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Wettbewerbsverbot – Beendigung Arbeitsverhältnis – Steuerberater

Landesarbeitsgericht Köln

Az: 5 Sa 413/08

Urteil vom 14.04.2008


1. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses darf ein angestellter Steuerberater, wenn kein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart ist, seinem bisherigen Arbeitgeber Konkurrenz machen und in dessen Kundenstamm eindringen.

2. Eine unbefristete Mandantenübernahmeklausel ist eine Umgehung gemäß § 75 d Satz 2 HGB und von vorneherein rechtsunwirksam.

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.06.2007 – 15 Ca 9772/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind Ansprüche der klagenden Arbeitgeberin gegen die beklagte ehemalige Arbeitnehmerin wegen wettbewerbswidriger Handlungen.

Die Beklagte war als angestellte Steuerberaterin seit dem 01.04.2004 aufgrund schriftlichen Anstellungsvertrages (Bl. 23 ff. d. A.)für die Steuerberatersozietät V & W tätig. In dem Arbeitsvertrag hieß es unter § 11 Wettbewerbsverbot:

„1. Die Steuerberaterin verpflichtet sich, ihre ganze Arbeitskraft nach bestem Können der Sozietät zur Verfügung zu stellen und für die Dauer des Anstellungsverhältnisses keine Nebentätigkeit auszuüben.

2. Scheidet die Steuerberaterin aus dem Büro aus, verpflichtet sie sich, keine Mandanten aus dem Büro direkt oder indirekt abzuwerben. Sollte ein bisheriges Mandat nach Ausscheiden der Steuerberaterin von ihr selbstständig oder in einem Angestelltenverhältnis beraten und/oder vertreten werden, so verpflichtet sie sich, eine Entschädigung zu zahlen, die das 1,2-fache des Jahresumsatzes, welches mit dem Mandanten im Vorjahr für dieses Geschäftsjahr erzielt wurde, zu zahlen. Gleiches gilt, wenn die Steuerberaterin anschließend für eine Gesellschaft tätig wird, an die der Mandant nach Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses das Mandat erteilt. Von dieser Regelung sind diejenigen Mandate ausgenommen, die der Steuerberaterin während ihrer Zugehörigkeit zum Büro der Sozietät zuführt und die in einer gesonderten Liste namentlich aufgeführt sind. Mandate, die in dieser Liste geführt werden, sind von beiden Parteien bestätigungshalber abzuzeichnen.“

Die Klägerin ist eine Partnergesellschaft, die eine Steuerberatungspraxis betreibt. Gesellschafter sind Herr G und Herr S , der Lebensgefährte der Beklagten. In § 9 des Gesellschaftervertrages (Bl. 30 d. A.) ist geregelt, dass im Rahmen der betriebsgewöhnlichen Geschäfte, die Vertretung der Gesellschaft den Gesellschaftern jeweils allein obliegt.

Am 11.01.2005 kaufte die Klägerin von der Steuerberatungsgesellschaft V & W die Niederlassung, in der die Beklagte tätig war. Sämtliche Arbeitsverhältnisse, auch das der Beklagten gingen auf die Klägerin über.

Mit Schreiben vom 22.04.2005 (Bl. 33 d. A.) teilte die Beklagte der Steuerberaterkammer in K mit, dass sie sich nebenberuflich in geringem Umfange steuerberatend niederlasse.

Während ihrer Beschäftigung stellte die Beklagte Rechnungen für steuerberatende Leistungen an ihre Eltern und die Firma M GmbH (Bl. 42 – 48 d. A.).

Im März 2006 kündigte die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis zum 30.06.2006. Mit Schreiben vom 06.07.2006 an das Amtsgericht -Handelsregister – beantragte die Beklagte die Neueintragung der S (S K ) Steuerberatungsgesellschaft mbH (Bl. 49 ff. d. A.).

In der Folgezeit wechselten insgesamt 9 Arbeitnehmer, die zuvor bei der Klägerin beschäftigt waren zur Beklagten. Der Lebensgefährte der Beklagte kündigte im August 2006 den Partnerschaftsgesellschaftsvertrag.

Mit Schreiben vom 28.08.2006 wandte sich die Beklagte an die Eheleute C , dankte für das entgegengebrachte Vertrauen und teilte die Büroöffnungszeiten mit (Bl. 76 d. A.). Aufgrund einer am 29.07.2006 unterschriebenen Vollmacht (Bl. 80 d. A.) teilte die Beklagte mit Schreiben vom 24.08.2006 (Bl. 79 d. A.) dem zuständigen Finanzamt mit, dass sie ab sofort mit der Wahrnehmung der steuerlichen Interessen des Herrn M beauftragt worden sei. Mit Schreiben vom 07.09.2006 (Bl. 81 d. A.) kündigte Herr M sein bisheriges Mandatsverhältnis mit der Klägerin und begründete dies mit dem Weggang des langjährigen Sachbearbeiters Herr G .

Mit Mandantenrundschreiben vom 08.09.2006 (Bl. 153 ff. d. A.) teilte die Klägerin mit, dass sie umgezogen sei. Zugleich wurden die Mandanten über den Weggang einiger Mitarbeiter informiert, so auch darüber, dass die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis beendet hatte. In der Folgezeit wechselten – bezogen auf den Umsatz – etwa 80 % aller Mandate von der Klägerin zur Beklagten.

Nach vorgerichtlichen Geltendmachungsschreiben vom 25.09.2006 und 20.10.2006 erhob die Klägerin mit am 01.12.2006 eingegangenen Schriftsatz Klage, mit der sie die Zahlung von 16.247,77 EUR wegen Verstoßes gegen das Nebentätigkeitsverbot während des Arbeitsverhältnisses begehrte und weitere 503.580,01 EUR aufgrund der Mandantenübernahmeklausel in § 11 Abs. 2 des Anstellungsvertrages. Ferner begehrte die Klägerin mit der Klage Auskunft über die Mandanten, die zunächst bei der Klägerin und nunmehr durch die S -GmbH betreut wurden und werden, zusätzlich die Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben an Eides statt sowie die Verurteilung des weiteren sich aus der Erfüllung des Auskunftsanspruchs ergebenden Schadensersatzbetrages.

Durch Urteil vom 25.06.2007 (Bl. 203 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Verbotene Wettbewerbstätigkeit während des Arbeitsverhältnisses liege nicht vor, da der Alleinvertretungsberechtigte Mitgesellschafter Herr S von der Nebentätigkeit jedenfalls gewusst habe und entsprechende Ansprüche der Klägerin zudem gemäß § 14 des Arbeitsvertrages verfallen gewesen seien. Der Klägerin stünden auch keine Schadensersatzansprüche wegen der Abwerbung von Mandanten nach Vertragsende zu. Abwerbungshandlungen gegenüber bisherigen Mandanten der Klägerin habe die Klägerin nicht im Einzelnen darlegen können. Die Regelung in § 11 des Arbeitsvertrages sei eine rechtsunwirksame Mandantenschutzklausel.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung einlegen. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die Beklagte habe während des Arbeitsverhältnisses unerlaubte und wettbewerbswidrige Nebentätigkeit ausgeübt. Dabei seien die gestellten Rechnungen entscheidend. Angesichts des strafrechtlich relevanten Verhaltens könne sich die Beklagte auch nicht auf eine Erlaubnis berufen. Der Klägerin stünden des Weiteren auch Schadensersatzansprüche aufgrund des Verhaltens der Beklagten nach Ende des Arbeitsverhältnisses zu. Das Arbeitsgericht habe das Mandantenrundschreiben nicht ausreichend gewürdigt. Die Beklagte habe eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, um Mandanten der Klägerin abzuwerben. Die Regelungen in § 11 des Arbeitsvertrages sei keine Mandantenschutzklausel sondern eine Mandantenübernahmeklausel. Diese sei zulässig und rechtswirksam. Auf den Schutz der §§ 74 ff. HGB könnten sich nur gutgläubige Arbeitnehmer berufen. Angesichts des strafrechtlichen Verhaltens der Beklagten und ihres Lebensgefährten fänden die §§77 ff. HGB vorliegend keine Anwendung. Hier sei insbesondere relevant, dass auf Veranlassung von Herrn S im Juli 2006 zwei Datenspeicher gekauft worden seien. Das Serverprotokoll besage, dass in der Zeit vom 28.07.2006 – 31.07.2006 sowie am 16.08.2006 sämtliche auf dem Server der Klägerin befindlichen mandantenrelevanten Daten abgespeichert worden seien. Auf Nachfrage des Zeugen S sei erklärt worden, dass dieses Vorgehen mit Herrn S so abgesprochen gewesen sei. Eine forensische Analyse habe ergeben, dass auf die Festplatten nach dem Umzug Zugriff genommen worden sie. Hinsichtlich der Mandate Eheleute C und M sei die Beklagte tätig geworden, bevor diese ihr Mandatsverhältnis zur Klägerin gekündigt hätten.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgericht Köln vom 25.06.2007 – 15 Ca 9772/06 –

1. die Beklagte zu verurteilen, an die klägerische Partei einen Betrag in Höhe von 519.827,78 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, der klägerischen Partei Auskunft über die Mandanten zu erteilen, die bis zum Ausscheiden der Beklagten bei der Klägerin am 24.07.2006, durch die Klägerin selbst, und anschließend bis zum heutigen Tag durch die S -GmbH, betreut wurde und werden;

3. die Beklagte zu verurteilen, zusätzlich zu der in Ziffer 1 genannten Summe, an die klägerische Partei einen weiteren Geldbetrag entsprechend der Vereinbarung in § 11 Abs. 2 S. 2 und 3 des zwischen den Parteien vereinbarten Anstellungsvertrages, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;

4. die Beklagte zu verurteilen, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie habe während des Arbeitsverhältnisses keine unerlaubte wettbewerbswidrige Tätigkeit ausgeübt. Der Rechnung an die Firma M habe eine beratungsfremde Leistung zugrunde gelegen. Der Vertrag sei später ohnehin storniert worden und nicht zur Ausführung gekommen. Auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses habe sich die Beklagte nicht wettbewerbswidrig verhalten und insbesondere nicht gegen § 33 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer verstoßen. In keinem einzigen Fall habe die Beklagte vor Mandatserteilung Schreiben an Mandanten versandt oder Finanzämter von der Mandatserteilung informiert.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, an deren Zulässigkeit keine Zweifel bestehen, da sie form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Arbeitsgericht die Klage der Klägerin insgesamt abgewiesen.

I. Ein wettbewerbswidriges zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten der Beklagte liegt nicht vor. Gemessen an den gesetzlichen Grundlagen und der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung kann weder während des Arbeitsverhältnisses noch nach dessen Ende ein rechtswidriges Verhalten der Beklagten, dass Schadensersatz und Auskunftsansprüche nach sich ziehen könnte, festgestellt werden.

1. Für das Wettbewerbsverhalten des Arbeitnehmers enthalten die §§ 60, 61 HGB sowie die §§ 74 ff HGB eindeutige Festlegungen. Während des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer ein wettbewerbswidriges Verhalten grundsätzlich gemäß § 60 HGB verboten, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche oder konkludente Einwilligung des Arbeitgebers vor. Dabei gilt das in den §§ 60, 61 HGB für Handlungsgehilfen geregelte Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses für alle Arbeitnehmer. Es schützt auch Arbeitgeber, die kein Handelsgewerbe betreiben. Solche Arbeitgeber können in analoger Anwendung von § 61 I HGB die einem Prinzipal bei einem Wettbewerbsverstoß eines Handlungsgehilfen zustehenden Ansprüche geltend machen. Für die Verjährung der Ansprüche gilt die dreimonatige Verjährungsfrist des § 61 II HGB (siehe BAG, Urteil vom 26. 9. 2007 – 10 AZR 511/06, NJW 2008, Seite 392 mit Anmerkung von Kock).

2. Vorbereitungshandlungen für künftige konkurrierende Tätigkeit als Selbstständiger sind grundsätzlich gestattet, es sei denn, der Arbeitnehmer ist durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gebunden. Die für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit erforderlichen formalen und organisatorischen Maßnahmen dürfen getroffen werden, etwa Gründung und Anmeldung von Gesellschaft oder Gewerbe, Anmietung von Räumen, Einholung von Angeboten oder Personaleinstellungen. Beispielsweise stellt die Registrierung einer Internet-Domain für einen Arbeitnehmer mit einer Bezeichnung, die darauf schließen lässt, dass sie für den Internet-Auftritt eines noch zu gründenden Konkurrenzunternehmens verwendet werden soll, keinen Verstoß gegen das für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestehende Wettbewerbsverbot dar. Auch die unentgeltliche Überlassung einer solchen Internet-Domain an ein Konkurrenzunternehmen stellt keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot dar. Denn die Gründung eines Konkurrenzunternehmens stellt eine zulässige Vorbereitungshandlung da, solange dieses nicht eine nach außen wirkende werbende Tätigkeit aufgenommen hat (siehe LAG Köln, Urteil vom 12. 4. 2005 – 9 Sa 1518/04, NZA-RR 2005, 595).

3. Mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses endet hingegen grundsätzlich die Pflicht zur Wettbewerbsenthaltung. Auch die nachvertragliche Treuepflicht setzt keine Schranken, die über die allgemeinen Gesetze hinausgehen (§§ 1, 17 UWG; 823, 826 BGB). Gestattet ist jede Form der Konkurrenz, auch wenn sie die unternehmerischen Interessen des Arbeitgebers hart trifft (vgl. BAG 19. 5. 98 – 9 AZR 394/97, NZA 1999, 200). Dabei ist es einem früheren Arbeitnehmer, zu dessen Pflichten die Förderung des Umsatzes seines Arbeitgebers gehörte, gestattet, seinem bisherigen Arbeitgeber Konkurrenz zu machen und auch in seinen Kundenstamm einzudringen (siehe BAG, Urteil vom 15.12.1987 – 3 AZR 474/86, NZA 1988, Seite 502 ff, 504). Diesen Folgen kann der Arbeitgeber nur durch die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gemäß § 74 HGB entgehen. Dabei gilt der Grundsatz der bezahlten Karenz. Ohne finanziellen Ausgleich ist eine spätere Konkurrenz des Arbeitnehmers nicht zu verhindern.

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II. Eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit der Beklagten während des Arbeitsverhältnisses bis zum 30.06.2006 liegt nicht vor.

1. Dabei kann sich die Klägerin zunächst nicht auf das im Arbeitsvertrag vereinbarte generelle Nebentätigkeitsverbot berufen. Wegen Art. 12 kann eine Vertragsklausel, die dem Arbeitnehmer nicht genehmigte Nebentätigkeit verbietet, verfassungskonform allenfalls dahingehend haltbar sein, dass nur solche Nebentätigkeiten verboten sind, an deren Unterlassung der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse hat (s. BAG, Urteil vom 13.03.2003 – 6 AZR 585/01 – NZA, 2003, 976).

2. Hinsichtlich der Tätigkeit der Beklagten für ihre Eltern ist von einer Genehmigung und erst recht von einer Kenntnis des alleinvertretungsberechtigten Gesellschafters Herrn S auszugehen. Dabei kann dahinstehen, ob die Nebentätigkeitsgenehmigung vorab oder nach Durchführung der steuerberatenden Tätigkeiten für die Eltern erteilt worden ist. Auch eine nachträglich ausgesprochene Nebentätigkeitsgenehmigung würde ausreichen.

Zudem hatte der Gesellschafter der Klägerin Herr S unbestritten Kenntnis von dieser Nebentätigkeit. Diese Kenntnis muss sich die Klägerin zurechnen lassen. Es kommt hinzu, dass auch der weitere Gesellschafter der Klägerin, Herr G jedenfalls mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses Kenntnis von den zuvor erstellten Rechnungen erlangt hat. Dies wird an dem klägerseitigen Vortrag deutlich, wonach die Beklagte ihre Rechnungen und ihre Buchführung in den Geschäftsräumen der Klägerin unter Einsatz der klägerischen Software erstellt hat. Demzufolge hat die Klägerseite bereits in der Klageschrift als Anlage K 4 die entsprechenden Protokolle und betriebswirtschaftlichen Auswertungen vorgelegt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war damit, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat, die in § 14 des Arbeitsvertrages vereinbarte Verfallfrist bereits abgelaufen. Auf die damit ebenfalls abgelaufene gesetzliche 3-monatige Verjährungsfrist des § 61 Abs. 2 HGB, die auf alle Arbeitsverhältnisse Anwendung findet (siehe BAG, Urteil vom 26. 9. 2007 – 10 AZR 511/06, NJW 2008, Seite 392 mit Anmerkung von Kock), kam es daher schon nicht mehr an.

3. Hinsichtlich der weiteren an die Firma M gestellten Rechnung ist nach dem detaillierten Vortrag der Beklagtenseite nicht davon auszugehen, dass dieser Rechnung steuerberatende Leistungen zugrunde lagen. Vielmehr diente die Rechnung nach dem Vortrag der Beklagten der Bezahlung einer Einbauküche. Dieser Vertrag sei später – so die Beklagte – storniert worden. Der Rechnungsbetrag sei tatsächlich auch nicht gezahlt worden. Hierzu hat die Klägerseite keine dezidierte Gegendarstellung abzugeben vermocht. Die Klägerseite hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 14.04.2008 bestätigt, dass die Firma M insolvent geworden sei. Dies stützt den Vortrag der Beklagten, dass der Vertrag, der durch die Rechnung abgedeckt werden sollte, tatsächlich wegen der Insolvenz nicht zur Durchführung gekommen ist. Zwar ist eine Rechnungsstellung zur Verdeckung eines anderen Geschäfts unzulässig. Ein Wettbewerbsverstoß der Beklagten zu Lasten der Klägerin im Sinne einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit kann hieraus jedoch nicht abgeleitet werden. Zudem gilt auch hinsichtlich dieses Anspruchs, dass die Verfallfrist des § 14 des Arbeitsvertrages von der Klägerseite nicht eingehalten worden ist.

4. Kein Wettbewerbsverstoß während des Arbeitsverhältnisses kann daraus abgeleitet werden, dass die Beklagte noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses eine Ansparabschreibung für die Gründung einer eigenen Steuerberatungskanzlei vorgenommen hat. Denn dies ist eine Vorbereitungshandlung zur Gründung einer eigenen selbstständigen Tätigkeit, die nicht den Tatbestand einer wettbewerbswidrigen Handlung erfüllt. Soweit die Klägerseite schließlich darauf abstellt, dass externe Festplatten beschafft wurden und darauf Mandantendaten gespeichert worden sind, ist darauf hinzuweisen, dass nach dem klägerischen Vortrag, dies auf Anweisung des Mitgesellschafters Herrn S geschehen sein soll. Dass die Beklagte an diesen Vorgängen konkret durch Anweisungen oder Nutzung beteiligt gewesen sein soll, hat die Klägerseite nicht vorzutragen vermocht. Unterstellt man zugunsten der Klägerin, dass die externen Festplatten vor der Rückgabe an die Klägerin auch genutzt worden sind, so belegt dies noch nicht, dass dies durch die Beklagte und zugunsten der Beklagten geschehen ist. Die Klägerin kann insoweit nicht das gegebenenfalls gesellschaftswidrige Verhalten des Mitgesellschafters Herrn S der Beklagten zurechnen. Schadensersatzansprüche aufgrund wettbewerbswidriger Tätigkeiten der Beklagten während des noch existierenden Arbeitsverhältnisses können nach allem nicht festgestellt werden.

III. Aus dem Verhalten der Beklagten nach Ende des Arbeitsverhältnisses resultieren ebenfalls keine Schadensersatzansprüche.

1. Ein Anspruch aus § 280 BGB i. V. m. § 33 der Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer ist nicht gegeben. Aufgrund der letztgenannten Bestimmung haben Steuerberater, die aus einer Steuerberatungsgesellschaft, aus einer Bürogemeinschaft, aus einem freien Mitarbeiterverhältnis ausscheiden, alles zu unterlassen, was darauf gerichtet ist, ihre früheren Vertragspartner aus einem Auftrag zu verdrängen. Mit Recht hat das Arbeitsgericht hieraus den Schluss gezogen, dass das Satzungsrecht nicht jegliche Tätigkeit für Mandanten des früheren Arbeitgebers verbietet, sondern lediglich das gezielte Abwerben. Solche konkreten Abwerbeversuche hat die Klägerseite auch im Berufungsverfahren nicht benennen können.

Hinsichtlich des Mandanten M , auf den sich die Klägerseite beruft, ist festzustellen, dass dieser die Vollmacht für die Beklagte bereits am 29.07.2006 unterzeichnet hat. Erst nach Vollmachtserteilung und Mandatsübernahme hat die Beklagte mit Schreiben vom 24.08.2006 das zuständige Finanzamt informiert. Dem steht nicht entgegen, dass der Mandant seinerseits das Mandat zur Klägerin erst gut 2 Wochen später mit Schreiben vom 07.09.2006 gekündigt hat. Denn jedenfalls nach Vollmachtserteilung durch den Mandanten durfte die Beklagte für diesen bei dem zuständigen Finanzamt tätig werden.

Hinsichtlich des Mandats der Eheleute C kann aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.08.2006, das mit „wichtige Mandantenmitteilung“ überschrieben ist, nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte vor Mandatserteilung bzw. in abwerbender Weise tätig geworden ist. Denn in jenem Schreiben heißt es: „Für das entgegengebrachte Vertrauen möchten wir uns herzlich bedanken.“ Diese Formulierung spricht dafür, dass bereits vor diesem Schreiben ein Kontakt stattgefunden hat, auf den das Schreiben vom 28.08.2006 Bezug nimmt. Offen ist, ob dieser vorherigen Kontaktaufnahme unzulässige Abwerbebemühungen der Beklagten vorausgegangen sind oder ob die Mandanten sich von sich aus an die Beklagte gewandt haben, weil sie weiterhin von ihr betreut werden wollten, was im Übrigen auch deshalb nahe lag, weil unstreitig die Beklagte in demselben Haus ihre Steuerberatungskanzlei eröffnete, in dem zuvor die Klägerin tätig gewesen war. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diesem vorangegangen Kundenkontakt unzulässige Abwerbeversuche der Beklagten vorausgegangen sind, hat die Klägerseite jedenfalls nicht vorzutragen vermocht.

2. Aus § 11 Abs. 2 S. 2 des Arbeitsvertrages folgt ebenfalls kein Schadensersatzanspruch.

a. Als Mandantenschutzklausel ist die Bestimmung von vorneherein rechtsunwirksam, weil dafür nach § 74 ff. HGB erforderlich wäre, dass eine Karenzentschädigung hätte vereinbart werden müssen.

b. Aber auch als Mandantenübernahmeklausel ist die vorliegende Vertragsbestimmung unzulässig und damit unverbindlich. Mandantenübernahmeklauseln ohne Karenzentschädigung stellen jedenfalls dann eine Umgehung i. S. v. § 75 d S. 2 HGB dar, wenn die Konditionen so gestaltet sind, dass sich die Bearbeitung der Mandate wirtschaftlich nicht lohnt. In diesem Fall schaltet der Arbeitgeber seinen früheren Mitarbeiter in unzulässiger Weise als Konkurrenten aus, weil in Wahrheit eine verdeckte Mandantenschutzklausel vorliegt. Nach der Rechtsprechung des BAG darf bei Mandantenübernahmeklauseln eine Bindung von maximal 2 Jahren vereinbart werden. Deshalb hat das BAG eine arbeitsvertragliche Verpflichtung einer Steuerassistentin, die im Falle des Ausscheidens für 5 Jahre 20 % des Jahresumsatzes mit solchen Mandanten an ihren ehemaligen Arbeitgeber als Entschädigung abzuführen, die sie von diesem übernommen hat, als verdeckte und unzulässige Mandantenschutzklausel gewertet und eine geltungserhaltende Reduktion der Bindungsfrist auf 2 Jahre abgelehnt (s. BAG, Urteil vom 07.08.2002 – 10 AZR 586/01 – AP Nr. 4 zu § 75 d HGB mit Anm. von Bauer).

Im vorliegenden Fall enthält die im Arbeitsvertrag der Parteien getroffene Regelung überhaupt keine zeitliche Begrenzung, so dass die Beklagte nach der Vertragsbestimmung selbst dann eine Entschädigung zu zahlen hätte, wenn die Mandanten erst nach 6 oder 10 Jahren nach dem Ausscheiden der Beklagten zur Beklagten wechseln würden. Zudem ist die Entschädigung nicht mit 20 % des Jahresumsatzes sondern mit 120 % des Jahresumsatzes bemessen. Die von den Parteien vereinbarte Bestimmung überschreitet daher in jeder Hinsicht die Zulässigkeitsgrenzen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für Mandantenübernahmeklausel gelten.

Die Klägerseite kann schließlich nicht damit gehört werden, die gesetzlichen Grenzen von Mandantenschutzklausel und Mandantenübernahmeklauseln seien nicht anzuwenden auf böswillig und strafbar handelnde Arbeitnehmer. Dies scheitert schon daran, dass konkrete Strafbestimmungen, gegen die die Beklagte verstoßen haben sollte, nicht ersichtlich sind. Insbesondere ist nicht ersichtlich, wen und durch welche Handlung die Beklagte durch die erlaubte Vorbereitung und Durchführung einer wettbewerblichen Tätigkeit i. S. d. § 263 StGB betrogen haben sollte. Soweit die Klägerin sich auf nicht näher spezifizierte strafrechtliche Verstöße des Mitgesellschafters berufen will, können diese jedenfalls nicht der Beklagten zugerechnet werden.

Schadensersatzansprüche stehen der Klägerin nach allem nicht zu.

IV. Aus denselben Gründen stehen der Kläger nicht die geltend gemachten Auskunfts- und weiteren Schadensersatzansprüche zu. Da nach dem Gesagten von erlaubter nachvertraglicher Wettbewerbstätigkeit der Beklagten auszugehen ist, insbesondere weil die Klausel in § 11 des Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, besteht kein Anspruch der Klägerin auf Auskunft über die Mandate, die ehemals von der Klägerin betreut worden sind und nunmehr Mandanten der Beklagten geworden sind.

V. Insgesamt hatte die Berufung der Klägerin daher keinen Erfolg und musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.

Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Fall rechtsgrundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

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