Die Verfolgungsverjährung ist im Zulassungsverfahren, wo sie gemäß § 80 Abs. 5 OWiG regelmäßig außer Betracht zu bleiben hat, nur dann zu prüfen, wenn es gerade wegen dieser Frage geboten erscheint, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Dazu gibt es hier keinen Anlaß.


VG Köln

 Az: 11 K 2260/93; 11 K 6366/93; 11 K 9902/94; 11 K 126

 Urteil vom 20.03.95


Normen

 – StVO § 45 Abs. 1b


Leitsätze:

1. Der Anlieger einer Anwohnerparkzone im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 1b Nr. 2 StVO ist klagebefugt hinsichtlich aller verkehrsrechtlichen Anordnungen, die im Gebiet zur Umsetzung des Anwohnerparkgebietes ergangen sind.

2. a)Materiell verlangt die Einrichtung einer Anwohnerparkzone, daß zwischen den Parkplätzen, für die eine Sonderparkberechtigung eingeräumt wird, und den bevorzugten Benutzern eine räumliche Sonderbeziehung besteht; dies bedeutet, daß die räumliche Ausdehnung der Anwohnerparkzone, um noch von der Ermächtigung des § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 StVO gedeckt zu sein, bestimmte Grenzen nicht überschreiten darf (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 12.11.1992, DAR 1993, 191.)

b) In Ergänzung zu der Entscheidung des BVerwG (DAR 1993, 191), das hier „einen Nahbereich, der unter den örtlich gegebenen Umständen üblicherweise von Anwohnern zum Parken aufgesucht wird“, genannt hat, ist zu bedenken, ob die konkreten Vorgaben des Bauordnungsrechtes Maßstäbe liefern können, wonach zum Nachweis „notwendiger Stellplätze“ bei Bauvorhaben im allgemeinen kaum eine größere Entfernung als 300 m akzeptiert wird.

3. Mit § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 StVO ist es – in Übereinstimmung mit dem VGH Kassel (Urteil vom 21.02.1994, 2 UE 1564/91) – nicht vereinbar, wenn die nähere Ausgestaltung der Parksondervorrechte dazu führt, daß die Bewohner eines ganzen Stadtquartiers eine flächendeckende Parksonderberechtigung erhalten, namentlich wenn Gewerbetreibende Parkflächen, seien diese  bewirtschaftet oder unbewirtschaftet, nur noch in unzureichendem Maße vorfinden und auch nicht in benachbarte Gebiete ausweichen können. Eine solche Regelung stellt das § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 StVO zu Grunde liegende Regel-Ausnahme-Schema auf den Kopf.

 

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