Landessozialgericht NRW
Az.: L 12 (9) AL 270/03
Vorinstanz: Sozialgericht Münster, S 3 (2) AL 78/01
Das LSG NRW hat auf die mündliche Verhandlung vom XXX für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 26.11.2003 wird
zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit vom 29.03.2001 bis 20.06.2001, die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für diese Zeit und über einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.267,86 DM.
Die Klägerin bezog ab 03.09.1996 Arbeitslosenhilfe im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld. Die letzte Bewilligung erfolgte für den Bewilligungsabschnitt vom 03.09.2000 bis 02.09.2001. Am 21.03.2001 schlug die Beklagte der Klägerin eine Tätigkeit als Bürokauffrau bei der Zeitarbeitsfirma U GmbH vor. Die weitere Stellenbeschreibung lautete: Protokollführen bei Telefonaten und Besprechungen. Sie enthielt den Hinweis auf eine Übernahmemöglichkeit durch den Beschäftigungsbetrieb.
Mit Schreiben vom 29.03.2001 teilte U der Beklagten mit, dass die Klägerin abgesagt habe, da Dienstleistungen ZA Ausbeutung seien. Nach einem Vermerk der Beklagten machte die Klägerin gesundheitliche Gründe geltend. Eine von der Klägerin unterschriebene Erklärung zu dem Stellenangebot findet sich nicht in den Akten.
Durch Bescheid vom 26.04.2001 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 29.03. bis 20.06.2001 fest, hob die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für diese Zeit auf und verlangte die Erstattung des bereits gezahlten Betrages in Höhe von 1.267,86 DM.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie führte zur Begründung aus: Frau B von U habe ihr den Vorwurf gemacht, dass sie seit 1994 keine Arbeit habe und es wohl einen Grund dafür gebe. Sie habe ihr gesagt, dass sie mit ihr so nicht reden könne und dass sie nicht jede Arbeit tun könne. Frau B habe gesagt, dass sie das aber müsse. Sie habe sie dahingehend korrigiert, dass sie nur jede zumutbare Arbeit annehmen müsse. Über die Stelle als Bürokauffrau habe Frau B dann nicht mehr mit ihr reden mögen. Sie habe dies dem Arbeitsamt am 26.03.2001 mitgeteilt. Am Tag der Vorstellung habe sie auch starke Hüftschmerzen gehabt. Dies habe Frau B auch mitbekommen. Die von U erwähnte Bemerkung habe sie nicht gemacht.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 05.07.2001 zurück. Sie führte zur Begründung aus: Dass die Klägerin habe das Arbeitsangebot nicht angenommen, obwohl sie mit Schreiben vom 21.03.2001 über die Rechtsfolgen belehrt worden sei. Einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) habe sie nicht vorgetragen und ein solcher sei auch nicht erkennbar. Die angebotene Tätigkeit habe der Qualifikation der Klägerin entsprochen und die Entlohnung den tariflichen Bedingungen. Gesundheitliche Gründe könnten nicht als wichtiger Grund anerkannt werden, da die Firma U bereit gewesen sei, hierauf Rücksicht zu nehmen. Der eigentliche Grund für die Ablehnung, der auch der Arbeitsvermittlung gegenüber geltend gemacht worden sei, sei vielmehr, dass die Klägerin Dienstleistungen bei Zeitarbeitsfirmen als Ausbeutung ansehe und aus diesem Grunde nicht bei der Firma arbeiten wollte. Dies treffe jedoch nicht zu. Das Stellenangebot habe vielmehr den Vermittlungsgrundsätzen entsprochen. Durch den Eintritt der Sperrzeit sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Aufgrund der Rechtsfolgenbelehrung, die der Klägerin mit dem Arbeitsangebot erteilt worden sei, hätte sie wissen müssen oder zumindest leicht erkennen können, dass eine wesentliche Änderung im Sinne der Vorschriften dadurch eingetreten sei, dass der Anspruch auf Leistungen wegen des Eintritts einer Sperrzeit ruhe. Die Entscheidung über die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe sei somit vom 29.03.2001 bis 20.06.2001 aufzuheben gewesen. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 50 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Höhe der Forderung von 1.267,86 DM errechne sich aus den Zahlungen im streitigen Zeitraum vom 29.03. bis 30.04.2001.
Dagegen hat die Klägerin am 19.07.2001 vor dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass die erhobenen Vorwürfe falsch seien. Sie habe die angebotene Arbeit nicht abgelehnt. Sonst wäre sie erst gar nicht dort hingegangen. Sie habe die vom Arbeitsamt vorgeschlagene Stelle schon zuvor durch die Westfälischen Nachrichten angeschrieben gehabt und eine Absage wegen fehlender medizinischer Terminologie bekommen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Klägerin erklärt, dass bei der Firma U überhaupt keine Stelle für sie vorhanden gewesen sei. Die Klägerin hat sich hierbei auf ein Arbeitsangebot vom 05.07.2001 bezogen. An ein Arbeitsangebot als Kauffrau könne sie sich nicht erinnern.
Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid vom 26.04.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2001 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das SG hat Frau B von der Firma U als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.11.2003 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 26.11.2003 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung folgendes ausgeführt: „Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 29.03. bis 20.06.2001 aufgehoben. Gegenüber den Verhältnissen, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Leistung bestanden haben, war nämlich eine wesentliche Änderung eingetreten durch den Eintritt einer Sperrzeit für diesen Zeitraum. Die Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III liegen nach der Überzeugung des Gerichts vor. Die Klägerin hat sich bei der Vorstellung bei der Firma U in einer Art und Weise verhalten, woraus zu entnehmen war, dass sie diese Tätigkeit nicht aufnehmen wollte. Zumindest war ihr Verhalten der Art, dass sie dadurch verhindert hat, dass es zum Abschluss eines Arbeitsvertrages kam. Zur Überzeugung des Gerichts hat die Zeugin ausgesagt, dass es tatsächlich eine Stelle als Schreibkraft gab und sie auch durchaus an der Klägerin interessiert war, da sie die entsprechenden Qualifikationen vorweisen konnte. Sie hat gegenüber der Zeugin zum Ausdruck gebracht, dass sie unter den Bedingungen von Zeitarbeit nicht arbeiten wolle. Eine wirkliche Klärung der Arbeitsbedingungen ist diesem Gespräch nicht gelungen. Die Kammer hält die Aussage der Zeugin auch für glaubwürdig. Es gibt keinen erkennbaren Grund, warum die Zeugin etwas Falsches aussagen sollte. An dem Ausgang dieses Rechtsstreits hat sie keinerlei Interesse. Sie wirkte auch ruhig und ohne jegliche Aggressionen gegen die Klägerin. Dass das Gespräch in der Art abgelaufen ist, wie die Zeugin es geschildert hat, ist für das Gericht aufgrund der mündlichen Verhandlung auch ohne weiteres nachvollziehbar. Ein wichtiger Grund für dieses Verhalten der Klägerin ist für das Gericht nicht erkennbar. Da die Klägerin auch noch im Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass sie durchaus an einer solchen Stelle interessiert gewesen wäre, kann es einen wichtigen Grund für die Ablehnung nicht geben. Das Gericht vermag auch keine besondere Härte im Sinne des § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III erkennen. Die Beklagte war auch berechtigt, die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab Beginn der Sperrzeit, also ab Änderung der Verhältnisse, aufzuheben. Die Klägerin musste aufgrund des von der Zeugin geschilderten Verhaltens und aufgrund des Ablaufs des Gespräches davon ausgehen, dass sie den Abschluss eines Arbeitsvertrages vereitelt hatte. Aufgrund der Rechtsfolgenbelehrung in dem Arbeitsangebot musste sie auch damit rechnen, dass es zum Eintritt einer Sperrzeit kommen würde. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X liegen damit vor. Die Erstattungspflicht ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.“
Das Urteil ist der Klägerin am 09.12.2003 zugestellt worden. Am 29.12.2003 (Eingang SG Münster) hat sie dagegen Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie erneut geltend, dass das Vorstellungsgespräch anders als von der Zeugin geschildert abgelaufen sei. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 29.12.2003 wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 26.11.2003 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat Frau Martina B nochmals als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 26.05.2004 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 26.04.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2001 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit vom 29.03.2001 bis 20.06.2001 festgestellt und sie durfte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für diesen Zeitraum aufheben. Die Klägerin ist verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 1.267,86 DM (648,25 Euro) zu erstatten.
Nach Würdigung des gesamten Ergebnisses des Verfahrens und insbesondere der weiteren Aussage der Zeugin B ist auch der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin eine ihr angebotene zumutbare Beschäftigung nicht angenommen hat (§ 144 Abs. 1 Nr. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung). Erschließt sich deshalb in der rechtlichen Würdigung dem Urteil des SG vom 26.11.2003 an. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe gem. § 153 Abs. 2 SGG ab.
Die Zeugin hat ihre Aussage vor dem SG nochmals bestätigt und deutlich dargelegt, dass das Vorstellungsgespräch sicher nicht so abgelaufen ist, wie es von der Klägerin dargestellt wird. Der Senat hat auch keine Zweifel, dass die angebotene Tätigkeit der Klägerin zumutbar war, denn nach Aussage der Zeugin handelte es sich um keine schwere körperliche Arbeit. Die Aussage ist glaubhaft, selbst wenn sie im Detail Ungenauigkeiten aufweist. Dies ist in Anbetracht der seit dem Gespräch vergangenen Zeit nicht ungewöhnlich. Die Aussage entspricht im Wesentlichen dem, was die Klägerin zeitnah der Beklagten schriftlich mitgeteilt hatte. Aufgrund des von der Zeugin gewonnen persönlichen Eindrucks hat der Senat auch keinerlei Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin. Ein Motiv der Zeugin für eine Falschaussage ist nicht im Ansatz erkennbar.
Vorliegend ist schließlich auch von der grundsätzlichen Zumutbarkeit eines Leiharbeitsverhältnisses auszugehen, denn die Klägerin ist immerhin seit 1994 nahezu durchgehend arbeitslos (vgl. BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 7).
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.