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Arbeitnehmerhaftung – Schäden auf Baustelle


LAG Mecklenburg-Vorpommern

Az: 1 Sa 265/01

Urteil vom 24.01.2002


1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock – 1 Ca 98/00 – vom 23. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um vom Lohn einbehaltene Schadensersatzforderungen der Beklagten und um Urlaubsgeld.

Der Kläger war bei der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Er hat sein Arbeitsverhältnis selbst zum 31. August 2000 gekündigt. Nach der Lohnabrechnung für den Monat August 2000 stand ihm unstreitig ein Nettolohn in Höhe von 3.351,66 DM zu. Davon hat die Beklagte nur 1.476,66 DM ausgezahlt, die restlichen 1.875,00 DM zum Zwecke der Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen einbehalten. Außerdem verlangt der Kläger für 15 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gewährte, mit der Lohnabrechnung für August 2000 abgegoltene Urlaubstage die Zahlung von zusätzlichem Urlaubsgeld in Höhe von 40,80 DM je Tag. Hierfür beruft er sich auf den kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden § 9 Nr. 2.2 des Manteltarifvertrages für das Metallgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern.

Die Beklagte hat die Aufrechnung erstinstanzlich damit begründet, der Kläger habe im Bauobjekt Universitätsgebäude in der Ulmenstraße in Rostock zusammen mit seinem Kollegen B. einen Schaden in Höhe von 3.480,00 DM mit verursacht, für den er jedenfalls zur Hälfte einstehen müsse. Von dem Kläger und seinem Kollegen sei ein frisch einzementiertes Treppengeländer nicht hinreichend gesichert worden, weshalb, nachdem es durch vorzeitige Benutzung gelockert worden war, neu habe einzementiert werden müssen. Statt nur Hinweisschilder aufzustellen, hätte die beiden dort für die Beklagte tätigen Arbeitnehmer den gesamten Treppenaufgang absperren müssen. Gegen die Urlaubsgeldforderung hat die Beklagte eingewandt, dass ein Anspruch auf Urlaubsgeld für tatsächlich nicht genommenen, lediglich abgegoltenen Urlaub nicht bestehe.

Das Arbeitsgericht Rostock hat mit Urteil vom 23. Mai 2001 für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.875,00 netto nebst 10,75 Prozent Zinsen hierauf seit dem 12.09.2000 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, DM 612,00 brutto nebst 10.75 Prozent Zinsen seit dem 27.09.2000 an den Kläger zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf DM 2.487,00.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht sinngemäß ausgeführt: Die Beklagte habe den zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch weder hinsichtlich der Schadenshöhe noch hinsichtlich des Verschuldensgrades des Kläger ausreichend dargelegt. Im Übrigen sei die Prüfung der Baustellensicherung Sache des Bauleiters gewesen. Eine Beschränkung des Urlaubsgeldanspruchs auf Zeiten tatsächlicher Freizeitgewährung sehe der Tarifvertrag nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachstandes und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock im Ganzen Bezug genommen.

Gegen das am 9. Juli 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte – anwaltlich vertreten – am 3. August 2001 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 11. September 2001 begründet.

Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor: Die Beklagte hatte den Auftrag, Treppengeländer in den beiden seitlichen Treppenaufgängen des Universitätsgebäudes zu erstellen. Die Montage oblag dem Kläger und seinem Kollegen B.. Für jedes Geländerteil waren vier senkrechte Metallstreben in die Treppenstufen einzubetonieren. Der hierfür zur Verfügung gestellte Zement habe zum Abbinden zwei bis drei Tage gebraucht, während welcher Zeit niemand das Geländer berühren durfte. Um dies zu erreichen, sei es erforderlich gewesen, die Zugänge von den Etagenfluren zum Treppenaufgang gänzlich abzusperren. Nach zwei Tagen setzte der Bauleiter die Beklagte davon in Kenntnis, dass das Geländer wackelte. Dies sei darauf zurückzuführen, dass andere Handwerker den nicht abgesperrten Treppenaufgang benutzt und das Geländer berührt hätten. Die Mängelbeseitigung durch die damit beauftragte Firma RMS – Herausnehmen der Teile, Säuberung der Löcher, Neueinsetzen und Einbetonieren von 64 Streben – habe 3.480,00 DM gekostet. Der erstinstanzlich vom Kläger erhobene Einwand, die Beklagte habe ungeeigneten Zement zur Verfügung gestellt, sei eine bloße Schutzbehauptung. Der bereit gestellte Zement sei hochwertig und für den vorgesehenen Zweck geeignet gewesen. Dass der Kläger und sein Kollege zum Hinweis auf die neu einbetonierten Geländer tatsächlich Pappschilder aufgestellt hätten, werde bestritten. Dies sei zur Sicherung der frisch einbetonierten Geländer aber auch unzureichend gewesen. Diese Sicherung sei auch nicht Sache des Bauleiters gewesen, sondern habe dem Gewerk der Beklagten oblegen, weshalb der Kläger sich darum habe kümmern müssen. Dass der Bauleiter M. auf die Notwendigkeit von Absperrungen angesprochen worden sei, diese aber nicht erkannt habe, werde bestritten. Jedenfalls habe der Kläger solchenfalls den Geschäftsführer der Beklagten informieren müssen. Die Schadenshöhe, deren Betrag sich aus der Bezahlung von 58 zur Nacharbeit erforderlichen Arbeitsstunden zu je 60,00 DM ergebe, werde durch die mit Schriftsatz vom 16.01.2002 zur Gerichtsakte nachgereichte Rechnung der Firma RMS vom 12.08. 2000 belegt.

Von dem Schaden müsse der Kläger die Hälfte, also 1.740,00 DM tragen. Hinsichtlich der weiteren vom Lohn einbehaltenen 135,00 DM hat die Beklagte die Berufung zurückgenommen.

Zur Höhe des pfändbaren und damit der Aufrechnung zugänglichen Betrages hat die Beklagte auf Nachfrage des Landesarbeitsgerichtes M-V vorgetragen, die Pfändungsgrenze von 1.209,00 DM sei wegen der Einbeziehung hälftig unpfändbarer Beträge aus Mehrarbeit auf 1.482,00 DM erhöht. Die Aufrechnung sei also tatsächlich um 5,34 DM überhöht.

Anspruch auf Urlaubsgeld habe der Kläger schon deshalb nicht, weil er seit dem 31. Juli 2000 bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (31. August 2000) krank war. Da er aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei ohne die Arbeitsfähigkeit wieder zu erlangen, habe er entsprechend dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 23.06.1983 (6 AZR 180/80 – AP Nr. 14 zu § 7 BUrlG Abgeltung) nicht einmal einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung und deshalb erst Recht keinen Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld gehabt.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 23. Mai 2001 abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als nicht mit Schriftsatz vom 07.01.2002 die Berufung in Höhe eines Teilbetrages von 135,00 DM zurückgenommen worden ist.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger bestreitet, dass für Nachbesserungsarbeiten tatsächlich ein Betrag in Höhe von 3.480,00 DM angefallen und von der Beklagten gezahlt worden sei. Es sei auch nicht einzusehen, dass der Kläger die Hälfte dieses angeblichen Schadens tragen solle, während sein Kollege B. nicht in Anspruch genommen worden sei – was die Beklagte damit begründet, dass der Kläger von den beiden der qualifiziertere Arbeitnehmer mit der Lohngruppe VII gewesen sei. Der Kläger bestreitet ein Schadensersatzansprüche begründendes Verschulden an der Notwendigkeit der Nachbesserungen. Der von der Beklagten bereitgestellte Zement sei für die Verbindung von Stahl und Granit nicht geeignet gewesen; es habe wie bei der späteren Reparatur ein spezieller Granitmörtel verwendet werden müssen. Der Kläger und sein Kollege B. hätten auch mit dem Aufstellen von Hinweisschildern in der Größe DIN A 4 in jeder Etage das ihnen mögliche zur Sicherung der Geländer getan. Sie hätten den Bauleiter darauf hingewiesen, dass eigentlich der ganze Treppenzugang gesperrt werden müsste; der Bauleiter sei jedoch nicht bereit gewesen, dies zu veranlassen.

Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.12.2001 vorgelegte Berechnung der Pfändungsgrenzen wurde für den Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich als korrekt bezeichnet. Zur Dauer seiner Erkrankung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen, er habe im September 2000 ein neues Arbeitsverhältnis begonnen, sei allerdings in diesem Monat noch für eine Woche krank gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszuge wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 11.09.2001, 11.12.2001, 07.01.2002 und 16.01.2002 sowie auf den Schriftsatz des Klägers vom 12.11.2001 und das Sitzungsprotokoll vom 24.01.2002 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach Form, Fristen und Beschwer zulässige Berufung der Beklagten ist, auch insoweit sie nicht zurückgenommen wurde, nicht begründet.

1. Das Arbeitsgericht ist nach dem erstinstanzlichen Sachstand zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte das Bestehen des zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruchs weder dem Grunde noch der Höhe nach hinreichend dargelegt hatte. Auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist ein Anspruch der Beklagten nicht zu bejahen.

Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten kommt nur unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung in Betracht, wenn der Kläger die ihm obliegende Arbeitspflicht mangelhaft erbracht hätte und ihm ein über leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Verschulden vorzuwerfen wäre.

Dass der Kläger die ihm eigentlich und zunächst obliegende Arbeitsleistung, das Einzementieren des Treppengeländers in die Treppenstufen, nicht ordnungsgemäß erbracht hätte, wirft die Beklagte ihm nicht vor. Sie wirft ihm lediglich vor, dass er durch unzureichende Absperrung des Treppenaufganges dazu beigetragen habe, dass sein Arbeitserfolg durch Dritte, die zu früh am Treppengeländer gerüttelt haben, wieder zunichte gemacht wurde.

Die Beklagte hat zunächst schon nicht hinreichend dargelegt, dass die fehlende Absperrung überhaupt die maßgebliche Ursache für die nach zwei Tagen festgestellte Lockerheit des Treppengeländers war. Der Kläger hat sich darauf berufen, dass der ihm und seinem Kollegen … zur Verfügung gestellte Zement zur Herstellung einer Verbindung von Stahl und Granit nicht geeignet gewesen sei. Die Beklagte hat dem zwar widersprochen und die Einlassung des Klägers als Schutzbehauptung abgetan wie auch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, es habe sich um den gleichen Zement gehandelt, der auch für die erfolgreichen Nachbesserungsarbeiten verwandt worden sei, sie hat jedoch konkrete Angaben über Art und Beschaffenheit des von ihr zur Verfügung gestellten Zements nicht vorgelegt. Mangels solcher konkreter Angaben war auch die Behauptung der Beklagten, ihren Arbeitnehmern von vornherein einen für den beabsichtigten Zweck geeigneten Zement zur Verfügung gestellt zu haben, dem Sachverständigenbeweis, auf den die Beklagte sich hierfür berufen hat, nicht zugänglich. Ohne konkrete Angaben über Art und Beschaffenheit des den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellten Zements könnte ein Sachverständiger weder dessen Eignung für den vorgesehenen Zweck noch seine Gleichartigkeit mit dem zuletzt bei den Nachbesserungsarbeiten verwendeten Material beurteilen. Darüber hinaus fehlt es aber auch an der Darlegung eines die Arbeitnehmerhaftung begründenden Verschuldensgrades.

Auszugehen ist von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Milderung der Haftung der Arbeitnehmer für die im Rahmen betrieblicher Tätigkeiten verursachten Schäden (BAG vom 19.03.1959 – AP 8 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; Beschluss vom 27.09. 1994 – GS 1/89 – AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Danach ist – und zwar nach dem Beschluss des Großen Senats vom 27.09.1994 ohne Rücksicht darauf, ob der Schaden bei einer zunächst so genannten gefahrgeneigten Arbeit eingetreten ist – davon auszugehen, dass die Haftung der Arbeitnehmer für im Rahmen betrieblicher Tätigkeiten verursachte Schäden entsprechend ihrem Verschuldensgrad derart eingeschränkt ist, dass sie für vorsätzlich herbeigeführte Schäden stets vollen Umfangs, für grob fahrlässig herbeigeführte Schäden voll und nur bei Vorliegen besonderer Umstände womöglich eingeschränkt haften, während bei einer mittleren Fahrlässigkeit eine nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu treffende Schadensteilung vorzunehmen ist und bei nur leichter Fahrlässigkeit in der Regel eine Freistellung von der Haftung erfolgt. Diese Rechtsprechung ist Ausdruck der Erkenntnis, dass das Prinzip der Totalreparation, wonach Schadensverursacher schon bei leichtester Fahrlässigkeit für die volle Schadenshöhe einstehen müssen, angesichts des Verhältnisses zwischen der üblichen Lohn- und Gehaltshöhe der Arbeitnehmer und des sich im Zusammenhang mit ihrer Arbeitstätigkeit in der betrieblichen Risikosphäre des Arbeitgebers bildenden Schadenspotentials regelmäßig unbillig wäre (zur dogmatischen Begründung der eingeschränkten Arbeitnehmerhandlung vgl. Preis in Erfurter Kommentar BGB § 611 Rn. 1038, BAG vom 19.03.1959 a. a. O.).

Entgegen der für die Beklagte in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansicht ist auch die Beweislast für das Verschulden und den Verschuldensgrad des Arbeitnehmers bei Ansprüchen des Arbeitgebers aus positiver Vertragsverletzung nicht entsprechend § 282 BGB umgekehrt, sondern obliegt dem Arbeitgeber (vgl. Preis Erf.K § 611 BGB Rn. 1049 m. w. N.).

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Die Kammer des Landesarbeitsgerichtes stimmt mit der Vorinstanz darin überein, dass es primär Sache des Bauleiters oder eventuell eines Vorgesetzten des Klägers im Betriebe der Beklagten war, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das vom Kläger erstellte Arbeitsergebnis gegen Einwirkungen Dritter hinreichend geschützt wurde. Es kann nicht davon ausgegangen werden, zu erwarten, dass zwei Arbeitnehmer eines kleineren Subunternehmers, der zusammen mit anderen Gewerken unter der Einleitung eines firmenfremden Bauleiters auf einer größeren Baustelle tätig ist, von sich aus und eigenständig ganze Treppenhäuser gegen die Benutzung durch Dritte absperren können. Da die Beklagte konkrete Arbeitsanweisungen an den Kläger und seinen Kollegen B., was diese zur Sicherung der von ihnen anzubauenden Treppengeländer gegebenenfalls zu unternehmen hatten, nicht dargelegt hat, kann darin, dass diese Arbeitnehmer, insbesondere der hier von der Beklagten in Anspruch genommene Kläger womöglich nicht von sich aus alles denkbare und erforderliche getan haben, um solide und ausreichende Absperrungsmaßnahmen in die Wege zu leiten, allenfalls ein leichteres Verschulden gesehen werden, dass sich zudem nicht einmal als Schlechterfüllung der obliegenden Hauptleistung darstellt, sondern nur als Nachlässigkeit bei einer Art von Nebenpflicht. Wenn in der mündlichen Verhandlung für die Beklagte geltend gemacht worden ist, zur Sicherung der Treppengeländer hätte der Kläger notfalls sogar die Zugänge zum Treppenhaus mit Bretterwänden vernageln müssen, denn die Absperrung müsse so solide sein, dass – vergleichsweise – über einen frischen Zementboden nicht einmal eine Katze laufen könnte, so sind damit die Anforderungen an einen Arbeitnehmer in der Position des Klägers deutlich überspannt. Die Gefahr, dass auf einer Baustelle, auf der die Arbeitnehmer mehrerer Betriebe arbeiten, Schäden an dem Arbeitsergebnis des einen durch Mitarbeiter eines anderen Betriebes verursacht werden, fällt primär in die betriebliche Risikosphäre der Beklagten, weshalb es zunächst und vor allem auch deren Sache gewesen wäre, etwa durch Absprache mit der Bauleitung Vorsorge dafür zu treffen, dass erforderliche Absperrungsmaßnahmen auch realisiert würden.

Da auch bei Unterstellung der Ursächlichkeit der fehlenden Absperrung für den entstandenen Schaden der Verschuldensgrad des Klägers jedenfalls als gering anzusehen ist, scheidet eine Haftung nach den voranstehend dargestellten Grundsätzen und Maßstäben aus.

2. Da ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen den Kläger zu verneinen ist, kommt es nicht weiter darauf an, dass dieser gemäß § 394 BGB nicht in der von der Beklagten vorausgesetzten Höhe der Aufrechnung unterlag. Gemäß § 394 BGB kann gegen Forderungen nur insoweit aufgerechnet werden, als diese der Pfändung unterworfen sind. Wenngleich der Vortrag der Beklagten zur Berechnung des pfändbaren Betrages für den Kläger in der mündlichen Verhandlung als korrekt bezeichnet worden ist, ist er doch – wie hier immerhin am Rande bemerkt werden soll – erkennbar fehlerhaft. Wenn die Beklagte von einem unpfändbaren Betrag von 1.209,00 DM ausgeht, der womöglich wegen der Einbeziehung von nur hälftig pfändbaren Überstunden in die Abrechnung um 273,00 DM zu erhöhen sei, verkennt sie, dass der über 1.209,00 DM hinausgehende Lohnanteil gemäß § 850 c Abs. 2 ZPO auch bei Nichtbestehen von Unterhaltspflichten jedenfalls zu weiteren 3/10 unpfändbar ist. Nach der Tabellenanlage zu § 850 c ZPO ergibt sich, dass von dem abgerechneten Nettolohn von 3.351,66 DM lediglich ein Betrag von 1.491,70 DM pfändbar war, wenn er sich nicht auf Grund des Enthaltenseins von nur hälftig pfändbaren Mehrarbeitsvergütungen sogar noch weiter, nämlich auf 1.295,70 DM verringert hätte. Der unpfändbare und daher auch nicht der Aufrechnung zugängliche Teil des Lohnanspruch betrug also nicht 5,34 DM, sondern sogar 579,30 DM.

3. Hinsichtlich des Urlaubsgeldanspruchs ist das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass § 9 des Manteltarifvertrages für das Metallgewerbe in Mecklenburg-Vorpommern, auf dem der Urlaubsgeldanspruch beruht, eine Einschränkung dahingehend, das Urlaubsgeld nur für tatsächlich gewährten, nicht aber für bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugeltenden Urlaub zu zahlen sei, nicht enthält. Dem hat die Beklagte in der Berufungsbegründung auch nicht widersprochen. Die nunmehr stattdessen besonders herausgestellte Rechtsauffassung, ein Urlaubsgeldanspruch bestehe schon deshalb nicht, weil dem Kläger auf Grund dessen, dass er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig krank war, keine Urlaubsabgeltung zugestanden habe, ist unzutreffend und entspricht auch entgegen der für die Beklagte geäußerten Vorstellung keineswegs der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes.

Es ist – neben der Ablehnung der Urlaubsgewährung aus betrieblichen Gründen – geradezu einer der typischen Fälle des § 7 Abs. 4 BUrlG, dass der Urlaubsanspruch deshalb abzugelten ist, weil er wegen einer Erkrankung des Arbeitnehmers vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr durch Freizeitgewährung erfüllt werden konnte. Entgegen der für die Beklagte geäußerten Vorstellung macht das Bundesarbeitsgericht in seiner seit Jahrzehnten beständigen Rechtsprechung das Bestehen eines Urlaubsabgeltungsanspruches auch keinesfalls davon abhängig, ob der Arbeitnehmer bei Ausscheiden aus dem Betrieb arbeitsfähig war. Es kommt danach nicht punktuell auf die Arbeitsfähigkeit „bei“ Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis an, sondern auf die Arbeitsfähigkeit „nach“ dem Ausscheiden. So heißt schon in dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 14.05.1986 (8 AZR 604/84 – AP Nr. 26 zu § 7 BUrlG Abgeltung): „Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht als Surrogat des Urlaubsanspruchs mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von einer etwaigen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit ist er jedoch nicht erfüllbar.“ Der Abgeltungsanspruch entfällt nur dann, wenn in der Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Rest des Urlaubsjahres und gegebenenfalls für die Dauer des Übertragungszeitraumes gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG die Arbeitsfähigkeit nicht wieder hergestellt wird und deshalb der Urlaubsanspruch auch nicht durch Freizeitgewährung hätte erfüllt werden können. Dies hat das Bundesarbeitsgericht etwa in seinem Urteil vom 28.06.1984 (6 AZR 521/81 – AP Nr. 18 zu § 7 BUrlG Abgeltung) in den Leitsätzen pointiert deutlich gemacht: „1. Der Urlaubsabgeltungsanspruch als Surrogat des Urlaubsanspruchs nach dem BUrlG entsteht mit Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis. 2. Ist der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt und danach über das Ende des Urlaubsjahres hinaus und im Übertragungszeitraum arbeitsunfähig, besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Erfüllung dieses Anspruchs. 3. Endet nach Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis dessen Arbeitsunfähigkeit im Urlaubsjahr, für dass der Urlaubsanspruch entstanden ist, bzw. im Übertragungszeitraum so rechtzeitig, dass bei bestehendem Arbeitsverhältnis der Urlaub hätte verwirklicht werden können, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Gewährung der Urlaubsabgeltung (im Anschluss an die Senatsentscheidung vom 23.06.1983 – 6 AZR 180/80 – AP Nr. 14 zu § 7 BUrlG Abgeltung).“ Diese Grundsätze liegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes bis in die Gegenwart zu Grunde (z. B. Urteil vom 27.05.1997 – 9 AZR 337/95 – AP Nr. 74 zu § 7 BUrlG Abgeltung).

Wenn auch im Streitfall den Arbeitnehmer für die Erfüllbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruches die Darlegungs- und Beweislast trifft (BAG vom 27.05.1997 a. a. O.), so kann sein Anspruch hier nicht in Frage stehen, weil die Beklagte niemals behauptet hat, der Kläger sei über den 31. August 2000 hinaus für die gesamte Dauer des Urlaubsjahres und womöglich sogar für die Zeit des Übertragungszeitraumes arbeitsunfähig geblieben. Die Beklagte hat auch der Klarstellung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er sei nach dem Ausscheiden der Beklagten im September 2000 nur noch für eine Woche arbeitsunfähig gewesen und habe dann ein neues Arbeitsverhältnis begonnen, nicht widersprochen. Die rechtzeitige Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers vor Ablauf des Urlaubsjahres war also zwischen den Parteien unstreitig.

4. Insoweit die nach teilweiser Rücknahme verbliebene Berufung zurückgewiesen worden ist, hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels gemäß § 97 ZPO zu tragen. Hinsichtlich des zurückgenommenen Teils ergibt sich ihre Kostenpflicht aus § 515 Abs. 3 ZPO.

Gründe zur Zulassung der Revision bestehen nicht.

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