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Arbeitgeberverband – Beendigung der Mitgliedschaft


Bundesarbeitsgericht

Az: 4 AZR 64/07

Urteil vom 20.02.2008


In Sachen hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20. Februar 2008 für Recht erkannt:

1. Auf die Revision der Beklagten und der Nebenintervenientin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 8. Dezember 2006 – 6 Sa 51/06 – aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 12. Juni 2006 – 21 Ca 31/06 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Gewährung einer tariflichen Einmalzahlung für das Jahr 2005 iHv. 300,00 Euro brutto.

Der Kläger ist seit dem 16. Februar 1994 bei der Beklagten, dem als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierten Universitätsklinikum, beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte war Mitglied des Arbeitgeberverbandes „Arbeitsrechtliche Vereinigung H e.V.“ (AVH), die als Nebenintervenientin dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist. Die AVH schloss mit der Gewerkschaft ver.di am 11. März 2005 den „Tarifvertrag über eine Einmalzahlung im Jahr 2005“ mit Wirkung ab 1. Februar 2005 (TV Einmalzahlung), der eine in Teilbeträgen zahlbare Einmalzahlung von insgesamt 300,00 Euro vorsah. Die Geltung des TV Einmalzahlung war nach § 1 Abs. 2 für die Beschäftigten ausgeschlossen, für die der beabsichtigte Tarifvertrag für die AVH (TV-AVH), der die Übernahme des TVöD beinhalten sollte, „nicht in Kraft trat“.

In den Verhandlungen über die Übernahme des TVöD hatten die Krankenhäuser, die Mitglieder der AVH waren, zusätzliche Sonderregelungen für ihren Bereich verlangt. Sie hatten angekündigt, andernfalls die Geltung des TVöD für ihre Unternehmen durch den Austritt aus dem Verband zu verhindern. Nach § 7 Abs. 1 der Satzung der AVH wird der schriftlich zu erklärende Austritt allerdings erst mit Ablauf des dritten Monats wirksam, der auf den Monat folgt, in dem die Erklärung abgegeben worden ist. Vor diesem Hintergrund wurde auf der Mitgliederversammlung am 11. März 2005 folgender Beschluss gefasst:

„Die Mitgliederversammlung anerkennt auf Antrag des Vorstandes einstimmig die Dringlichkeit folgenden Beschlusses zur vorübergehenden Änderung der Satzung und beschließt einstimmig, § 7 Abs. 1 der AVH-Satzung für die Entscheidung über die Übernahme des TVöD dahingehend zu ändern, dass der Austritt in diesem Fall bis zum Inkrafttreten des TV-AVH mit Ablauf des dritten Tages wirksam wird, der auf den Tag folgt, an dem die schriftliche Austrittserklärung abgegeben wird.“

Die Gewerkschaft ver.di wurde über diesen Beschluss informiert, der nicht in das Vereinsregister eingetragen wurde.

Am 19. September 2005 wurde zwischen der AVH und ua. der Gewerkschaft ver.di der TV-AVH mit Geltung ab 1. Oktober 2005 abgeschlossen, der keine zusätzlichen Sonderregelungen für die Krankenhäuser enthält. Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 23. September 2005 an den Vorstand der AVH:

„…

wir erklären hiermit unter Bezug auf das von der außerordentlichen Mitgliederversammlung der AVH am 11. März 2005 in Ergänzung von § 7 (1) der AVH-Satzung beschlossene Sonderaustrittsrecht den Austritt des Universitätsklinikums H – Körperschaft des öffentlichen Rechts – aus der Arbeitsrechtlichen Vereinigung H e.V. mit Wirkung zum 29. September 2005, vorsorglich hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.

Die Mitgliedschaft des Universitätsklinikums H – Körperschaft des öffentlichen Rechts – in der Arbeitsrechtlichen Vereinigung H e.V. endet danach mit Ablauf des 29.09.2005, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.“

Die AVH erklärte mit dem Schreiben seines stellvertretenden Vorsitzenden vom 28. September 2005 an den Beklagten:

„… die AVH hat Ihre Austrittserklärung vom 23. September 2005 erhalten und nimmt sie hiermit an.“

Dieses Schreiben ging am 29. September 2005 bei der Poststelle der Beklagten ein.

Die Beklagte zahlte an den Kläger entsprechend dem TV Einmalzahlung in den Monaten April und Juli 2005 jeweils einen Teilbetrag von 100,00 Euro. Im Monat November 2005 wurden diese Teilbeträge zurückgefordert und wieder vom Gehalt abgezogen.

Mit seiner Klage vom 20. Januar 2006 verlangt der Kläger die Einmalzahlung von insgesamt 300,00 Euro für das Jahr 2005. Das am 11. März 2005 beschlossene Sonderaustrittsrecht sei mangels Eintragung in das Vereinsregister unwirksam. Deshalb habe der mit Schreiben vom 23. September 2005 erklärte Austritt nicht zu einer Beendigung der Mitgliedschaft zum 29. September 2005 geführt. Die Mitgliedschaft habe auch nicht auf Grund einer Vereinbarung geendet. Somit sei die Beklagte an den TV-AVH und damit auch an den TV Einmalzahlung gebunden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 300,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Eintragung des Sonderaustrittsrechts in das Vereinsregister sei nicht erforderlich gewesen. Dabei habe es sich nicht um eine Satzungsänderung, sondern lediglich um eine punktuelle Satzungsdurchbrechung gehandelt. Im Übrigen sei die Erklärung der Beklagten vom 23. September 2005 und die der AVH vom 28. September 2005 als Vereinbarung über die Beendigung der Mitgliedschaft auszulegen, die auch wirksam zustande gekommen sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 12. Juni 2006 stattgegeben. Die AVH, der die Beklagte in der Berufungsinstanz den Streit verkündet hat, ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten und den entsprechenden Antrag der Nebenintervenientin zurückgewiesen. Mit ihren Revisionen verfolgen die Beklagte und die Nebenintervenientin ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revisionen der Beklagten und der Nebenintervenientin sind begründet. Der Kläger hat keinen tariflichen Anspruch auf die Einmalzahlung von 300,00 Euro. Für das Arbeitsverhältnis galt der TV Einmalzahlung nach seinem § 1 Abs. 2 nicht, weil die Beklagte bei Inkrafttreten des TV-AVH am 1. Oktober 2005 nicht mehr tarifgebunden war. Die Mitgliedschaft der Beklagten ist vor dem 1. Oktober 2005 beendet worden. Der Beklagten stand zwar kein wirksames Sonderaustrittsrecht zu. Die Erklärungen der Beklagten vom 23. September 2005 und der AVH vom 28. September 2005 haben aber entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zu einer Vereinbarung über die Beendigung der Mitgliedschaft zum 29. September 2005 und damit vor Inkrafttreten des TV-AVH am 1. Oktober 2005 geführt. Der Wirksamkeit der Vereinbarung stehen weder vereinsrechtliche noch koalitionsrechtliche Grundsätze entgegen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass der Austritt der Beklagten aus der AVH mit Schreiben vom 23. September 2005 nicht auf Grund des in der Mitgliederversammlung vom 11. März 2005 beschlossenen Sonderaustrittsrecht vor dem 1. Oktober 2005 wirksam geworden ist. Dieser Beschluss beinhaltete eine Satzungsänderung, die wegen fehlender Eintragung in das Vereinsregister nach § 71 BGB nicht wirksam geworden ist. Unter Berücksichtigung der satzungsmäßigen Kündigungsfrist nach § 7 Abs. 1 der Satzung konnte die Mitgliedschaft der Beklagten im Arbeitgeberverband AVH auf Grund eines Austritts erst am 31. Dezember 2005 enden.

1. Der Beschluss der Mitgliederversammlung vom 11. März 2005 hat nicht wirksam ein Sonderaustrittsrecht begründet. Die Mitgliederversammlung beabsichtigte mit der Einführung eines solchen von § 7 Abs. 1 der Satzung abweichenden Gestaltungsrechts eine – wenn auch nach dem Wortlaut des Beschlusses „vorübergehende“ – Änderung der Satzung der AVH. Eine solche Änderung hätte zu ihrem Wirksamwerden jedoch nach § 71 Abs. 1 Satz 1 BGB der Eintragung in das Vereinsregister bedurft. Mangels einer solchen Eintragung ist die vorübergehende Satzungsänderung unwirksam.

2. Das Sonderaustrittsrecht, wie es durch den Beschluss vom 11. März 2005 eingeführt werden sollte, ist auch nicht als sog. „punktuelle Satzungsdurchbrechung“ ohne Registereintragung wirksam begründet worden.

a) Unter Berufung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Juni 1993 (- II ZR 81/92 – BGHZ 123, 15) wird teilweise vertreten, dass auch im Vereinsrecht eine sog. „punktuelle Satzungsdurchbrechung“ ohne die für eine Satzungsänderung erforderliche Eintragung ins Vereinsregister wirksam ist (MünchKommBGB/Reuter 4. Aufl. § 33 Rn. 10; Reichert Handbuch Vereins und Verbandsrecht 10. Aufl. Rn. 645; aA Staudinger/Weick BGB (2005) § 33 Rn. 11; Stöber Handbuch zum Vereinsrecht 9. Aufl. Rn. 656; Sauter/Schweyer/ Waldner Der eingetragene Verein 17. Aufl. Rn. 134; Palandt/Heinrichs/Ellenberger BGB 67. Aufl. § 33 Rn. 1; Bamberger/Roth/Schwarz/Schöpflin BGB 2. Aufl. § 33 Rn. 17).

b) Der Bundesgerichtshof hat in dem angeführten Urteil zum GmbH-Recht entschieden, dass eine einen Einzelfall regelnde „Satzungsdurchbrechung“ im Grundsatz auch ohne Einhaltung der formellen Voraussetzungen einer Satzungsänderung jedenfalls nicht nichtig sei. Ob ein solcher Beschluss anfechtbar sei, hat der Bundesgerichtshof offen gelassen. Die Zulässigkeit von nicht formgültigen Satzungsdurchbrechungen beschränke sich aber auf Fälle einer „punktuellen Regelung“, bei denen sich die Wirkung des Beschlusses in der betreffenden Maßnahme erschöpfe. Sie gelte nicht für Satzungsdurchbrechungen, die einen von der Satzung abweichenden rechtlichen Zustand begründeten, auch wenn dieser Zustand auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt sei.

c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass selbst bei Übertragung dieser vom Bundesgerichtshof für das Gesellschaftsrecht aufgestellten Grundsätze auf das Vereinsrecht die vorliegende vorübergehende Satzungsänderung nicht ohne Eintragung in das Vereinsregister wirksam werden konnte. Bei der auf der Mitgliederversammlung am 11. März 2005 beschlossenen Satzungsänderung handelt es sich nicht um eine punktuelle Satzungsdurchbrechung. Das dort beschlossene besondere Austrittsrecht mit einer Frist von drei Tagen sollte bis zum Inkrafttreten des TV-AVH gelten. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages stand bei der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung im März 2005 noch nicht fest und wurde erst bei Abschluss des TV-AVH am 19. September 2005 auf den 1. Oktober 2005 festgelegt. Die Satzungsänderung sollte demnach für einen zunächst noch nicht feststehenden, tatsächlich über fast fünf Monate andauernden Zeitraum bestehen. Es handelt sich damit nicht um einen bei der Beschlussfassung bereits vorliegenden Einzelfall, der mit der Beschlussfassung selbst bereits wieder erledigt sein sollte. Dies macht auch die folgende Kontrollüberlegung deutlich: Wäre nach der Beschlussfassung unverzüglich eine Eintragung in das Vereinsregister erfolgt, hätte sie nicht sofort wieder gelöscht werden müssen.

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Entgegen der Auffassung der Revision ändert hieran auch der Umstand nichts, dass das Sonderaustrittsrecht faktisch nur in einem sehr engen Zeitfenster ausgeübt werden konnte. Auf eine solche nachträgliche Betrachtung kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass durch den satzungsdurchbrechenden Beschluss ein Zustand geschaffen wurde, in dem der Inhalt des Vereinsregisters nicht mit der tatsächlichen Rechtslage übereinstimmt. Dies war nicht nur in dem eng begrenzten Zeitraum seit dem Abschluss des TV-AVH am 19. September 2005 bis zum unter Einhaltung der Frist von drei Tagen spätestens möglichen Austritt vor dessen Inkrafttreten am 1. Oktober 2005, sondern bereits ab März 2005 der Fall.

Gegen die Annahme einer nur punktuellen Satzungsdurchbrechung durch den Beschluss der Mitgliederversammlung vom 11. März 2005 streitet im Übrigen auch der Umstand, dass das auflösend bedingte Sonderaustrittsrecht nicht für ein bestimmtes Mitglied oder einen bestimmten, eng umgrenzten Mitgliederkreis, sondern allgemein eingeführt werden sollte.

II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist aber durch das Schreiben der Beklagten vom 23. September 2005 und der Antwort der Nebenintervenientin vom 28. September 2005 eine Vereinbarung über die Beendigung der Mitgliedschaft zum 29. September 2005 und damit zu einem Zeitpunkt vor Inkrafttreten des TV-AVH zustande gekommen. Die Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 23. September 2005 beinhaltet zwar kein Angebot zur Aufhebung der Mitgliedschaft. Der unter Berufung auf das nicht wirksam begründete Sonderaustrittsrecht erklärte unwirksame Austritt zum 29. September 2005 ist aber nach § 140 BGB als Angebot zur Aufhebung der Mitgliedschaft umzudeuten. Dieses Angebot hat die Nebenintervenientin mit Schreiben vom 28. September 2005 angenommen, das der Beklagten – wie in der mündlichen Verhandlung von den Parteien klargestellt – am 29. September 2005 zugegangen ist. Diese Annahmeerklärung der Nebenintervenientin ist auch vereinsrechtlich wirksam.

1. Das Landesarbeitsgericht hat das Schreiben der Beklagten vom 23. September 2005 in Anwendung der §§ 133, 157 BGB dahingehend ausgelegt, dass es kein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages enthalte. Die Beklagte habe mit ihrer Austrittserklärung erkennbar eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung abgegeben. Dem Schreiben könne nicht entnommen werden, dass die AVH zum Abschluss eines gegenseitigen Aufhebungsvertrages aufgefordert werde und die Beklagte eine entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärung erwarte. Diese Ausführungen lassen keine Rechtsfehler erkennen. Die Auslegung untypischer Willenserklärungen ist grundsätzlich den Tatsacheninstanzen vorbehalten und durch das Revisionsgericht nur beschränkt überprüfbar. Der Überprüfung durch das Bundesarbeitsgericht unterliegt allein, ob bei der Auslegung einer Willenserklärung die Rechtsvorschriften über die Auslegung richtig angewandt worden sind, ob der Tatsachenstoff vollständig verwertet oder bei der Auslegung gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder eine gebotene Auslegung unterlassen worden ist (Senat 1. Dezember 2004 – 4 AZR 329/04 -; BAG 8. Juni 2000 – 2 AZR 207/99 – BAGE 95, 62 mwN). Unter Zugrundelegung dieses Überprüfungsmaßstabes ist die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden. Es ist erkennbar davon ausgegangen, dass rechtsgeschäftliche Willenserklärungen gem. § 133 BGB nach einem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen sind (zB Senat 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 53 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35). Das Landesarbeitsgericht hat sämtliche Tatsachen berücksichtigt. Ein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze ist nicht gegeben.

2. Die mit Schreiben vom 23. September 2005 abgegebene Erklärung kann jedoch gem. § 140 BGB in ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages umgedeutet werden. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft verneint.

a) Die Geltendmachung des Sonderaustrittsrechts durch die Beklagte ist ein umdeutungsfähiges Rechtsgeschäft. Der beabsichtigte Austritt ist unwirksam und damit „nichtig“ im Sinne des § 140 BGB.

Dem Wortlaut des § 140 BGB nach sind lediglich nichtige Rechtsgeschäfte umdeutungsfähig. Die Vorschrift erfasst jedoch auch alle übrigen unwirksamen Rechtsgeschäfte, sofern ihre Wirksamkeit in der gleichen Weise wie bei nichtigen Rechtsgeschäften ausgeschlossen ist (Nassall juris PK-BGB 3. Aufl. § 140 Rn. 3 mwN). Das gilt für die kurzfristige Austrittserklärung, die wegen der unwirksamen Satzungsänderung ihrerseits nicht wirksam war. Sie ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb wirksam, weil sie den Austritt zu einem späteren Zeitpunkt bewirken kann. Denn das Schreiben der Beklagten enthielt zwei Erklärungen, vorrangig die kurzfristige Austrittserklärung zum 29. September 2005 unter Berufung auf das Sonderaustrittsrecht, sowie hilfsweise den Austritt zum nächstmöglichen Termin. Der Austritt zu einem späteren Zeitpunkt wurde demnach durch die zusätzliche vorsorgliche Austrittserklärung nur für den Fall erklärt, dass mit dem in erster Linie erklärten „Sonderaustritt“ das angestrebte Ziel: „Ausscheiden zum 29. September 2005“ keinesfalls erreicht werden würde.

b) Es ist auch anzunehmen, dass die Beklagte bei Kenntnis der Unwirksamkeit des einseitigen Austritts den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung gewollt hätte.

Das Bundesarbeitsgericht erkennt grundsätzlich die Möglichkeit der Umdeutung einer unwirksamen Kündigung in ein Vertragsangebot zur sofortigen einverständlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an, wenn es dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht, auch bei Fehlen eines Kündigungsgrundes unter allen Umständen das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden (13. April 1972 – 2 AZR 243/71 – AP BGB § 626 Rn. 64 = EzA BGB § 626 nF Nr. 13). Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist außerhalb des Arbeits- und Dienstvertragsrechtes die Umdeutung einer von einem Anwalt mit eingehender Begründung ausgesprochenen einseitig rechtsgestaltenden Willenserklärung in ein annahmebedürftiges Vertragsangebot nur dann zulässig, wenn sich der Erklärende bei Abgabe der außerordentlichen Kündigung bewusst gewesen ist, dass sie als einseitige Erklärung möglicherweise nicht wirksam sein könnte, und es für diesen Fall – hilfsweise – zur Herbeiführung des rechtlichen und wirtschaftlichen Erfolges der Vertragsbeendigung der Zustimmung des Erklärungsempfängers bedürfe. Es seien allerdings im Ausnahmefall Fallgestaltungen denkbar, in denen ein Kündigungsschreiben in einen Antrag auf Abschluss eines Auflösungsvertrages umgedeutet werden könne, etwa wenn eine Umdeutung den beiderseitigen Interessen entspreche (24. September 1980 – VIII ZR 299/79 – WM 1980, 1397).

Danach ist im vorliegenden Fall eine Umdeutung der Austrittserklärung der Beklagten in ein Angebot auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung möglich. Dem Schreiben der Beklagten vom 23. September 2005 ist der Wille zu entnehmen, unter allen Umständen möglichst kurzfristig, und damit ggf. auch einvernehmlich, die Verbandsmitgliedschaft beenden zu wollen. Die Nebenintervenientin hat die Erklärung auch so verstanden, was sich aus der „Annahme“ in ihrem Schreiben vom 28. September 2005 ergibt. Die Beendigung der Mitgliedschaft der Beklagten vor dem 1. Oktober 2005 lag ersichtlich auch im Interesse sowohl der Beklagten als auch der Nebenintervenientin. Letzteres ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Nebenintervenientin durch die beschlossene Satzungsänderung den kurzfristigen Austritt von Krankenhausträgern wie der Beklagten in der dann eingetretenen Situation ermöglichen wollte. Ihr Antwortschreiben vom 28. September 2005 auf den Austritt der Beklagten bestätigt diese Interessenlage.

3. Der Vorstand der Nebenintervenientin hat dieses Angebot auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung auch angenommen.

a) Ein im Wege der Auslegung aus einer Kündigungserklärung zu entnehmendes Angebot führt nicht bereits dann zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages, wenn der Empfänger die Kündigung „akzeptiert“, sondern nur dann, wenn dies in dem Bewusstsein geschieht, eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung abgeben zu können und zu wollen. Im Fall der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer setzt dies allerdings voraus, dass der Kündigungsempfänger die Unwirksamkeit der Kündigung erkennt, diese als Angebot zur Vertragsaufhebung werten kann und diesem mutmaßlichen Willen des Kündigenden zu entsprechen bereit ist (BAG 13. April 1972 – 2 AZR 243/71 – AP BGB § 626 Nr. 64 = EzA BGB § 626 nF Nr. 13). Diese Rechtsprechung, die vom Arbeitnehmerschutzgedanken getragen ist, ist jedoch nicht ohne Weiteres auf andere Fälle übertragbar. Insbesondere dann, wenn der unmittelbare Wille beider Parteien auf die Beendigung der Rechtsbeziehung gerichtet ist, ist diese zusätzliche Anforderung nicht zu stellen (BAG 24. Januar 1985 – 2 AZR 67/84 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 7 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 3).

b) Die Erklärung des Vorstandes der Nebenintervenientin vom 28. September 2005 ist als Annahme des Angebots der Beklagten auszulegen, die Mitgliedschaft zum 29. September 2005 zu beenden.

Das Landesarbeitsgericht hat – nach seiner Begründung folgerichtig – nicht untersucht, ob die Erklärung der Nebenintervenientin vom 28. September 2005 die Annahme des Angebots zu einer Aufhebungsvereinbarung darstellt. Diese Auslegung kann deshalb vom Revisionsgericht selbst vorgenommen werden.

Dem Schreiben der AVH vom 28. September 2005 ist der Wille des Erklärenden zu entnehmen, eine eigenständige Willenserklärung im Sinne einer Zustimmung zum Ausscheiden aus der Mitgliedschaft zum 29. September 2005 abgeben zu wollen. Das Schreiben enthält nicht nur die Bestätigung, die Austrittserklärung erhalten zu haben. Mit ihm wird die über eine bloße Empfangsbestätigung weit hinausgehende Erklärung abgegeben, dass die Austrittserklärung angenommen werde. Daraus ist ersichtlich, dass der Vorstand der AVH die Erklärung der Beklagten nicht lediglich als einseitige Willenserklärung verstanden hat. Anderenfalls hätte er sich auf eine Empfangsbestätigung beschränken oder ein Antwortschreiben ganz unterlassen können. Die zusätzliche Erklärung über die Annahme des Austritts lässt nach dem Horizont eines objektiven Empfängers unter Berücksichtigung der besonderen Umstände, insbesondere des Beschlusses der Mitgliederversammlung vom 11. März 2005 erkennen, dass für den Fall der Unwirksamkeit einer bloßen einseitigen Austrittserklärung die Rechtswirkungen des Austritts zum 29. September 2005 durch den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung herbeigeführt werden sollte.

4. Die Vereinbarung über die Beendigung der Mitgliedschaft war auch vereins- und satzungsrechtlich wirksam. Der stellvertretende Vorsitzende der Nebenintervenientin hat mit seinem Schreiben vom 28. September 2005 in Vertretung für diese das Angebot der Beklagten wirksam angenommen.

a) Das ergibt sich schon aus den Vertretungsregelungen der Satzung.

Nach § 16 Abs. 2 der Satzung vertreten die Mitglieder des Vorstandes die Nebenintervenientin – uneingeschränkt – gerichtlich und außergerichtlich, wobei jedes Mitglied Vorstand iSd. § 26 BGB ist, also die Nebenintervenientin im Außenverhältnis allein wirksam vertreten kann. Danach hat der stellvertretende Vorsitzende der Nebenintervenientin die Vereinbarung über die Beendigung der Mitgliedschaft zum 29. September 2005 wirksam abgeschlossen.

b) Im Übrigen eröffnet die Satzung die Möglichkeit für eine Beendigung der Mitgliedschaft durch Vereinbarung zwischen dem Verein und einem Mitglied. In § 7 ist nur der Austritt aus dem Verband geregelt: Danach wird der – schriftlich zu erklärende – Austritt mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende wirksam, wobei die Beiträge noch bis zum Ende des Geschäftsjahres, in dem der Austritt wirksam wird, zu zahlen sind. Durch diese Austrittsregelung sollte die Möglichkeit einer Vereinbarung über die Beendigung der Mitgliedschaft nicht ausgeschlossen werden. Die Satzungsbestimmung dient erkennbar dem Schutz des Verbandes bzw. seiner – verbleibenden – Mitglieder vor einem kurzfristigen Verlust von Mitgliedern und Mitgliedschaftsbeiträgen durch einseitige Austritte. Eine andere Interessenlage besteht bei der grundsätzlich von der Vereinsautonomie erfassten Möglichkeit einer einvernehmlichen Beendigung der Mitgliedschaft, die auch im Interesse des Verbandes und der verbleibenden Mitglieder liegen kann. Die Satzung ist deshalb dahin auszulegen, dass die Mitgliedschaft nicht nur durch den in der Satzung ausdrücklich geregelten Austritt beendet werden kann (vgl. dazu ErfK/Franzen 8. Aufl. § 3 TVG Rn. 11; Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 3 Rn. 59; Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 3 Rn. 55; für die Beschränkung auf die in der Satzung ausdrücklich benannten Beendigungsmöglichkeiten Plander NZA 2005, 897; Peters FS Däubler S. 479).

III. Gegen die Wirksamkeit des Mitgliedschaftsbeendigungsvertrages bestehen auch aus koalitionsrechtlichen Gründen keine durchgreifenden Bedenken. Zwar ist es auch den Tarifvertragsparteien verwehrt, durch die Änderung und Gestaltung der Mitgliedschaft die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie zu beeinträchtigen. Die vorliegende Vereinbarung über eine kurzfristige Beendigung der Mitgliedschaft vor Inkrafttreten eines Tarifvertrages stellt sich aber jedenfalls unter den dem Tarifabschluss vorausgegangenen Umständen des Einzelfalles nicht als rechtswidrige Beeinträchtigung der koalitionsgemäßen Betätigung der beteiligten Koalitionen dar.

1. Die kollektive Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG sichert die spezifisch koalitionsgemäße Betätigung. Dazu gehört die Garantie der freien Verbandsorganisation, insbesondere die Autonomie bei der Gestaltung der Satzung und bei der inneren Willensbildung. Auch die Freiheit der Regelung der Begründung und Beendigung der Mitgliedschaft in der Satzung ebenso wie die Freiheit zu konkreter Entscheidung des Verbandes hierüber im Einzelfall sind verfassungsrechtlich geschützt.

Das Recht der kollektiven Koalitionsfreiheit bedarf jedoch der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung, also durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung, soweit es die Beziehungen zwischen Trägern widerstreitender Interessen zum Gegenstand hat (BVerfG 4. Juli 1995 – 1 BvF 2/86 ua. -BVerfGE 92, 365, 394). Das vorbehaltlos gewährleistete Grundrecht des Art. 9 Abs. 3 GG kann zum Schutz anderer verfassungsrechtlich begründeter Positionen, insbesondere zum Ausgleich konkurrierender Positionen desselben Grundrechtes, eingeschränkt werden (BVerfG 24. April 1996 – 1 BvR 712/86 -BVerfGE 94, 268, 284). Die Arbeitgeberverbände sind ebenso wie die Gewerkschaften als Träger der kollektiven Koalitionsfreiheit für die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie mitverantwortlich, bei der es auch darum geht, in einem hierfür geeigneten Verfahren zu beiderseits interessengerechten und angemessenen Regelungen zu kommen. Aus diesem verfassungsrechtlich angestrebten Verfahrensziel können sich für jede der an der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen beteiligten Koalitionen Grenzen für die Ausübung ihrer autonomen Befugnisse ergeben (zum Verstoß einer langen Kündigungsfrist in der Satzung einer Berufsorganisation gegen Art. 9 Abs. 3 GG: BGH 22. September 1980 – II ZR 34/80 – AP GG Art. 9 Nr. 33; zur tarifrechtlichen Unwirksamkeit eines rückwirkenden Beitritts zur Gewerkschaft Senat 22. November 2000 – 4 AZR 688/99 – AP TVG § 3 Verbandszugehörigkeit Nr. 20 = EzA TVG § 3 Nr. 20).

2. Hiervon ausgehend können im Einzelfall Bedenken gegen eine gegenüber den satzungsmäßigen Vorgaben deutlich verkürzten Beendigung der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband bestehen. Dies kommt besonders dann in Betracht, wenn durch sie die Grundlagen der Tarifverhandlungen und ihrer Ergebnisse nicht unerheblich verändert werden. Die Rechtsordnung muss, um die Tarifautonomie zu gewährleisten, ein Verfahren sicherstellen, in dem die Tarifvertragsparteien ihre Interessen und die ihrer Mitglieder gleichgewichtig zur Geltung bringen können, und das geeignet erscheint, zu angemessenen Ergebnissen zu führen. Die Angemessenheit der Verhandlungsergebnisse selbst ist von den Gerichten nicht zu überprüfen.

Die erwogenen Bedenken bestehen dagegen dann nicht, wenn eine Tarifvertragspartei auf eine kurzfristige, verbandsrechtlich zulässige Beendigung der Mitgliedschaft im gegnerischen Verband auch nach dem Beginn der Tarifverhandlungen reagieren kann.

a) Arbeitgeberverband und Gewerkschaft gestalten die Arbeitsbedingungen für ihre Mitglieder. Grundlage der Verhandlungen sind also regelmäßig Vorstellungen über die Mitgliederzusammensetzung der Gegenseite, insbesondere seitens der Gewerkschaft über die des Arbeitgeberverbandes, weil sich danach entscheidet, für welche Betriebe und damit für welche dort beschäftigten organisierten Arbeitnehmer die auszuhandelnden Tarifverträge tarifrechtlich gelten werden. Auf diese betroffenen Betriebe und die darin Beschäftigten sowie deren wirtschaftliche Verhältnisse sind die Tarifverhandlungen, ggf. unter Berücksichtigung der konkreten, auch vor dem Hintergrund des Arbeitskampfrisikos zu bewertenden Verhandlungsstärke ausgerichtet. Diese gemeinsame Grundlage der Verhandlungen kann gestört werden, wenn ohne Kenntnis der Gegenseite eine Mitgliedschaft kurzfristig beendet wird. Damit kann sich die Verhandlungsgrundlage nicht nur für den Geltungsbereich des abzuschließenden Tarifvertrages, sondern auch für die Einschätzung der wirtschaftlichen Situation der vom abzuschließenden Tarifvertrag erfassten Betriebe grundlegend ändern.

Wenn eine Tarifvertragspartei diese Änderungen der Verhandlungsgrundlagen nicht kennt, kann sie sich darauf in ihrer Verhandlungsführung und Interessendurchsetzung nicht einstellen; es besteht eine Gefahr, dass es zu den Interessen der tatsächlich vom Verhandlungsergebnis betroffenen Unternehmen und Belegschaften nicht angemessenen Ergebnissen und damit zu einer Verfehlung des Zieles praktizierter Tarifautonomie kommt. Darüber hinaus wird verhindert, dass die Gewerkschaft um einer flächendeckenden Regelung durch Tarifverträge willen unverzüglich den Versuch machen kann, mit den ausgetretenen Verbandsmitgliedern zu Haustarifverträgen zu kommen. Die Gewerkschaft kann demgegenüber nicht darauf verwiesen werden, dass sie in jedem Fall später bei der Umsetzung des Tarifvertrages von dem Austritt erfahren würde. Wenn Verhandlungen bzw. Auseinandersetzung um neue tarifvertragliche Regelungen in einem Verbandstarifvertrag bezogen auf die Mitglieder dieses Verbandes geführt werden, erfordert das erhebliche organisatorische Anstrengungen insbesondere zur Mobilisierung der Mitglieder. Diese Mobilisierung lässt sich nicht ohne Weiteres zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Gewerkschaft von dem Austritt erfährt, wieder herstellen. Tarifvertragliche Regelungen, welche eine gewisse Angemessenheitsvermutung für sich haben, sind deshalb nachträglich vielfach nur deutlich schwerer zu erreichen.

b) Auch bei Berücksichtigung dieser Umstände erfordert die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nicht die generelle Beschränkung von kurzfristigen Beendigungen der Mitgliedschaft, etwa im Sinne von Mindestfristen für den Austritt aus dem Verband oder für eine Beendigung der Mitgliedschaft durch Vereinbarung. Ein solcher Eingriff in die kollektive Satzungsautonomie des Verbandes ebenso wie in die individuelle Koalitionsfreiheit des Mitgliedes ist nicht gerechtfertigt. Allein durch die kurzfristige Beendigung der Mitgliedschaft eines Arbeitgebers in seinem Verband ist die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nicht gefährdet. Es ist nicht von Rechts wegen geboten, dass der Arbeitgeberverband der Gewerkschaft mit seinem konkreten Mitgliederbestand als Verhandlungspartner erhalten bleibt, auch nicht während laufender Tarifverhandlungen. Durch die gesetzliche Ausgestaltung des Tarifrechtes besteht eine nachhaltige Bindung des Arbeitgebers an einen während seiner Tarifgebundenheit in Kraft getretenen Tarifvertrag, insbesondere durch die Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG und durch die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG. Im Hinblick darauf darf die Möglichkeit eines Arbeitgebers, sich diesen Bindungen durch eine satzungsmäßig vorgesehene kurzfristige Beendigung seiner Mitgliedschaft zu entziehen, nicht zusätzlich erschwert werden. Der Arbeitgeber kann sich durch seinen Austritt aus dem Verband der tarifautonomen Gestaltung der Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb nicht entziehen, weil er nach § 2 Abs. 1 TVG als solcher tariffähig ist und deshalb von der zuständigen Gewerkschaft nach seinem Austritt aus dem Verband zu Haustarifverträgen notfalls auch mit den Mitteln des Arbeitskampfes veranlasst werden kann.

c) Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie kann dabei aber erfordern, dass kurzfristige Veränderungen der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband während der Tarifverhandlungen für die andere Tarifvertragspartei transparent sind. Solche kurzfristigen Änderungen, die die Grundlagen der Tarifverhandlungen betreffen, muss die andere Tarifvertragspartei kennen. Nur dann kann sie den Inhalt und die Konsequenzen des abzuschließenden Verbandstarifvertrages zutreffend einschätzen und ihre Möglichkeit der tarifautonomen Gestaltung auch der Arbeitsbedingungen bei einem Arbeitgeber mit kurzfristig beendeter Mitgliedschaft sachgerecht nutzen. Es hängt dabei von den Umständen des Einzelfalles ab, ob es zur Wahrung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie erforderlich ist, die Gewerkschaft über eine kurzfristig erfolgte Beendigung der Mitgliedschaft zu unterrichten. Ist dies pflichtwidrig unterlassen worden, kann die tarifrechtliche Unwirksamkeit einer solchen Beendigung in Betracht kommen.

3. Die Voraussetzungen für eine solche Annahme sind vorliegend nicht gegeben, weil die Grundlagen für die Verhandlungen des TV-AVH vor dessen Abschluss für beide Tarifvertragsparteien hinreichend transparent waren. In den Verhandlungen von ver.di mit der Nebenintervenientin ist schon früh offengelegt worden, dass die Beklagte ebenso wie andere zur AVH gehörende Krankenhäuser zusätzliche Sonderregelungen für ihren Bereich verlangten, andernfalls die Übernahme des TVöD nicht akzeptieren wollten und sich dem durch den Austritt aus dem Verband entziehen würden. Im Hinblick darauf sollte – was der gewerkschaftliche Verhandlungspartner wusste – durch den Beschluss der Mitgliederversammlung der Nebenintervenientin vom 11. März 2005 über das Sonderaustrittsrecht die Möglichkeit eröffnet werden, einerseits die Verhandlungen über Sonderregelungen für die Krankenhäuser unter deren Beteiligung weiterzuführen, andererseits aber bei einem Scheitern diesen den kurzfristigen Austritt vor Inkrafttreten des TV-AVH zu ermöglichen. Die Gewerkschaft ist über diesen Beschluss informiert worden und sie hat gleichwohl bei Abschluss des TV-AVH am 19. September 2005, der keine Sonderregelungen für die Krankenhäuser beinhaltete, akzeptiert, dass dieser Tarifvertrag erst zum 1. Oktober 2005 in Geltung trat, so dass nach dem Beschluss vom 11. März 2005 vor Inkrafttreten des TV-AVH ein Austritt möglich war. Unter diesen Umständen bedurfte es keiner ausdrücklichen Mitteilung an ver.di über die tatsächlich erfolgte Beendigung der Mitgliedschaft der Beklagten. Die Gewerkschaft verhandelte unter diesen Umständen im Bewusstsein, dass ihr Verhandlungsergebnis möglicherweise nicht für die Krankenhäuser, deren Träger Mitglieder der AVH waren, gelten würde. Ihre Verhandlungsgrundlage war damit klar. Eine Verfälschung des Verhandlungsergebnisses durch den kurzfristigen Austritt der Beklagten war unter diesen Umständen ausgeschlossen. Daran ändert auch nichts, dass diese Beendigung – wie dargelegt – tatsächlich nicht durch den nicht wirksam eröffneten Sonderaustritt, sondern durch eine Vereinbarung erfolgt ist. Wie die Reaktion der Gewerkschaft zeigt, die die Beklagte unmittelbar nach Inkrafttreten des TV-AVH zur Aufnahme von Tarifverhandlungen aufgefordert hat, ist sie von der Wirksamkeit der Austrittserklärung ausgegangen. Sie hatte somit im Ergebnis zutreffende Vorstellungen von den Grundlagen der Tarifverhandlungen und den möglichen Konsequenzen der vereinbarten tariflichen Regelungen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 101 ZPO.

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