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Arbeitsunfall in Tierklinik – Haftung

Hessisches Landesarbeitsgericht

Az.: 13 Sa 2141/08

Urteil vom 14.07.2009

zur Zeit BAG, Az: 8 AZN 884/09


Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. September 2008 – 16 Ca 517/08 – wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung eines Schmerzensgeldes und die Feststellung, dass die Beklagten auch zukünftig zu Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlungen verpflichtet sind, die aus einem Unfall in der Tierarztklinik des Beklagten zu 1) am 05. August 2006 herrühren.

Dort war die am 21. März 1990 geborene Klägerin als Hilfstierpflegerin von einem Kater, der untersucht und kastriert werden sollte, in die linke Hand gebissen worden. Eine Infektion verkomplizierte die Verletzung. Der Klägerin wurde deshalb am 27. März 2007 eine Prothese des linken Mittelfingergrundgelenks eingesetzt. Die Klägerin leidet heute noch erheblich unter den Folgen der Bissverletzung. Wegen des weiteren streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug einschließlich der dort gestellten Anträge wird zur Vermeidung und Wiederholungen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen (Bl. 104 – Bl. 107 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 16. September 2008 abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, bei dem eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2) als Urlaubsvertretung des Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 1) nur in Fällen vorsätzlichen Handelns infrage komme. Den Beklagten zu 1) und 2) sei aber kein Schädigungsvorsatz nachzuweisen. Wegen der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 104 – Bl. 110 d. A.).

Gegen dieses der Klägerin am 05. November 2008 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 05. Dezember 2008 beim erkennenden Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05. Februar 2009 mit einem am 05. Februar 2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie ist der Ansicht, die Beklagten hätten den Katzenbiss am 05. August 2006 einschließlich der sich daraus ergebenden Verletzungsfolgen billigend in Kauf genommen. Jeder Tierarzt müsse wissen, dass Katzen bei tierärztlicher Behandlung renitent reagieren können und deshalb entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen sind (Schutzhandschuhe, Quetschkasten).

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. September 2008 – 16 Ca 517/08 – abzuändern und,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen, welches einen Betrag 50.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte;

2. festzustellen, dass die Beklagten ihr sämtlichen Schaden und zukünftiges Schmerzensgeld zu ersetzen bzw. zu zahlen haben, die ihr aus dem Unfall vom 05. August 2006 in der Tierarztklinik des Beklagten zu 1) zustehen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil und sind weiter der Ansicht, ein Vorsatz, auch in Form des bedingten Vorsatzes, habe bei dem Unfall vom 05. August 2006 nicht vorgelegen. Sie hätten gerade nicht billigend in Kauf genommen, dass die Klägerin von dem renitenten Kater gebissen würde und die sich ergebenden Verletzungsfolgen erdulden müsse.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift der Berufungsverhandlung vom 14. Juli 2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß den §§ 8 Abs. 2 ArbGG; 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 ArbGG) keinen Bedenken. Sie ist nach Maßgabe der im Tatbestand mitgeteilten Daten form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG; 517, 519, 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

In der Sache ist die Berufung erfolglos.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Der Klägerin steht weder ein Schmerzensgeld, noch die begehrte Feststellung des Ersatzes zukünftigen Schadens bzw. die Zahlung weiteren Schmerzensgeldes zu. Ihrem Begehren steht § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII entgegen, der bei Arbeitsunfällen, wie dem hier vorliegenden, dem geschädigten Arbeitnehmer nur dann einen Schadensersatz – bzw. Schmerzensgeldanspruch unmittelbar gegen den Arbeitgeber zubilligt, wenn dieser den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Der Grund dieser Haftungsbeschränkung ist, dass an die Stelle der privatrechtlichen Haftung bei Arbeitsunfällen die sozialversicherungsrechtliche Gesamthaftung der Berufsgenossenschaft tritt. Dadurch steht dem Geschädigten einerseits stets ein solventer Anspruchsverpflichteter zur Verfügung, andererseits werden Konfliktsituationen im Betrieb durch zivilrechtliche Haftungsfragen vermieden. Obwohl dadurch auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld ausgeschlossen ist und die gesetzliche Unfallversicherung dies nur teilweise kompensiert, ist diese zivilrechtliche Haftungsbeschränkung verfassungskonform (vgl. z. B. BAG vom 19. August 2004, AP Nr. 4 zu § 104 SGB VII m. w. N.). All dies hat das Arbeitsgericht bereits ausführlich dargelegt. Die erkennende Kammer macht sich die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts aus diesem Grunde zu Eigen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie (Bl. 108 – Bl. 110 d. A.).

Ergänzend und im Hinblick auf das zweitinstanzliche Vorbringen der Parteien sei noch kurz auf folgendes hingewiesen:

Bei allem Verständnis für die persönliche Situation der Klägerin kann auch die Berufungskammer nicht erkennen, dass die Beklagten mit bedingtem Vorsatz gehandelt hätten, als sie, genauer: die Beklagte zu 2), der Klägerin am 05. August 2006 die nach ihrem Vortrag vorliegende Anweisung gegeben hat, den widerspenstigen Kater zu fangen. Die Beklagten mussten zwar davon ausgehen, dass es beim Fangen eines renitenten Tieres in einer Tierklinik durchaus zu Verletzungen kommen kann. Sie nahmen aber offenkundig nicht billigend in Kauf, dass sich die Klägerin in derartiger Weise verletzen und einen solchen Schaden davontragen würde.

Den Beklagten kann allenfalls bewusste Fahrlässigkeit vorgehalten werden, die vorliegt, wenn der Handelnde darauf vertraut, dass der für möglich gehaltene Schaden gerade nicht eintreten werde. Bei fahrlässigem Handeln im Rahmen eines Arbeitsunfalls greift aber das Haftungsprivileg des § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wie das Arbeitsgericht schon dargelegt hat.

Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) ist nicht ersichtlich.

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