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Arbeitsvermittlungsgutschein – Wer zahlt?

SOZIALGERICHT DUISBURG

Az.: S 12 AI 147/02

Verkündet am 19.11.2002


In dem Rechtsstreit hat die 12. Kammer des Sozialgerichts Duisburg auf die mündliche Verhandlung vom 19.11.2002 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Erfüllung aus einem Vermittlungsgutschein. Der Kläger betreibt ein am 10.05.2002 angemeldetes Gewerbe zur privaten Arbeitsvermittlung. Die Beklagte stellte dem Arbeitsuchenden (S.), der zu diesem Zwecke zusammen mit dem Kläger vorsprach, am 13.05.2002 einen Vermittlungsgutschein über 1.500,– Euro aus. Ebenfalls am 13.05.2002 begehrte der Kläger die Auszahlung der Vergütung aufgrund dieses Vermittlungsgutscheines unter Vorlage eines ihm vermittelten Arbeitsvertrages zwischen S. und einer P, der zum 01.06.2002 beginnen sollte.

Mit Bescheid vom 15.05.2002 und Widerspruchsbescheid vom 14.06.2002 lehnte die Beklagte die Zahlung der Vergütung an den Kläger im wesentlichen mit der Begründung ab, der Vermittlungsauftrag sei nicht vor dem Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses erteilt worden. Der Antrag auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheines sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, als S. und die Arbeitgeberin bereits zumindest mündlich eine Übereinkunft über das Zustandekommen des Arbeitsvertrages getroffen hätten. Es komme insoweit nicht darauf an, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag erst danach unterzeichnet

worden sei.

Die Einschaltung des Klägers habe auch nicht zur tatsächlichen Aufnahme einer Sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden geführt. S. habe das Beschäftigungsverhältnis nämlich tatsächlich nicht angetreten.

Zur Begründung seiner am 25.06.2002 erhobenen Klage meint der Kläger, alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt zu haben, um einen Anspruch auf Vergütung gegen die Beklagte wegen Vermittlung des S. in ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu haben. Es sei zwar richtig, dass S. die Stelle nicht angetreten habe, das falle aber nicht in seinen Verantwortungsbereich.

Es sei auch nicht richtig, dass S. und die Arbeitgeberin eine mündliche Übereinkunft über das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses getroffen hätten. Dies sei nicht möglich gewesen, da die Arbeitgeberin ihn mit allen schriftlichen und mündlichen Aufgaben, die in Verbindung mit einem Arbeitsvertrag stünden, beauftragt habe.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheide vom 15.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2002 zu verurteilen, an ihn 1.000,– Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die angefochtenen Bescheide aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen für rechtmäßig und meint im übrigen, für das Begehren des Klägers fehle es an einer Rechtsgrundlage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen aus dem für S. ausgestellten Vermittlungsgutschein.

Dem Begehren des Klägers fehlt eine Rechtsgrundlage. Das Gesetz sieht keinen unmittelbaren Anspruch des Arbeitsvermittlers gegen die Beklagte auf Erfüllung aus einem Vermittlungsgutschein vor.

Das Gesetz regelt in § 296 SGB III das Verhältnis zwischen dem Vermittler und einem Arbeitsuchenden und in § 421 g SGB III das Verhältnis des Arbeitsuchenden zur Beklagten im Zusammenhang mit dem Vermittlungsgutschein. Nach § 421 g Abs. 1 S. 1 SGB III haben Arbeitnehmer unter den dort näher genannten, von S, hier erfüllten Voraussetzungen, Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein. Gem. § 421 g Abs.1 S. 2 SGB III verpflichtet sich das Arbeitsamt mit dem Vermittlungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen. Mit dieser Vorschrift ist ein Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und der Beklagten geregelt, nämlich die Verpflichtung der Beklagten auf Erfüllung eines Vergütungsanspruchs eines Vermittlers gegen den Arbeitnehmer. Die Beklagte bewirkt als Dritter „an Stelle des Arbeitsuchenden die zu leistende Schuld (Rademachen in GK-SGB III, Kommentar, § 421’g RdNr 25). Den Vergütungsanspruch hat der Vermittler nur gegenüber dem Arbeitnehmer (Schlegelin Hennig, SGB III, Kommentar, § 421 g RdNr 27). Das folgt aus § 296 SGB III, in dessen Absatz 1 zunächst geregelt ist, das und wie ein Vertrag über die private Arbeitsvermittlung zwischen dem Vermittler und dem Arbeitsuchenden zustande kommt. Dass der Arbeitsuchende zur Zahlung der Vergütung an den Vermittler verpflichtet ist, folgt unmittelbar aus § 296 Abs. 2 SGB III, dessen Satz 1 dies unmittelbar ausspricht und mit der Bedingung verknüpft, dass dies nur der Fall ist, wenn infolge der Vermittlung des Vermittlers der Arbeitsvertrag zustande gekommen ist. Auch die Regelung in Satz 2, wonach der Vermittler keine Vorschüsse auf die Vergütung verlangen oder entgegen nehmen darf, regelt unmittelbar das Rechtsverhältnis zwischen Vermittler und Arbeitsuchendem. In § 296 Abs. 4 SGB III ist die Bedeutung des Vermittlungsgutscheins im Verhältnis zwischen Arbeitsuchenden und Vermittler geregelt. Danach kann ein Arbeitsuchender, der dem Vermittler einen Vermittlungsschein vorlegt, die Vermittlung abweichend von § 266 BGB in Teilbeträgen zahlen (§ 296 Abs. 4 S. 1 SGB III). Die Vergütung ist nach Vorlage des Vermittlungsgutscheines bis zu dem Zeitpunkt gestundet, in dem das Arbeitsamt nach Maßgabe von § 421 g SGB III gezahlt hat (Satz 2). Aus § 296 Abs. 4 SGB III folgt unmittelbar, dass Schuldner des Vergütungsanspruchs aus dem Vermittlungsvertrag der Arbeitsuchende bleibt. Der Vermittlungsgutschein berechtigt den Arbeitsuchenden lediglich zur Teilzahlung. Die Vorlage des Vermittlungsgutscheines löst nach § 296 Abs. 4 S. 2 SGB III eine Stundung des Vergütungsanspruchs des Vermittlers gegenüber dem Arbeitsuchenden Kraft Gesetzes aus.

Zwar wird nach § 421 g Abs. 2 S. 4 SGB III die Leistung unmittelbar an den Vermittler gezahlt. Gleichwohl begründet der Vermittlungsgutschein nur eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Arbeitslosen. Der Vermittler erwirbt hierdurch keine eigenen Ansprüche gegen die Beklagte. Nur der frühere Arbeitsuchende, nicht der Privatvermittler hat aufgrund der im Vermittlungsgutschein verlautbarten öffentlich rechtlichen Erklärung bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Zahlung des vom Arbeitnehmer gezahlten Vermittlungshonorars (Schlegel a.a.O. RdNr 29). § 421 g Abs. 2 S. 4 SGB III enthält insoweit lediglich eine Verfahrensregelung über den Auszahlungsweg,, in der geregelt ist, wie die Beklagte ihre gem. § 421 g Abs. 1 S. 2 SGB II! abgegebenen Verpflichtung gegenüber dem Arbeitnehmer erfüllt. § 421 g Abs. 2 S. 4 SGB III wäre ebenso überflüssig wie § 296 Abs. 4 S. 2 SGB III, wenn der Vermittler dem Vermittlungsgutschein einen eigenständigen Anspruch gegenüber der Beklagten erwürbe. Ergäbe sich, ein solcher Anspruch, bedürfte es keiner Regelung über die unmittelbare Zahlung an den Vermittler. Auch eine Regelung über die Stundung wäre nicht erforderlich, denn bei eigenem Anspruch des Vermittlers gegen die Beklagte wäre kein Raum mehr für einen daneben bestehenden Anspruch des Vermittlers gegenüber dem Arbeitsuchenden. Durch die Zahlung an den Vermittler erlischt lediglich dessen Anspruch gegenüber dem Arbeitslosen (Rademacher a.a.O.RdNr 34).

Selbst wenn man aber grundsätzlich einen eigenen Anspruch des Vermittlers gegenüber der Beklagten annehme, hätte der Kläger einen solchen Anspruch nicht, denn die Vergütung wird nach § 421 g Abs. 2 S. 3 SGB III in Höhe von 1.000,–Euro bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, der Rest nach sechsmonatiger Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Daraus folgt unmittelbar, dass eine Vergütung nur gezahlt werden kann, wenn ein Beschäftigungsverhältnis überhaupt beginnt. Abzustellen ist daher nicht auf die Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis, das Arbeitsverhältnis muss sich vielmehr auch als Beschäftigungsverhältnis realisieren, damit das Arbeitsamt aus dem Vermittlungsgutschein verpflichtet wird. Hier ist es aber so, dass S. schon am 15.05.2002 bei der Beklagten vorgesprochen und angezeigt hat, dass er das Beschäftigungsverhältnis nicht aufnehmen werde. Aus der Klagebegründung ergibt sich auch, dass S. das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich nicht angetreten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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