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Arbeitszeit – Direktionsrecht des Arbeitgebers

Arbeitsgericht Frankfurt am Main

Az.: 2 Ca 3146/02

Urteil vom 30.10.2002


In dem Rechtsstreit auf die mündliche Verhandlung vom 30.10.2002 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.150,– € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Lage der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und über die Wirksamkeit einer in Zusammenhang damit ausgesprochenen außerordentlichen Änderungskündigung.

Der im Jahr 1966 geborene, ledige Kläger ist Student. Er war für die Beklagte von November 1994 bis September 1999 und seit April 2000 zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt € 1.050,– als Airport Agent tätig. Die Beklagte ist eine Luftfahrtgesellschaft mit Sitz in den USA. Sie beschäftigt in ihrer Niederlassung auf dem Flughafen Frankfurt am Main regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer im Sinne von § 23 Abs. 1 KSchG. Aufgabe des Klägers ist es, gemeinsam mit etwa vierzig weiteren Arbeitnehmern – überwiegend ebenfalls Teilzeitbeschäftigte mit unterschiedlichen Wochenarbeitszeiten – Linienflüge nach Nordamerika abzufertigen. Dem Arbeitsverhältnis zu Grunde lagen die vier in der Anlage zum Schriftsatz vom 09.08.2002 (Bl. 74 – 82 d. A.) ersichtlichen Arbeitsverträge vom 09.04.1994, 05.09.1995, 02.06.1999 und 15.05.2000. Der Vertrag vom 05.09.1995 enthält unter dem Stichwort „Arbeitszeit“ folgende Klausel:

„20 Stunden pro Woche während der üblichen Bürostunden oder Schichtdienst, wenn von AA angeordnet.“

Im Vertrag vom 02.06.1999 war mit Ausnahme der Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 25 Stunden eine identische Regelung enthalten. Im Vertrag vom 15.05.2000 findet sich zur Arbeitszeit lediglich die Passage „Teilzeit mit 20 Stunden pro Woche“. Weder zur genauen Lage der Arbeitszeit hoch zur Zulässigkeit der Einführung von Schichtdienst sind Regelungen vorgesehen. Der Kläger kandidierte bei der am 23.05.2002 durchgeführten Neuwahl des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats, wurde jedoch nicht gewählt. Er ist inzwischen als Ersatzmitglied in den Betriebsrat nachgerückt.

Die Beklagte beschäftigte den Kläger an fünf Tagen verteilt über die gesamte Woche von Montag bis Sonntag jeweils von 7.00 Uhr bis 11.00 Uhr. Er wurde eingesetzt bei der Abfertigung zweier Linienflüge nach Dallas und Chicago, deren Abflugszeit zwischen 9.45 Uhr und 10.45 Uhr lag. Wegen einer Änderung des Flugplans wurde der Flug nach Chicago ab April 2002 auf 14.30 Uhr verlegt. Nachdem eine Umfrage unter den Teilzeitbeschäftigten nach Ansicht der Beklagten ergab, dass nicht alle Arbeitszeitwünsche erfüllt werden konnten, entschloss sich die Beklagte, die Teilzeitbeschäftigten schichtweise von 7.30 Uhr bis 11.30 Uhr und 11.00 Uhr bis 15.00 Uhr bzw. 11.30 Uhr bis 15.30 Uhr einzusetzen. Unter dem 27.02.2002 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat die in der Anlage zur Klageschrift (Bl. 17 – 20 d. A.) ersichtliche, bis 30.09.2002 befristete Betriebsvereinbarung, mit der Regelungen über Dienstpläne, Schicht- und Arbeitszeiten und die Auswahl der in die Schichten einzuteilenden Arbeitnehmer getroffen wurden. Gemäß § 4 der Betriebsvereinbarung sollten befristet bis 30.09.2002 drei Teilzeitbeschäftigte von der Schichteinteilung ausgenommen werden. Die hierfür maßgeblichen, an den Umfang der Betreuung, die Anzahl und das Alter von Kindern, die Dauer der Firmenzugehörigkeit und die Entfernung zum Arbeitsplatz anknüpfenden Sozialauswahlkriterien wurden in § 5 der Betriebsvereinbarung festgelegt. Gemäß § 7 der Betriebsvereinbarung wurde die Nachwirkung der Regelung ausgeschlossen. Da der Kläger bei Anwendung der Kriterien nicht zu den drei schutzbedürftigsten Arbeitnehmern gehörte, wurde er seit April 2002 wie die übrigen Teilzeitbeschäftigten in monatlich mit dem Betriebsrat vereinbarten Dienstplänen wechselnd in die Vormittags- und Nachmittagsschichten eingeteilt. Die Arbeitnehmer erhielten Gelegenheit, die Schichten untereinander zu tauschen.

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 08. und 22.03.2002 einer Änderung der Arbeitszeit widersprach, unterrichtete die Beklagte mit dem in der Anlage zum Schriftsatz vom 09.08.2002 (Bl. 87, 88 d. A.) ersichtlichen Schreiben vom 23.04.2002 den Betriebsrat über ihre Absicht, in Hinblick auf den Wahlbewerberstatus des Klägers eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung am 24.04.2002 zu. Darauf kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.04.2002 außerordentlich, hilfsweise mit Auslauffrist, und bot dem Kläger eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit 20 Wochenstunden „im Schichtdienst mit unterschiedlichen und wechselnden Anfangs- und Endzeiten gemäß den betrieblichen Belangen“ an. Der Kläger nahm die Änderung mit Schreiben vom 30.04.2002 unter Vorbehalt an. Er greift die Änderungskündigung mit einer der Beklagten am 07.05.2002 zugestellten Klageerweiterung an.

Der Kläger ist der Ansicht, es sei eine Konkretisierung der vertraglichen Arbeitszeit auf die Zeit von 7.00 Uhr bis 11.00 Uhr eingetreten. Zur Begründung behauptet er, er habe bisher immer nur im Zeitfenster von 7.00 Uhr bis 11.30 Uhr gearbeitet. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 15.05.2000 habe er sich mit der Vereinbarung von Schichtarbeit im Arbeitsvertrag nicht einverstanden erklärt, da er studienbedingt nachmittags nicht habe arbeiten können. Dies sei für die Beklagte kein Problem gewesen (Beweis: Parteivernehmung des Klägers). Der Dienstplan für September 2002 belege, dass kein betriebliches Bedürfnis zum Einsatz der Teilzeitbeschäftigten am Nachmittag bestehe. Wegen seines Studiums sei ihm von Montag bis Donnerstag lediglich eine Vormittagstätigkeit möglich. Die Betriebsvereinbarung vom 27.02.2002 sei unwirksam, da mangels Ladung unter Angabe der Tagesordnung keine ordnungsgemäße Betriebsratssitzung stattgefunden habe (Beweis: Vernehmung der Zeugin …). Auch für die Dienstpläne fehle eine Legitimation. Die Festlegung der Sozialkriterien sei willkürlich, da mit ihnen auf die Interessen des Klägers keine Rücksicht genommen worden sei.

Wegen des weiteren Vortrags des Klägers wird auf die Schriftsätze vom 26.03., 04.04., 30.04., 09.08. und 17.09.2002 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers um 11.00 Uhr vormittags endet,

hilfsweise festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung im Schichtdienst auch nachmittags mit Ausnahme von Freitagen, Samstagen und Sonntagen zu erbringen,

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers im Zusammenhang mit der außerordentlichen Änderungskündigung der Beklagten vom 25.04.2002 rechtsunwirksam und sozial nicht gerechtfertigt ist.

Die Beklagte behauptet zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags, es sei etwa in den Jahren 1996 und 1997 bereits in Nachmittagsschichten gearbeitet worden. Auch der Kläger sei immer wieder in solche Schichten eingeteilt worden (Beweis: Vernehmung der Zeugin …). Bei der Einteilung könnten nicht die Belange jedes einzelnen Mitarbeiters berücksichtigt werden, da nicht alle Mitarbeiter für alle Positionen ausgebildet und austauschbar seien. Der Dienstplan für September 2002 habe die Berücksichtigung der einzelnen Interessen aller Mitarbeiter vermissen lassen und deshalb zu erheblicher Verärgerung der Mitarbeiter geführt.

Wegen des weiteren Vortrags der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 09.08. und 25.10.2002 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig. Dies gilt insbesondere auch für den Antrag zu 1).

Die Lage der Arbeitszeit ist ein Rechtsverhältnis, das zum Gegenstand eines Feststellungsantrages im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO gemacht werden kann (BAG 21.01.1997 – 1 AZR 572/96 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 64, zu I 2 a; 11.02.1998 – 5 AZR 472/97 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 54, zu I).

Es besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an alsbaldiger Feststellung des zur Entscheidung gestellten Rechtsverhältnisses. Die grundsätzliche Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber Leistungsklagen steht dem nicht entgegen, da diese Beschränkung nicht gegenüber Klagen auf zukünftige Leistung gilt (vgl. BAG 07.11.1995 – 3 AZR 952/94 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Bühnen Nr. 1, zu A 2 a; 19.06.2001 – 1 AZR 463/00 – NZA 2002/397, zu I 2 a) und ein Leistungsantrag hier nur in der Form einer Klage auf zukünftige Leistung in Betracht kommt.

II.

Die Klage ist nicht begründet.

1.

Der Kläger hat keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine regelmäßige Beschäftigung lediglich in der Zeit bis 11.00 Uhr.

Soweit das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht durch gesetzliche, tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelungen eingeschränkt ist, kann der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Rahmen billigen Ermessens (§ 315 BGB) festlegen (vgl. etwa BAG 24.04.1996 – 5 AZR 1031/94 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48, zu 1; 11.02.1998 a. a. O., zu II 1, 2 a). Entgegen der Ansicht des Klägers schränken weder der Inhalt des Arbeitsvertrages noch die Grundsätze billigen Ermessens die Befugnisse der Beklagten ein, ihn zur Arbeitsleistung nach 11.00 Uhr einzuteilen.

a) Im Arbeitsvertrag vom 15.05.2000 ist eine Beschränkung des Direktionsrechts der Beklagten auf eine Beschäftigung bis 11.00 Uhr ausdrücklich nicht enthalten. Auch der Umstand, dass im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden Verträgen die Zulässigkeit von Schichtarbeit nicht wörtlich angeführt wurde, führt nicht zu einer dem Kläger günstigeren Beurteilung. Dem vorstehend dargelegten Grundsätzen nach muss eine Beschränkung des Direktionsrechts gesondert vereinbart werden; andernfalls bleibt das Weisungsrecht des Arbeitgebers nur durch die Grundsätze billigen Ermessens beschränkt. Dies gilt auch für die Festlegung von Schichtarbeit. Schichtarbeit ist nichts anderes als ein Wechsel der Arbeitszeit in einem bestimmten Rhythmus. Auch aus § 2 NachwG ergibt sich keine weitergehende Beschränkung. Selbst wenn man davon ausgeht, dass nicht nur die Dauer, sondern auch die Lage der Arbeitszeit der Nachweispflicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 NachwG unterfällt (a. A. etwa Müller-Glöge RdA 2001 Sonderbeilage Heft 5 S. 46, 48), gilt nichts anderes. Ein Verstoß gegen die Nachweispflicht führt nicht zur Unwirksamkeit der nicht nachgewiesenen arbeitsvertraglichen Regelung oder zur Unzulässigkeit der Berufung des Arbeitgebers auf diese (vgl. BAG 17.04.2002 – 5 AZR 89/01 – NZA 2002/1096, zu III 3).

Eine von der buchstäblichen Bedeutung abweichende mündliche Vereinbarung hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Seinem Vortrag ist nicht zu entnehmen, wer wann mit welchen Worten für die Beklagte auf der Grundlage welcher Vollmacht einer Beschränkung des Direktionsrechts zugestimmt hat. Überdies fehlt ein erheblicher Beweisantritt. Voraussetzung einer Parteivernehmung des Klägers wäre gemäß § 448 ZPO, dass für die zu beweisende Tatsache bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. BAG 16.09.1999 – 2 AZR 712/98 – AP GrO Katholische Kirche Art. 4 Nr.1, zu II 2 f dd). Für eine entsprechende Annahme genügt allein das Fehlen der Klausel aus den Vorgängerverträgen nicht. Da ein schriftlicher Vertrag die Vermutung seiner Vollständigkeit und Richtigkeit begründet (vgl. BGH 31.05.1995 -VIII ZR 193/94 – NJW 1995/3258, zu 2 c), wäre es Sache des Klägers gewesen, eine abweichende mündliche Abrede näher darzulegen und zu beweisen.

Auch auf eine Konkretisierung der Arbeitszeit beruft sich der Kläger zu Unrecht. Eine Konkretisierung der vertragsgemäßen Arbeitszeit tritt nicht allein dadurch ein, dass der Arbeitnehmer über längere Zeit in derselben Weise eingesetzt wird. Zum reinen

Zeitablauf müssen weitere Umstände hinzutreten, die erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer nur noch verpflichtet sein soll, seine Arbeit ohne Änderung so wie bisher zu erbringen. Bei sinnvoll nur kollektiv zu regelnden Fragen kann der Arbeitnehmer ohne besondere Anhaltspunkte in aller Regel nicht davon ausgehen, der Arbeitgeber wolle sich ihm gegenüber individualrechtlich durch eine Sonderregelung binden. Aus denselben Gründen kommt die Entstehung einer betrieblichen Übung in solchen Fällen regelmäßig nicht in Betracht (vgl. BAG 11.02.1998 a. a. O., zu II 1 c; 07.12.2000 – 6 AZR 444/99 – AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 61, zu III 2). Nach diesem Maßstab besteht kein Anhaltspunkt, der die Annahme einer Konkretisierung der Arbeitszeit rechtfertigen könnte. Es handelte sich um eine sinnvoll nur kollektiv zu regelnde Frage, da bei der Abfertigung eines Linienfluges jeweils eine größere Anzahl von Arbeitnehmern eingesetzt werden muss. Schon deshalb hatte die Beklagte für den Kläger erkennbar keinen Anlass, sich trotz der Nichtvorhersehbarkeit der zukünftigen Gestaltung der Flugpläne hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit zu binden.

b) Die Beklagte ist auch nicht nach den Grundsätzen billigen Ermessens (§ 315 BGB) zu einem Einsatz des Klägers ausschließlich bis 11.00 Uhr verpflichtet. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob hier § 315 BGB überhaupt anwendbar ist. Sollten die Dienstpläne die Natur einer Betriebsvereinbarung haben, wäre dies nicht der Fall, da die Arbeitszeit dann nicht einseitig durch arbeitsvertragliche Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 BGB von der Beklagten festgelegt werden würde, sondern von den Betriebspartnern mit normativer Wirkung gegenüber den Arbeitsvertragsparteien (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG). Selbst wenn die Dienstpläne aber – etwa mangels Wahrung der Schriftform gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1, 2 BetrVG – nicht die Rechtsnatur einer Betriebsvereinbarung haben sollten, wäre ihr Inhalt bei der Prüfung der Wahrung billigen Ermessens ausschlaggebend zu berücksichtigen. Auch wenn das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht durch Betriebsvereinbarung, sondern durch Regelungsabrede ausgeübt wird, hat der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber Anspruch auf die Durchführung der Regelungsabrede. Auch die Ausübung des Mitbestimmungsrechts durch Regelungsabrede hat Bindungswirkung (vgl. BAG 07.11.2000 – 1 ABR 28/00 – n. v., zu B II 3). Eine abweichende Durchführung ohne Zustimmung des Betriebsrats ist individualrechtlich unwirksam (vgl. BAG 09.07.1996 – 1 AZR 690/95 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 86, zu III; 10.03.1998 – 1 AZR 658/97 – AP ArbGG 1979 § 84 Nr. 5, zu III 2 a).

Setzt der Arbeitgeber daher betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtungen im Verhältnis zum Arbeitnehmer um, kann dies regelmäßig nicht billigem Ermessen widersprechen. Durch § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG wird die Beurteilung ausschlaggebend auf die Ebene des Betriebsverfassungsrechts verlagert. Im Rahmen von § 315 BGB gilt nichts anderes als bei der Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (vgl. hierzu BAG 30.08.2000 – 4 AZR 563/99 – AP TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 25, zu III).

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Auf die betriebsverfassungsrechtliche Legitimation könnte sich die Beklagte daher nur dann nicht berufen, wenn die Arbeitszeitgestaltung durch die Dienstpläne betriebsverfassungsrechtlich unwirksam wäre. Dies ist indessen nicht der Fall. In diesem Zusammenhang kommt es auf die Wirksamkeit der ohnehin abgelaufenen Betriebsvereinbarung vom 27.02.2002 nicht an. In der Vereinbarung der Dienstpläne selbst liegt unabhängig von ihrer Rechtsnatur als Betriebsvereinbarung oder Regelungsabrede die Ausübung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich auch nicht, dass die Dienstpläne ihm gegenüber wegen eines Verstoßes gegen die Arbeitgeber und Betriebsrat gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bindenden Grundsätze von Recht und Billigkeit unwirksam sind. Zu diesen die Regelungskompetenz der Betriebspartner beschränkenden Grundsätzen zählt insbesondere der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz (vgl. nur BAG 05.10.2000 – 1 AZR 48/00 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 141, zu II 2 c), der eine kollektive Verteilungsgerechtigkeit gewährleisten soll. Er verbietet insbesondere eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe und eine sachfremde Gruppenbildung (vgl. etwa BAG 12.01.1994 – 5 AZR 6/93 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 112, zu B II; 15.05.2001 – 1 AZR 672/00 – EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 85, zu I 1 a).

Eine Verletzung dieser Prinzipien ist nicht erkennbar. Die Beklagte behandelt den Kläger mit dem überwiegenden Teil der Teilzeitbeschäftigten gleich. Eine Ungleichbehandlung besteht lediglich gegenüber den drei aus der Schichtregelung zunächst ausgenommenen Kollegen. Insoweit ist aber bereits nicht ersichtlich, dass diese Regelung über den Ablauf der Betriebsvereinbarung vom 27.02.2002 hinaus weiter praktiziert wird. Zudem hat der Kläger nicht dargelegt, dass er zumindest ebenso schutzbedürftig ist wie die von der Regelung betroffenen Teilzeitbeschäftigten. In diesem Zusammenhang ist nicht ausschlaggebend, dass bei den in § 5 der Betriebsvereinbarung festgelegten Sozialauswahlkriterien spezifische Interessen von Studenten nicht berücksichtigt wurden. Zu Gunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass diese Unterlassung den Ermessensspielraum der Betriebspartner verletzt hat, obwohl auch dies durchaus zweifelhaft erscheint. Es ist jedenfalls nicht feststellbar, dass sich bei angemessener Berücksichtigung der studienbedingten Interessen ein für den Kläger günstigeres Ergebnis ergeben hätte.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Erweiterung der Ausnahmeregelung. Allerdings kann es der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ebenso wie der allgemeine Gleichheitssatz von Art. 3 Abs. 1 GG, dessen Konkretisierung er dient, auch gebieten, Arbeitnehmer in unterschiedlicher Lage ungleich zu behandeln. Dazu müssen die Unterschiede jedoch ein derartiges Gewicht haben, dass eine Gleichbehandlung sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist (BAG 15.11.1995 – 4 AZR 489/94 – NZA-RR 1996/430, zu II 3 d; zu Art 3 GG BVerfG 15.07.1998 – 1 BvR 1554/89 u. a. – NJW 1999/194, zu C I 1). Derartige Unterschiede hat der Kläger nicht aufgezeigt. Die Umfrage der Beklagten im Februar 2002 und der Umstand, dass der Kläger nicht regelmäßig Kollegen findet, die zu einem Tausch seiner Nachmittagsschichten bereit sind, belegen, dass eine Mehrheit der Teilzeitbeschäftigten an einer Vormittagstätigkeit interessiert ist. Der Sachvortrag des Klägers lässt nicht erkennen, dass die Interessen des Klägers die seiner Kollegen derartig übersteigen, dass eine Gleichbehandlung nach allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen nicht mehr zu rechtfertigen ist. Soweit sich der Kläger schließlich grundsätzlich gegen die Einführung von Schichtarbeit wendet, berücksichtigt er nicht, dass die Entscheidung hierüber vorbehaltlich einer im Verhältnis der Parteien nicht bestehenden günstigeren arbeitsvertraglichen Regelung durch § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG den Betriebspartnern zugewiesen ist und es einzelnen Arbeitnehmern verwehrt ist, ihre eigenen Zweckmäßigkeitsvorstellungen an die Stelle der der Betriebspartner zu setzen.

2.

Da die Festlegung der Arbeitszeit durch die Beklagte auf deren Direktionsrecht gestützt werden kann, vermag die Kammer auch nicht festzustellen, dass die dieser entsprechende Änderung in Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 25.04.2002 unwirksam ist. Allerdings ist streitig, ob eine auf eine vom Direktionsrecht des Arbeitgebers bereits umfasste Änderung der Arbeitsbedingungen gerichtete Änderungskündigung auch im Fall der Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für sozial ungerechtfertigt bzw. bei einer außerordentlichen Änderungskündigung für unwirksam zu erklären ist (so unter Bezugnahme auf die ältere Rechtsprechung des BAG etwa KR-Rost 6. Aufl. § 2 KSchG Rdn. 106 a-c – von Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 2 Rdn. 32 c-e; jeweils m. w. N.). Das Bundesarbeitsgericht nimmt in seiner neueren Rechtsprechung (etwa 21.02.1991 – 2 AZR 432/90 – RzK l 7 a Nr. 23, zu II 1 c; 26.01.1995 – 2 AZR 371/94 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 36, zu B II 3) dagegen an, dass in solchen Fällen die gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen gerichtete Klage abzuweisen ist, da der Arbeitnehmer sein Klageziel nicht erreichen kann. Unverhältnismäßig und daher unwirksam könne nur das Element der Kündigung sein, über das im Fall der Annahme unter Vorbehalt nicht zu entscheiden ist.

Ausschlaggebend für die Frage, welcher Ansicht zu folgen ist, ist, ob man bereit ist, in dieser Konstellation eine Ausnahme von dem Grundsatz zuzulassen, dass es für die Prüfung der Wirksamkeit einer Kündigung auf den Zeitpunkt von deren Zugang ankommt und später eintretende Umstände nicht zu berücksichtigen sind. Ist die nachträgliche Annahme unter Vorbehalt nicht zu berücksichtigen, kann die Änderungskündigung in der Tat nur insgesamt wirksam oder unwirksam sein. Die gesetzliche Systematik gebietet jedoch eine Einschränkung dieses Prinzips. Ob der Arbeitnehmer einen Antrag nach § 4 Satz 1 oder nach § 4 Satz 2 KSchG zu stellen hat, hängt davon ab, ob er gemäß § 2 Satz 2 KSchG das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung unter Vorbehalt annimmt. Das Gesetz weist dem Arbeitnehmer daher die Bestimmung des Streitgegenstandes der späteren Klage nach dem Zugang der Kündigung zu. Kann er sich im Fall der Annahme unter Vorbehalt darauf beschränken, lediglich ein Element der Änderungskündigung anzugreifen, ist es sachgerecht, die gerichtliche Prüfung auf diesen Teil zu beschränken und das ggf. unverhältnismäßige Element der Kündigung außer Betracht zu lassen. Dadurch lässt sich das mit der Gegenansicht verbundene paradoxe Ergebnis vermeiden, eine bereits arbeitsvertraglich zulässige Konkretisierung der Arbeitsbedingungen für sozial ungerechtfertigt bzw. für unwirksam erklären zu müssen.

Entgegen der Auffassung von Rost (a. a. O. Rdn. 106 c) ist es auch nicht sachwidrig, dem Arbeitnehmer im Fall eines dem bisherigen Vertrag entsprechenden Änderungsangebots das Kostenrisiko der Änderungsschutzklage zuzuweisen. Nimmt er das Änderungsangebot unter Vorbehalt an, muss er sich nicht gegen das Element der Kündigung wehren. Unterliegt er in dem auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen beschränkten Rechtsstreit, ist es nur konsequent, wenn die Kosten des Änderungsschutzverfahrens zu seinen Lasten gehen.

Da die Änderung der Arbeitszeit keiner Kündigung bedurfte, erübrigt sich auch die Prüfung, ob der Beklagten im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB die Wahrung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten gewesen wäre, wenn eine Kündigung erforderlich gewesen wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Der Streitwertfestsetzung liegt § 3 ZPO zu Grunde.

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