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Arbeitgeberansprüche bei Verletzung eines Arbeitnehmers durch Dritte

AG Tübingen, Az.: 2 C 723/14, Urteil vom 17.07.2015

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 3.523,17 € zu zahlen, zzgl. Zinsen in Höhe von 5%- Punkten über dem Basiszinssatz aus 722,19 € seit 12.02.2014 und aus 2.308,88 € seit 26.04.2014.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 80%, die Klägerin trägt 20%.

3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Das Urteil ist für die Beklagten vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung.

Die Klägerin kann die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.301,23 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, inwieweit die Beklagte Ziff. 2 Zahlungen der Klägerin an ihren Arbeitnehmer aus Ergebnisbeteiligung und Weihnachtsgeld zu erstatten hat, und ob Urlaubsvergütung, Krankengeldzuschuss und Arbeitgeberanteile ebenfalls von den Beklagten zu ersetzen sind.

Es geht im Kern darum, wie weit der Forderungsübergang gem. § 6 I Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) in Verbindung mit § 7 I StVG reicht, bzw. ob die Forderungen aus Abtretung oder analoger Anwendung geltend gemacht werden können.

Die Klägerin ist Arbeitgeberin des am 18.08.2013 bei einem Verkehrsunfall verletzten Herr … (geb. am …). Der Unfall ereignete sich auf der Steige zwischen … und …, wobei der Beklagte Ziff. 1 mit seinem Fahrzeug rückwärts rollte und mit dem Motorrad des Herrn … kollidierte, woraufhin dieser umkippte und sich verletzte. Infolge der Verletzungen war Herr … arbeitsunfähig bis einschließlich 20.10.2013 (63 Tage). Der Schädiger ist auch Halter des Fahrzeugs (Kennzeichen …) und bei der Beklagten Ziff. 2 haftpflichtversichert. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.

Die Klägerin zahlte ihrem Arbeitnehmer Entgelt fort in der Zeit von 19.08.-29.09.2013, welches die Beklagte Ziff. 2 bereits reguliert hat (inklusive Arbeitgeberanteile für den Zeitraum 19.08.-29.09.2013).

Anschließend bezog Herr … Krankengeld bis 20.10.2013.

Die Klägerin begehrte dann anteilig die Erstattung von Zahlungen an ihren Arbeitnehmer aus Ergebnisbeteiligung und tariflicher Sonderzahlungen i.H.v. 1.247,96€ (Forderung 1), sowie Urlaubsvergütung i.H.v. 2.308,88€ (Forderung 2).

Die Klägerin zahlte außerdem einen Krankengeldzuschuss von insgesamt 722,19€ (Forderung 3), sowie vermögenswirksame Leistungen, sog. Arbeitgeberanteile für den Zeitraum 30.09.-20.10.2013 i.H.v. 22,20€ (Forderung 4). Diese Beträge verlangt die Klägerin ebenfalls von den Beklagten ersetzt.

Eine Abtretungsvereinbarung zwischen Herrn … und der … bzgl. bereits geleisteter oder zukünftiger noch zu leistenden Zahlungen aus Ansprüchen gegen den Schädiger … vor (17.12.3013).

Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr fehle als Arbeitgeberin ein Äquivalent in Form der Arbeitsleistung ihres Arbeitnehmers für sämtliche Leistungen, die die Klägerin für ihn erbringe, also auch für die Ergebnisbeteiligung und die tarifliche Sonderzahlung. Der Betrag von diesen Leistungen (im Jahr 2013: Ergebnisbeteiligung brutto 2.541€, Sonderbonus 500,00€ und tarifliche Sonderzahlung 2.115,28€) sei ein Äquivalent für die volle Arbeitsleistung von Herrn … während eines vollen Jahres abzgl. des Urlaubsanspruchs.

Die Klägerin beziffert die geltend gemachten Beträge wie folgt: die Summe der o.g. Beträge (5.156,28€) werde durch 323 Tage dividiert (365 Tage abzgl. 42 Kalendertage für Urlaubsanspruch) und mit 63 Tagen multipliziert (arbeitsunfähige Kalendertage), dies ergäbe einen Betrag von 1.005,71€. Hinzu kämen noch die Arbeitgeberanteile von insg. 19,275%, welche aus dem Bruttobetrag berechnet würden, also zzgl. 193,856. Im Ergebnis habe Herr … also einen Betrag von insg. 1.199,56€ erhalten, welche die Bekl. Ziff. 2 nun ersetzen müsse, da dies von § 6 I EFZG umfasst sei (BGH Urteil vom 13.08.2013, VI ZR 389/12), zumindest jedoch in entsprechender Anwendung (Münchener Kommentar zum BGB, § 6 EFZG, Rn. 9) oder durch die Abtretungsvereinbarung zwischen Herrn … und der Klägerin.

Mit Schriftsatz vom 23.02.2015 hat die Klägerin nach Hinweis des Gerichts im Termin am 10.02.2015 unter Zugrundelegung der nunmehr bekannten Werte/Beträge für das Jahr 2013 unter Beibehaltung des beklagtenseits nicht angegriffenen Rechenweges die ursprüngliche Klagforderung (4.301,23 €) reduziert auf 4.252,83 € (infolge der Verringerung der Forderung 1 auf 1.199,56 €).

Als Anspruchsgrundlage für die Sonderzahlungen nennt die Klägerin den Tarifvertrag mit der I. … und als Anspruchsgrundlage für die Ergebnisbeteiligung die Betriebsvereinbarung des Werkes U… mit dem Betriebsrat.

Die Klägerin beantragt: Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 4.252,83€ zzgl. Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1.943,95 seit 12.02.2014 und aus 2.308,88€ seit 26.04.2014 zu zahlen.

Die Beklagen beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten machen geltend, dass Ergebnisbeteiligungen und tarifliche Sonderzahlungen nicht nach § 6 EFZG vom Schädiger zu ersetzen seien, denn es handele sich dabei um individual- oder kollektivarbeitsrechtliche Verpflichtungen des Arbeitgebers (AG), und nicht um Ansprüche, die nach dem EFZG übergingen (Wortlaut § 6 EFZG). Vielmehr seien diese Zahlungen unabhängig davon zu leisten, ob der Arbeitnehmer (AN) arbeitsunfähig war oder nicht. Die Sonderzahlungen würden daher auch bei bestehender Arbeitsunfähigkeit zur Zahlung fällig, weil ihr Anknüpfungspunkt lediglich ein bestehendes Arbeitsverhältnis sei. Außerdem vertreten sie die Auffassung, dem AN entstehe durch die Arbeitsunfähigkeit schon dem Grunde nach kein Schaden, weder im Falle von Einmal-, noch von Sonderzahlungen, womit auch kein Anspruch übergehen könne.

Die Beklagten sind ferner der Ansicht, dass eine erweiternde Auslegung des § 6 EFZG nicht in Betracht komme, weil sich der Forderungsübergang auf den Ersatz eines fiktiven Verdienstausfalls des AN beschränke und nicht dazu diene, einen Arbeitskraftausfallschaden des AG auszugleichen (LAG Baden-Württemberg vom 27.07.2011, Az. 13 SA 15/11).

Zudem meinen die Beklagten, die Berechnung der AG-Anteile erfolge nicht aus dem Brutto-, sondern aus dem Nettoeinkommen des AN.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

Zulässigkeit

Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Tübingen ergibt sich aus §§ 23Nr. 1, 71 I GVG.

Das AG Tübingen ist nicht örtlich zuständig, da der Unfall sich nicht im Gerichtsbezirk Tübingen ereignete, § 20 StVG. Jedoch hat die Beklagte die Unzuständigkeit des AG Tübingens festgestellt, aber ausdrücklich nicht gerügt, weshalb das Amtsgericht Tübingen aufgrund rügeloser Einlassung gem. § 39 ZPO örtlich zuständig geworden ist.

Eine ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ist vorliegend nicht gegeben. Denn es handelt sich nicht um eine in § 2 I oder II ArbGG genannten arbeitsrechtlichen Streitigkeit und es besteht auch kein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang zu einer in diesen Absätzen genannten Art von Streitigkeiten, gem. § 2 III ArbGG, weshalb keine Rechtswegeröffnung zu den Arbeitsgerichten gegeben ist.

Begründetheit

Forderung 1) 1.199,56€ (Sonderzahlungen)

a) Weihnachtsgeld (2.115,28€ anteilig)

Der Klägerin steht ein Anspruch auf anteiligen Ersatz ihres an den AN gezahlten Weihnachtsgeldes zu. Denn laut Tarifvertrag mit der I. haben Beschäftigte mit Langzeiterkrankung nur einen gekürzten Anspruch auf tariflich abgesicherte Sonderzahlungen. Demnach stellt die Sonderzahlung eindeutig eine Gegenleistung für die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung dar, so dass die Argumentation der Klägerin, sie erhalte kein Äquivalent für ihre Zahlung, schlüssig ist.

Nach § 4a EFZG können Sonderzahlungen gekürzt werden, soweit eine längere Krankheit, Elternzeit oder Kündigung vorliegt (siehe auch § 4a EFZG). Dies muss aber im Arbeitsvertrag oder der Betriebsvereinbarung beschrieben sein, der AG kann nicht eigenmächtig kürzen (Erfurter Kommentar z. ArbeitsR, § 4a EFZG, Rn. 2).

Im Tarifvertrag über die Absicherung betrieblicher Sonderzahlungen zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie B…, S. und der I. vom 14.06.2005 ist eine solche Kürzung im Falle einer Krankheit vorgesehen, es kommt nicht nur auf die Betriebszugehörigkeit an (Anlage K17 S. 91 der Akte, insbesondere S. 93, § 2.4).

Im Ergebnis ist deshalb der Anspruch auf anteiligen Ersatz der Sonderzahlungen zu bejahen (vgl. auch Urteil d. Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg 13. Kammer, 27.07.2011, 13 Sa 15/11).

Die Berechnung erfolgt dabei wie von der Klägerin vorgetragen, also die Höhe des Weihnachtsgeldes 2.115,28€ geteilt durch 323 Arbeitstage multipliziert mit 63 arbeitsunfähigen Tagen (=412,586) und dazu addiert 19,275% ergibt den Bruttobetrag von 492,10€, welcher von den Beklagten zu ersetzen ist.

b) Ergebnisbeteiligung (2.541,00 € anteilig) und Sonderbonus (500,00 € anteilig)

Der Anspruch auf anteilige Erstattung der Ergebnisbeteiligung und Sonderbonus ist abzulehnen. Bei der Ergebnisbeteiligung und dem Sonderbonus handelt es sich nicht um ein typisches Entgelt oder zumindest eine Sondervergütung mit Mischcharakter, sondern der Natur nach um eine freiwillige Zusatzleistung und folglich um eine echte Gratifikation ohne Gegenleistung. Die Klägerin beruft sich zwar auf die Betriebsvereinbarung des Werkes … darin ist jedoch kein Anhaltspunkt ersichtlich ist, wonach diese Auszahlung gekürzt werden könnte. Vielmehr ist darin nur geregelt, wie sich die Höhe berechnet und wer anspruchsberechtigt ist. Danach sind „Beschäftigte voll anspruchsberechtigt, die im gesamten vorangegangenen Geschäftsjahr in einem aktiven Vollzeit-Arbeitsverhältnis mit der … tätig waren“ (Anlage K 18 S. 68 der Akte). Der Arbeitnehmer war vorliegend in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis mit der … … und demnach voll anspruchsberechtigt, eine vorübergehende Krankheit ändert an dem Beschäftigungsverhältnis jedenfalls nichts. Eine Kürzung wegen Krankheit ist in der Vereinbarung nicht vorgesehen, weshalb diese Zahlungen offensichtlich unabhängig von einer Gegenleistung erbracht werden und nur die Betriebszugehörigkeit ausschlaggebendes Kriterium ist.

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Da der einmalige Sonderbonus von 500,00€ als Bestandteil der Ergebnisbeteiligung anzusehen ist (Anlage K18 S. 105 der Akte), gilt hierfür das gleiche.

Zwar ist in § 4 des Tarifvertrages über die Absicherung betrieblicher Sonderzahlungen vom 14.06.2005 geregelt, dass „Leistungen des AG, wie Jahresabschlussvergütungen, Gratifikationen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, […]“ als betriebliche Sonderzahlungen i.S.d. § 2 dieses Vertrages gelten und demnach eine Kürzung wie beim o.g. Weihnachtsgeld erfolgen müsste (s.o.), jedoch steht dort auch, dass „hierfür vorhandene betriebliche Systeme unberührt bleiben“, folglich die Betriebsvereinbarung als vorrangig anzusehen ist, bei welcher keine Kürzung vorgesehen ist. Dies entspricht auch dem Grundsatz im Arbeitsrecht, dass die für den Arbeitnehmer vorteilhaftere Regelung als gültig anzusehen ist (vergleiche auch § 4 III TVG). Da es für den AN eindeutig günstiger ist, die Sonderzahlungen von Ergebnisbeteiligung und Bonus unabhängig von Krankheit etc. zu erhalten, ist diese Regelung anzuwenden.

Demnach erfolgen die genannten Sonderzahlungen unabhängig von einer Gegenleistung und die Argumentation der Klägerin, sie erhalte keine äquivalente Gegenleistung und erleide deshalb einen Schaden, greift daher insoweit nicht durch.

Forderung 2) Urlaubsvergütung 2.308,88€

Der Klägerin steht der Anspruch auf anteilig zu zahlendem Urlaubsentgelt nach rechtsgeschäftlicher Abtretung der Ansprüche ihres AN aus der Betriebsvereinbarung mit dem Werk … … zu.

Die Berechnung über die Anteile der Urlaubsvergütung ist nicht zu beanstanden, sie richtet sich nach der Vorgehensweise des BGH, Urteil vom 13.08.2013, VI ZR 389/12.

Ob die Urlaubsvergütung tatsächlich Entgeltcharakter hat oder nicht, ist in Rechtsprechung und Literatur sehr umstritten; das Gericht geht von einer Sondervergütung mit Mischcharakter aus und hält es daher für gerechtfertigt, den Anspruch von § 6 I EFZG umfasst zu sehen oder zumindest über eine rechtsgeschäftliche Abtretung oder eine Analogie zum selben Ergebnis zu kommen. Hierzu gilt Folgendes:

§ 6 EFZG

Die wohl herrschende Meinung sieht den Anspruch auf Urlaubsentgelt nicht von § 6 EFZG umfasst, weil der Forderungsübergang dem Wortlaut und Sinn und Zweck nach nicht der Kompensation des Schadens, sondern lediglich dem Ersatz des fiktiven Verdienstausfalls dient. Der Urlaubsanspruch entsteht jedoch bereits am Neujahrstag eines jeden Jahres (§ 4 BUrlG) und entsteht auch dann, wenn der AN keinerlei Arbeitsleistung im Urlaubsjahr erbringt. Somit ist der Urlaub als solcher schon kein selbständiger Geldanspruch. Als problematisch anzusehen ist auch, dass Arbeitsunfähigkeit und Urlaub sich ausschließen und deshalb der AG während der Arbeitsunfähigkeit tatsächlich nur den normalen Lohn fortgezahlt hat und kein Urlaubsentgelt. Zudem handelt es sich bei Urlaubsentgelt um Sonderzahlungen, weil diese ja nur für die Urlaubsdauer und nicht regelmäßig anfallen, weshalb § 6 EFZG generell nicht geeignet ist, im Wege der cessio legis auf den AG überzuleiten, da es sich nicht um einen regelmäßig zu zahlenden Vergütungsbestandteil handelt (siehe hierzu LAG Baden-Württemberg, 13. Kammer, Urteil vom 27.07.2011, AZ 13 Sa 15/11 und Anmerkung zum o.g. BGH-Urteil von Bernd Rudolphy und Hans-Josef Schwab unter juris.com oder abgedr. in VersR 2013, 1274, S.4; außerdem Erfurter Kommentar z. ArbeitsR, § 6 EFZG, Rn. 10).

Der BGH unterstellt jedoch regelmäßige Urlaubsentgeltzahlungen und schafft damit faktisch einen Regressanspruch auf fiktiv geleistete Zahlungen.

Es wird auch im Schrifttum vertreten, dass das Gesetz – anders als bei § 4a EFZG – die Ersatzpflicht bei § 6 I EFZG nicht auf das laufende Arbeitsentgelt einschränkt, so dass auch Sondervergütungen wie Urlaubsgeld übergehen können (Münchener Kommentar z. BGB, § 6 EFZG Rn. 7, aber sehr strittig).

Rechtsgeschäftliche Abtretung

Das hochumstrittene Problem, ob § 6 I EFZG den Anspruchsübergang von Urlaubsgeld umfasst, kann aber dahingestellt bleiben, da hier der AN dem AG alle Ansprüche gegen den Schädiger rechtsgeschäftlich abgetreten hat, so dass es auf § 6 EFZG im Ergebnis nicht mehr ankommt. Die abgetretenen Ansprüche haben ihre Grundlage im Urlaubsabkommen zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie B… e.V., S. und der I. vom 14.06.2005 (Anlage K20, S. 116 ff., insbesondere § 4, Seite 9 ff.).

Analogie

Da eine ausdrückliche Regressregelung für das Urlaubsentgelt fehlt, könnte zur Ausfüllung von Lücken außerdem §§ 255, 285 BGB entsprechend analog herangezogen werden (Palandt, vor § 249 Rn. 87, § 255 Rn.3).

Infolgedessen ist es trotz der beachtlichen Zahl von Gegenmeinungen gerechtfertigt, den Anspruch zuzusprechen.

Insbesondere ist zu beachten, dass die Beklagten den Anspruch dem Grunde nach nicht bestritten haben. Sie stellten lediglich die Berechnungsweise in Höhe von 150% des Lohns in Frage und bestritten mit Nichtwissen, dass alle Urlaubstage vollständig verbraucht wurden. Die Klägerin hat diese Punkte aber vollständig aufgeklärt, indem sie den Weg der Berechnung aufzeigte, wobei sie sich am BGH-Urteil orientierte und zudem nachwies, dass der AN alle Urlaubstage verbraucht hatte und sich die Höhe von 150% aus der Betriebsvereinbarung des … … ergibt. Demnach ist das Vorbringen der Klägerin als schlüssig anzusehen und wurde dem Grunde nach nicht bestritten, so dass der Anspruch zuzugestehen ist.

Forderung 3) Krankengeldzuschuss 722,19€

Der Klägerin steht ebenfalls ein Anspruch auf Ersatz des Krankengeldzuschusses zu. Dabei handelt es sich um eine Sondervergütung mit Mischcharakter, die also teils eine freiwillige Leistung und teils einen Entgeltcharakter mit Gegenleistung beinhaltet (Erfurter Kommentar z. ArbeitsR. § 6 EFZG, Rn. 11). Anspruchsgrundlage dafür ist auch die Betriebsvereinbarung für das … in Verbindung mit der rechtsgeschäftlichen Abtretung des AN an den AG. § 6 I EFZG ist nach überwiegender Meinung keine taugliche Anspruchsgrundlage für den Forderungsübergang, aber es kommen andere Abtretungsmöglichkeiten in Betracht: der AG kann nur dann an den Schädiger erfolgreich herantreten, wenn er normativ oder vertraglich zu übergesetzlichen Leistungen (wie z.B. Zuschüsse zum Krankengeld) verpflichtet war und ihm auch insoweit Ansprüche abgetreten sind (Erfurter Kommentar z. ArbeitsR, § 6 EFZG, Rn. 11 a.E.). Eine rechtsgeschäftliche Abtretung ist -wie bereits im Tatbestand dargelegt- erfolgt und auch im Manteltarifvertrag (ERA) der I. vereinbart (Anlage K21, S. 132 der Akte, § 12.8).

Die Geltendmachung wurde beklagtenseits im Übrigen auch nicht bestritten. Zwar wurde abermals die Anspruchsgrundlage in Frage gestellt, von der Klägerin aber mit Vorlage der Betriebsvereinbarung substantiiert dargelegt (Anlage K21, S. 128 ff. der Akte, insbesondere § 12: 12.3.2, 12.4.1, 12.7).

Forderung 4) vermögenswirksame Leistungen (Arbeitgeberanteile) 22,20€

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Begleichung der vermögenswirksamen Leistungen zu. Diese werden zwar in § 6 I EFZG ausdrücklich genannt (Arbeitgeberanteile) und gehen demnach auf den AG im Wege der Legalzession über (Erfurter Kommentar z. ArbeitsR, § 6 Rn. 10), jedoch nur für den Zeitraum, in welchem das Arbeitsentgelt fortgezahlt wird. Dies war vorliegend nur der Zeitraum 19.08.2013 – 29.09.2013, eine diesbezügliche Erstattung seitens der Beklagten Ziff. 2 erfolgte bereits. Eine Erstattung für den Zeitraum des Krankengeldbezugs (30.09.2013 – 20.10.2013) ist der Beklagten Ziff. 2 dagegen nicht aufzuerlegen, da es an einer Anspruchsgrundlage für die Zahlung der AG-Anteile mangelt. Zwar legte die Klägerin dar, dass die Leistungen auf dem Tarifvertrag über altersvorsorgewirksame Leistungen (TV AVWL) zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie B… e.V., S. und der I. vom 22.04.2006 beruhen, jedoch ist darin geregelt, dass die vermögenswirksamen Leistungen nur dann gezahlt werden müssen, wenn im Kalendermonat mindestens 2 Wochen Anspruch auf Lohn, Gehalt oder Ausbildungsvergütung besteht (Anlage K19, S. 113 der Akte, § 2 Punkt 4.). Im betreffenden Zeitraum hatte der Arbeitnehmer jedoch gerade keinen Anspruch auf Lohn oder Gehalt, vielmehr bezog er Krankengeld. Folglich müssen die Beklagten die Arbeitgeberanteile für den Zeitraum des Krankengeldbezugs auch nicht ersetzen, da für die Klägerin in diesem Zeitraum gar keine Pflicht bestand, diese Anteile zu zahlen.

Eine Abtretung der Ansprüche im Rahmen der Abtretungserklärung vom 17.12.2013 an die Klägerin ist infolgedessen überhaupt nicht möglich, da ein nicht bestehender Anspruch nicht abgetreten werden kann (Palandt-Grüneberg § 398 Rn. 11).

Es wurde seitens der Beklagten vertreten, dass die AG-Anteile nicht aus dem Brutto-, sondern aus dem Nettoeinkommen zu berechnen seien. Dies wurde von der Klägerin zutreffend verneint, denn die Berechnung erfolgt aus dem Bruttoeinkommen. Dies lässt sich den §§ 1, 2 BVV (Beitragsverfahrensordnung) entnehmen, wonach Berechnungsgrundlage das monatliche „Arbeitsentgelt“ ist, welches wiederum nach § 14 II SGB IV das Bruttogehalt ist (Nettoarbeitsentgelt plus darauf entfallende Steuern und Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers = Bruttogehalt).

Dies ändert jedoch nichts daran, dass es an der Anspruchsgrundlage für die Zahlung der Arbeitsgeberanteile fehlt, weshalb die Art der Berechnungsgrundlage hier auch dahinstehen kann.

Dem Klagbegehren war sonach – wie ausgeführt – hinsichtlich der zuerkannten Beträge 492,10 € (anteiliges Weihnachtsgeld), 2.308,88 € (Urlaubsvergütung) sowie 722,19 € (Krankengeldzuschuss), Gesamtbetrag mithin 3.523,17 €, unter Klagabweisung im Übrigen zu entsprechen.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280 I, II, 286, 288 I BGB.

Die gesamtschuldnerische Haftung ergibt sich aus § 115 I S. 4 VVG.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92I und II Nr.1, 269 III ZPO (§ 92 ZPO ist entsprechend anwendbar auf die Klagerücknahme nach §269 III 2 ZPO, siehe Thomas/Putzo ZPO, § 92, Rn. 1).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit bzgl. der Klägerin ergibt sich aus § 709 ZPO, bzgl. der Beklagten aus § 708Nr. 11 i.V.m. § 711 ZPO.

Die im Beschlusswege ergangene Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in § 4, § 5 ZPO.

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