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Arbeitslosenhilfe – Berechnung der Höhe

BSG

Az: B 7 AL 84/00 R

Urteil vom 04.09.2001


Der 7. Senat des Bundessozialgerichts hat ohne mündliche Verhandlung am 4. September 2001 für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 26. September 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger unter Abänderung des Bescheids vom 5. Januar 1999 ab 1. April 1999 höhere Arbeitslosenhilfe zu zahlen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I

Der Kläger begehrt höhere Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 1. April 1999.

Der 1948 geborene, verheiratete Kläger ist Vater eines 1981 geborenen Kindes, für das 1999 Kindergeld gezahlt wurde; in seiner Steuerkarte war im Januar 1998 die Steuerklasse III eingetragen. Vom 1. April 1997 bis 31. März 1998 war der Kläger bei der Samtgemeinde R. beschäftigt (Monatsverdienst 2.733,38 DM); beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis waren alle Monate abgerechnet. Zum 1. April 1998 meldete sich der Kläger arbeitslos und bezog vom 1. April bis 2. August 1998 (bis zu einer Arbeitsaufnahme) und danach vom 1. September 1998 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 26. Oktober 1998 Arbeitslosengeld (Alg). Ab 27. Oktober 1998 bewilligte die Beklagte Alhi in Höhe von 283,36 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt in Höhe von 630,00 DM; erhöhter Leistungssatz – 57 %; Leistungsgruppe C – entsprechend Steuerklasse III).

Im Dezember 1998 wurde, nachdem die Ehefrau des Klägers ein Beschäftigungsverhältnis mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.014,00 DM (= im April 1999 netto 806,63 DM) aufgenommen hatte, auf die Steuerkarte des Klägers für das Jahr 1999 die Steuerklasse V und auf die Steuerkarte der Ehefrau die Steuerklasse III eingetragen. Im Hinblick auf diese Änderung der Lohnsteuerklasse setzte die Beklagte die Alhi ab 1. Januar 1999 unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe D (entsprechend Steuerklasse V) auf wöchentlich 171,22 DM fest (bestandskräftiger Bescheid vom 5. Januar 1999). Mit Wirkung zum 1. April 1999 nahmen der Kläger und seine Ehefrau einen Steuerklassenwechsel vor (beide Steuerklasse IV). Die Beklagte lehnte jedoch die Zahlung höherer Alhi (im Hinblick auf diesen Steuerklassenwechsel) ab, weil die Voraussetzungen des § 137 Abs 4 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) nicht erfüllt seien; denn die neu eingetragenen Steuerklassen entsprächen nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte, dem vielmehr nur die günstigste Steuerklassenkombination III (für den Kläger) und V (für die Ehefrau) gerecht werde (Bescheid vom 17. März 1999; Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 1999).

Die Klage hatte Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 28. Dezember 1999). Zur Begründung seiner – die Berufung der Beklagten zurückweisenden – Entscheidung (Urteil des Landessozialgerichts vom 26. September 2000) hat das LSG ausgeführt, zutreffend habe das SG die Beklagte zur Gewährung von Alhi in Höhe von 241,15 DM wöchentlich verurteilt. Die Beklagte habe es zu Unrecht abgelehnt, den Steuerklassenwechsel zu berücksichtigen. Ausgehend von dem vom Kläger zuletzt vor Eintritt der Arbeitslosigkeit und der Entstehung des Alg-Anspruchs erzielten monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 2.733,38 DM und dem von seiner Frau im April 1999 erzielten Entgelt in Höhe von 1.014 DM brutto monatlich, ergebe sich zwar bei der Wahl der Lohnsteuerklasse III(Kläger)/V(Ehefrau), wenn das früher vom Kläger erzielte Entgelt zu versteuern wäre, der geringste Steuerabzug. Die Wahl der Steuerklassenkombination IV/IV hätte aber ebenfalls einen geringeren Lohnsteuerabzug als die zuvor gewählte Kombination V(Kläger)/III(Ehefrau) zur Folge, so daß auch die Kombination IV/IV dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte iS des § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB III entspreche. Nach Sinn und Zweck der Regelung könne nicht verlangt werden, daß der Kläger die günstigste Steuerklasse wähle.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 137 Abs 4 Satz 1 SGB III. Sie ist der Ansicht, eine neue Steuerklassenkombination nach einem Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten entspreche iS des § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB III nur dann dem Verhältnis der – zu vergleichenden – Arbeitsentgelte beider Ehegatten, wenn – wie zum früheren § 113 Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom Bundessozialgericht (BSG) entschieden – die neu eingetragenen Steuerklassen den geringsten gemeinsamen Lohnsteuerabzug aus beiden zu vergleichenden Entgelten zur Folge hätten. Die zu § 113 Abs 2 AFG entwickelte Rechtsprechung sei auch für die Auslegung des § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB III beachtlich, weil der Gesetzgeber den Wortlaut des früheren § 113 Abs 2 Satz 2 AFG im wesentlichen unverändert übernommen habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG und den Gerichtsbescheid des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Beklagte verurteilt wird, ihm unter Abänderung des Bescheids vom 5. Januar 1999 ab 1. April 1999 höhere Alhi zu zahlen.

Er ist der Ansicht, das LSG habe in der Sache richtig entschieden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ).

II

Die Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Der Kläger hat ab 1. April 1999 dem Grunde nach (§ 130 SGG) Anspruch auf höhere Alhi.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, nachdem der Kläger zulässigerweise im Revisionsverfahren den Klageantrag beschränkt hat (§§ 165, 153 Abs 1, 99 Abs 3 Nr 2 SGG), ein Anspruch auf höhere Alhi dem Grunde nach; insoweit wendet sich der Kläger mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4, 56 SGG) gegen den Bescheid vom 17. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juni 1999, mit dem die Beklagte die Abänderung des bestandskräftigen Bescheids vom 5. Januar 1999 und die Leistung einer höheren Alhi ab 1. April 1999 bis zum Ende des Bewilligungszeitraums (wohl bis 26. Oktober 1999) abgelehnt hat. Daß die Beklagte verpflichtet wird, diesen Bescheid vom 5. Januar 1999 selbst aufzuheben, soweit er höhere Leistungen ablehnt, steht einer Anwendung des auch im Höhenstreit grundsätzlich anwendbaren § 130 SGG (BSG SozR 2200 § 1241 Nr 22 S 78) nach dessen Sinn und Zweck (Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Gerichte) nicht entgegen.

Jedenfalls im Monat April 1999 waren nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen im Urteil des LSG alle Voraussetzungen für die Abänderung des Bescheids vom 5. Januar 1999 und die Zahlung einer höheren Alhi erfüllt; ob dies auch in den Folgemonaten der Fall war, bzw wie lange ein Anspruch auf höhere Leistung besteht, bedarf im Hinblick auf den eingeschränkten Klageantrag keiner Prüfung.

Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Dies ist vorliegend ab 1. April 1999 der Fall. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Gewährung von Alhi (§§ 190 Abs 1 und 2, 192, 193 SGB III); die Beklagte hat die Zahlung höherer Alhi unter Verstoß gegen § 195 SGB III (hier idF des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 – BGBl I 2970) abgelehnt. Danach beträgt die Alhi für Arbeitslose, die beim Alg die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen (ua Arbeitslose, die mindestens ein Kind iS des § 32 Abs 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben) 57 % des Leistungsentgelts; dieses vermindert sich jedoch um das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG hat der Kläger weder eigenes Einkommen noch Vermögen; auch seine Ehefrau besitzt kein zu berücksichtigendes Vermögen, und das von ihr im April 1999 erzielte Einkommen liegt unter der Freibetragsgrenze des § 194 Abs 1 Satz 2 SGB III (hier idF, die § 194 durch das 1. SGB III-Änderungsgesetz erhalten hat). Die Beklagte hat zwar zu Recht bei der Ermittlung des Leistungsentgelts ein Bemessungsentgelt von 630,00 DM zugrunde gelegt (§ 198 Satz 2 Nr 4 SGB III iVm §§ 136, 132 SGB III), das zum 1. April 1999 nicht anzupassen war (§ 201 SGB III; vgl dazu auch BSG SozR 3-4100 § 136 Nr 10); sie hat aber den Leistungssatz (57 % des Leistungsentgelts) aus einem zu niedrigen Leistungsentgelt (§ 136 Abs 1 SGB III, hier idF, die § 136 durch das 1. SGB III-Änderungsgesetz erhalten hat) errechnet.

Leistungsentgelt ist das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt; das Leistungsentgelt ist dabei nicht individuell zu ermitteln, sondern wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung mittels Rechtsverordnung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben zu den gewöhnlich anfallenden Entgeltabzügen (§ 136 Abs 2 SGB III) jeweils für ein Kalenderjahr bestimmt (§ 151 Abs 2 Nr 2 SGB III iVm § 198 Satz 2 Nr 4 SGB III). Entgeltabzüge iS des § 136 Abs 1 SGB III sind ua die Steuern; insoweit richtet sich die als gewöhnlicher Abzug zugrunde zu legende Steuer nach der Leistungsgruppe, der der Arbeitslose zuzuordnen ist (§ 137 Abs 1 SGB III). Die Zuordnung zur Leistungsgruppe bestimmt sich nach der auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuerklasse (Leistungsgruppe A für Lohnsteuerklasse I oder IV; Leistungsgruppe B für Lohnsteuerklasse II; Leistungsgruppe C ua für Lohnsteuerklasse III; Leistungsgruppe D für Lohnsteuerklasse V; Leistungsgruppe E für Lohnsteuerklasse VI), wobei grundsätzlich die Lohnsteuerklasse maßgeblich ist, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war (§ 137 Abs 3 Satz 1 SGB III). Im Hinblick darauf, daß der Anspruch auf Alg und auf (Anschluß-)Alhi als einheitlicher Anspruch auf Entgeltersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit gelten (§ 198 Satz 1 SGB III), ist damit zunächst grundsätzlich auf die in der Lohnsteuerkarte eingetragene Steuerklasse zu Beginn des Jahres abzustellen, in dem der Alg-Anspruch entstanden ist (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 8 S 49).

Allerdings sind sowohl ein Steuerklassenwechsel zwischen Ehegatten (vgl hierzu BSGE 52, 227, 230 ff = SozR 4100 § 113 Nr 2; BSGE 61, 45, 49 = SozR 4100 § 113 Nr 5 S 29) – wie vorliegend zum 1. April 1999 – als auch eine Änderung auf den für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarten der Ehegatten (§ 137 Abs 4 Satz 3 iVm Abs 3 Satz 3 SGB III; vgl dazu BR-Drucks 503/92 S 23 zu § 113 AFG) nach § 137 Abs 4 Satz 1 SGB III von dem Tage an zu berücksichtigen, an dem die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen wirksam werden, wenn

1. die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten entsprechen oder

2. sich aufgrund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen eine Alhi ergibt, die geringer ist als die Alhi, die sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklasse ergäbe.

Nach § 137 Abs 4 Satz 2 SGB III bleibt ein Ausfall des Arbeitsentgelts, der den Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Entgeltersatzleistung – wie die Alhi (§ 3 Nr 2 EStG) – begründet, bei der Beurteilung des Verhältnisses der monatlichen Arbeitsentgelte außer Betracht. Vorliegend ist deshalb, weil Nr 2 nicht eingreift, auf das Arbeitsentgelt des Klägers in Höhe von 2.733,38 DM vor der Arbeitslosigkeit und dem Alg-Bezug (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 3 S 18 ff; SozR 3-4100 § 113 Nr 1 S 6) und das Arbeitsentgelt seiner Ehefrau am Tage des Eintritts der Steuerklassenänderung (vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 7), also zum 1. April 1999, abzustellen. Soweit es den Kläger betrifft, ist er also so zu stellen, als ob er das der Entgeltersatzleistung „zugrundeliegende“ Entgelt weiter erzielen würde (BSG SozR 4100 § 113 Nr 3 S 20); auf die Höhe des Zwischenverdienstes im August 1998 (837,50 DM) kommt es nicht an.

Entgegen der Ansicht der Beklagten führt der zum 1. April 1999 vorgenommene Wechsel der Steuerklasse dazu, daß dem Kläger Alhi nach der Steuerklasse IV und damit nach der Leistungsgruppe A zu zahlen ist; denn die vom Kläger und seiner Ehefrau gewählte Lohnsteuerklassenkombination IV/IV entsprach iS des § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB III dem Verhältnis ihrer monatlichen Arbeitsentgelte (2.733,38 DM für den Kläger gegenüber 1.014,00 DM gegenüber der Ehefrau). Unter Berücksichtigung der jährlich vom Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder herausgegebenen Tabellen zur Steuerklassenwahl (vgl die bei Gagel, SGB III, Stand 1. März 2001, unter RdNr 60 zu § 137 abgedruckten Tabellen für das Jahr 1999) würde die bis März 1999 eingetragene, aber nach § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III zu berücksichtigende Steuerklassenkombination (V für den Kläger/III für die Ehefrau) nach dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte beider Ehegatten, wenn der Kläger das zuletzt vor Entstehung des Anspruchs auf Alg und Beginn der Arbeitslosigkeit gezahlte Arbeitsentgelt weiterhin bezöge, zu dem höchsten denkbaren gemeinsamen Lohnsteuerabzug führen; der Wechsel zu den Steuerklassen IV hätte demgegenüber einen geringeren gemeinsamen Lohnsteuerabzug zur Folge, wenn auch nicht den geringsten; dieser könnte nur bei einer Wahl der Steuerklasse III für den Kläger/Steuerklasse V für seine Ehefrau erzielt werden.

Auch wenn bei der Steuerklassenwahl – wie unter Geltung des § 113 Abs 2 AFG – eine Zweckmäßigkeitsprüfung (bei zwei Arbeitsentgelten) bzw eine Tunlichkeitsprüfung (bei lohnsteuerfreier Entgeltersatzleistung für einen oder beide Ehegatten; vgl BSG SozR 4100 § 113 Nr 3 S 20) erforderlich ist, kann entgegen der früheren zu § 113 AFG ergangenen Rechtsprechung des BSG nicht (mehr) gefordert werden, daß die gewählte Steuerklassenkombination zum „geringsten“ gemeinsamen Lohnersteuerabzug führt bzw führen würde (vgl hierzu BSG SozR 4100 § 113 Nr 7 S 44). Nach Sinn und Zweck der Neuregelung reicht es jedenfalls aus, daß die neu gewählte Steuerklassenkombination zu einem geringeren gemeinsamen Lohnsteuerabzug führt bzw ohne die Entgeltersatzleistung führen würde als die bisherige Kombination; auch dann „entsprechen“ – in einem relativen Sinn – die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis des monatlichen Arbeitsentgelts beider Ehegatten. Denn die Regelung des § 137 Abs 4 SGB III verfolgt erkennbar ein anderes Ziel als der frühere § 113 Abs 2 AFG (vgl zur Entwicklung der Vorschrift BSG SozR 4100 § 113 Nr 6 S 36 ff). § 113 Abs 2 AFG sollte nicht nur Manipulationen verhindern, sondern ungeachtet des damit verbundenen erhöhten Verwaltungsaufwands die Alg/Alhi-Berechnung nach der Steuerklasse ermöglichen, die dem Verhältnis der Arbeitsentgelte der Ehepartner zum Zeitpunkt des Steuerklassenwechsels entsprach. Das Arbeitsamt war daher bei einem Steuerklassenwechsel immer verpflichtet, die materielle Richtigkeit der Steuerklassenwahl im einzelnen zu überprüfen und auch das Alg nach dem Ergebnis dieser Prüfung zu berechnen (BSG SozR 4100 § 113 Nr 11 S 65). § 137 Abs 4 Satz 1 SGB III verfolgt demgegenüber (nur noch) das Ziel, Manipulationen zu Lasten der Arbeitslosenversicherung zu verhindern (BT-Drucks 13/4941 S 179); aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität wird nunmehr jeder Wechsel der Lohnsteuerklasse akzeptiert, der zu einer niedrigeren Leistung führt (§ 137 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III), weil darin ohnedies keine Manipulation zu Lasten der Arbeitslosenversicherung liegen kann. Demgegenüber mußte bei der Leistungsberechnung nach dem früheren § 113 Abs 2 AFG trotz eines nicht gebotenen (steuerlich unzweckmäßigen bzw bei Entgeltersatzleistungen arbeitsförderungsrechtlich untunlichen) Steuerklassenwechsels die „richtige“ Steuerklasse nicht nur zu Lasten des Arbeitslosen, sondern auch zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Gerade dies ist in § 137 Abs 4 SGB III nicht mehr vorgesehen. Schon deshalb kann die frühere Auslegung des § 113 Abs 2 AFG nicht auf die Beurteilung der Voraussetzungen des § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 1 SGB III übertragen werden. Vielmehr muß es nach dieser Vorschrift iVm den Zielvorstellungen des Gesetzgebers genügen, daß die Ehegatten gegenüber der früheren Steuerklassenkombination die nach dem Verhältnis der Arbeitsentgelte günstigere, wenn auch nicht die günstigste gewählt haben. Denn eine Manipulationsgefahr kann insoweit nicht bestehen; vielmehr entspricht die vorgenannte Auslegung sogar dem in § 137 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGB III erkennbaren Grundsatz, jeweils die Steuerklassenwahl zu akzeptieren, aus der sich eine geringere Leistungshöhe ergibt. Wenn nur Manipulationen verhindert werden sollen, ist kein Grund ersichtlich, den Arbeitslosen auf die günstigste Wahl zu verpflichten bzw ihn an die im Hinblick auf die Arbeitsentgelte ungünstigere Steuerklassenkombination zu binden. Auch die Wahl der Steuerklassenkombination IV/IV trägt dem Verhältnis der monatlichen Arbeitsentgelte Rechnung und entspricht diesem Verhältnis, weil sie ohne den Arbeitsentgeltausfall des Klägers zu einem geringeren gemeinsamen Lohnsteuerabzug geführt hätte als die früher gewählte Kombination V/III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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