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Arbeitnehmererfindung – Rechtsstreitigkeit über Erfindung


Hessisches Landesarbeitsgericht

Az: 7 Ta 203/10

Beschluss vom 02.08.2010


Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. April 2010 – 7 Ca 41/10 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten im Beschwerdeverfahren um die Zulässigkeit des Rechtswegs vor die Arbeitsgerichte.

Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main mit dem Aktenzeichen 7 Ca 41/10 ist ein Feststellungsantrag bezüglich einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten wegen der „Nichtweiterverfolgung“ von drei Patentanmeldungen. In diesem Verfahren hat die Beklagte die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen in Zweifel gezogen.

Der Kläger war bei der Beklagten, die IT-Lösungen für die Luftfahrt anbietet, bis Ende September 2005 im Bereich Business Support Solutions tätig.

Während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses informierte der Kläger die Beklagte über drei technische Erfindungen, die die Beklagte im Zeitraum zwischen September 2004 und April 2005 als europäische Patente zur Erlangung eines weltweiten Schutzes anmeldete, diese Anmeldungen aber in der Folge nicht weiterverfolgte.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünden deswegen Schadensersatzansprüche zu, deren Höhe er allerdings noch nicht beziffern könne. Bei den angemeldeten technischen Neuerungen handele es sich um schutzfähige Erfindungen. Das Verhalten der Beklagten sei nicht nachvollziehbar und begründe die Schadensersatzforderung auf der Basis allgemeiner arbeitsrechtlicher Verpflichtung der Beklagten. Daher sei auch der Rechtsweg vor die Arbeitsgerichte eröffnet.

Die Beklagte hält demgegenüber den Rechtsweg vor die Arbeitsgerichte nicht für eröffnet. In der Sache behauptet sie, dass die technischen Neuerungen nicht schutzfähig seien.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 28. April 2010, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 137 – 143 d.A. verwiesen wird, den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Landgericht Frankfurt am Main – Patentstreitkammer – verwiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass es sich vorliegend um eine „Rechtsstreitigkeit über Erfindungen“ handele, für die gem. § 39 Abs. 1 ArbNErfG die ausschließliche Zuständigkeit der für Patentstreitsachen zuständige Gerichte gilt.

Gegen diesen, seinen Prozessbevollmächtigten am 11. Mai 2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 19. Mai 2010 per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers, die er damit begründet, dass es sich nicht um eine Rechtsstreitigkeit über Erfindungen i.S.d. § 39 Abs. 1 ArbNErfG handele, sondern der Kläger allgemeine Ansprüche nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag und schuldrechtliche Schadensersatzansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend mache.

Mit weiterem Beschluss vom 18. Juni 2010 (Bl. 176 d.A.) hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der Begründung der Beschwerde im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 19. Mai 2010 (Bl. 153 – 158 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten, indem sie den Beschluss des Arbeitsgerichts verteidigt hat (Bl. 178 – 182 d.A.).

II.

Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 2 GVG i.V.m. § 46 Abs. 1 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht i.S.d. § 569 ZPO i.V.m. § 78 ArbGG eingelegt worden und daher insgesamt zulässig.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die von den Parteien vorgetragenen Tatsachen völlig zutreffend gewürdigt und ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass für die vorliegende Streitigkeit der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ausgeschlossen ist, da es sich um eine Rechtsstreitigkeit über Erfindungen i.S.d. § 39 Abs. 1 ArbNErfG handelt.

Dabei hat das Arbeitsgericht sowohl auf die einhellige Kommentierung der genannten Vorschrift Bezug genommen als auch die einschlägige Rechtsprechung – hier insbesondere den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 09. Juli 1997 (- 9 AZB 14/97 – AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 50) – berücksichtigt und seine Entscheidung ausführlich begründet. Auf eine erneute Wiedergabe kann daher verzichtet, stattdessen auf den angefochtenen Beschluss verwiesen werden.

Im Hinblick auf die sofortige Beschwerde der Beklagten und ihre Kritik am Beschluss des Arbeitsgerichts ist lediglich Folgendes zu ergänzen:

Zwar trifft es zu, dass der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit einen Schadensersatzanspruch geltend macht und diesen auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag sowie die allgemeinen Anspruchsgrundlagen für einen Schadensersatz (§§ 280 ff, 823 Abs. 1 BGB) stützt. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass hier die Zuständigkeitsnorm des § 39 ArbNErfG einschlägig ist.

Denn unter Rechtsstreitigkeiten im Sinne dieser Vorschrift sind auch gerichtliche Verfahren zwischen ausgeschiedenem Arbeitnehmer und früherem Arbeitgeber zu verstehen, sofern Gegenstand des Verfahrens Rechtsverhältnisse sind, die mit freien oder gebundenen Arbeitnehmererfindungen verknüpft sind (so BAG Beschluss vom 09. Juli 1997 a.a.O. unter Bezugnahme auf Bartenbach/Volz, ArbNErfG § 39 Rz 9 ).

Das BAG hat diese notwendige Verknüpfung in einem Fall angenommen, in dem ein früherer Arbeitnehmer gegenüber seinem früheren Arbeitgeber die Unterlassung der Produktion, Vermarktung und Patentanmeldung mit der Begründung geltend gemacht hatte, er sei der Erfinder der zu Grunde liegenden technischen Neuerung. Im Kern hat es dies damit begründet, dass der Anspruch des dortigen Klägers nicht aus den arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten entspringt, sondern allein mit dem allgemeinen Erfinderpersönlichkeitsrecht des Klägers begründet werden kann, dem das Erfinderpersönlichkeitsrecht der Beklagten gegenüberstehe. Es hat den Fall damit von dem Sachverhalt des Urteils vom 16. März 1982 ( – 3 AZR 83/79 – AP BGB § 611 Betriebsgeheimnis Nr. 1 ) abgegrenzt, in dem es um die Tragweite des besonderen arbeitsrechtlichen Geheimhaltungsanspruchs ging.

Der vorliegende Fall ist – worauf das Arbeitsgericht zu Recht verwiesen hat – mit dem vom Bundesarbeitsgericht am 09. Juli 1997 entschiedenen vergleichbar, denn auch hier kann der Schadensersatzanspruch des Klägers allein mit seinem Recht als Urheber einer Erfindung i.S.d. § 2 ArbNErfG begründet werden, und inhaltlich streiten die Parteien auch in der Tat um die Frage, ob es sich bei den vom Kläger i.S.d. § 5 ArbNErfG gemeldeten technischen Neuerungen um schutzfähige Erfindungen handelt. Dies prägt allein den Charakter des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs und ist hier nicht etwa – wie der Kläger in seiner Beschwerdebegründung meint – eine notwendige Vorfrage für die eigentliche Entscheidung über einen arbeitsvertraglichen Schadensersatzanspruch (zur Abgrenzung: Bartenbach/Volz, ArbNErfG § 39 Rz 9 ). Damit ist eine Frage aus dem Sachgebiet der Arbeitnehmererfindungen mit dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch so untrennbar verknüpft, dass dies im Sinne der oben referierten Rechtsprechung die ausschließliche Zuständigkeit der für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte begründet.

Daher hat das Arbeitsgericht den Rechtsstreit zu Recht an das örtlich zuständige Landgericht Frankfurt am Main – Patentstreitkammer – verwiesen

III.

Die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels hat der Kläger gemäß § 97 ZPO zu tragen.

Gegen diesen Beschluss findet gemäß § 78 Abs. 2 ArbGG, § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG keine weitere sofortige Beschwerde statt. Gründe für eine Beschwerdezulassung im Sinne des § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG sind nicht ersichtlich.

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